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seine Futterständer, welche mit Schutzdach versehen sind, zur Fütterung der Vögel aufgestellt, und läßt auf denselben geeignetes Körnerfutter niederlegen, richtet aber trotzdem an alle Naturfreunde die herzliche Bitte, auch ihrerseits, bei anhaltendem Frost und Schneefall, durch Streuen von Futter, wozu dre Futterständer des Vereins zur Verfügung stehen, sich aber auch schneefreie und von Schnee gereinigte Stellen, an Plätzen und Gärten, wo sich Bäume und Gesträuche befinden, ganz besonders eignen, zur Linderung der Not der armen hungernden Vögel, beitragen zu wollen. In jeder Haushaltung giebt es mehr oder weniger Abfälle an Brot-, Fleisch-, Fett- und Spcckteilen, die oft achtlos in die Kutterkisten wandern, aber zerkleinert ein herrliches Futter für die Vögel abgeben, ebenso finden sich in kaufmännischen Geschäften Reste von Körnerfrüchten und Sämereien, welche keinen besonderen Wert mehr haben, den hungernden Vögeln aber hochwillkommen sind. Selbst in dem Kehricht der Produkten- und Samen-Handlungen ist manches Körnchen enthalten, was an richtiger Stelle gestreut, von den Vögeln ausgesucht und dankbar angenommen wird. Speckschwarten und ähnliches, dienen am besten, wenn an Bäumen oder sonst gesicherten Orten aufgehängt, dagegen ist die Verabreichung nassen Futters zu unterlassen, weil es den Vögeln schädlich ist. Also vergesset die armen Vögel nicht!
Oehringen, 16. Dez. Gestern nachmittag wurde in der Nähe von Mangoldsall der nackte Leichnam einer Frau aus diesem Flecken in der Nähe des Sallbachs gefunden, ihre Kleider lagen einige Schritte entfernt. Ohne Zweifel ist die Unglückliche, welche schon öfter bei Tag und Nacht zwecklos herumgeirrt sein soll, mit Selbstmordgedanken umgegangen und wohl schon am vorigen Abend in ihrem hilflosen Zustand erfroren.
Vom badischen Schwarzwald, 15. Dez. Die letzten Wochen haben einen reichlichen Schnee - fall in den Schwarzwaldbergen mitgebracht, und stellenweise findet man selbst auf flachen Strecken eine Schneedecke bis zur Dicke von 1'/-—2 Meter. Sehr tief liegt der Schnee auf dem 1455 Meter hohen Feldberg und seiner Umgebung, so daß die Bewohner der nahen Einödhöfe und Ortschaften von dem Verkehr mit der Außenwelt fast abgeschnitten sind. Der Feldberg selbst gewährt augenblicklich oft einen ganz eigenartigen Anblick. Seit einer Reihe von Jahren gaben sich nämlich die Freunde des Schwarzwaldes Mühe, das Cchneeschuhlaufen in unseren Gebirgen einzuführen und auf diese Weise die Gebirgsleute für den Gebrauch eines bequemen und sicheren Verkehrsmittels zu gewinnen. Lange Zeit hindurch waren diese Anstrengungen vergeblich, bis sie neuerdings von größerem Erfolg begleitet zu sein schienen. Nach dem ersten Schneefall bereits ist in Todtnau ein Schneeschuhklub gegründet worden, dessen männliche und weibliche Mitglieder den „Skisport" (Schneeschuhlauf) eifrigst betreiben. Der Verein zählt bereits eine stattliche Anzahl von Mitgliedern. Der Sitz des Vereins
ist das Feldberg-Hotel, nahe beim Gipfel des Feldbergs, und das Vereinslokal ist nach norwegischer Sitte echt skimäßig ausgestattet. Die Feldbergwirtin, die den thranigen Skitrunk kredenzt, ist in den Rang einer Skiwirtin erhoben und muß dafür die Skihalle in skimäßiger Ordnung halten. Aller Anfang ist natürlich schwer, und so ist es denn ergötzlich anzusehen, wenn so ein Männlein oder ein Weiblein zum ersten Male die etwa 2 Meter langen Schneeschuhe an den Füßen befestigt. Tie Sache sieht sich sehr leicht an, und doch macht Mancher, ehe er sich's versieht, einen Purzelbaum in den tiefen Schnee. Denn die Ski haben die unangenehme Eigenschaft, plötzlich nach innen zusammenzurutschen und den Skiläufer zu Boden zu werfen. Kann Jemand auf den Schneeschuhen erst einmal stehen, so ist das Schwerste überwunden. Er braucht sich dann nur einen leichten Schwung zu geben, und dahin saust er mit einer Schnelligkeit, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Bergauf, bergab geht es, über Stock und Stein, und selbst über tiefe Hohlwege und breite Schluchten tragen die Ski den Läufer wie im Sturm. In nicht allzu ferner Zeit dürfte der Schneeschuh hier zu den unentbehrlichen Hausgeräten gehören, zumal wenn die Schwarzwälder erst einmal «ungesehen haben, welch' treffliches Verkehrsmittel die Schneeschuhe bilden.
Berlin, 15. Dezbr. Die Abendblätter veröffentlichen eine Zuschrift der hiesigen Firma Ludwig Loewe, welche die Nachricht des „Figaro" bestätigt, daß d>e Firma am 20. Oktober 1886 dem damaligen französischen Kriegsminister Boulanger die Lieferung von Maschinen und Werkzeugen für die Gewehrfabrikation offerierte. Hinzrigesügt wird: „Wäre der Auftrag erfolgt, so hätte die deutsche Industrie einen großen Vorteil gehabt und die amerikanische Konkurrenz, die sich um die französische Lieferung bewarb, auch aus Frankreich vertrieben." Hierüber schreibt die (freis.) „Voss. Ztg.", es sei bedauerlich, daß die unerwartete Enthüllung über das Anerbieten der Firma Löwe an Boulanger vielfach dem Eindruck, den das Urteil des Gerichtshofs im Ahlwardtprozeß und das Auftreten des Reichskanzlers gemacht, entgegenwirken müsse. Die Erklärung der Fabrikverwaltung erscheine nicht ausreichend, um ihre Haltung zu rechtfertigen. „Die Frage der Lieferung von Kriegsmaterial an das Ausland — und Werkzeug. Maschinen zur Herstellung von Gewehren müssen als Kriegsmaterial angesehen werden — ist nicht ausschließlich vom Standpunkt des wirtschaftlichen Wettbewerbes zu beurteilen, hier müssen vielmehr politische Rücksichten den Ausschlag geben. Wie man über die Nützlichkeit oder Schädlichkeit der Auflegung russischer Anleihen auf dem deutschen Markt nicht allein vom finanziellen Gesichtspunkt aus urteilt, so darf man auch bei der Lieferung von Waffen und Werkzeugen zur Herstellung von Waffen nicht zufrieden sein, einem deutschen Betriebe Arbeit zu schaffen und einen ausländischen Konkurrenten aus dem Felde zu schlagen. Die Bewerbung der Fabrik bei dem französischen Kriegsminister wäre nur unter der einen Voraus
setzung gerechtfertigt, daß sie im Einvernehmen mit dem Leiter der deutschen Politik oder der deutschen Militärverwaltung erfolgte. Daß ein solches Einvernehmen vorhanden gewesen, ist nicht behauptet noch bewiesen worden. Deshalb kann die ernste Mißbilligung des Verfahrens der Fabrik nicht zurückgehalten, auch nicht durch den Hinweis abgeschwächt werden, daß eine andere deutsche Fabrik thatsächlich einen Teil jener Lieferungen erhalten und ausgeführt habe. Es wird unumgänglich sein, diese Fabrik zu nennen. Sie wird sich dann mit der Löwe'schen Fabrik in die Verurteilung zu teilen haben, der diese Anknüpfung mit dem Kriegsminister Boulanger allenthalben begegnet."
Moderner Schwindel. Das Landw. Wochenbl. vom 18. ds. enthält folgende Warnung. Der Anzeigeteil dieses Blattes enthält in mehreren Nummern eine Empfehlung von Kuhmilchbutter, Bienenhonig, Tafelgeflügel, Bettfcdern, Daunen u. s. w. Unterzeichnet ist S. Rapp zu Buczacz, Oest- reich. Für Solche, die etwa im Hinblick auf die nahe Weihnachtszeit zu einem guten Honig und einem fetten Braten kommen und dieserhalb nach Buczacz,, das in „Galizien" liegt, sich wenden wollen, sei bemerkt, daß sie besser daran thun, wenn sie wegbleiben. Einer, der auf den Leim gegangen, hat bittere Erfahrungen gemacht. Statt Bienenhonig bekam er eine Brühe, so schandbar, daß einem schon beim Riechen übel wird — es ist geradezu haarsträubend, solche Lache auch nur anzubieten. Statt 4 Enten oder 3 Poularden ä, 5 ^ 50 ^ bekam der Besteller ein altes Huhn und eine alte dürre Gans, der die Seiten unter den Flügeln rechts und links herausgeschnittew waren. Es ist ein Schwindel oder Betrug I. Klasse. Einsender hat Grund anzunchmen, daß Anzeigen desselben Inhalts und mit derselben Versandtstelle, aber unter verändertem Namen des Absenders, von einer und derselben Quelle herrühren. Es hüte sich daher jedermann, der Geld und Aerger sparen will, sich um Honig oder Tafelgeflügel an die bezeichnete Quelle zu wenden. „Er bleibe im Lande und nähre sich redlich!"
Calw.
Kanbrvirlfchafll. Kezirksverein.
Fritz Möhrlin's „Schwäbischer Bauernfreund" als bäuerlicher Kalender seit Jahren der Landleute Liebling geworden, verdient auch in seiner heurigen Ausgabe volle Beachtung und möchte hiemit bestens empfohlen sein.
Dessen landwirtschaftlicher Inhalt sei in Nachstehendem angedeutet. Wirtschaftssegen — Steigerung der Milcherträge — Blumengärtchen neben dem Bauernhause — Beschaffung guten und gesunden Trinkwassers auf dem Lande — Gedicht über Obstbau — Die Weinrebe an der Hauswand — Was muß der Bauer von dem Rindviehseuchengesetz wissen? — Wie schützt man sich gegen Schwindsucht? — Zu welcher Tageszeit sollen Klee und Luzerne als Grünfutter geschnitten werden? — Die Düngung der Obstbäume und Weinreben rc. rc. Secr. An sei.
Vier Wochen später durchlief die Kunde die Hauptstadt, daß der angesehene Obersteuermann Gustav Banncrt sich mit der Schauspielerin Carla Sparre verlobt habe, und diese nunmebr d'e Bühne in Tivoli nicht mehr betreten würde. Das Letztere stand wenigstens fest, Carla wurde nicht mehr öffentlich gesehen, dies anfänglich bedauert und dann vergessen. Man sprach nicht mehr davon.
Gustav war jetzt überglücklich. Es hatte einige Zeit gedauert, ehe er die Zeichen, daß seine Liede erwidert wurde, bei Carla wahrnehmen konnte. Ihre stets gleichblcibende Freundlichke t, ihr sanftes Hinneigen zu der Meinung Anderer, — Alles dies übertrug sie auf jeden ihr Nahenden; es lag dies gleichsam in der Natur ihres ruhigen und gehaltenen Sein's — und es hielt schwer, bis Bannert eine Bevorzugung für sich beanspruchen durste. Doch auch dieser von ihm heiß ersehnte Augenblick trat ein.
Carla und Bennert halten sich mit einigen Bekannten nach der Erlöser-Kirche begeben, um von deren Turm sich an der herrlichen Aussicht über Meer, Land und Stadt zu erfreuen. Die spiralförmig gewundene eiserne Treppe, welche sich von außen um den Thurm windet; und von einem aus demselben Metall bestehenden durchbrochenen Geländer geschützt wird, giebt bei dem Betreten der Stufen einem elastischen Truck nach, welcher oft ein leises Wanken derselben veranlaßt; man muß ganz schwindelfrei sein, um sich dann einen Ausblick über das Geländer zu gestatten. Bannert ging voran und bat Carla, sich an sein seidenes Taschentuch zu halten, welches er wie ein Seil gedreht in ihre Hand gelegt hatte. Da fühlte er, wie dasselbe losgeloffen wurde, er sah sich um und erblickte Carla leichenblaß sich an das Geländer klammernd.
„Ich kann nicht weiter*, haucht« sie.
Gustav nahm sie in seine Arme und legte ihren Kopf sanft an seine Brust. So standen sie lange auf der schmalen Stufe, standen zwischen Himmel und Erde. Tas Getreide der Menschen, der Lärm auf den Straßen unten, drang nicht zu ihnen
herauf; nur dir frische Hauch des Meeres umwehte ihre Scheitel und über ihnen wölbte die azurne Himmelsbläue einen Trm, der von gcldsunkclnden Sonnenstrahlen durchzittert, sich weithin über die Erde dehnte.
Gustav's Herz schlug so stürmisch, daß Carla von dieser Bewegung erregt, ihren Kcpf cusrichtete und wie fragend emporsckaute. Die Blicke Beider hafteten einen Augenblick sineinvnd«r; ein süßer Liebcsstrahl flammte in den Augen des Mädchens, holde Röte bedeckte ihr vorher so bleiches Antlitz. Da brachen die Worte von Gustavs Lippen, er g«stand ihr seine Liebe und wie diese aufgegangen sei bei ihrer Darstellung der Maria im Correggio. Und hier, zwischen Himmel und Erde thot er die entscheidende Frage, ob sie sein Weib werden, ihm angehören wolle für Zeit und Ewigkeit. Und Carla sprach das beglückende Ja. Noch standen sie fest umschlungen da, als Erick und Wansoe von oben zurückkehrten.
„Sie ist mein, sie ist meine Braut", jubelte Ihnen Gustav entgegen und fügte noch hinzu: „aus der Erlöser-Kirche kehrt ein Erlöster heim! Dann trug er mehr, als daß er führte, seine Braut die Treppe hinab.
Es folgten nun für Eustav Tage d«s Glücks und der Wonne, wie er sie vom Leben nie erhofft und erwartet hatte. Er mietete am Gammelstrand ein kleines Haus und richtete dasselbe einfach und freundlich ein, stattete es mit allen Bequemlichkeiten aus, von denen er glaubte, daß sie Carla erfreuen würden. An dem mit buntgeblümten Vorhängen gezierten Fenster der Wohnstube stand der Nähtrsch zwischen zwei Korbpändern von denen der eine einen blühenden Rosenstock, der andere ein grün lackiertes Bauer mit einem Kanarienvogel trug. Auf dieses Plätzchen blickte Gustav mit mehr Behagen, als auf den tiefer im Zimmer stehenden GlaSschrank, in welchem Alles zierlich geordnet war, was er von seinen Reisen mitgcbrocht hatte. Da standen ausgestopftr Colibris und chinesische Lackkästchen, kleine Pagoden und schillernde Muscheln und so feine Elfenbein-Schnitzarbeiten, wie Spitzengewebe.
(Fortsetzung folgt.)