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^2 104. Amts- und Anzeigeblatl für den Bezirk (Lalw. 67. Jahrgang.
Erscheint Di en s l a g , Donnerstag und Samstag. Die EinrückungSgebÜhr beträgt im Bezirk und nächster Um- j! gebung S Pfg. die Aetle, sonst 12 Pfg. !-
Samstag, den 3. September 1892.
Abonnement-preiS vierteljährlich in der Stadt RO Pfg. und Sv Pfg. TrLgerlohn, durch die Post bezogen Ml. 1. 1b, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1. LS.
Tages-Neuigkeiten.
Calw. In der kürzlich stattgehabten öffentlichen Versammlung in Möttlingen ist einem Redner, wie man nachträglich erfährt, das oftgenannte Wort Bebels über die Stellung der Sozialdemokratie zur Religion nicht genau mit allen Umständen gegenwärtig gewesen, woraus demselben ein Gegenredner den Vorwurf der Lüge gemacht hat. Dagegen wird konstatiert, daß Bebel inderSitzungdesDeutschenReichs- tags am 31. Dezember 1881 folgendes gesagt hat: „Wir erstreben auf politischem Gebiete die Republik, auf dem ökonomischen den Sozialismus, und auf dem, was man heute das religiöse Gebiet nennt, den Atheismus". — In demselben Sinn hat sich Bebel schon am 17. Juni 1872 im Reichstag geäußert.
Stuttgart. Sonntag den 11. Sept. wird von drei Stuttgarter Radfahrervereinen eine Zusammenkunft aller Radfahrer Württembergs hier veranstaltet, wobei Frühschoppen mit Musik, photographische Aufnahme sämtlicher Festteilnehmer, großartiger Corso durch die Stadt und Gartenkonzert im Stadtgarten projektiert ist. Die Beteiligung dürfte -eine sehr große werden, da nicht nur die Vereine, sondern auch alle Einzelfahrer des ganzen Landes sreundlichst eingeladen sind.
Stuttgart, 1. Sept. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz: Zufuhr 300 Ztr., Preis per Zentner 2 ^ 50 bis 3 ^ 50 -A Krautmarkt: Zufuhr 2500 Stück Filderkraut, 15 bis 20 ^ per 100 Stück. Obstmarkt am Wilhelmsplatz: 500 Ztr. Mostobst, Preis 3 ^ 20 bis 3 ^ 60 ^ per Ztr.
Eßlingen, 31. Aug. Die hiesige Feuer
wehr erhielt aus der Feuerwehrrequisitenfabrik von C. D. Magirus in Ulm eine weitere Rettungsleiter. Dieselbe wurde gestern Vormittag vor ihrer Uebernahme beim Württemberger Hof einer Probe unterzogen, welcher der Landesfeuerlöschinspektor Kleber von Stuttgart und von hier der Bezirksfeuerlöschinspektor Obermüller, der Stadtbauinspektor Keppler, der Kommandant A. Blessing und einige Offiziere der Feuerwehr, sowie Stadtpfleger Reiser anwohnten. Die Prüfung befriedigte vollständig, insbesondere erwies sich die 12 in hohe Schiebleiter bei der Belastung als sehr zuverlässig und von außerordentlicher Tragfähigkeit, daß sie ganz ausgezogen, fast horizontal geneigt, einen Mann an der Spitze sicher trug und auch bei einer Gewichtsbelastung von mehreren Zentnern, an Seilen angehängt, ihre Standfestigkeit behielt.
VondenEßlingerFilialorten,11. Aug. Eine schlaue Diebesbande scheint ihr Unwesen bei uns zu treiben und sammelt — gleich dem Hamster sich Wintervorräte. JnS er ach wurde einem Bürgerdas Obst unter den Bäumen weggeholt. Einem anderen, der dasselbe schon unter das schützende Dach und in einen großen Zuber gebracht hatte, wurde in der Nacht etwa 1 Sack voll eingefüllt und auf einem Wägelein, das die Schlauen sich an anderer Stelle zu verschaffen wußten, weggeführt. Ebenso wurde einem Wäldenbronner Bürger ein Sack mit einigen Simri Aepfel weggenommen. Die Diebe scheinen sehr vertraut mit den Räumlichkeiten zu sein und werden wohl nicht zu lange unerkannt bleiben.
Horb, 30. Aug. Gestern feierte unser hochw. Hr. Stadtpfarrer und Dekan Beyerle, gebürtig von Weilderstadt, sein 50jähriges Priesterjubiläum. Von nah und fern strömten Verwandte, Freunde und
Bekannte herbei, um dem greisen, noch in voller Geistes- und Körperfrische ausgerüsteten Jubelpriester ihre Glückwünsche darzubringen. Besonders die Stadt ließ es sich nicht nehmen, den Tag festlich und glanzvoll zu begehen; sind es ja 30 Jahre, daß der Jubilar hier nach jeder Richtung hin seine segensreiche Wirksamkeit entfaltete. Die Festpredigt hielt Kämmerer, Pfarrer Leser von Grünmettstetten. Beim Festessen, das im Gasthof zum Bären stattfand und aus allen Schichten der Bevölkerung ohne Ansehen der Konfession zahlreich besucht- war, wechselten Reden und Toaste ernsten und humoristischen Charakters miteinander ab. Während des Mahles überreichte Oberamtmann Wendelstein dem Jubilar den ihm von S. M. dem König verliehenen Kronorden nebst einem huldvollen Schreiben. Abends war Bankett in der Bierbrauerei zum Schiff, wo noch mancher Toast in gebundener und ungebundener Rede die Anwesenden erfreute.
— Der in Heilbronn um 2 Uhr 55 Min. nachmittags abgehende Güterzug 695 ist gestern nachmittag gegeü'^UHr "bei der Mnfahrt auf dir Station Besigheim wegen unrichtiger Weichenstellung entgleist, und waren infolgedessen die beiden Fahrgeleise bis 8 Uhr 35 Min. abends gesperrt. Verletzungen von Personen kamen nicht vor, ebenso ist der Schaden am Fahrmaterial und an den Geleisen ein unerheblicher. Die Reisenden der in Bietigheim um 3 Uhr 44 Min. und um 4 Uhr 13 Min. nachmittags abgehenden Züge 96 und 98, sowie diejenigen des 5 Uhr 5 Min. abends in Heilbronn abgehenden Zugs 97 mußten auf der Unfallstelle umsteigen, während die Reisenden des 6 Uhr 40 Min. abends in Bietigheim abfahrenden Zuges 102 a von Besigheim ab — nach etwa 2stündigem Aufenthalt daselbst — ihre Weiterbeförderung erst mit dem Zuge 104 finden konnten.
6 111 6 1 O rk . Nachdruck verbaten.
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
„Olga, Sie sehen brillant aus," konnte sich Regina nicht enthalten, zu bemerken, indem sie bewundernd auf die jetzt leise gähnende Dame blickte.
„Regina — können Sie sich wirklich nicht denken, weshalb ich heute so besonders „vorteilhaft", so „brillant" aussehe?"
„Nein, Olga — ich bin leider nicht hellsehend genug, um derartige Probleme zu lösen; was ist's denn, das Sie so glücklich macht?"
„Glücklich sagen Sie — ah — aber halt — ich höre Hettie — nachher. Hier — Hettie — räumen Sie ab."
„Sehr wohl, Fräulein Olga; Frau Palma läßt Fräulein Regina bitten, sich -ankleiden zu wollen, Frau Palma will mit dem Fräulein in die Probe fahren."
,O weh," sagte Regina in komischer Verzweiflung, „ich hoffte schon, Frau Palma habe die Probe vergessen. Nun, wenn's sein muß, werde ich zur Zeit fertig sein."
„Gesprochen wie eine Heldin, Regina; ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich annehme, daß Elliot den Wunsch ausgesprochen hat, Sie möchten an der Aufführung teilnehmen?" fragte Olga spottend.
„Ja." entgegnete Olga einfach. „Herr Palma meinte, ich dürste es Frau Broughton nicht abschlagen, und auch mein Gesanglehrer, Professor Hunzel, sprach den Wunsch aus, ich möge das Solo übernehmen — wenn ich mich weigerte, brächte ich ihn in Verlegenheit."
„Pah. Kleine — Sie verstehen'S noch nicht, Ihrem Willen Geltung zu verschaffen. Elliot Palma ist eigensinnig und diese Eigenschaft nimmt zu, wenn ihn, Jeder gehorcht. - Warum haben Sir chm nicht gesagt, Sie scheuten das Auftreten
vor einer so großen Gesellschaft und Sie könnten nicht dafür stehen, daß Ihnen im entscheidenden Moment die Stimme versagte? Die einzige Macht, der er sich beugt, ist die Furcht vor einer Blamage, und wenn Sie ihm eine solche in Aussicht gestellt hätten, würde er sie freigegeben haben, kleiner Feigling."
„Aber ich kann meinem Vormund doch nicht drohen," sagte Regina ernsthaft, „ich sagte ihm, ich hätte Angst, weil Frau Broughton's Gesellschaft sehr zahlreich ist und sich viele Musikverständige in ihrem Hause Rendezvous geben, aber er lachte mich aus und meinte, der Professor wisse bester als ich selbst, was ich leisten könne Außerdem machte Herr Palma mich darauf aufmerksam, daß das Konzert einem' wohltätigen Zwecke diene, der Ertrag ist zum Besten des Waisenhauses bestimmt und so fügte ich mich und fügte mich gern."
„O Wohlthätigkeit," citierte Olga, „wie viel wird in Deinem Namen gesündigt! Aber jetzt zu etwas Anderem, Kleine — können Sie ein Geheimnis bewahren?"
„Das will ich hoffen," nickte Regina.
„Wohlan — so hören Sie. Bis gestern war ich sozusagen ein Nichts — die arme Olga Neville, die außer ihrem passabel hübschen Gesichtchen absolut nichts besaß. — Sie wissen doch, daß mein armer Papa, der vor meiner Geburt starb, unrein Vermögen hinterließ? Nun Mama verheiratete sich zum zweiten Male, aber die Verbindung, die sie um des Mamons willen geschlossen, erwies sich in keiner Weise glücklich und beim Tode ihres zweiten Gatten stellte sich heraus, daß ihr nur eine schmale lebenslängliche Rente zugesichert war, die mit ihrem Tode erlischt. Um gerecht zu sein, muß ich bekennen, daß Herr Palma, der Sohn aus meines Stiefvaters erster Ehe, Mama und mich überreichlich versorgt; wir leben in seinem Hause, wir werden mit Toilette und Schmuck reichlich bedacht und cs fehlt uns an nichts. Dennoch bedrückt eS mich, daß wir hier quasi nur geduldet werden und ich preise den glücklichen Zufall, der mir fett gestern Anwartschaft darauf giebt, in Zukunft reich und unabhängig zu sein. Was sagen Sie dazu, Regina — wollen Sie mir nicht Glück wünschen?"