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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
67. Jahrgang
krschkint D t-n r t a g , Donnerstag und Eamitag. Die Etnrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um- > gebung s Psz. dt- Zeile, sonst 12 Psg. j
Dienstag, den 27. September 1892.
LbonnementSprei» vierteljährlich tu der Stobt BO Pfg. urch Lü Pfa. Trägerlohn, durch die Post bezogen DU. 1. 1K, sonst i« ganz WürttemKcrg MS. 1. VL.
Aöonnemenls-Ginkadung.
Wir erlauben uns die geehrten Leser unseres Blattes darauf aufmerksam zu machen, daß mit dem 1. Oktober ein neues Quartal beginnt und laden zum Abonnement hiemit freundlich ein
Wed. ««d Werkag des tzakwer Wochenblattes.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung.
In Aichelberg und Meistern ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.
Calw, 23. September 1892.
K. Oberamt. Lang.
Tages-Neuigkeiten.
—s— Neubulach, 22. Sept. Als verflossenes Frühjahr die hiesige Gemeinde zu der Alt- bulacher Wasserleitung die Quelle des Wilhelmsstollens unentgeldlich abgab unter der Bedingung, daß das überschüssige Wasser in das hiesige Reservoir, das beiden Orten gemeinschaftlich dienen sollte, geleitet würde, da geschah dies unter der Voraussetzung, daß die Altbulacher Leitung der hiesigen, im Falle eintretenden Mangels Wasser abgeben könne. Wirklich war auch in Altbulach anfangs fast jedermann darüber einig, die Neubulacher werden mit „Stollen- Wasser" versorgt und manch hitziges Wortgefecht wurde darüber geführt. Seit 14 Tagen ist diese Ansicht leider glänzend widerlegt; denn nicht nur liefert die Leitung Altbulachs gar kein Wasser mehr ins Re
servoir, sondern sie brauchte auch noch den größten Teil des im Hochbehälter vorhandenen Vorrats und dieser steht nun leer. Das Pumpwerk Neubulachs ist bei dem gegenwärtig äußerst niederen Wasserstand seiner Quellen außer Stande, das Reservoir wieder zu füllen, obwohl es nach der Berechnung täglich noch 22,400 Liter Wasser liefert, denn gerade gegenwärtig ist der Wasserverbrauch durch Mosten, Trockenfütterung rc. ein sehr beträchtlicher und den Tag über kann bloß noch an den beiden unteren Brunnen des Städtchens Wasser geholt werden, während die höher gelegenen Hausleitungen fast durchweg den Dienst versagen. Damit dem Wassermangel abgeholfen würde, leitete die Gemeinde Altbulach einen Teil des Ziegelbachwassers auf ihr Pumpwerk in der Hoffnung, dadurch dem Reservoir Wasser zuführen zu können, allein vergeblich. Allem Anschein nach ist das Gesäll von der Quellfassung bis zum Pumpwerk mit 17 m zu gering, um den nötigen Druck auszuüben. Wie diesem Uebelstand abgeholfen werden soll, ist zur Zeit noch nicht entschieden.
Stuttgart. Das Befinden des sich in einer Anstalt befindlichen Oberbürgermeisters von Hack läßt nach den Aussprüchen hervorragender Mediziner eine Besserung als sehr unwahrscheinlich erscheinen, jedenfalls scheint eine Wiederaufnahme seiner Thätigkeit vollkommen ausgeschlossen zu sein. Eine aus 18 Mitgliedern der bürgerl. Kollegien bestehende Kommission beschloß deshalb, die Pensionierung des Oberbürgermeisters mit einem Ruhegehalt von 7000 ^ zu beantragen und als Amtsverweser bis zur Neubesetzung des Postens Gem.-Rat Dr. Schall vorzuschlagen. Die meiste Chance für die Stelle des Oberbürgermeisters dürfte dessen jetziger Stellvertreter Gemeinderat Dr. Götz haben.
Stuttgart. Das gestern zum Besten der Notleidenden in Hamburg veranstaltete Wohlthätig- keitskonzert im Königsbau nahm einen in allen seinen Teilen hoch befriedigenden Verlauf. Die königlichen Majestäten und die Prinz Weimar'sche Familie wohnten demselben bei. Die Einnahme beläuft sich auf über 3500 wovon 300 für Zettel gelöst wurden, deren Verkauf von Mitgliedern der Hofbühne übernommen worden war.
Stuttgart. Heute gestaltete sich der Verkehr auf dem Lebensmittelmarkt ziemlich lebhaft; Käufer und Verkäufer hatten sich zahlreich eingefunden. Abgewogen wurden 1000 Körbe meist Aepfel, Zwetschgen und Trauben; letztere sind jetzt etwas billiger geworden und kosten das Pfund 25 In den unteren Markthallen waren zwei stattliche Hirsche zum Verkauf gestellt; nach Feldhühnern herrschte rege Nachfrage.
Cannstatt, 23. Sept. In der Daimler- 'schen Motorenfabrik hier wird zurzeit ein Motorenboot für die kaiserliche Marine erstellt.
Ludwigsburg, 23. Sept. In vergangener Nacht brach in Kornwest heim in der Scheuer des Bauern Reutter Feuer aus, das dieselbe einäscherte. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt.
Backnang, 23. Sept. Aus Hamburg traf dieser Tage ein Wagen mit Wildhäuten auf Rechnung der Firma Simon u. Rock st roh in Frankfurt hier ein. Um vor Einschleppung der Cholera gesichert zu sein, wurde höheren Orts hievon Anzeige erstattet, worauf alsbald eine Desinfektion der Häute angeordnet wurde.
Heilbronn. Die Amtsenthebung des Ob.- Bm. Hegelmaier soll, wie verlautet, auf Grund
Nachdruck verbaten.
N-uicl-t->n.
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
Und Herr Palma selbst? Er, der so stolz, so hochmütig war, ahnte sicherlich nicht, wer an seinem Tische saß, oder war ihm doch vielleicht zu Ohren gekommen, daß sie der Hefe des Volkes entstammte und lag hierin die Erklärung für den Umstand, daß er sich, seit Frau Carew in seinem Hause weilte, gar nicht mehr um Regina gekümmert hatte? Ach — sie konnte sich's nicht mehr verhehlen — sie liebt« den stolzen, hochangesehenen Mann — sie hatte ihr Herz rettungslos an ihn verloren! Gewöhnt, gegen sich selbst, wie gegen Andere streng aufrichtig zu sein, fiel es Regina nicht ein, sich selbst mit beschönigenden Vorstellungen zu täuschen; sie sagte sich, daß Herr Palma nicht das Geringste gethan, um ihre Neigung zu wecken ihr eigensinniges Herz hatte sich ihm zugewendet, ohne daß er es begehrt hätte!
Aber Gottlob — das Schlimmste war noch nicht geschehen — er hatte nicht bemerkt und sollte nicht bemerken, wie es um ihr rebellisches Herz stand! Lieber sterben, als ihn ahnen lassen, was er ihr war; o, wenn doch nur ihre Mutter ihre Bitte gewähre» und sie nach Europa berufen wollte!
Verzweifelnd schlug sie die Hände vor das bleiche Gesicht und heiße Thränen fielen auf das silberglänzende Nixengewand, als plötzlich eine kleine warme Hand liebkosend über ihre Wange strich und ein süßes Kinderstimmchen sagte:
„Ach, Regina — weine doch nicht — es thut mir so leid!"
Bestürzt fuhr jetzt Regina auf; vor ihr stand die kleine Lora in ihrem Nacht- Üridchen; die nackten Füßchen steckten in weichen Pelzpantösfelchen und die großen dunklen Augen blickten angstvoll auf das junge Mädchen.
Ach Lora — Du bist'«/ sagte Regina, nachdem sie sich von ihrer Bestürz
ung erholt hatte, „wie kommst Du denn um diese Zeit hierher — Du solltest längst im Bette liegen und schlafen."
„Ei, das habe ich schon gethan," nickte Lora ernsthaft; „Mally hat mich zu Bett gebracht, nachdem Ihr Alle fortgegangen wäret und ich habe sehr lange geschlafen. Als ich vorhin aufwachte, war Mally fort; ich rief, aber sie hörte nicht und so stand ich auf, um sie zu suchen. Laß mich ein Weilchen bei Dir bleiben, Regina — ich bin gar nicht mehr müde."
„Aber Du wirst Dich erkälten, Lora," versetzte Regina, die Kleine auf den Schooß nehmend.
„O nein — hier ist's ja so warm," plauderte die Kleine, „ei Regina — wie schön ist Dein Kleid! Und Deine Arme sind eben so weiß wie Mama's Arme; wo hast Du denn die Blumen, die ich Dir geschenkt?"
„Dort stehen sie," sagte Regina auf den Kaminsims deutend, „ich habe noch mehr dazu bekommen."
„Gewiß hast Du sehr schön gesungen," meinte Lora altklug, „Mama sagte heute Morgen zu Frau Palma, Du sängest wie ein Engel. Willst Du nicht auch einmal für mich singen, Regina? Du hast es mir gestern versprochen und morgen reisen wir doch schon fort."
Die dunklen Augen verstanden so innig zu bitten, daß Regina, trotzdem fi« gar nicht in der Stimmung war zu singen, nicht nein sagen mochte.
„In Gotte« Namen," sagte sie lächelnd, „aber dann mußt Du auch artig sein und zu Bette gehen."
„Ja, ich will sehr artig sein," versicherte Lora. Regina preßte die Kleine fest an sich und trug sie dann auf da« vor dem Sopha liegende weiße Bärenfell, wo Lora sich wie rin Kätzchen zusammenrollte.
Fast in demselben Augenblick, in welchem Regina, von ihren schmerzlichen Empfindungen überwältigt, in Thränen auSgebrochen war, hatte Herr Palma sein «eben der Bibliothek befindlicher Arbeitszimmer betreten und durch die zurückge-