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schien an drei Stellen des Hauses zugleich angefangen zu haben. Von dem Nebenhau«, das dem Flaschner Brucklacher und dem Schuhmacher W. Glauner gehört, brannte der Dachstuhl ab, auch wurde es sonst sehr stark beschädigt. Die Habe konnte aus letzterem Hause gerettet werden, so auch die des Stadtvikars Lutz, der im zweiten Stock wohnte. Dem Vernehmen nach ist heute der Besitzer der „Krone", Waldhornwirt Scherer von Schönmünzach und sein Pächter Lehmann wegen Verdachts der Brandstiftung verhaftet worden.
Schrozberg, 6. Jan. Vor zahlreicher Zuhörerschaft hielt Dekan Lang aus Hall gestern hier einen Vortrag über die württ. Religions-Reversalien, wobei er zur Einleitung einen geschichtlichen Ueberblick über das Verhältnis von Staat und Kirche in Württemberg gab. Die Verhältnisse der ev. Kirche in Württemberg seien im Allgemeinen zur Befriedigung geordnet; es sei aber, da die ev. Nachfolge in unserem Lande auf 2 Augen ruhe, nicht etwa lächerliche Aengstlichkeit, sondern Pflicht jedes Evangelischen, dem seine Kirche am Herzen liege, darauf hinzuwirken, daß im Fall einer kathol. Thronfolge die große Lücke in den Religionsreversalien, die darin bestehe, daß an Stelle des damaligen Geheimen Rates das Staatsministerium getreten und es nicht undenkbar sei, daß ein kathol. König ausschließlich Männer seines Glaubens zu Ministern berufe, noch zur rechten Zeit in befriedigender Weise ausgefüllt werde. Reicher Beifall lohnte dem Redner für seinen gediegenen Vortrag.
Mannheim, 8. Jan. Kürzlich beging auf der Neckarbrücke ein lOjähriges Mädchen, während es dem Treiben auf dem Eise zusah, die Unvorsichtigkeit, mit der Zunge eine Eisenstange des Geländers zu belecken, wobei die Zunge anfror. Erst nach längeren Bemühungen gelang es den Passanten, die Zunge des Kindes wieder loszulösen. Dieser Vorfall mag zur Warnung dienen.
Aus Bernburg, 6. Jan., wird der Frkf. Ztg. über den schon bekannt gewordenen Schloß- brand geschrieben: Einem furchtbaren Brandunglück ist heute in früher Morgenstunde der mittlere Teil des vom Herzog von Anhalt vor einigen Jahren an den Kreis Bernburg verkauften hiesigen Schlosses, ein die Kreisdirektion nebst der Wohnung des Kreisdirektors enthaltener Barockbau vom Anfang des vorigen Jahrhunderts, zum Opfer gefallen. Kreisdirektor Hagemann, ein 62jähriger Herr, wollte aus seinem Dienstzimmer, wo allem Vermuten nach das Feuer auf noch nicht aufgeklärte Weise entstanden ist, noch Wertsachen holen, erstickte aber in dem furchtbaren Qualm, ebenso wie sein Kutscher Kön- necke, der ihm nachgeeilt war. Frl. Hagemann, die dem Vater gleichfalls gefolgt war, wurde nur mit Mühe gerettet. Die Leichen der beiden Verunglückten lagen heute Abend noch unter der glühenden unzugänglichen Masse, die das Innere des gänzlich ausgebrannten Schloßteils bildet. Von Sachen ist so gut wie nichts gerettet, die Akten der Behörde sind vernichtet, ebenso die ganze Einrichtung der über
den Diensträumen liegenden Kreisdirektorswohnung. Das prächtig über dem Saalethal gelegene Schloß ist in wenig Stunden (die große Trockenheit und der reichliche Brennstoff machten Rettungsarbeiten fast unmöglich) zu einem Teil in einen Trümmerhaufen verwandelt worden, der traurig auf den Fluß in das Thal hinabschaut.
Berlin, 8. Jan. In der heutigen Verhandlung der Anklagesache gegen den Herausgeber der „Zukunft", Maximilian Harden, wegen Beleidigung des Reichskanzlers Graf Caprivi, begangen durch die beiden Artikel „Caprivi-Denkmal" und „Bilanz des neuen Kurses" wurde die Urteilsverkündigung auf den 15. Jan. mittags 12 Uhr vertagt.
Berlin, 8. Jan. Die „Voss. Ztg." hört von zuverlässiger Seite, die in der letzten Zeit aufgetretenen Krisengerüchte hätten nicht jeder Begründung entbehrt. Thatsächlich habe sich nach Neujahr eine Kanzlerkrise abgespielt, nur daß dieselbe nicht mit inneren Angelegenheiten, auch nicht mit dem deutschrussischen Handelsvertrag zusammenhing, sondern mit den Kolonialverhältnissen. Caprivi habe sein Entlassungsgesuch eingereicht, welches indes vom Kaiser abgelehnt worden sei.
Berlin, 8. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg." sagt anläßlich der bevorstehenden Beratungen der Steuervorlagen im Reichstage in einem Leitrtikel, die ^Bundesregierungen hätten niemals gezweifelt, daß insbesondere der Tabak ein ganz besonders geeignetes Objekt sei, diejenigen Einnahmen zu beschaffen zu helfen, welche in anderen Ländern daraus gewonnen würden. Wo immer man hinsehe, sei auch die aus dem Tabak erzielte Einnahme der Staaten verhältnismäßig weit bedeutender als bei uns. Da vom Trsche der Bundesregierungen aus es aufs allerentschiedenste als ausgeschlossen bezeichnet worden sei, die Deckung des Mehrbedarfs auf dem Wege von direkten Steuern erreichen zu wollen, bleibe der parlamentarischen Vertretung nichts weiter übrig, als die Steuervorschläge in Schutz zu nehmen, bei einem negativen Verhalten würden dieselben die Lösung einer der wichtigsten Fragen erschweren.
Berlin, 8. Jan. Eine ungewöhnliche Jagdbeute, so berichtet der „Waidmann", wurde auf einer kürzlich im Reisener Bruch, Posen, gehaltenen Lappjagd zu Strecke gebracht: ein kräftig entwickelter Ochse (bog taurus), der vor etwa 4 Monaten dem Viehstande des Dominiums Tschrrnau entlaufen war und sich seit dieser Zeit in den Wäldern aufgehalten hatte. Obwohl er öfters gesehen wurde, gelang es doch nie, ihm näher zu kommen. Nun aber, nachdem schon mehrere Stück Rotwild erlegt waren, ging auch endlich der wild und scheu gewordene Ochse gegen die Lappen. Ein wohlgezielter Schuß brachte den seltsamen Waldbewohner ebenfalls „zur Strecke".
Berlin, 9. Januar. Nachdem der Kaiser gestern Abend beim General-Adjutanten v. Hahnke gespeist hatte, wohnte er mit der Kaiserin und den drei ältesten Prinzen im Berliner Theater der Auf
führung des Dramas „Aus eigenem Recht" bei. Die Prinzen, die zum ersten Male im Theater waren, folgten der Handlung mit großem Eifer. Mehrmals sprangen sie auf und klatschten fröhlich Beifall. Wie verlautet, äußerte der Kaiser zum Direktor Barnay, er glaube, daß historisch-patriotische Stücke eine heilsame pädagogische Wirkung auf Kinder ausübten.
Berlin, 9. Jan. Gestern Abend fand vor der Wärmehalle auf dem Alexanderplatz ein Tumult statt. Einer Ansammlung von Arbeitslosen, welche Einlaß begehrten, wurde derselbe verweigert, weil die Halle überfüllt war. Hierauf zertrümmerte die Menge die Fensterscheiben und Thüren der Wärmehalle. Die Polizei wurde requirirt und mußte von der blanken Waffe Gebrauch machen. Mehrere Verwundungen kamen vor. Die Tumultanten zerstreuten sich unter Johlen und Schreien. Die Wärmehalle wurde dann polizeilich überwacht.
Zürich, 8. Jan. Eine sozialistische Versammlung, in welcher der Abgeordnete Bebel sprach, nahm infolge Auftretens der Anarchisten einen stürmischen Verlauf. Bender beschönigte das Pariser Attentat; der politische Flüchtling Monnemann erklärte, Bebel habe kein Recht, gegen die Anarchisten zu reden, da er selber auffordere, die gegenwärtige Gesellschaft zum Teufel zu jagen. Scheffky meinte, Dynamit-Bomben seien die einzige Antwort auf die französischen Anarchistengesetze.
Vermischtes.
— Einige Einwohner Stettins warten immer noch vergeblich auf die Ankunft von Weihnachtsgeschenken, deren Absendung angezeigt war. In der Wsihnachtsnacht sind nämlich von einem Postpacket- wagen auf der Fahrt vom Bahnhof zum Postgebäude, einer Strecke von etwa 200 Meter, 35 Packete verloren gegangen, die meistens Weihnachtssendungen enthielten. Es gelang bisher nur 14 der verlorenen Stücke wiederzuerlangen, der Verbleib der übrigen ist nicht zu ermitteln.
— Der junge Grieche, der in München kürzlich zwölf Zwanzigmarkstücke verschluckt hat und in sehr bedenklichem Zustande ins Krankenhaus verbracht worden war, findet sich nun wieder erleichtert, nachdem die Goldstücke auf natürlichem Wege wieder zum Vorschein gelangt sind. Der Patient wird das Krankenhaus bald verlassen können.
— Einen verhängnisvollen „Blick in die Zukunft" hat am Sylvesterabend ein Tischlerlehrling in Berlin gethan. Er goß Blei, um aus den Formen des Metalls ein günstiges oder ungünstiges Geschickt für das neue Jahr zu lesen. Dabei hatte er sich zu nahe über das flüssige Blei gebeugt, als er die Masse in das Wasser schüttete; einige Stücke spritzten ihm ins Gesicht, das rechte Auge wurde getroffen und so verletzt, daß die Sehkraft verloren ist.
Berlin, 8. Jan. Aus der Zopfzeit erzählt der „Bär": Wenn heute unsere Soldaten zu einer Parade oder Vorstellung gezogen werden, dann nimmt ihre Toilette zwar auch mehr Zeit in Anspruch,.
empor. Deutlich hatte er ein Schluchzen vernommen, das nur aus dem Nebenzimmer kommen konnte, in welchem sein Vater schlief. Nun litt es ihn nicht länger auf seinem Lager. Ohne erst ein Licht anzuzünden, sprang er auf und öffnete die Thür.
„Du schläfst nicht, Vater — Du hast einen schweren Kummer — Warum darf ich nicht erfahren, was Dich bedrückt?*
„Ich bin ein ungücklicher Mensch." jammerte er. „Der Junge ist an all' meinem Elend schuld — er hat mir mein ganzes Leben verdorben — und ich kann mich doch nicht von ihm loSreißen — ich kann nicht — ich hatte ihn ja so lieb."
„Ludolf hat also geschrieben?" fragte Günther mit dem Bemühen, einen sanften und ermutigenden Ausdruck in seine Worte zu legen. „Und eS geht ihm wieder einmal schlecht, nicht wahr?"
„Er steht vor dem Verderben. Wenn wir ihm nicht helfen, wird er sich eine Kugel durch den Kopf schießen. ES ist ein schreck!,cher Brief, Günther — ein Brief, der einen verrückt machen könnte."
„ES ist nicht das erste Mal, daß Ludolf eine solche Drohung ausspricht, Vater! — und er wird sie diesmal so wenig zur Wahrheit machen als bei früheren Gelegenheiten. Wenn er damals dm Mut hatte, weiterzuleben — damals, als —"
Grollend fiel Harmening ihm in die Rede.
„O, ich wußte eS wohl, daß Du die Gelegenheit benutzen würdest, mich daran zu erinnern. In Deinen Augen ist Ludolf eben immer nur der Verbrecher, der sich an fremdem Gute vergriffen hat. Du kannst ihm seine Verirrung nicht verzeihen, weil kein Funken von Liebe für ihn in Dir ist. Du warst immer voll Haß gegen ihn, da» hat er mir oft genug geklagt."
Es war gut, daß sie sich in tiefer Dunkelheit befanden, denn so konnte der Alte nicht» von der Wirkung wahrnrhmen, dir seine heftigen Worte auf Günther
hervorgebracht. Der junge Mann ließ eine längere Zeit vergehen, ehe er mit gepreßter Stimme erwiderte:
„Ludolf war wohl der Letzte, der einen solchen Vorwurf gegen mich erheben durste. Aber wir wollen nicht davon reden, Vater, denn es kommt ja am Ende nicht darauf an, wie ich über ihn denke. Ist es eine große Summe, die er fordert?"
„Wie verächtlich Du das nun wieder sagst! — Als wenn eS der erste beste, wildfremde Bettler wäre, der sich da an Dich wendet! Er ist doch Dein Bruder,, auch wenn Euch nicht dieselbe Mutter geboren hat, und Du mußt ein Herz von Stein haben, daß Du jetzt noch mit den Pfennigen knausern kannst, die ihn vom Untergang retten sollen."
„Ich habe nicht gesagt, daß dieses meine Absicht sei. Sage mir, wieviel er verlangt und wohin ich das Geld senden soll, dann mag die Angelegenheit begraben sein."
„Er ist drei Monate krank gewesen und hat viele Schulden machen müssen. Er schreibt, daß er wenigstens dreitausend Mark haben muß, um sich aus seiner verzweifelten Lage zu befreien."
„Dreitausend Mark?" fragte Günther erschrocken. „Sei mir nicht böse, Vater,, aber eS wäre eine ungeheure Thorheit, ihm eine solche Summe zu geben."
Der Alte antwortete nicht gleich. Sein Atem ging rasch und schwer. Nach Verlauf von Minuten erst stieß er mit sichtlicher Anstrengung hervor:
„Du möchtest ihn lieber zu Grunde gehen lassen — nicht wahr? — Aber ich will Dir etwas sagen. Günther! — Er ist mein Sohn so gut wie Du und ich habe ihn darum nicht weniger lieb, weil er sein Leben lang vom Unglück verfolgt worden ist. Wenn er zu Grunde gehen soll, ist mir an meinem Dasein auch nichts mehr gelegen. Ein Haken und ein Strick werden sich ja wohl noch für mich finden. Und
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