Post« oder andere Packetsendung von dem Empfänger vor der Orffnung der Orts­polizeibehörde zu melden ist. Von letzterer ist hierauf bei der unter Beobachtung der erforder­lichen seuchenpolizeilichen Vorsichtsmaßregeln vorzu- nehmenden Oeffnuug festzustellen, ob die Sendung Gegenstände, deren Einfuhr verboten ist, enthält. Ist dies der Fall, so sind die verbotswidrig eingeführten Gegenständ« sofort und bevor sie in den weiteren Verkehr zugelassen werden, unter Einhüllung der er­forderlichen Vorsichtsmaßregeln zu desinfizieren.

Stuttgart, den 13. September 1892.

S chmid.

Tages-Ueuigkeiten.

Stuttgart, 11. Sept. Gestern abend halb 7 Uhr erschoß sich im Hausgang seiner Wohnung in der Rosenstraße ein Mann auf seinem Koffer. Der­selbe, früher ein armer Taglöhner, erbte vor ca. 5 Jahren von Verwandten seiner Frau 80,000 Franks. Seine Frau ist inzwischen gestorben und der Mann konnte seinen Reichtum nicht ertragen. Er äußerte oft, entweder heirate er wieder oder erschieße er sich. Zu diesem Bericht wird noch folgendes nachträg­lich bekannt: Der Schneider und spätere Privatier Jakob Bossert lebte bis vor einigen Jahren in derart ärmlichen Verhältnissen, daß er nebst Familie im Armenhaus Unterkunft fand. Da erbte seine Frau von Verwandten aus Rußland zweimal, zusammen über 100,000 «46. Bossert baute sich am Herdweg bei der Doggenburg eine prächtige Villa. Als die Frau starb, hatte diese im Testament das Vermögen den Kindern vermacht und dem Gatten nur ein Jahresgeld ausgesetzt. Dieses ärgerte Bossert derart, daß er sich erschoß.

Stuttgart, 13. Sept. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz: Zufuhr 800 Ztr., Preis per Zentner 2 «46 50 ^ bis 3 «46 50 H. Krautmarkt: Zufuhr 5000 Stück Filderiraut, 16 bis 18 «46 per 100 Stück. Ob st markt am Wilhelmsplatz: 500 Ztr. Mostobst, Preis 4 40 --Z bis 4 «46 80 per Ztr.

Fellbach, 11 Sept. Von einer Dachs­familie, die seit Jahren im Walde in der Nähe der Weinberge sich eingenistet hatte, zur Reifezeit der Trauben durch Abfressen derselben großen Schaden anrichtete, wurden letzte Nacht durch den Jagdaufseher in Gemeinschaft mit dem hiesigen Wald- und Feld­hüter drei Stücke erlegt, nachdem der sehr umfang­reiche Dachsbau seit Wochen vollständig untergraben worden.

Vom Oberamt Horb. Frühhopfen in Wachendorf vor 8 Tagen um 150 «46 verkauft nebst Trinkgeld. Mehrere Angebote später um 160 «46 wurden nicht angenommen. Die Eigentümer hoffen auf höhere Preise; denn der vorjährigen Hopfen gilt über 100 «46 und der Markt ist von alter Ware ge­räumt. Immerhin ist, wenn man nach oben speku­lieren will, zu beachten, daß der Hopfen bei uns sehr schwer wiegt und daß daher wegen des hohen Gehalts an Lupulin weniger Hopfen beim Brauen benötigt

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wird. Für Frühhopfen wurde am d. September hier und in der Nähe 150 «46 geboten, teilweise nur 145 «46. Der Späthopfen ist noch nicht getrocknet, daher auch noch keine Nachfrage.

Vom Schwarzwald, 11. Srptbr. Eine schauerliche Unthat bewegt die Gemüter. In Freuden st adt soll, wie man der T. Ehr. schreibt, eine Stiefmutter das jüngste ihrer 5 Stiefkinder auf grauenerregende Weis« getötet haben. Nach wieder­holten, oft sehr schweren Mißhandlungen, wie häufiges Schlagen, Stellen in einen mit Kreide gemachten Ring, welchen das Kind nicht verlassen durfte, u. a., erlag das fünfjährige unschuldige Wesen einer neuen, alle früheren Mißhandlungen übertreffenden Unthat. Die gewissenlose Mutter soll nämlich das gequälte Kind kürzlich mit einer in Tinte getauchten Nadel und Stahlfeder so lange in den Hals gestochen haben, bis sie eine Ader traf und das mißhandelte Wesen den Geist aushauchte. Dem Bruder der ersten Frau, welcher wohl schon längst etwas geahnt hatte, fiel der schnelle Tod des Kindes auf. Er begab sich zur Leiche des Kindes und fand seine Ahnung bestätigt. Es wurde sofort gerichtliche Untersuchung eingeleitet und auch der Vater des unschuldigen Opfers unter dem Verdacht der Mitwissenschaft verhaftet.

Biberach, 5. Sept. Der Zutrieb belief sich auf 226 Stück. Der Handel war wieder sehr flau, bloß einiger Umsatz in Schlachtvieh. Von Nutzvieh ist Braunvieh besser verkäuflich, als Fleckvieh. Die Preise drohen noch immer weiter zurückzugehen. Auch auf dem Schweinemarkt war der Handel wenig be­lebt bei einer Zufuhr von 180 Stück. Preise für Milchschweine 1619 «46, für Läuferschweine 30 bis 35 «^ pro Stück.

Ravensburg, 11. Sept. Auf der Anklage­bank der Strafkammer saßen letzten Freitag vier Schüler von hier, die kaum das Alter von 12 Jahren überschritten haben, angeklagt wegen Diebstahls und Hehlerei. Der Rädelsführer, Wilhelm Maier, zog bei seinen Diebstählen, wobei es hauptsächlich aus Mundvorräte und Geld abgesehen war, die anderen Knaben mit ins Spiel. Derselbe, angetlagt wegen 5 Verbrechen des schweren und 5 des einfachen Dieb­stahls, erhielt 8 Monate, der zweite Knabe wegen Beihilfe und Hehlerei eine Woche Gefängnis; die beiden anderen kamen mit einem Verweis davon.

Vom Bodensee, 8. Septbr. Dem Sonder­ling Dr. Lut er kort, der sich kürzlich im Bodensee ertränkt hat, scheint es, wie aus dem Thurgau ge­schrieben wird, noch im Tod etwas absonderlich zu gehen. Obwohl ihn niemand gesehen hat ins Wasser stürzen er verschwand einfach vom Schiffe, ist nach verschiedenen Aeußerungen, die er in der letzten Zeit gethan, und nach Briefen, die er hinterließ, kein Zweifel, daß er ertrunken ist; aber rechtlich ist dies nicht festgestellt. Nun hinterläßt er ein Vermögen von 300,000 «46, als Rest von zwei Millionen, und obwohl die Erbschaft nicht angetreten werden kann, ohne die förmliche Gewißheit seines Todes zu haben.

fällt es weder den Erben noch sonst jemand ein, ihn suchen zu lassen. Eine gerichtliche Todeserklärung, kann erst in 15 Jahren erwirkt werden, nachdem auf Grund der jetzt bekannten Thatsachen eine Verschollen­heitserklärung vorausgegangrn ist. Sonst pressiert «S in der Regel mit dem Erben mehr, wenn rin. Vermögen von einigen Hunderttausend Mark hinter­lassen wird.

Potsdam, 13. Sept. Ihre Majestät die Kaiserin wurde heute früh 3'/, Uhr von einer Prinzessin entbunden. Die Kaiserin und die Prinzessin sind wohl.

Hamburg, 10. Septbr. Nach derFrkftr. Zeitung« wurde in Eppendorf der Flecktyphus kon­statiert. Der Senat beruft die Bürgerschaft zu einer Extrasitzung auf nächsten Mittwoch ein behufs Beratung verschiedener Cholera-Anträge. Heute waren andauernd die Krankentransporte geringer. Die Leichenhäuser sind von früheren Leichen geräumt. Gestern wurden 66 beerdigt, deren Personalstand nicht zu ermitteln war und die daher länger unbe- erdigt geblieben sind.

Die nunmehr revidierte Cholera-Statistik ergab für Hamburg bis den 9. Mitternacht 13 238 Erkrankte und 5805 Tote; der schlimmste Tag war der 30. August, an welchem 489 Personen der Epi­demie erlagen. Seitdem ist eine langsame, aber ent­schiedene Abnahme bemerkbar.

Ueberdie Einschleppung derCholera nach Hamburg giebt das Hamb. Tgbl. eine neue Lesart. Hienach seien die ersten choleraverdächtigen Fälle im Hamburger Hafen auf den mit ost- asiatischem Maschinenpersonal fahrenden Dampfern erfolgt. Vor der Feststellung der Cholera in Hamburg erkrankten auf dem DampferDrachen­fels« im Hafen 3 und in Antwerpen 4 indische Feuerleute an Diarrhoe. Ein Zeichen, das zur Vorsicht hätte mahnen sollen, dem jedoch nicht die genügende Beachtung geschenkt wurde. In einem großen Teile der Bevölkerung am Hafen sei auch die Ansicht verbreitet, daß die Cholera durch die ost­asiatischen Feuerleute in Hamburg eingeschleppt sei.

Paris, 12. Sept. Gestern sind in Paris und im Weichbild 52 Choleraerkrankungen, 30 Todes­fälle vorgekommen.

Gestörte Verdauung (Verstopfung) kann ernstere Folgen haben, als die meisten damit Behafteten wissen. Erscheinungen und Leiden, wie Blutandrang, Schwindelanfälle, Kopfschmerzen, Herzklopfen, Blähungen, Mangel an Appetit, Müdigkeit der Glieder rc. stellen sich ein, ohne daß man weiß, -woher es kommt. Bringt man durch Anwendung der in den Apotheken ä, Schachtel M. 1. erhältlichen Apotheker Richard Brandts Schweizerpillen die gestörte Verdauung in Ordnung, so beseitigt man die daraus herrührenden Erscheinungen. Man verlange aber stets die echten Schweizerpillen mit dem weißen Kreuz in rotem Grunde und dem Namens­zug Richard Brandt.

Ja, ich weiß es seit zehn Jahren wird mir stets diese Antwort, aber das Schwere wird dadurch nicht leichter. Die schlimmste, entsetzlichste Wahrheit kann nicht bitterer sein, als dieser nagende Zweifel ich muß meine Mutter sehen und sprechen muß die Wahrheit erfahren um jeden Preis.«

Ihre Heftigkeit läßt Sie vergessen, mit wem Sie sprechen, Regina,« sagte Herr Palma ernst; der Wunsch Ihrer Mutter war es, der Sie meiner Leitung über­gab und als gehorsames Kind sollten Sie Vertrauen zu uns Beiden haben.«

.Ich bin kein Kind mehr meine sonnige sorglose Kindheit liegt hinter mir ich bin ein Weib und fühle tiefen Schmerz, daß ich bin! O Herr Palma seien Sie barmherzig senden Sie mich zu meiner Mutter!«

Eben weil ich barmherzig bin, lasse ich Sie hier, Lilly!«

So weigern Sie mir die Erlaubnis?«

Unbedingt betrachten Sie die Angelegenheit als abgeschlossen, Lilly.«

Ihre Hände fteigebend, blickte er auf seine Uhr und fragte, während er seine weißen Handschuhe anzog. in gänzlich verändertem Ton:

Was haben Sie heute verloren, Lilly?«

O, mehr als mir lieb ist.«

Hm wertvoll« Gegenständ« ? verwelkte Blumen und süße Erinnerungen vermutlich?«

Ja, Herr Palma ich vermisse meine Börse und mein« Veilchen von Agra.«

Welche Belohnung stellen Sie mir für di« Rückgabe der kostbaren Zeugen brüderlicher Zärtlichkeit in Aussicht, Lilly? Etwa das Versprechen unbedingten Ver­trauen» und Gehorsams? Ich glaube, Ei« können Ihrem Vormund nicht vorwerfe», daß er unbillig« Forderungen stellt!«

In der Thal gegenüber riuern so ««Rollen Gegenstand «o fanden Ei« «ein, Börse, Herr Palnm?«

Auf dem Schreibtisch meines Bureaus, hier ist das Fundstück.«

Herzlichsten Dank Herr Palma wollen Sie mir noch eine weitere Bitte erfüllen?«

Ich gebe grundsätzlich kein Blanko-Versprechen die Maschen eines der­artigen Netzes sind schwer zu zerreißen.«

Anstatt zu antworten, preßte Regina die Lippen in verletztem Stolz auf­einander ; Herr Palma gewahrte es und freundlicher sagte er jetzt:

Nun, Lilly was wünschen Sie?«

Möchten Sie mir 25 Dollars leihen,« flüsterte sie stockend und leise.

Bevor ich diesen an sich sehr bescheidenen Wunsch erfülle,« versetzte Herr Palma,möchte ich gern wissen, wozu Sie des Geldes bedürfen. Wenn Sie etwa die Absicht haben sollten, mit Hilfe des kleinen Kapital» meinem Hause zu entfliehen^ erhalten Sie natürlich keinen Cent.«

Ach nein ich wollte, ich dürste es thun, aber Sie erlauben mir'» ja nicht.«

So sagen Sie mir, was Sie sonst Vorhaben!«

Das kann ich nicht."

Ah fürchten Sie, Ihren Zweck zu nennen?"

Nein, Herr Palma, aber ich weiß, daß meine Motive Ihnen unverständlich- fein würde» "

Stellen Eie mich auf di« Probe, Lilly?"

Da» kann und will ich nicht thun; ich hoffte, Eie würden so viel Vertraue» zu mir haben, um nicht weiter in mich zu dringen."

Es bettübt mich, daß ich Ihre Hoffnungen täuschen muß; ich vertraue Ihren guten Absichten, aber nicht Ihrer Urteilskraft und Ihrer Weltkenntnis. Wenn Sie in Ihrem Schweigen beharren, muß ich Jhnm die Litte abschlagen nun, wie lautet Ihr, Entscheidung, Lilly k" (Forts, folgt.)