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Hamburg, 24. Okt. Die zuerst vom Ber­liner Tageblatt gebrachte und von da in die ganze deutsche Presse übergegangene Nachricht, daß 20 Schiffs­offiziere der Hamburg - Amerikanischen - Packetfahrt- Aktiengesellschaft entlassen worden seien, beruht, wie von einem zurzeit in Cannstatt wohnenden Offizier der Gesellschaft mitgeteilt wird, auf einem Irr­tum. Es werden nämlich nur alle momentan ent­behrlichen unverheirateten Schiffsoffiziere beurlaubt. Das Verhältnis der betreffenden Herren zur Pensions­kaffe der Gesellschaft rc. rc. bleibt das alte. Aus­getreten aus den Diensten der Gesellschaft sind nur einige Schiffsärzte, was jedoch immer im Herbst der Fall ist.

An der Riviera hat die Saison begonnen und verspricht, sich so glänzend zu gestalten wie nur je eine vorher. Reges Leben herrscht schon in Monte Carlo. Die Spielbank hält eine reiche Ernte, der Tod nicht minder. In dieser Woche war fast alltäg­lich ein Selbstmord zu verzeichnen und wer weiß, ob es nicht der Spielbank gelungen ist, den einen oder anderen Fall zu verheimlichen. Am Montag fand man bei Mentone, auf dem Meere schwimmend, die Leiche eines etwa sechzigjährigen Mannes. Tags da­rauf schoß sich in Nizza ein junger Pariser, Grenier mit Namen, eine Kugel in den Kopf, nachdem er sich in Monte Carlo ruiniert hatte. Das dritte Opfer der Roulette war ein Pariser, der Wechselagent Bastide. In der Nacht auf den Freitag erhängte sich ein junger Italiener. Um ganz sicher zu gehen, schoß er sich zu gleicher Zeit eine Kugel in die Brust. Dadurch alarmierte er aber die Parkwächter. Diese eilten herbei, schnitten ihn ab und man hofft, da die Schußwunde nicht tötlich ist, ihn am Leben zu er­halten. Alle diese Zwischenfälle haben kein so großes Aufsehen erregt, wie der Selbstmord von Miß Jane Armstrong, der allerdings schon längere Zeit zurückliegt. Die immens reiche Amerikanerin hatte ungeheheure Summen im Tienls-sl-guarants ver­loren, aber von ihrem finanziellen Ruin konnte trotz­dem nicht die Rede sein. Vielmehr steht fest, daß unglückliche Liebe sie bewog, Hand an sich zu legen.

Herbstrrachrichten.

Stuttgart, 25. Okt. Obstpreise. Zufuhr auf dem Wilhelmsplatz: 2000 Zentner Mostobst, württemb. zu 8 iZ pr. Ztr. 24. Oktbr.

Güterbahnhof. Mostobst: 78 Waggons (61 schweiz., 6 württ., 5 östr., 3 belg., 2 Hess., 1 bayr.), pr. Ztr. schweiz. 6 ^ 80 bis 7 20 anderes 7

20 bis 7 ^ 40

Weinpreise. Stadt Stuttgart 25. Okt. Stadtkelter. Weitere Käufe zu den seitherigen Preisen (70 bis 73'/s das Hl.), feil noch mehrere größere Posten von zus. etwa 50 Hektl., letzte Anzeige. Degerloch, 24. Okt. Lese beendet, Verkauf rasch, noch feil r. 25 Hektl. rotes Gewächs, Käufer er­wünscht. Fellbach, 24. Okt. Gestern sämtl. Wein verkauft mit einem Abschlag von 10 ^ f. 3. Hektl. L i e b e r s b r o n n, 24. Okt. (Gesellschaftskelter.)

Käufe zu 170 bis 190 Vorrat noch 10 Hektl! Rüdern. Käufe zu 180 bis 195 Vorrat 80 Hektl. Sulzgries. Preise von 170187 Vorrat 60 Hl., Käufer sind eingeladen. Wälden­bronn. (Gesellschaftskelter.) Noch einige Reste feil. Neuffen, 24. Okt. Lese beendet, da die Menge vorgeschlagen, noch 75 Hektl. feil, Käufer erwünscht.

Ulm, 24. Okt. Zufuhr heute 45 Wagen Mostobst, zumeist aus dem Kanton Bern. Preise von 6 ^ bis 6 ^ 50 -H, Unterländer Obst 7 Das eingetretene Frostwetter der vergangenen Woche zwingt, zum Einthun des Obstes und steht starke Zufuhr be­vor. Von den schweizerischen Bahnen sind bereits Wagen zur Obstausfuhr reklamiert.

Literarisches.

Eigenart ist das beste, was ein an die Oeffent- lichkeit tretender Charakter, ein dem Interesse eines großen Publikums gewidmetes Organ bewähren kann. Eigenart hat denn auch die Deutsche Illustrierte Zeitung Ueber Land und Meer" (Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt) sich gewahrt, dies Lieblingsblatt der deutschen Familien im Reiche wie derer, die weit draußen zerstreut in allen Himmelsgegenden wohnen. Es hat sie sich zu wahren gewußt trotz aller Nach­ahmungen, die bald da, Kalo dort aufgetaucht und zumeist nach einer Lebensdauer von höchstens einigen Jahren wieder vom Schauplatz verschwunden sind. Diese Eigenart besteht in dem liebevollen Achten auf alles, was dem deutschen Hause frommt, dem sorg-' fälligen Vermeiden dessen, was seinem gediegenen Wesen widerspricht. So konnte denn dieses Weltblatt auch seinen soeben glänzend beginnenden neuen Jahr­gang nicht schöner eröffnen als mit dem Roman der beliebten, geist- und gemütvollen Schriftstellerin A. von der Elbe, der den TitelEigenart" trägt. Daneben finden wir gleich in dem ersten uns vorliegenden Hefte (Preis nur 50 -H) anerkannte Namen, wie Ernst Eckstein, Rudolf von Gottschall, Jda von Brun-Barnow, B. Rauchenegger, vr. Gustav Strehlke, A. Trinius, Heinrich Seidel und andere mit trefflichen Beiträgen vertreten. Ebenso steht dis künstlerische Ausstattung, in der wir einen Defregger, Josef von Brandt, Robert Friese,. Hugo Darnaut, Paul Wagner, B. Vautier und andere namhafte Meister mit ihren Werken glänzen sehen, auf vornehmster Höhe. Das beste aber bleibt: immer die innige Fühlung mit gutdeutschem Wesen und Gemüte, mit echt vaterländischer Eigenart, der Ueber Land und Meer" in jeder Linie Rechnung trägt. Das erste Heft ist in jeder Buchhandlung und- bei jedem Zeitungsträger zu erhallen.

Calw.

Landwirtschaft!. Dezirksverein.

Betreffend Generalversammlung mit Vieh­prämierung und Lotterie.

Nachdem die nötigen Vorbereitungen hiezu ge­troffen, wird die mehrfach angekündigte Generalver­sammlung am 28. d. Mts., als am Feiertag Simonis

Geislingen, 23. Oktbr. Wie in früheren Jahren hat auch in diesem Herbst der landwirtschaft­liche Bezirksverein Geislingen in Verbindung mit den landwirtschaftlichen Bezirksvereinen Heidenheim und Blaubeuren Fohlen kaltblütigen Schlags diesmal 30 in der Normandie durch eine Kommission auf­kaufen lassen, welcher vom hiesigen Bezirk Landtagsabg. Oekonomierat Bantleon und Gutspächter R. Schmid vom Christofshof angehörten. Die Tiere konnten wegen des Futtermangels in der Normandie billiger als in den Vorjahren angekauft werden. Auf den Bezirksverein Geislingen kamen 12 Fohlen, welche gestern nachmittag mit einem Gesamterlös von 4385 ^ an die Vereinsmitglieder versteigert wurden. Der Preis der einzelnen Tiere bewegte sich zwischen 300 ^ und 515 Vor dem Verkauf hielt Oekonomierat Bantleon einen lehrreichen Vortrag über die Pferde­zuchtverhältnisse unserer Gegend.

Berlin, 22. Okt. Die Taufederkaiser­lichen Prinzessin wurde im neuen Palais feier­lich vollzogen. Eine Viertelstunde vor dem Taufakte war großer Empfang, worauf der Kaiser seine Ge­mahlin in die Taufkapelle geleitete. Sie trug ein Häubchen von Spitzen und ein Kleid aus weißen: Atlas. In der Umgebung der Mutter befanden sich die vier älteren prinzlichen Söhne. Um 5 Uhr traten die zahlreichen Taufgäste in die Gallerie, worauf auf ein Zeichen des Kaisers der Täufling hereingebracht wurde. Generalsuperindentent v. Dryander, um­geben von den Hofpredigern Berlins und Potsdams vollzog den Taufakt. Er erwähnte, daß die zu taufende Prinzessin seit dem Jahre 1808 die erste sei, welche als Tochter eines preußischen Königs das Sakrament der Taufe empfange und wies auf die bevorstehende Feier in der alten Lutherstadt Wittenberg hin. Auf den Anruf des Geistlichen traten sämtliche hohe Pathen um den Altartisch. Sodann nahm der Kaiser seine Tochter auf den Arm und gab sie dann der Groß­herzogin von Baden. Nachdem der Geistliche an die Pathen die Fragen gerichtet, taufte er die Prinzessin auf die Namen Victoria Luise Adelheid Mathilde Charlotte. Danach fand in dem an die Jaspisgallerie angrenzenden Salon vor der Kaiserin, an deren Seite die neugetaufte Prinzessin in der reichgeschmückten Wiege des Hohenzollernhauses lag, eine Defiliercour statt, sodann Galatafel im Marmorsaale. Bei der letzteren brachte der Kaiser das Hoch auf den Täuf­ling aus.

Berliner Morgenblätter melden: Die Moa­biter Polizei entdeckte eine jugendliche Räuberbande, deren Hauptmann 8 Jahre alt ist. Die ältesten Mit­glieder zählen kaum 12 Jahre; sie haben eine ganze Anzahl Einbrüche in kaufmännischen Geschäften ver­übt; viele sind bereits verhaftet.

Hamburg, 24. Okt. Amtlich werden 2 Erkrankungen und 2 Todesfälle gemeldet. Die Ge­samtziffer bis zum 22. ds. betrug 17 978 Erkrankungen und 7605 Todesfälle.

Frau Douglas Sie sind die jüngste Braut, die ich je getraut und Sie sollten von Rechtswegen noch in der Kinderstube weilen ich hoffe zu Gott, daß Ihr Lebenspfad nicht allzu dornig sein wird und erst wenn ich erfahre, daß Sie glücklich leben, werden meine Skrupel über die Gesetzlichkeit meiner Handlungsweise schwinden."

Wir kehrten nach Hause zurück, aber Robert wußte es einzurichten, daß er fast täglich in unserem Hause war und bald liefen Gerüchte von einer heimlichen Heirat um. - Meine Großmutter begann an Roberts Charakter zu zweifeln und um meine Existenz für alle Fälle zu sichern, beschloß sie, dem Vater Roberts Kenntnis von der Heirat zu geben. Sie zog Patterson ins Vertrauen und sandte ihn als Boten an den General Rene Douglas!

Weder Robert noch ich erfuhren von diesen Maßnahmen der alten Frau; wir genossen drei Wochen ungetrübten Glücks, und dann kam das Ende! . . . Der General rief seinen Sohn durch einen dringenden Brief nach Hauseer sei sehr krank", schrieb er und ein am nächsten Tage einlaufendes Telegramm bezeichnet« den Zustand des Kranken als hoffnungslos.

Robert mußte sofort abreisen, aber nur wiederwillig ließ er mich zurück; er küßte mir die Thränen von den Wangen, schloß mich wieder und wieder in die Arme und versprach, sobald als möglich zurückzukehren. Einen einzigen Brief erhielt ich, in welchem Robert mir mitteilte, die Großmutter habe seinem Vater unsere Heirat verraten der General schäume vor Wut und behaupte, die Heirat sei un­gültig, weil Robert noch minderjährig sei. Robert selbst erklärte mir mit heilig teurem Eid, er werde nun und nimmer von mir lassen bis zu seiner Mündigkeit müsse er sich seinem Vater fügen, weil er pekuniär völlig von ihm abhänge, sobald aber diese Zeit verstrichen sei, solle keine Macht der Erde ihn abhalten, seine Minnie öffentlich als seine Gattin anzuerkennen. Hier ist der Brief, Regina. Drei Tage nach Ankunft des Schreibens reiste Robert mit seinem Vater nach Europa und seit­dem hat er den amerikanischen Boden noch nicht wieder betreten! . .

Drei Monate nach Roberts Abreise sandte Onkel Orme Chesley Geld für die Großmutter und mich zur Reise nach Kalifornien. Die Großmutter war sofort entschlossen, hwzureisen und riet mir, sie zu begleiten hier habe ich doch nichts mehr zu hoffen. Ich aber erklärte ihr, sie selbst habe mein Glück zerstört, indem sie das Geheimnis dem General verraten; sie warv heftig, ein Wort gab das andere und wir schieden in bitterem Groll. Im Laufe der Erörterungen hatte sie mir unter Anderem auch mitgeteilt, Peter Patterson habe sich gerühmt, Mittel und Wege zu kennen, um meine Heirat für ungültig erklären zu lassen und zwar wolle er meinen guten Ruf zerstören. Wirklich erschien auch sehr bald nach der Abreise der alten Frau ein von dem General gesandter Mann, um mit mir über die Trennung meiner Ehe zu unterhandeln. Man bot mir 5000 Dollars und freie Reise nach San Fran­ziska, wenn ich dafür allen Ansprüchen auf Robert Douglas' Hand und Namen entsagte. Ich wies dem Unterhändler die Thür und erklärte ihm ruhig und be­stimmt, ich denke nicht daran, meine rechtmäßigen Ansprüche aufzugeben. In­zwischen hatte auch Gilbert Andre die Gegend verlassen; von Robert hörte ich nichts und meine Großmutter starb auf der Reise nach Kalifornien. Patterson näherte sich mir auf's Neue; er riet mir, die Douglas'schen Vorschläge anzunehmen, die un­gesetzliche Heirat zu ignorieren und ihm nach dem Westen zu folgen. Ich geriet außer mir und sagte dem Elenden harte Worte; er warf mir in's Gesicht, die Familie Douglas werde sich hüten, mich anzuerkennen und ich werde ihn »och knie­fällig bitten, sich meiner zu erbarmen. Ich achtete seiner Drohungen nicht, ich ver­ließ das Dorf und wandte mich nach New-Aork. Glücklicherweise war ich in allen Nadelarbeiten wohl bewandert und so fand ich baldigst eine Stelle als Kammerfrau in einer feinen Familie. Selbst zu jener Zeit hatte ich mir noch den vollen Glauben an meinen Gatten bewahrt und sogar die Aussicht, in nicht zu ferner Zeit für ein Kind sorgen zu müssen, machte mich nicht mutlos.

(Fortsetzung folgt.)