Vertiefung in denselben läßt den Hörer alle Schwierigkeiten, die im reichsten Maße vorhanden sind, vergessen. Die zarte, süße Innigkeit des „Andante" und die feurige dahinrasende Tarantelle mit der effektvollen Schlußkadenz wirkten, so vorzüglich gespielt, verblüffend. In 3 weiteren Stücken von Bach, Schumann und Popper zeigte sich Herr Hartmann als klassischer, wie auch als moderner Salonspieler vom feinsten geschmackvollen Vortrage. Der reichlich gespendete Applaus veranlaßte den Künstler zu einer reizenden Zugabe von Overbeck. Der jugendliche Pianist Hr. R. Bart ich spielte Thalbergs Oberon- Fantasie mit Bravour, sodann „des Abends" von Schumann und Polka de la Reine von Raff mit schönen Effekten und perlender Fertigkeit, was wir aber weit höher anschlagen, ist die so vorzügliche in alle Schattierungen eingehende und minutiös folgende Begleitung des angehenden Kapellmeisters. Das äußerst animierte Publikum spendete dem Künstler- trio rauschenden Beifall und wiederholte Hervorrufe.
Vom hintern Wald, 25. Juli. Auf der Markung Besenfeld wurde gestern ein stattlicher Hirsch, ein Zehnender, erlegt. Er wog 180 Pfund. Die Bauern freuen sich jedesmal, wenn ein solches Tier geschossen wird, denn der Schaden, den die Hirsche auf den Saatfeldern und noch mehr an den umzäunten Krautäckern anrichten, ist bedeutend und Ersatz wird nicht geleistet.
Reutlingen, 25. Juli. (Württemb. Gewerbevereine.) Am Sonntag, den 23. Juli d. I. fand in Ulm eine Ausschußsitzung des Verbands der württ. Gewerbevereine unter dem Vorsitz des Professors W. Beißwanger aus Reutlingen statt, die mit einer einzigen Ausnahme von sämtlichen dem Ausschuß angehörigen Vereinen beschickt war. Dieselbe hatte die Beratung der Tagesordnung der jährlichen Hauptversammlung des Verbands, welche am 3. und 4. Sept. in Cannstatt abgehalten werden wird, zum Zweck. Als Gegenstände der Tagesordnung wurden nach lebhaften Debatten angenommen:
1. Ist die Errichtung von Filialien der württ. Notenbank an einzelnen Plätzen des Landes Bedürfnis und welche Vorteile sind event. hievon zu erwarten?
2. Die Vertretung der Interessen des Kleingewerbestandes durch event. Errichtung eigentlicher Gewerbekammern.
3. Die Ziele des Verbands deutscher Gewerbevereine mit dem Vorort Köln und die Frage des Anschlusses an diesen Verband (Referent Beißwanger).
4. Vorschläge zur Abänderung der Grundlagen bezüglich der Erhebung der Beiträge zur Kranken-, Unfall- und Jnvaliditätsversicherung. (Referent Herr W. Metzger aus Göppingen).
5.,Das gegenwärtige Verhältnis des Kleingewerbetreibenden zum Arbeiter. (Referent Herr Reg.-Baum. Unseld. Ulm).
Zur richtigen Vorbereitung des Punkts 2 der Tagesordnung wurde aus der Mitte der Versammlung eine Kommission gewählt, welche sich noch in dieser Woche mit der Feststellung von Thesen zu befassen haben wird, welche die Grundlage des zu erstattenden Referats abgeben sollen. Der Umstand, daß die Zeit der Hauptversammlung in die Dauer der demnächst zu eröffnenden Gewerbeausstellung in Cannstatt noch hereinfällt, dürfte einen lebhaften Besuch des Verbandstags aus allen Teilen des Landes
erwarten lassen. In wirklich wohlthuender Weise wurden die Ausschußmitglieder des Verbandes durch das freundschaftliche Entgegenkommen berührt, das ihnen sowohl von Seiten des Gesamtvorstands des Ulmer Gewerbevereins wie von Seiten einzelner hervorragender Industrieller bezeigt wurde.
Ulm, 25. Juli. Wie das „U. Tgbl." mitteilt, wird nach seitens des Kommandeurs der 27. Division heute beim Königl. Oberamt eingetroffenen amtlichen Mitteilung das Exerzieren der 27. Kavallerie-Brigade auf dem Feld bei Altheim nicht abgehalten werden und demzufolge die für die Gemeinden Altheim mit Söglingen und Zähringen, Ballendorf, Breitingen, Holzkirch, Bernstavt, Börs- lingen, Neenstetten, Westerstetten, Weidenstetten und Sinabronn vorgesehene Einquartierung nicht stattfinden. — Die am 22. in Ulm abgehaltene Amtsversammlung hatte einstimmig beschlossen, gegen die Abhaltung der Kavallerieübungen bei Altheim vorstellig zu werden.
Mergentheim, 25. Juli. In einem Walde bei Tauberbischofsheim fiel Waldarbeitern ein starker Modergeruch auf. Bei näherer Nachforschung ergab sich, daß zwei Leichname in den Boden eingescharrt waren, und es stellte sich heraus, daß es diejenigen von bei dem Gefecht (am 14. Juli 1866) gefallenen Soldaten waren. Am Waldesrande wurden sie nun in ein Grab gebettet und dasselbe mit einem Denkmal versehen, welches gestern eingeweiht wurde. Auf besonderen Befehl des Königs haben die Offiziere der hiesigen Garnison sich an der Feier beteiligt, bei welcher Major v. Knörzer, Oekonomierat Spieß, Regierungsrat Jung von Tauberbischofsheim und der Vorstand des hiesigen Krieger-Vereins, Lehrer Schiefer, Reden hielten. Die Errichtung des Denkmals, sowie die gestrige Feierlichkeit sind ganz besonders den Bemühungen des Landtagsabgeordneten Spieß zu verdanken.
Berlin, 26. Juli. Der Kaiser wird Mitte August dem Probeschießen mit schweren Geschützen auf der Insel Helgoland beiwohnen, wo die Befestigungsarbeiten nunmehr beendet sind. — In Cowes soll eine Wettfahrt zwischen der Kaiser- Jacht „Meteor" und der Jacht „Britannia" des Prinzen von Wales stattfinden. Der Kaiser und der Prinz werden ihre Jachten persönlich leiten.
Kiel, 27. Juli. Die Kaiserin ist um 10*/- Uhr gestern Abend nach Wilhelmshöhe abgereist.
— Zu dem Konflikt mit Siam sagt die „Franks. Ztg.": „Für den Geistes- und Gemütszustand der Franzosen unter der 3. Republik ist es bezeichnend, daß sie diesen Krieg wieder ohne hinreichenden Grund und ohne Kriegserklärung beginnen. Die Franzosen sind jetzt unumschränkt Herren über Krieg und Frieden, und kein Herrscher kann ihnen einen Kabinetskrieg aufzwingen. Aber sie behandeln diese Entscheidung über Krieg und Frieden, als ob es sich um einen Spaziergang ins Bois de Boulogne handle. Der Minister des Auswärtigen führt in der Kammer aus, daß Frankreich sich gezwungen sehe, behufs Durchsetzung gewisser Ansprüche Gewalt zu gebrauchen, und die Volksvertreter geben begeistert und einmütig ihre Zustimmung dazu, ohne nach dem Warum und dem Wie zu fragen. Diese Volksvertreter stehen zudem noch vor einer Neuwahl; binnen 4 Wochen hat das Land sein Urteil über sie zu fällen. Aber sie sind dieses Urteils so sicher, daß sie
noch im letzten Augenblicke, bevor sie sich an die Urne stellen, den Mut haben, die Erlaubnis zum Beginn eines so wenig gerechtfertigten Krieges zu geben. Welches französische Blatt man auch auf- schlagen mag, überall findet man rückhaltlose Billigung des Vorgehens der Regierung. Radikale und Gemäßigte, Republikaner und Monarchisten — Alles ist Ein Herz und Eine Seele; selbst die Sozialisten fühlen ein patriotisches Rühren und hüten sich, ihre internationalen Liebhabereien zu Gunsten der Siamesen aus der Theorie in die Praxis überzuführen. Es ist die alte Geschichte: wenn es an ein kriegerisches Abenteuer geht, das mit wenig Gefahr verbunden zu sein scheint, dann ist ganz Frankreich ohne Ausnahme bei der Hand. Seit 12 Jahren, also seit die französische Militärmacht wieder hergestellt ist, hören die Kolonialkriege Frankreichs nicht auf. Diese Kriege haben ja das Gute, daß sie den französischen Äktionstrieb nach fernen Gegenden ablenken; sie haben aber auch das Schlechte, daß sie diesem Trieb fortwährend Nahrung geben, so daß die Sache schließlich so aussieht, als sollte die Nation durch Uebung im Kleinen sich zu etwas Großem vorbereiten. Die auswärtige Politik Siams wird von dem ehemaligen belgischen Minister Rolin-Jaquemyus geleitet, der als einer der besten Kenner des Völkerrechtes gilt. Mit feiner Ironie hat er in seiner Antwort auf das Ultimatum gefragt, warum die Franzosen auf den schon lange von Siam gemachten Vorschlag, den Landstreit einem Schiedsgericht zu unterbreiten, keine Antwort gegeben haben. Die Frage ist berechtigt, da es ein Franzose ist, der Abbe de Saint-Pierre, der schon vor 200 Jahren diese Schiedsgerichtsidee aufgebracht hat, und da so manche Franzosen für Schiedsgerichte und Völkerfrieden schwärmen. Freilich, sobald die Nation im Begriffe ist, einen Krieg zu beginnen, lassen die Friedensfreunde und Schiedsgerichtsanhänger nichts von sich hören noch sehen.
— Am kronprinzlichen Hofe von Griechenland wird wieder ein freudiges Familienereignis erwartet. Der am 27. Oktober 1880 zwischen dem Kronprinzen Konstantin und der Schwester des deutschen Kaisers, Prinzessin Sophie, geschlossenen Ehe ist bereits am 19. Juli 1890 ein Sohn, Prinz Georg, entsprossen.
Rom, 26. Juli. Eine Berliner Depesche meldet: Prinz Heinrich wird auf Einladung des Königs Humbert den großen italienischen Seemanövern mit dem Admiral Herzog von Genua an Bord des „Lepanto" beiwohnen. Der Kronprinz von Ist a - lien wird im September den deutschen Manövern beiwohnen und teils Gast des Kaisers, teils des Königs von Württemberg und des Großherzogs von Baden sein»
Standesamt ßalrv.
Geborene:
23. Juli. Julie, Tochter des Karl Supper, Briefträgers hier.
Gestorbene:
21. Juli. Karl August Dierlamm, Bürstenmacher hier, 35 Jahre alt.
25. „ Karl Kuhn, Kaufmann hier, Jahre a.
Gottesdienst
am Sonntag, den 30. Juli.
Vom Turm: 30. Prdigtlied: 377. Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. Christenlehre mit den Töchtern. Bibelstunde um 2 Uhr: Herr. Missionar Hesse.
«Dann soll cs für Sie ein Glücksfall sein", antwortete Lord Brackenburg.
Der Advokat gab schweigend mit einem eigentümlichen Blick meinem Herrn das Trauzeugnis.
Auf einen Wink Lord Arthurs verließ er das Zimmer, sich tief und respektvoll, aber spöttisch lächelnd verneigend.
Hier machte Mr. Strang abermals eine Pause, um sich zu erholen und fuhr dann in seiner Erzählung fort:
„Sehen Sie, Lord Harold, jetzt als mein Herr allein war und mit finsteren Blicken das Schreiben betrachtete, wäre es für mich an der Zeit gewesen, offen vorzutreten und meinen Herrn zu warnen vor einer schlechten, gewissenlosen Handlung, aber ich war zu feige dazu oder vielmehr traute ich Lord Arthur zu viel Ehrenhaftigkeit zu, aber der Hochmut, der noch gesteift worden war in den Jahren seiner Ehe mit Lady Alice, überwand die Ehrenhaftigkeit.
Noch immer drehte Lord Arthur das Schreiben unschlüssig in der Hand hin und her. Sein Gesicht trug einen Ausdruck, der mir in der Seele wehe that.
„Ich bin es meiner alten stolzen Familie schuldig," sprach er zu sich selbst. „Was würde Alice sagen und Curt, wenn auch ich schwach genug wäre, zu verzeihen."
Lord Arthur nahm das Schreiben aus dem Umschlag, entfaltete es langsam und las es durch.
„Ja, ja," sagte er seufzend, „hier steht das Ungeheuerliche schwarz auf weiß. — Arme Bcatrice! Ich kann Dir nicht Helsen, kann Dir die Thors von Brackenburg Nicht öffnen. — Doch Mangel leiden sollst Du nicht mit Deinen Söhnen, sie sind ja meine Enkel. — Curt ist aber auch mein Sohn und Walgram mein Enkel, ebenso gut wie Harold. — Mag der letztere immerhin Harold Charlton bleiben für dieses Leben, ist es denn nicht am Ende einerlei, wessen Nachkomme einst hier herrscht, ob Curts oder ob BernardS Sohn?"
„Ich wagte kaum zu atmen in meinem Versteck," fuhr Mr. Strong mit schwacher Stimme zu erzählen fort, „sicher hoffend, daß meines Herrn bessere Natur siegen würde, aber leider, leider habe ich mich in meiner Hoffnung getäuscht. — Lord Arthur steckte das Trauzeugnis wieder in den Umschlag, erhob sich von seinem Sitz und ging einige Male heftig im Zimmer auf und nieder, das bedeutungsvolle Papier in der Hand haltend. Plötzlich blieb er am Kamin stehen.
„Das Feuer brennt nicht hell, ich muß es beleben," sagte er mit rauher Stimme, warf das Schreiben in die Flammen und verließ hastig das Zimmer.
Ich stürzte hinter der Portiere hervor, eilte an den Kamin und zog das Zeugnis aus den Flammen, nicht achtend, daß ich mir dabei die Finger verbrannte. Da das Schreiben sehr dick und der Umschlag von glattem, pergamentähnlichem Papier war, so fing es nicht so leicht Feuer, die Flammen hatten es nur erst geschwärzt. Ich hatte soviel Geistesgegenwart das Zeugnis aus dem Umschlag zu nehmen und nur den letzteren zu verbrennen, so konnte mein Herr Papierasche finden, wenn er etwa danach suchte."
Der alte Mann schwieg erschöpft einige Augenblicke. Anna wischte ihm den Schweiß von der Stirne.
„Laß mich vollends dem Herrn Alles erzählen," bat sie.
„Nein, Anna, ich bin bald zu Ende. Hole das Zeugnis, Du weißt, wo es ist."
Anna schloß einen altmodischen Sekretär auf und legte gleich darauf das Papier in Harolds Hände, das ihm einen vornehmen Namen gab und ihn zum. Herrn eines großen Gutes machte.
„Hier, Mylord, machen Sie Ihr Recht geltend," sagte sie.
(Fortsetzung folgt.)