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Baden und des Königs Ludwig II von Bayern tragen, während der Thaler das Gepräge des Königs Maxi­milian von Bayern aufweist, fühlen sich fettig an.

Karlsruhe, 14. Febr. Heute früh brach in einem Mansardenzimmer des Hauses Schützen­straße Nr. 43 ein Brand aus, welchem leider ein Menschenleben zum Opfer fiel. In diesem Zimmer schlief die 30 Jahre alte Sophie Zoller, eine Nichte des Hauseigentümers, welche seit einigen Tagen bett­lägerig war. In Folge des Rauches erwachten heute früh um 5 Uhr die Bewohner des dritten Stockes und alarmierten die übrigen Hausgenossen; man be­merkte, daß das Feuer in der Kammer der Sophie Zoller ausgebrochen war. Der im gleichen Hause wohnende Polizeikommisssär Marx fand dieselbe, nur mit Hemd und Strümpfen bekleidet, am Boden vor dem Bette liegen; es gelang ihm aber nur, das Mädchen bis zur Thüre zu bringen, worauf sie ein mittlerweile eingetroffener Schutzmann noch heraustrug, leider war sie in dem starken Qualm schon erstickt; ein herbeigcrufener Arzt stellte Wiederbelebungsver­suche an, konnte aber nur den Tod konstatiren. Die Mansarde war vollständig abgebrannt und es läßt sich über die Entstehungsursache nur vermuten, daß die Sophie Zoller in der Nacht einmal Licht gemacht und dasselbe brennen gelassen oder umgeworfcn hatte, daß dadurch das Bett in Brand geriet und das Mädchen schon fast erstickt erwachte, flüchten wollte, aber vor dem Bett zusammenbrach. Das Feuer wurde von der Feuerwehr bald gedämpft.

Um eine Mark hat, wie aus Mann­heim berichtet wird, der Schuhmacher Joseph Scnger von Hclmsheim einen Mord begangen. In einer Wirtschaft in Lbergrombach traf er mit dem Knecht Ne ff zusammen, der Geschäfte in Helmsheim hatte, und schloß ^sich demselben an. Am andern Tage wurde Ncff unweit Lbergrombach mit 5 lebens­gefährlichen Stichwunden aufgefunden und gab schon nach wenigen Stunden den Geist auf. Ter Verdacht lenkte sich alsbald auf Senger, der verhaftet wurde und auch bereits gestanden hat. Das Portemonnaie, das er ihm raubte, enthielt nur 1

Berlin, 15. Febr. Die Militärkom­mission des Reichstags setzte heute die Beratung der Militärvorlage fort. Lieber (Zentr.) erklärt, das Zentrum werde gegen die Vorlage und alle An­träge stimmen, behalte sich aber selbstständige Anträge vor. v. Hammer st ein (kons.): Der Antrag Bennig­sen (gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit aus die Zeit der höheren Heeresstärke) bedinge eine Verfassungsänderung. Die Konservativen können die gesetzliche Festlegung der zweijährigen Dienstzeit nicht annehmcn. General v. Goßler: Die Versuche, die wegen der zweijährigen Dienstzeit in verschiedenen Bataillonen stattgesundcn, haben nach dem allgemeinen Gutachten ergeben, daß der jetzige Zustand nicht mehr zulässig sei. An der weiteren Debatte beteiligten sich

Buhl (nat.-lib.), Haußmann (Volkspartei), v. Komierowski (Pole), v. Friesen (kons.). General v. Goß ler erklärt: Der Gedanke Liebers, die Kaval­leristen dafür, daß sie 3 Jahre dienen sollen, wäh­rend der Infanterist künftig nur 2 Jahre dienen solle, in dem Reserreverhältnisse zu entschädigen, sei ein glücklicher; es könne dem Folge gegeben werden.

Berlin, 16. Febr. Hier und in Görlitz fanden heute abend große, von Personen der ver­schiedensten Parteirichtungen besuchte Versammlungen statt, welche Resolutionen zu Gunsten der Militär­vorlage annahmen. Ter Kaiser und Prinz Heinrich reisten gestern abends 11 Uhr 20 Min. mit Sonderzug nach Wilhelmshaven ab.

Vermischtes.

8. S chm ieh, 16. Febr. Obwohl Flur und Wald noch in Schnee und Eis liegt, haben sich heute früh die eisten Frühlingsboten im schillernden, afri­kanischen Rock (Unseres Wissens lassen die Staren ihre Anzüge kurz vor der Abreise hier machen. D. R.) und mit lebhaftem Gezwitscher hier eingestellt. Möchten sie sichere Vorboten sein von einem baldigen Frühling, der im Thal und auf den Bergen von jedermann willkommen geheißen würde! Wer's versteht, kanns hören, was sich diese Staren auf der alten Tanne dort erzählen: daß es in Aegypten eben schöner ist, als auf dem Schwarzwald, und daß man in Kairo schon mit Strohhut und Sonnenschirm spazieren geht; daß Christaller und Betz in Kamerun schon Frühjahrs­vakanz geben und die Deutschen und Schwarzen in Ostafrika neulich wieder aneinander geraten seien, wobei der Pahl von Aalen eins on's Bein bekommen habe. Was die Deutschen doch für komische Ansichten von Afrika haben, meinte der Alte von Bürgermeisters Starenhäusle, der schon so viele Sommer hier zu­gebracht, daß er die Bauern von hier und Umgegend alle mit Namen kennt! Unsere Wasserleitung funktioniert in allen Teilen vortrefflich. Die wenigen hiesigen Bürger sind zwar mit den Kosten etwas hart angelegt, doch möchte diese Einrichtung keiner mehr entbehren. Gleich der gegenwärtige strenge Winter hat sie zu einem schätzbaren, geradezu unentbehrlichen Gut jeder Familie gemacht.

Chinesische Hofdamen in Europa. Mit dem deutschen Dampfer Bayern treffen nächster Tage 5 Hofdamen der Kaiserin von China mit großem Gefolge in Genua ein, wo für dieselben schon im Grand Hotel des Etrangers Zimmer bestellt wurden. Dieselben begeben sich dann nach Berlin, wo sie einen längeren Aufenthalt nehmen werden, um daselbst die deutsche Sprache zu studieren und dabei zugleich auch das deutsche Hoflebcn mit seiner Etiquette kennen zu lernen, um es dann am chinesischen Hofe einzu­bürgern. Am japanischen Hofe fungieren bekanntlich schon seit Jahren Baron Mohl mit Gemahlin als Instruktoren für die deutschen Hofsitten.

Professor Dr. Reclam äußerte sich s. Zt. in­folgender Weise über Apotheker Mchard Brandt's Schweizerpillen: .Ihre Schweizerpillen haben sich mir namentlich in der Frauenpraxis bewährt und werden <2 Stück eine Stunde nach dem Morgengetränk) gerne genommen: weil sie sicher wirken ohne Beschwerde zw veranlassen. Auch bei Männern mit sitzender Lebens­weise oder in höherem Alter kurz bei Trägheit der Darmbewegung erweisen sie sich als vorteilhaft.'

Diese Empfehlung macht jede weitere überflüssig. Die Schien Apotheker Richard Brandt'schen Schweizerpillen mit dem weißen Kreuz in rotem Grunde sind nur iw Schachteln ä 1 in den Apotheken erhältlich. ^

Landwirtschaft!. Krzirksnereirr.

Herr Pomolog Schultheiß Roll von Amlis- hagen wird in den nächsten Tagen Vorträge über die

Abstbaurnzuchl

halten und zwar:

Dienstag, den 21. ds. Mts., nachm. 3 Uhr, in, Deckenpfronn (Gasthaus z. Hirsch),

Mittwoch, den 22. ds. Mts., nachm. 3 Uhr, iw Zwerenberg (Gasthaus z. Ochsen),

Donnerstag, den 23. d. Mts., nachm. 3 Uhr, in Tein ach (Gasthaus z. Hirsch),

Freitag, den 24. ds. Mts., mittags 1 Uhr, in Liebenzell (Gasthaus z. Ochsen).

Hiezu sind die Vereinsmitglieder, wie auch- Nichtmitglieder sreundlichst eingeladen.

Die Herren Ortsvorsteher der oben gcnanntew und der benachbarten Gemeinden werden ersucht, die Einwohnerschaft hierauf aufmerksam zu machen und Herrn Roll, welcher den Stand der Obstbaumzucht in einem größeren Teil des Bezirks untersuchen wird, hiebei die erforderliche Unterstützung zu leihen, ins­besondere aber die Gemeindebaumwärter zum Besuch der Vorträge und zur Begleitung des Herrn Roll! auf ihren Markungen zu veranlassen.

Calw, den 17. Februar 1893.

Vereinsvorstand

Lang.

Standesamt Kalw.

Geborene:

11. Febr. Gustav Adolf, Sohn des August Wilhelm-,

Bender, Musterzeichners hier. -s

Gestorbene:

11. Febr. Gottlieb Heinrich Schäberle, Kaufmann, ledig hier, 26'/- Jahre alt.

Gottesdienst

am Sonntag, den 19. Februar.

Vom Turm: 290. Predigtlied: 290.

« Vorm. 9'/« Uhr Beichte in der Sakristei.) Vorm- Predigt: Herr Dekan Braun. Feier des heil. Abend­mahls. 5 Uhr Abendpredigt: Herr Stadtpfarrer Eytel.

<Tas Opfer Vor- und Nachmittags ist für die Kirchen­heizung bestimmt.)

Kreitag, 24. Februar. Aeiertag Watthiä.

'/-10 Uhr Predigt: Herr Stadtpfarrer Eytel, Samstag, 25. Februar.

Heöurtsfest Sr. Maj. des Königs.

10 Uhr Predigt: Herr Dekan Braun.

I erlitte ton.

Die Adoptivtochter.

Erzählung von K. Labacher.

(Fortsetzung.)

9.

Elisabeth hatte sich die alte Susanne zu ihrer 'einzigen Reisebegleiterin ge­wählt, denn nicht als die Tochter des Grafen und von einer zahlreichen Dienerschaft umgeben, wollte sie in ihrem Heiwattdorfe einziehen; sie wollte als eine arme Ver­wandte des gräflichen Hauses gelten, um unerkannt Ellern und Geschwister, sehen und endlich mit wenig Aufsehen den Schritt thun zu können, zu dem sie so fest entschlossen war, ihre Wiederkehr in den Schoß ihrer wirklichen Familie.

Während der mehrtägigen Reise mußte Susanne der begierig lauschenden Elisabeth viel von der armen Echustersfrau erzählen, die auf der Landstraße den letzten Abschied von ihrem Kinde genommen und es fest an Herz und Lippen ge­halten hatte, daß man es ihr gewaltsam entreißen wußte. Susanne?!war damals mit im gräflichen Wogen gewesen, sie batte das kleine Kind wieder aus den Armen seiner weinenden Mutter empfangen, lind sie log so geschickt von ihrer eigenen Rührung bei dem Schmerze der armen Frau, daß Elisabeth sie dankbar anblickte und völlig vergoß, in welcher böswilligen Absicht ihr die Alte jene wichtigen Ent­hüllungen eigentlich gemacht hotte.

Im gräflichen Schlöffe angekommen, wurde sie von dem Verwalter mit einer nichts weniger als freudigen Überraschung ausgenommen, die er freilich unter vielen unterwürfigen Verbeugungen zu verbergen suchte. Er fürchtete etwas von einem Rapporte der jungen Dame an den Grafen über die vernachlässigten Zimmer, die sie vorfand. Aber Elisabeth sah kaum, welche Unmasse von Staub und Spinnge­weben man eilig überall neben ihr fortschafft». Nur die dumpfe Luft der Zimmer beklemmte ihr den Atem, sie öffnete ein Fenster und unfern vor ihr lag das ärmlich«

Dorf ousgebreitet, mit so niedrigen Häusern und kleinen Fenstern, wie sie das noch, nie gesehen hatte. Und das Strohdach einer solchen Hütte sollte sich künftig über ihrinv Haupte wölben, sie sollte das dürftige Los jener Menschen teilen, welche die engen, niedrigen Räume bewohnen, sie, die bis jetzt nur an hohe Säle, an behagliche und reichgeschmückte Zimmer gewöhnt gewesen war? durchfröstelte kein Schauer Elisabeths schlanke Gepalt? Wandte sie sich nicht hastig von diesem Bilde ab, mit dem Rufer Fort, fort von hier, zurück zu ihm, der auch ferner mein Vater sein will?

Nein/ rief Elisabeth, drückte ihre feinen Finger an die Lippen und sandte einen Kuß gegen das Dorf hinab.

.Für meine Mutter!" hauchte sie. Dann nahm sie rasch Hut und Mantille wieder. Sie konnte sich nicht erst ausruhcn und sammeln, wie sie es vorgehabt hatte, Unruhe und Sehnsucht zogen an ihr, zogen sie hinunter, wo sie alles zu fin­den hoffte, was sie vom Leben begehrte Teilnahme und Liebe!

Susanne schloß sich ihr auf einen Wink an, ohne daß ein Wort gesprochen worden wäre, wußte sie doch, wohin sie ihre junge Herrin führen sollte. Sie kannte dos Haus des Schusters Wilk aus früher Zeit her und verfehlte auch jetzt den Weg nicht. Sie mußte durch die Hauptgoffe des Torfes. Trotz Elisabcth's ausgesucht einfacher Kleidung streckten sich doch viele Köpfe neugierig zu den Fenstern heraus, denn niemand wußte hier noch etwas von dem im Schlöffe eingetroffenen Besuch, und Fremde kamen gar selten in diese Gegend, die so weit abgelegen von den großen Verkehrsstroßen des Landes war. Wer mochte die schöne Unbekannte sein? Diese Frage wurde bald in vielen Familien besprochen, mit mehr oder weniger kühnen Vermutungen.

Auch aus der am äußersten Ende des Dorfes und abseits von den übrigen Wohngebäuden gelegenen Hülle des Schusters Wilk blickten ein paar hübsche Augen zwischen blühenden Rosenstöcken durch nach Elisabeth, die hier auf eine bezeichnende Gebärde ihrer Begleiterin stehen blieb und, wie atemlos von dem raschen Gange, ihre Hand an die Brust legte.

(Fortsetzung folgt.)