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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
68. Jahrgang.
Eisch-int Dienstag, Donnerstag nnd S-mStag. Die EiniüitungSgebühr beträgt iin Bezirk und nächster Umgebung s Psg. die Zeile, sonst IS Psg.
Samstag, den 14. Januar 1893.
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt SV Pfg. un^ Lv Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. iS, sonst t« ganz Württemberg Mk. t. 35.
Amtliche Nek»»«1mich«rtgeir.
An die Schuttheißenamter,
das Militärersatzgeschäft im Jahr 1895 betreffend.
Auf Grund der von den K. Pfarrämtern übergebenen Geburtslisten haben die Ortsvorsteher die Rekrutirungsstammrollen über die im Jahr 1873 geborenen Militärpflichtigen vorschriftsmäßig anzulegen. Außer den in der Gemeinde geborenen sind auch die sonst sich anmeldenden Militärpflichtigen und die im Jahr 1873 auswärts geborenen, im Familienregister enthaltenen Söhne solcher Familien, welche das Württ. Staatsbürgerrecht besitzen und sich auswärts aufhalten oder aufgehalten haben, einzutragen. In der Rubrik „Bemerkungen" sind alle Bestrafungen und sonstigen Angaben einzutragen, welche zu Beurtheilung des Lebenswandels Bedeutung haben. Ist in dieser Beziehung nichts zu bemerken, so ist einzutragen: Strafen und Ausschließungsgründe: 0.
Alle Militärpflichtige haben sich in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar zur Aufnahme in die Stammrolle bei dein Ortsvorsteher ihres dauernden Aufenthaltsorts oder ihres Wohnsitzes anzumelden. Sofern die Anmeldung nicht am Geburtsort selbst erfolgt, ist bei derselben von den im Jahr 1873 Geborenen ein Geburtsschein vorzulegen. Die Militärpflichtigen der Altersklassen 1871 und 1872 haben ihre Loosungsscheine abzugeben. Für vorübergehend won ihrem Aufenthaltsort Abwesende haben ihre Eltern, Vormünder, Lehr-, Brot-, oder Fabrikherrn die Verpflichtung, sie zur Stammrolle anzumelden. Die im Jahr 1893 in das militärpflichtige Alter eintretenden, zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten sind be
sonders darauf aufmerksam zu machen, daß auch sie zur Stammrolle sich anzumelden und ihren Berechtigungsschein vorzulegen haben, wenn sie Zurückstellung von der Aushebung beanspruchen wollen.
Die Unterlassung der vorgeschriebenen Anmeldung wird mit Geldstrafe bis zu 30 ^ oder mit Hast bis zu 3 Tagen bestraft.
Die vorgeschriebene Aufforderung zur Anmeldung der Militärpflichtigen ist durch öffentlichen Anschlag und auf sonst ortsübliche Weise zu erlaffen.
Auf 15. Februar 1895 sind die Stammrollen des Jahrs 1893 und der Jahrgänge 1890, 1891 und 1892, die von 1893 mit den Geburtslisten, an das Oberamt einzusenden. In der vorletzten Rubrik der Geburtslisten sind die Nummern, unter welchen die Uebertragungen in die Stammrollen stattgefunden haben, vorzumerken.
Calw, den 12. Januar 1893.
K. Oberamt.
Lang.
Den Ortstichörden für die Arbeiter- Versicherung
gehen mit heutiger Post
1) der Bedarf an Quittungskarten für Jahr 1893,
2) der Bedarf an Aufrechnungsbescheinigungen,
3) die Formulare für das Quittungskarten-Ver- zeichnis pro 1893,
4) je 30 Urkunden über den Bezug von Beitrags- Marken gegen Bezahlung
mit dem Auftrag zu, gemäß Z 11 der Geschäfts- anweisung L. für die Krankenkassen, beziehungsweise Z 17 der Geschäftsanweisung L für die Ortsbehörden für die Arbeiter-Versicherung, sofort je nach Vollendung des Einzugsgeschäfts die auf den nächsten Einzugs
termin erforderlichen Beitragsmarken bei einer Post« betriebsstelle anzukaufen, hierüber die Bezugs-Urkunden in zwei Exemplaren ausstsllen und abstempeln zu lasten und hierauf das eine Exemplar dem Bezirks- Vertreter einzusenden, das andere aber ihren Rechnungs- Akten einzuverleiben.
Calw, 13. Januar 1893.
K. Oberamt.
Lang.
, ^ Tages-Neuigkeiten.
fl Calw. Am letzten Samstag hielt der hiesige „Militärverein" seine Weihnachtsfeier im bad. Hof hier ab. Ein stattlicher Christbaum mit unzähligen Lichtem unterstützte das Gaslicht und gewährte dem Saale einen prächtigen Anblick. Die Feier fand ihre Einleitung durch Beethoven's „die Himmel rühmen des Ewigen Ehre", vorgetragen durch das Streichquartett. Im Verlauf des Abends wurde ein gut eingeübtes Theaterstück von mehreren Mitgliedern mit viel Geschick wiedergegeben, ebenso fand ein Duett „der verspätete Urlauber", vorgetragen vom Verstand Essig und Hrn. Oettinger vielen Beifall. Ganz besonderes Vergnügen gewährte auch die anfangs stattgehabte Gabenverlosung, wobei nicht nur schöne sondern auch recht nützliche Dinge an die glücklichen Gewinner zur Verteilung kamen. Der Abend verlief in höchst gelungener Weise, so daß die Teilnehmer voll Befriedigung von dem schönen Feste schieden.
Calw. Im Inseratenteil des heutigen Blattes ist seitens des Jnstrumentaloereins in Pforzheim auf nächsten Sonntag ein Conzert von Betty Schwabe angezeigt, das sicherlich auch Musikfreunde aus dem Nagolvthal anziehen dürfte. Das Conzert
Jeuicteton.
WersöHnL.
Novelle von O. Otto.
(Fortsetzung.)
„Ich bin eine Dänin", erwiderte Thyra kurz, „und muß Sie bitten, diese Räume zu verlassen, welche nur für Damen bestimmt find."
„Erst erlauben Sie mir, Ihnen meinen Namen zu nennen: Axel Rosenlöw", sagte er, sich verneigend.
„Thyra Bannert", klang es zurück.,,
„Thyra Bannert?" rief er laut. So hat mich eine gewisse Ähnlichkeit Ihrer Gesichtszüge mit einer Jugendbekannten nicht getäuscht! Carla Sparre an den Ob.r- stmermann Bannert in Kopenhagen verheiratet —"
„War meine Mutter", unterbrach sie ihn — doch in diesem Augenblick durch- krawpfte ein wilder Schmerz ihr Herz. Ihre Mutter war mit einem Fremden entflohen und in Schweden gestorben; dies hatte ihr einmal Warnskiöld auf ihre drängenden Fragen mitgeteilt, aber hinzugrfügt, sie dürfe nie davon sprechen, um ihren guten eignen Namen zu schonen. Wenn dieser Mann vielleicht der Entführer ihrer Mutter war, der so unsagbares Elend über sie und ihren Vater hervorgerufen hatte!
Ohne Thyra'S Jdrengang zu kennen, fragte Rosenlöw: „Lebt Ihre Mutter noch ?"
„Sie ist längst tot", antwortete Thyra ihn ernst anschauend. „Meine Mutter flarb bereits vor 18 Jahren in Malmö".
„Vor 18 Jahren in Malmö!" wiederholte er wehmütig diese Worte betonend. „In Malmö ist sie gestorben, wohin ich sie an das Serbebett ihres Vaters geholt hatte, und, da ich meine Weiterreise nicht aufschieben konnte, sie dort krank zurück- laffen mußte! Arme Carla, — die ich schon in ihrer Kindheit gekannt und geschätzt hatte!"
Thyra trat auf ihn zu und ergriff lebhaft seine Hand; ihr eben gehegter Argwohn war verschwunden.
„Sie kannten meine Mutter, kannten sie schon als Kind, während ich nichts von ihr weiß, als ihren Namen und ihren frühen Tov, der von einem mystischen Dunkel umgeben war, welches Sie mir endlich lichten können. Doch nicht hier, wo wir in jedem Augenblick gestört werden können. Kommen Sie mit ins Freie und erzählen mir an einer einsamen Stelle, was Sie von meiner Mutter wissen; von ihrer Kindheit sowohl, als von dem, was ihren Tod veranlaßte."
Thyra und Rosenlöw verließen das Kurhaus, schweigend gingen sie über die von Menschen belebte Promenade und durch die Anlagen; erst auf der Bahn-Brücke standen sie still. Thyra sah suchend umher und sagte dann: „Wir wollen auf die Schweizern gehen, diese ist jetzt wenig besucht, und wir finden da sicher ein stilles Plätzchen, welches sich zu ihrer Mitteilung eignet. Ich kann eS kaum erwarten, von meiner Mutter zu hören; es ist, als ob die Sehnsucht, welche ich mein Leben hindurch nach ihr im Herzen getragen, sich jetzt gar nicht mehr wollte niedervrängen lasten."
Mit beflügelten Schritten eilte sie voraus, den Berg hinan uns hatte bald eine Bank hinter dem Schweizerhause in dichtem Gebüsch entdeckt, auf der sie mit ihrem Begleiter Platz nahm.
„Sie müssen mir verzeihen." begann dieser, „wenn ich zuerst von meinem eigenen Leben erzähle, ja mit dessen Kindheit beginne, um Ihnen die Verhältnisse klar zu legen, welche mich in eine Laufbahn warfen, auf der ich ihre Mutter kennen lernte. Ich bin armer Eltern Kind, die durch Arbeit in den Eiienminen von Danne- mora ihr Brod erwarben, mein Vater als Bergmann, meine Mutter als Wäscherin für Bergleute. Früh schon mit keckem Sinn und einer außergewöhnlichen Körperkraft begabt, strebte ich vor Allem nach ungebundenem und sorgenlosem Leben und verachtete es, durch so geringen Verdienst, wie ihn mein Vater errang, das Dasein nur von einem Tage zum andern fristen zu können. Ich that mich in allen LeibeS-