in das anliegende Nebenzimmer begab und aus einer Kommode über 500 entwendete. Diesen Einbruch verübt zu haben, ist dringend verdächtig ein ca. 20- jähriger, ordentlich gekleideter Mensch, der sich abends zuvor zweimal in der Wirtschaft einstellte und bei dieser Gelegenheit unbemerkt die Reiber an den Fenstern beiseite schob. Wie man hört, soll der Dieb ein aus Grömbach gebürtiger, in Freudenstadt entsprungener Sträfling sein.
Stuttgart, 20. Oktbr. Hopfenmarkt. Der heutige Markt zeigte eine gegenüber dem Vormarkt wesentlich veränderte Physiognomie. Schon im Laufe der Woche machte sich eine regere Nachfrage geltend und wurden von der Inspektion einige Partieen zu erhöhten Preisen abgegeben. Da die Zufuhren zum heutigen Markte nur sehr gering blieben, so belief sich der ganze Vorrat auf ca. 70 Ballen, welchem eine große Anzahl Käufer gegenüberstand. Unter diesen Umständen entwickelte sich sofort ein lebhafter Verkehr und konnten alle Sorten 10—25 ^ gewinnen. Es wurden 38 Bll. während der Woche und auf heutigem Markt 65 Bll. zu nachstehenden Preisen abgesetzt: 220—235 für geringe,
240—255 für mittlere und ^ 260—270 (vereinzelt 300 für prima Ware.
Stuttgart, 23. Oktober. Ein blutiges Liebesdrama. Die 19'/-jähr. Tochter eines geachteten Handwerkmeisters in der Schusterstraße war mit einem 23jähr. Zimmermaler verlobt. In letzter Zeit aber hatten die Eltern der Braut verschiedenes Nachteilige über den letzteren erfahren und die Verlobung mit Einvernehmen der Tochter gelöst. Als nun der Vater gestern früh in die Kirche ging, stieß er auf den Zimmermaler, welcher, ohne weiter zu grüßen, an ihn die Frage stellte, ob seine Tochter zu Hause sei; er wolle ihr die Geschenke zurückgeben. Nichts Böses ahnend, bejahte der Vater und setzte seinen Weg fort. Der unselige junge Mensch aber, der den Plan gefaßt hatte, lieber zum Verbrecher zu werden, als auf seine Geliebte zu verzichten, begab sich stracks in ihre Wohnung in der Schusterstraße und rief sie auf den Hausflur. Die Mutter, welche hörte, daß die Tochter dem Ansinnen Folge leistete, rief sie zurück; vergebens — in demselben Augenblick hörte sie schon die Schüsse fallen, welche zwei junge Leben endeten. Der junge Mensch muß seine ehemalige Braut in dem Moment, als sie an ihn herantrat, umfaßt, ihr den Revolver hinters Ohr gesetzt und abgedrückt haben. Sodann schoß er sich in die rechte Schläfe. Er hatte nur zu gut gezielt; der Tod trat bei dem Mädchen und bei ihm auf der Stelle ein. Als der Vater aus der Kirche zurückkehrte, fand er sein Haus von Polizisten umstellt und von einer großen Menschenmenge umdrängt und erfuhr so das Entsetzliche. Den Jammer der Eltern über den Verlust ihrer blühenden Tochter kann man sich vorstellen. Der Leichnam des Mörders, bei dem man einen Brief vorfand, in welchem er den Entschluß zu der
blutigen That offen ausspricht, wurde ins LeichenhauL- verbracht.
Obstpreise. In Cannstatt galt Mostobst^ am Samstag ^ 3.20 bis 3.50, in Göppingen ^ 3.40 bis 3.50, in Heidenheim 2.40 bis ^ 2.90, gebrochene Aepfel ^ 5.— bis ^ 6.50^ Ravensburg, Mostobst ^ 1.60 bis 2.20 pr. Ctr.
Reutlingen, 20. Okt. Vor einiger Zeit wurden auf dem hiesigen Kirchhof, sowie in den. Gärtnereien von Schlegel und Hummel Pflanzen aller Art gestohlen, ohne daß man eine Spur des Thäters , gefunden hätte. Dem Bemühen der Polizei und der Geschädigten ist es nun aber doch gelungen, desselben habhaft zu werden, und zwar in der Person eines seit einem Jahre in Tübingen ansässigen Gärtners, der sich auf diese Weise ein billiges Lager verschaffen wollte. Kühn gemacht durch seine Erfolge hatte der Dieb letzten Montag abend zur Abfuhr seines Raubs einen Wagen benützt, dessen Spuren ihm zum VerU hängnis wurden. Die in den Gewächshäusern und in der Behausung desselben vorgenommenen Durchsuchungen ergaben ein überraschendes Resultat, denn es wurden gestohlene Pflanzen im Werte von mehreren hundert Mark vorgefunden.
Bietigheim, 23. Okt. Die Weingärtner von hier kamen gestern im Adler zusammen, um sich miteinander über die von der Reichsregierung geplante Weinsteuer zu besprechen. Einstimmig beschloß die Versammlung, an die k. Regierung die Bitte zu richten, es möchte dieselbe im Bundesrate gegen eine solche Steuer stimmen, auch erging an den Reichstagsabgeordneten Haag in Heilbronn die Aufforderung, bei einer Abstimmung über diese mit Nein zu stimmen. Darin waren alle einig, daß durch eine neue Steuer die Mittel für die erhöhten Militärausgaben aufgebracht werden müssen, aber als allein richtige Quelle derselben wurde die Einführung einer progressiven Einkommenssteuer bezeichnet.
Neresheim, 22. Okt. Während des heutigen Nachmittagsgottesdienstes spielte das fünfjährige Enkel- söhnchen des Bäckers Winter an einer eisernen Brunnenverschalung, welche an den Hofzaun des Schlossers Hochmüller angelehnt war. Das mehrere Zentner schwere Gitter stürzte um und schlug dem Kinde das Genick ab, was den sofortigen Tod des Kindes herbeiführte.
Steinegg, Amt Pforzheim. Der hiesige Einwohner Anton Kuhnle erntete auf einem Acker Zuckerrüben im Gewicht von 6 '/s— 8'/2 Pfund. Gewiß trotz des trockenen Sommers eine vorzügliche Ernte.
Dresden, 23. Okt. Die Hoffestlichkeiten anläßlich des 50jährigen Militärjubiläums des Königs endeten heute mit einer großen Ballfestlichkeit im Residenzschlosse.
Berlin, 21. Okt. Der Reichsanzeiger veröffentlicht zu dem fünfzigjährigen Militär
gutem Rat zu unterstützen, womit manchem ein guter Dienst geleistet würde.
Calw, 25. Okt. Gestern nachmittag wurde der Fuhrmann Kübler hier auf seinem Baumgut oberhalb des Kirchhofs von einigen Handwerksburschen in übler Weise traktiert. Dieselben, 3 an der Zahl, gaben an jemand zu suchen und wollten mit Gewalt in K's Heuscheuer eindringen. Als Kübler sie daran verhinderte und aus seinem Besitztum wies, schlug ihm der eine mit einem Stock derart auf die Stirne, daß der Stock in Stücke sprang. Halb betäubt und mit blutüberströmtem Gesicht wehrte sich der Angegriffene so gut er konnte bis ihm durch den Sohn von Bahnwärter Heinold Hilfe wurde, worauf sich die Burschen rasch entfernten. Wie man hört, sind dieselben kurz nachher eingeholt und verhaftet worden. Einer der 3 soll sich passiv verhalten haben.
Hl Am letzten Samstag den 21. Okt. hielt der Ausschuß des Westl. Gäusängerbundes eine Ausschußsitzung im Hirsch zu Gechingen ab. Jeder der Beteiligten war gespannt auf den Verlauf der Verhandlung. Mancher glaubte wohl infolge des heurigen Sängerfestes und des damit zusammenhängenden leidigen Zeitungskrieges bei dieser Gelegenheit den „Leichenschmaus" halten zu müssen. Doch gottlob die Sache nahm den günstigsten Verlauf, so daß unser Gausängerbund auf seinem nächsten Gau- fest, welches nächstes Jahr in Ostelsheim stattfindet, wieder neu aufblühen wird. Bedauert wurde, daß der Gesangverein Gültlingen seinen Austritt aus dem Bunde erklärt hat. Gewiß wäre dies nicht vorgekommen, wenn letzterer Verein vertreten gewesen wäre und an der interessanten und ruhigen Verhandlung teilgenommen hätte. Gratulieren wir dem Bunde zu seinen neuen Vorsätzen!
<8 Neuenbürg. Aus dem Bezirksorte Sprollenhaus bei Wildbad wurden vor kurzem 4 junge Leute (Brüder) wegen unbefugten Fischens verhaftet. Als ihr Vater von der Verhaftung erfuhr, kam er hieher und brachte sie dazu, ein offenes Geständnis abzulegen, worauf alle 4 bis zur Aburteilung entlassen wurden.
G Schömberg. Vergangenen Freitag Abend als der Oekonom Friedrich Nentschler sein Gehöfte betrat wurde er von seinem eigenen Bruder dem Math. R., welcher ihm auflauerte, von hinten überfallen und durch wuchtige Schläge mittelst eines Lattenstücks derart mißhandelt, daß er das Bett hüten muß. Ein gerichtliches Nachspiel ist jedenfalls die Folge der rohen That.
— In der Nacht vom letzten Donnerstag auf Freitag wurde im Gasthaus z. Bären in Ober- jettingen, OA. Herrenberg, ein ungemein frecher Einbruch verübt. Mittelst einer aus einem Nachbarhause herbeigeholtcn Leiter gelang es dem Dieb, in das Wirtschaftslokal einzusteigen, von wo aus er sich
Sie schauderte und schlug beide Hände vors Gesicht.
„Er war es, er ist wiedergekommen von den Toten, es war sein Geist!" rief fie zitternd.
Wir glaubten, sie habe sich erschreckt über einen Scherz, den vielleicht die jungen Leute des Dorfes nach der Sitte der Gegend an diesem Abend zur Ausführung bringen wollten; eine von den verkleideten Gestalten habe vielleicht draußen am Fenster gestanden, die ihr dann gespensterhaft erschienen.
Die Umstehenden suchten die erschreckte Frau zu beruhigen. Einige eilten hinaus. Sie fanden nichts und kehrten unverrichteter Sache zurück, als plötzlich draußen ein heftiges Reden und Rufen laut wurde. Die Thür ward aufgestoßen und vier bis fünf junge Burschen des Dorfes zerrten einen zerlumpten Strolch herein in den Lichtkreis der Lampe. Der zerdrückte Filzhut fiel demselben vom Kopfe, ein zerzauster Bart umgab sein blasses, hohlwangiges Gesicht, aus dem zwei tief in ihren Höhlen liegende Augen mit glühendem Haffe zu Frau Reinberg hinüberfunkelten. Diese stieß beim Anblick des Mannes von neuem einen Schrei aus und hielt sich zitternd und totenbleich mit bebenden Händen an der Tischkante fest, um nicht umzusinken.
Aller Blicke hingen an dem unheimlichen Fremden, der die geballte Faust gegen Frau Reinberg erhob.
„Ja, schrei' nur, Du Schlange," rief er heiser, „mich soll'» treffen, und ich meid' verfolgt und gehetzt wie ein Wild, Du lebst in Staat und hältst ein Fest übers andere, und wolltest mich dabei noch braten bei lebendigem Leib». Wart', jetzt zieh ich Dich mit und Deine Straf' sollst Du selbst tragen! Gelt, daß die Käth' dafür ins Gefängnis spaziert ist, war Dir schon recht, he?"
Nun wußten wir alle, wer der Zerlumpte war. Winkrlbach, der damals geflohen war, als der Verdacht der Schmuggelei auf ihm ruhte; wir hatten ihn nur nicht sogleich wiedererkannt, weil er so verkommen, elend und jämmerlich aussah.
Frau Reinberg erwiderte nichts, sie wollte reden, brachte aber keine Silbe über ihre Lippen, zitternd glitt sie hernieder auf einen Stuhl.
„Wir wollten uns verkleiden drüben in der Scheune," erzählte einer von den Burschen, die Winkelbach hereingebracht hatten, „da stand oben auf dem Balken ein Mensch, wir dachten, es wär ein Spitzbub, und wollten ihn greifen. Da gab er schnell Fersengeld und wollt' sich davonmachen, aber die anderen Burschen, die hinter uns kamen, erwischten ihn, und da ist er."
„Viel besseres als ein Spitzbub' wird er auch nicht sein," setzte ein anderer hinzu..
„Bringt ihn zu Bordmann, er ist OrtSvorsteher und weiß am besten, was mit ihm anzufangen ist," sagte einer der Burschen.
„Mir ist's schon recht," entgegnet« Winkelbach, ich geh' schon von selbst, aber die da soll Nachfolgen," setzte er auf Frau Reinberg deutend hinzu.
Er wandte sich um. Die jungen Leute wollten ihn fortführen, doch Hermann sprang dazwischen.
„Hier herein!" befahl er gebieterisch, die Thür des Nebenzimmers aufstoßend. „Ihr könnt draußen warten, ich will erst allein mit ihm reden."
Er zog Winkelbach in die kleine Stube, winkte mir, zu folgen, und schloß die Thür nach unserem Eintritt.
Bleich, mit kalter, entschlossener Miene stand Hermann vor dem Ergriffenen.
.Winkelbach, was ich für Sie thun kann, soll geschehen, aber reden Sie. was sollen ihre Drohungen gegen meine Mutter? Sagen Sie mir alles und verhehlen Sie nichts. Herr Lehrer, Sie sind Zeuge."
„Nur nicht so stolz, Herr Hermann!" antwortete Winkelbach höhnisch, „ich weiß nicht, ob's ihnen angenehm ist, in Gegenwart Fremder alles zu hören, was Ihre Mutter betrifft. Aber wenn Sie's wissen wollen, Ihnen kann ich ebenso gut die Wahrheit sagen, wie ich sie später vor Gericht sagen werde. Vorher aber geben Sie mir etwas zu trinken und einen Bissen Brot, ich Hab' den ganzen Tag noch nichts genossen und kann mich nicht mehr halten auf meinem kranken Bein."
Auf einem Seitentisch in der Stube standen Flaschen und Gläser, sowie ausgeschnittenes Brot und Schinken; es war wohl dort hingesctzt worden, damit es für die Gäste nachher gleich zur Hand sein sollte. (Forts, folgt.)