AbonnementSpreiS vierteljährlich in der Stadt SO IPfg. u« 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1. Sb.
37.
Amts- und Anzeigeblalt für den Bezirk (Lalw.
68. IahrM-.
Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung 9 Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Dienstag, den 28. Mär; 1893.
Amtliche Bekanntmachungen.
Den Grls Vorstehern
Hehen in den nächsten Tagen die Brandschadenseinzugsregister für das Kalenderjahr 1893 zur Aushändigung an die Gemeindepfleger und mit der Weisung ,zu, dafür Sorge zu tragen, daß die Umlage spätestens hälftig auf 15. April und hälftig auf 1. August ds. Js. an die Oberamtspflege zur Ablieferung gelangt.
Calw, den 25. März 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 24. März. Die Kammer der Abgeordneten nahm in ihrer heutigen Sitzung nach längerer Debatte den Gesetzentwurf betr. die Steuerbefreiung neubestockter Weinberge nach der Fassung der Kammer der Standesherren an. Sodann trat das Haus in die Beratung des Jüstizetats ein. Ebner erläutert den Kommissionsbericht. Betz richtet einige Wünsche an den Justizminister und bringt die immer noch nicht klaren Bestimmungen über den Anfall von Erbschaften an Verschollene zur Sprache. Der Justiz min ist er verspricht eine Prüfung, erklärt aber, die Strenge in der Beitreibung der Strafen von Militärpflichtigen sei gerechtfertigt. Seit 1870 hätten sich 20,000 Württemberger der Militärpflicht entzogen. Haußmann-Gerabronn berührt die Frage der unschuldig Verurteilten. Es seien schon wieder mehrere solcher Fälle vorgekommen. Der Justizminister habe gesagt, um eine Entschädigung könne es sich nur dann handeln, wenn der volle Anschuldsbeweis erbracht sei. Dieser aber sei in
manchen Fällen schwer zu erbringen. Die Schadenentstehung könne nicht immer nach Mark und Pfennig berechnet werden. Er wünsche, daß ein Analogon zur Buße geschaffen werde, wobei nicht blos direkte, sondern auch indirekte Schäden vergütet werden. Minister v. Fab er erklärt, es sei zu hoffen, daß sehr bald der Anspruch unschuldig Verurteilter auf Entschädigung gesetzlich geregelt werde und er habe in dieser Beziehung auch bereits die nötigen Schritte gethan. Das Hilfsrichtertum nimmt der Minister als treffliche praktische Schule in Schutz. Baron v. Gültlingen glaubt, das Hilfsrichterwesen entspreche nicht der Gerichtsordnung. Haußmann würde bedauern, wenn die Negierung die Berufung ablehnte. Er schlägt als Berussinstanz eine detachierte Kammer bei dem Oberlandesgerichte vor. Äbel rügt, daß den Landjägern die Durchführung der Untersuchungen übertragen werden. Damit ist die Generaldebatte erledigt. Man bricht hier die Sitzung ab. Nächste Sitzung: Mittwoch, den 5. April, nachmittags 3 Uhr. Tagesordnung: Aufsicht über die Gewerbegerichte. Ständische Protokolle, Etat,
Die Ahlwardt'schen Akten. Die Aktenstücke die Ahlwardt dem Reichstage vorgelegt hat, und 'mit denen Minister, Abgeordnete und Regierung blosgestellt werden sollten, enthalten vom Jnvaliden- fonds, bei dessen Errichtung es nach Ahlwardt „StinkereiG" gegeben, gar nichts. Sie beziehen sich auf den rumänischen Eisenbahnbau und sind entweder aus dem rumänischen Ministerium oder aus der Diskontogesellschaft entwendet. Ihr Inhalt ist gänzlich belanglos. Sie beziehen sich auf Quittungen über Zahlungen und Darlehen aus dem Jahre 1872, ausgestellt von der Diskonto-
Gesellschaft gegenüber der rumänischen Eisenbahn» gesellschaft. Die Diskonto-Gesellschaft intervenierte, wie man sich erinnert damals, um den Verfall der von Strausberg unternommenen Eisenbahn zu verhüten, wodurch das in Rumänien angelegte Kapital verloren gegangen wäre. Vom Jnvalidenfonds oder sonst einer staatlichen Behörde enthielten die vorgelegten Aktenstücke nichts. Man sieht Herr Ahlwardt hatte es nicht nur unternommen, im Reichstage Beschuldigungen zu erheben, die er nicht beweisen konnte, er scheute sich auch nicht, Aktenstücke vorzulegen, die gar nichts von der Sache, um die es sich handelte, enthielten. Wie lange und wie weit der Reichstag in solcher Weise mit sich verfahren läßt, bleibt abzuwarten.
Tayes-Neuiykeiten.
Stuttgart, 24. März. Seine Majestät der König hörte heute vormittag die gewöhnlichen Äkeldüngen, nahm den Vortrag des Oberhofmarschalls und des Generaladjutanten entgegen und arbeitet« mit dem Kabinettschef, sowie mit dem Staatsminister des Kriegswesens. Am Frühstück im Willst,,äpalafl im engsten Familienkreise nahm S. K. H. d?r Großherzog von Hessen teil. Um 12 Uhr 38 Min. erfolgte die Abreise des hohen Gastes. S. M. der König geleitete den Großherzog zur Bahn, wo die herzlichste Verabschiedung stattfand.
Stuttgart, 24. März. Ein Stuttgarter Weingärtner unter den Dichtern. Weingärtner Gölz hier, welcher vor Jahresfrist ein Schauspiel „Die Tochter des Weingärtners im Pensionat" verfaßte, hat seine poetische Aver wieder einmal fließen lassen und ein patriotisches Stück „Europäischer Continent, wache auf!" geschrieben.
I erriete ton.
— Nachdruck verboten.
Nuf dem Nosenhof.
Erzählung von H. Moevingus.
(Fortsetzung.)
Und was hält' ich denn thun sollen?
Was Du hätt'st thun sollen? ich — ich — weiß selber nit, aber schön war's nit, wie Du ihn willkommen g'qeißen hast, mir war's ein recht z'widerer Anblick. O, Du herziger Bub! und zärtlich umfaßte er den Hals des Butterfasses, als sei er derjenige des Erbbauern. Jst's nit eingetcoffen, was ich immer prophezeit Hab'? Der wird mal bildsauber, sagte ich. Und so ist's jetzt. Sein G'sicht ist fast zu schad' für einen Buben. O, daß ihn der Bauer selig nit sehen kann, der hätt' seine Freud'! Und warum er ihn partout nit früher aus der Stadt hat kommen lassen, das weiß der Herrgott.
Der Alte war vor Freude ganz aus dem Häusle; er humpelte wieder zur Küche hinaus, und Käthe hörte ihn draußen einen der Knechts fragen, ob er schon lje einen schmuckeren Bauernsohn wie den Fcanzel gesehen hätte.
Inzwischen saß derjenige, der durch sein Erscheinen den ganzen Rosenhof in Aufregung gebracht, in der Stube neben dem Sarge seines Vaters. Der Laibachrr sah just aus wie bei Lebzeiten. Seine gewaltige Gestalt hatte sich nur noch ein wenig in die Länge gestreckt, und das Gesicht glich mehr denn je einem Steinbilds. Finster und abwehrend sah es selbst 'm Tode aus. Es war kein gewaltiger Schmerz, der den jungen Erbbauern durchzuckte. Das Verhältnis zwishen Vater und Sohn, das nie ein sehr zärtliches gewesen, hatten die letzten I ihre der Trennung noch um ein Bedeutendes gelockert. Während Franz bei der Leiche saß, schweiften seine Gedanken zu der Stadt zurück, die er soeben verlassen. Er hatte es nie begriffen, «warum sein Vater ihn vorthin geschickt. Warum sollte denn gerade er etwas Be
sonderes lernen, der er doch nie in den Fall kommen konnte, sich sein Brot als Handwerker verdienen zu müssen.
Es war ihm schwer geworden, sich an die engen Straßen, die erdrückende»; Häusermaffen, die kaum eine Handbreit blauen Himmel sehen ließen, an den strenge» Meister und die verschmitzten Lehrbuben zu gewöhnen. Allmählich aber hatte er an der neuen Lebensweise Gefallen gefunden und jetzt, wo er sich vollkommen eingelebt, wurde er wieder in die bäuerischen Verhältnisse und das bäuerische Leben zurückgeworfen. Einen Augenblick dachte er daran, den Hof zu verkaufen und für immer in die Stadt zu ziehen. Doch da war es ihm, als schlüge der Tote plötzlich die Augen auf und richte sie drohend und zornig auf ihn. Das war natürlich nur Täuschung, und doch mußte er immer wieder wie gebannt auf die Leiche schauen, als erwarte er die L«der sich wieder heben zu sehen. Allmählich war es Abend geworden ; die Dämmerung, die bereits sich ins Zimmer stahl und die Ecken in Finsternis tauchte, ließ die Kerzen Heller aufflammen und gespenstischen Schein auf des Toten Antlitz werfen. Ems schwere, weihrauchgeschwängerte Luft erfüllte den Raum. Von Zeit zu Zelt knisterte der verkohlende Docht, sonst war kein Laut im ganzen Hause hörbar.
Den Erbbauern bedünkte es fast wie Erleichterung, als sich die Hausthür mit ihrem gewohnten Kreischen öffnete. Er verlangte darnach, eine menschliche Stimme diese Totenstille unterbrechen zu hören.
Wer kommt? rief er.
Es war Käthe, die leise eintrat.
Ich stör' Euch?
Nein, garnit, komm' nur näher Käthe.
Das Nachtessen ist bereit, sagte das Mädchen, ich komm, Euch zu decken. Ihr werdet rechtschaffen hungrig sein nach der westen Fahrt. Sie ging in eine der Nebenstuben, steckte eine Lampe, die von der Decke herabhing, in Brand und begann, hin- und hergchend, eifrig zu hantieren. In Gedanken verloren schaute der Erbbauer