Beilage zumCalwer Wochenblatt"

Nro. 151.

Isuikteton.

Auf dem Hexenaltar.

Eine Harzgeschichte.

Von G. Walter.

(Fortsetzung.)

Soll ich Ihnen erzählen, wie es kam? Sie wissen cs. Es giebt Grenzen, über die man einem Manne, den man nicht liebt, nicht folgt. Und ich habe ihn nicht geliebt. Ich habe mich nicht gefreut, wenn er kam, und nicht gegrämt, wenn er ging. Ich hatte keinen Teil an seinen Gedanken und er keinen Teil an meinem Herzen. Ich habe viel erduldet von ihm, dem ich den Eltern zu Liebe mein Jawort gab; das letzte, was er mir bot, konnte ich nicht mehr ertragen. Da warf er mir den Ring vor die Füße und ging. Und ich rief ihn nicht zurück. Und warum ich Ihnen das hier sage, unter vier Augen, und nicht meine Mutter gesandt habe? Weil ich Ihnen eben danken wollte darum, daß Sie, ohne es zu wollen, erlösend in mein Leben getreten sind und und" sie reichte mir beide Hände, und dunkle Röte übergoß ihr Gesichtweil"

Weil? Hedwig sprich zu Ende!" flehte ich mit stockendem Atem weil Du"

Weil ich Ihnen selbst sagen mußte" und tief erregt blickte ihr Gesicht daß ich Ihnen nie gehören kann!" Ich war aufgesprungen und hielt noch ihre Hände. Bildschön, begehrenswert um aller daranzusetzen, saß sie vor mir, mit vollem Augenaufschlag zu mir aufschauend.

Hedwig, Hedwig! das ist ja Wahnsinn!" rief ich in Verzweiflung.

Nein, Wahnsinn wäre eS von mir, nachdem, was gestern Abend geschehen, Ihnen zu folgen. Sie würden mich gering achten Ihr Leben lang und mir nach­sagen, ich hätte um Ihretwillen dem andern die Treue gebrochen! Nie! Frei bin ich; aber ich muß den Preis für meine Freiheit zahlen, und der heißt: Einsamkeit und Alleinsein! Ich will nicht Ihre Frau sein, weil ich eS nicht kann; ich kann es nicht, weil ich es nicht darf; ich darf es nicht, weil ich es nicht will. Sie sagten mir vorhin, wie Sie meinten, ich wollte Sie in Versuchung führen, Sie wollten ein ehrlicher Mann bleiben; ich will auch ein ehrliches Mädchen bleiben in Ihren Augen, gerade, weil Sie meinem Herzen so nah',, so sehr nah' stehen, daß mich gestern schon beinahe die Kraft verließ."

Und wissen Sie, zu welchem Leben Sie mich verurteilen, Hedwig?"

Urteile ich milder gegen mich?" sagte sie und sah mir mit tiefem, traurigem Blick in die Augen.

Hedwig, geben Sie nicht zwei Menschenleben mit Ihrem ganzen Glück daran; lassen Sie mir Hoffnung; die Zeit und rechte Liebe heilt alle Wunden aus"

Nein," sagte sie hell und klar;ich lasse Ihnen keine; so wahr, wie wir imLeben uns nicht wieder begegnen, sowahr haben wir nichts mehr mit einander gemein. Sie werden nicht in unser HauS kommen; ich ver­biete es Ihnen! Ich würde zur Hinterthür hinausfliehen, träten Sie zur Vorderthür herein! Ich gebe Ihnen mein Wort darauf vor Gott, beachten Sie es wohl! Schreiben sie nicht an mich: ich schicke jeden Brief, auf welchem Weg« er auch an mich kommt, zurück, unberührt! Ich kann auch stark sein, wo ich Buße thun muß, und um meine Ehre kämpfen gegen einen Mann, der mich so schwach gesehen hat. Also: nun Gott befohlen! Auf Nimmerwiedersehen!"

Sie stand auf. Sie drückte meine Hände und machte die ihren los.Bleiben Eie hier!" gebotrsie.Da steht der Wagen schon angeschirrt, der uns mitnimmt zu Thal! Adieu!"

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Da ging sie hin und all mein Friede dieser Welt mit ihr. Ich lehnte am

Felsen und sah ihr nach.-Ueber mir auf dem Stein erschienen ein Herr und

eine Dame.

Es ist heute der 15. Juli," hörte ich ihn sagen. ES war die Stimme eines ganz fremden Menschen, den ich nie früher gehört, den ick nie wieder gesehen habe. Aber ich hörte das gleichgültige Wort nach, wie ich es an jenem Morgen vernahm, und es klang mir ein trauriges, ödes Jahr hindurch durch alle Gedanken des Tages, durch alle Träume der Nacht.-Wir waren geschiedene Leute, Hedwig und ich.

So gingen dreihundertundfünfundsechzig Tage dahin; eine freudlose, qualvolle Zeit. Ich hatte wieder Urlaub genommen und wandert« wieder den Weg zum Brocken hinauf. Es war Helle Vollmondnacht, in der ich durch den nächtlichen Bergwald dahinzing. Es hätte mir nirgend anderswo Freude gemacht, zu wandern, als hier. Wie man wieder und wieder ein Grab aufsucht, das man nicht vergessen kann und durch keine Musik und Freude am Wege sich ablenken läßt. Die Sonne ging auf, wie ich bei den Schnarchern Rast machte. Ihr Glanz fiel mir hell in die Augen. Ein Vogel, ein einsamer, rief im Walde; eine Holztaube girrte von fern; hart schlug ein Specht die Bäume an ich dehnte mich und streckte dem jungen Licht die Arme entgegen:

Heut ist der 15. Juli," rief ich ins Thal hinab,und zum letztenmal bin ich hier!" Und innerlich gestärkt stieg ich weiter, langsam und wie einer, der Zeit hat, und den nichts treibt und zieht. Nun war ich oben. Es war ein düsterer Tag; blauer Dunst und graue Nebel umhüllten die Berge, verhüllten die Ferne. Ich ging ohne anzuhalten am Hause vorbei. Der Oberkellner stand in der Thür und begrüßte mich, eingedenk des Thalers, den ich ihm gegeben hatte vor einem Jahr, mit höflichem Grinsen.Komme nachher!" rief ich ihm zu. Seine Antwort verstand ich nicht.

Ich trat vor bis zum Hexenaltar, wo er mit dem Fuß in wildem, chaotischem Steingeröll steht. Es war einsam da oben. Einzelne Touristen waren hier und dort auf dem Plateau zerstreut; auf der Teufelskanzel stand ein Gymnasiast mit rother Mütze. Ich blickte hinab. Was war da viel zu sehen? Nicht». Berg und Thal waren tot. Ich wandte mich und ging um den Stein herum. Dort lag die Platte, auf der sie, Hedwig, vor einem Jahre gesessen hatte.

Ich stemmte den Stock hart gegen den Boden in plötzlichem, übermächtgem Schrecken.

Da saß sie wieder, Hedwig, tief in Gedanken versunken, da» Haupt in die Hand gestützt, hinabschauend ins Thal.

Da war's um mich geschehen. Da kniete ich vor ihr, wie einst in Jugend- tagen, als sie unter dem Farnkraut saß, auf dem Moos, so jetzt auf den kantige» Felstrümmern, und breitet« die Arme gegen sie auS: Hedwig, nun -ehe ich nicht wieder von Dir!"

Sie hatte die Hände wie abwehrend gegen mich auSgestreckt:Arnold, Arnold wußtest Du, daß ich hier wäre?"

Nein, Hedwig. Ich Hütte nur daS ganze Jahr dar Wort d«S Fremden vom 15. Juli; da« hat mich Hergetrieben zur Feier de» Tage», an dem ich meine Liebe begraben mußte."

Ich hört« e» auch, als ich damals von Dir ging, und auch mich hat's her» gebracht, mein Freund"

Und du sagtest:So wahr wir uns imLeben nicht wieder be» gegnen, so wahr haben wir nichts mit einander gemein" nun sind wir un» wieder begegnet, Hedwig. Nun haben wir alle» gemeinsam."

(Schluß folgt.)

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