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deshalb die Einrichtung getroffen, daß die Vorstellungen von jetzt ab an den Wochentagen vormittags 11, nachmittags 3, 4'/,, 6 und 7 Uhr, an Sonntagen vormittags 11, nachmittags von 3 Uhr ab dagegen stündlich stattfinden.

Volksgarten. Am Montag, den 15. Aug., beschließt das TheatSr-Ensemble im Volksgarten (Olga­straße) die Saison, und vom Dienstag ab finden so­dann Militärkonzerte statt, zu welchen der ungarische Cymbalvirtuose Horvath, welcher erst kürzlich an mehreren Höfen mit Auszeichnung gastierte, zugezogen wird. Bislang wurde dieses Instrument nur mit Orchester verwendet, während Herr Horvath dasselbe als Konzertsoloinstrument spielt. Seine Produktion dürfte wohl das Interesse aller Musikfreunde erregen.

Stuttgart. Wochenmarkt. Als Neuheit sind heute Preiselbeeren zu verzeichnen, die erstmals in schöner Ware zu Markt gebracht wurden und auch rasch Absatz fanden; Bohnen wurden etwa 300 Säcke zum Verkauf gestellt, die Preise variieren zwischen 4 und 5 --Z pro Pfund. Von Filderkraut kosten heute auf dem Marktplatz 100 Stück 20 Sonst wurden noch etwa 1100 Körbe der verschiedensten Obstsorten, sowie Kartoffeln vermögen; wegen der Ferien sind nicht so viel Käufer anwesend, als sonst. Von einheimischen Trauben kostet das Pfund 50 N. Tagbl.

DerWürtt. Kriegerztg." zufolge wurde den Vereinen und Einzelmitgliedern des Württemb. Kriegerbundes ähnlich wie im Jahre 1885 gestattet, an der Kaiserparade am 20. Sept. offiziell teilzunehmen. Das Generalkommando des XIII. (K. Württ.) Armee­korps ordnete an, daß die Vereine und Einzelmitglieder, und zwar sowohl aktive als passive Bundesmitglieder, auf dem durch einen Drahtzaun rings abgegrenzten Paradeplatz Aufstellung nehmen.

Nebringen, O-A. Herrenberg, 10. August. Bekanntlich wurde unsere Gemeinde voriges Jahr von einem großen Brandunglück heimgesucht, veranlaßt durch einquartiertes Militär. Der Gemeinderat wandte sich nun in einer Eingabe an die Militärver­waltung um Entschädigung und zur großen Freude der Beschädigten lief nun gestern an das Schultheißenamt ein Schreiben vom Reichskanzleramt ein, wonach S. M. der Kaiser geruht habe, den Beschädigten die Summe von 12,930 ^ aus dem Dispositionsfonds beider Reichshauptkasse zu bewilligen. Die Auszahlung wird durch die k. württ. Staats­hauptkaffe in Stuttgart erfolgen.

Wangen OA. Cannstatt, 12. Aug. Der Weinstock macht bei der gegenwärtigen prächtigen Wit­terung herrliche Fortschritte. Dem Vorjahr gegenüber ist er zum mindesten 14 Tage voraus. Die ersten reifen Kammerztrauben, Klevner und Zibeben, wurden im Lauf dieser Woche auf den Markt gebracht; auch in den Weinbergen sieht man schon häufig Helle und stark gefärbte Trauben. Werden August und Sep­tember nur einigermaßen warmes Wetter bringen, so darf mit Sicherheit auf einenguten Neuen" gerech­net werden, wenngleich das Quantum im allgemeinen kaum einem halben Herbst gleichkommen wird.

Ludwigsburg. Gestern nachmittag wurden die irdischen Ueberreste des Commerzienrats W. Frank zur letzten Ruhe bestattet. Nach einer im Trauer­hause gehaltenen Gedächtnisrede sang der Fabrik­gesangverein Harmonie ein Trauerlied, worauf sich der Zug zum Friedhofe in Bewegung setzte, woselbst bei seinem Eintreffen die Ludwigsburger Artillerie­kapelle einen Choral intonierte. Angestellte des Fabrik­bureaus trugen den Sarg zu Grabe, wo von dem Männergesangverein Ludwigsburg ein Trauergesang angestiimnt wurde. Dekan Herrlinger entrollte in einer bedeutenden Ansprache ein Lebensbild des Ver­ewigten. Von den zahlreichen Kränzen, die unter Ansprachen an der offenen Gruft niedergelegt wurden, seien diejenigen von Rektor Barz im Namen des Kirchengemeinderats, von Stadtbaumeister Mößner im Namen des Jünglingsvereins, vom Komptoir- personal angeführt. Ein Trauerchoral schloß die er­hebende Feier.

Eßlingen. In einer vom Ausschuß des sozial­demokratischen Vereins einberufenen Volksversammlung sprach cand. theol. v. Wächter-Stuttgart über die Frage!Kann ein Christ Sozialdemokrat sein?" Dem im bejahenden Sinne entscheidenden Vortrag trat Stadtpfarrer Feicht entschieden entgegen. Hierauf folgte eine lange Debatte.

Göppingen. Während der Fahrt auf einem mit Holz gefüllten Wagen fiel ein 12jähriger Knabe vom Wagen herab und erhob sich anscheinend unver­letzt sofort wieder. Zu Hause angelangt klagte er über Kopfschmerz und war nach einer Stunde eine Leiche.

In der Nähe der Brugger Sägmühle bei Lorch wurde ein 17jähriger Arbeiter durch einen Stamm an die Wand gedrückt, so daß ihm das Rückgrat gebrochen wurde. Nach einigen Stunden war der Unglückliche eine Leiche.

Gmünd, 10. August. Ein Landwehr­mann, der Pächter eines Gütchens bei der Stadt, mußte zu mehrwöchiger Uebung einrücken zum Train. Er nahm als Reisegeld 50 ^ mit und hinterließ zu Hause denselben Betrag des Bargeldes. Am Tage seiner Abreise wurden die zurückgebliebenen 50 gestohlen. Dieses Malheur und das weiche Herz des Vorgesetzten Offiziers, der recht gut wußte, daß ein Landmann in jetziger Arbeits- und Erntezeit nicht gut vom. Pachthof entfernt sein kann, waren die Ur­sachen, daß unser Landwehrmann noch vor Ablauf von 8 Tagen aus der Garnison entlassen wurde.

Ellwangen. Der 32jährige Dienstknecht Josef Kugler sprang, vom Schwindel erfaßt, von einer Leiter, die er, um die Dachrinne zu säubern, bestiegen hatte. Er spieste sich hierbei einen Pfahl in den Leib, was seinen am nächsten Tage eingetretenen Tod zur Folge hatte.

Oehringen, 11. Aug. SchreinerKnobloch von hier hatte für Metz die Lieferung von 2000 Soldatenschemeln übernommen, wovon jedoch die Militärverwaltung ^/s nicht annahm, da sie nicht vor­schriftsmäßig gearbeitet waren. Zudem sollte er noch

eine Konventionalstrafe zahlen, weil er den Termin der Lieferung nicht eingehalten hatte. Infolge hievon geriet er in Gant, und dies ging dem Bedauernswerten, der eine zahlreiche Familie hatte, so zu Herzen, daß er sich heute abend auf der Bühne seines Hauses erhängte.

Ulm, 11. Aug. In der Wirtschaft zur Stadt Kirchheim gerieten heute Abend zwei Handwerksburschen, ein Holländer und ein Württemberger, miteinander in Streit. Der Holländer, der angetrunken war, schalt den Württemberger einen dummen Schwaben, weil er arbeite statt zu fechten. Der Württemberger ließ sich dies nicht gefallen und es kam zu Thätlich- keiten, in deren Verlauf der Schwabe drei Biergläser auf dem Kopfe seines Gegners zusammenschlug und Viesen dermaßen zurichtete, daß er mit mehrfachen klaffenden Wunden in das Hospital verbracht werden mußte.

Ulm, 12. August. Der Einbrecher Klein ist heute aus dem Stuttgarter Zuchthaus hier eingeliefert worden. Heute nachmittag findet vor der Strafkammer die Verhandlung wegen seines Schaffhausener Flucht­versuchs statt.

Ulm, 12. Aug. Seit vorgestern abend '/-9 Uhr wird ein 20jähriges hiesiges Mädchen vermißt. Spaziergänger, welche an diesem Abend der Donau entlang gingen, sahen auf einem Badfloß ein Mädchen sitzen, anscheinend mit Wäsche beschäftigt, und wollen später aus der Entfernung einen Fall ins Wasser und Hilferufe gehört haben. Da die Vermißte in der letzten Zeit schwermütig war, so befürchten ihre Angehörigen, sie werde den Tod in der Donau ge­sucht haben. Am letzten Sonntag wurde auf der Staatsstraße zwischen Gerhausen und Blaubeuren ein älterer Mann von zwei jungen Radfahrern, die an ihrer Maschine kein Läutewerk angebracht hatten, von hinten überfahren. Als die beiden sahen, daß der Mann schwere Verletzungen erlitten, fuhren sie schleunigst davon. Man ist ihnen jedoch auf der Spur.

Ulm, 13. Aug. Der Buchbindergeselle Stüb - ler, welcher in Schaffhausen mit dem Einbrecher Klein seinen Namen vertauschte und so dessen Flucht ermöglichte, wurde zu 4 Wochen Gefängnis verurteilt. Die Strafe wird durch die 3monatliche Untersuchungs­haft als verbüßt erachtet.

Schwenningen, 12. Aug. Heute Nacht ist die Uhrenfabrik des Jakob Müller, über dessen Ver­mögen vor einigen Tagen der Konkurs eröffnet wurde, gänzlich abgebrannt.

Berlin, 12. August. (Prozeß Wolfs). Heute nahm die Verhandlung ihren Fortgang. Der Angeklagte Wolfs befand sich in einem Zustand, der die Fortsetzung nur in Pausen gestattete. Beim Herauf­bringen aus dem Gefängnis hatte er viel Blut ver­loren. Obwohl er nach den Angaben des Gefängnis­personals schon öfters infolge hochgradiger Gemüts­erregung während des Sprechens umgesunken war,, erklären die Gerichtsärzte den Angeklagten für ver­handlungsfähig. Wolfs ist im allgemeinen geständig.

Blütenblätter bedeckte. Als die Darstellerin der Katharina indes auch nach dem Fallen des Vorhangs in ihrer Regungslosigkeit verharrte, erkannten die Mitspielenden mit Schrecken, daß das, was sie für Spiel gehalten traurige Wirklichkeit war und daß Frau Orme in tiefer, totenähnlicher Ohnmacht lag. Der Regisseur mußte vor die Lampen treten und dem ungeduldig harrenden enthusiastisch applaudierenden Publikum, welches auf das Erscheinen seines Lieblings harrte, mitteilen, daß Frau Orme leider nicht im Stande sei, die Huldigungen in Empfang zu nehmen sie sei ohnmächtig geworden und werde nach Hause gebracht werden.

Als Herr und Frau Walter die noch immer Bewußtlose aus dem Theater trugen und sie in ihren Wagen hoben, lehnte eine hohe schlanke Männergestalt an der Thür des Nebeneingangs und dunkelblaue Augen starrten angstvoll in das bleiche Gesicht, über welches die goldenen Haare fluteten. ..... Noch in derselben Nacht brach bei Frau Orme ein typhöses Fieber aus und wochenlang schwebt« sie zwischen Tod und Leben. Das Ehepaar Walter pflegte sie mit aufopfernder Treue; die besten Pariser Aerzte widmeten der Kranken ihre Sorgfalt, aber sie erholte sich nur äußerst langsam und auch nachdem die drohend« Gefahr beseitigt war, lag Frau Orme noch lange Zeit apathisch oder dumpf vor sich hinbrütend auf ihrem Ruhebett.

Einmal hätte sie Frau Walter im Nebenzimmer zu ihrem Gatten sagen: Rudolf, der Arzt hat mir heute zum erstenmal« erlaubt, die Blumen ins Kranken­zimmer zu stellen vielleicht könntest Du den Diener beauftragen, eine größere Lase herein zu bringen."

Bald darauf trat Frau Matter mit einem herrlichen Strauß Centifolien in'S Zimmer und dieselben auf den Tisch neben dem Ruhebett stellend, wollte sie sich wieder entfernen, als die Krank« sagt«:

Anna, woher kommen die Blumen?"

Ich weiß es nicht, Frau Orme," entgegnet« Frau Walter,seitdem Sie krank sind, wird jeden Tag ein solches Bouquet für Sie abgegeben und der Diener, der es bringt, erkundigt sich nach Ihrem Befinden, aber er hat auf Befragen er­klärt, er dürfe den Namen des Spenders, der Ihr Landsmann sei, nicht nennen. Bisher gestattete der Arzt nicht, daß ich die Blumen ins Zimmer stelle, weil die­selben so stark dufteten, aber heute"

Wenn der Diener morgen wieder kommt," fiel die Kranke der Redenden in's Wort,teilen Sie ihm mit, Frau Orme verbitte sich die fernere Zusendung von Blumen."

Frau Walter blickte die Herrin erstaunt an, sie wagte aber keine Erwieder­ung und von da an wurden die Blumensendungen eingestellt, wenn auch die gute alle Dame die Mitteilung in weniger schroffer Weise bestellt hatte.

Nach zwei Monate» war Frau Orme endlich so weit hergestellt, daß sie mit Erlaubnis des Arztes täglich ausfahren durfte, doch hatte sie einen heftigen Husten zurückbehatten und einstwellen war an eine Wiederaufnahme ihres Berufs nicht ent­fernt zu denken. Je hartnäckiger der Husten sich zeigte, desto besorgter wurde der Arzt; er konstatierte eine freilich nicht bedeutende Lungenaffektion und riet dringend, für den Winter ein südlicheres Klima aufzusuchen. Frau Orme hatte hierüber noch keinen Entschluß gefaßt; der Gedanke, auf so lange Zeit ihrer Laufbahn ent­sagen zu sollen und hierdurch ihr Endziel wieder weiter hinausgeschoben zu sehen, war ihr ganz unerträglich und die Unsicherheit ihrer Zukunft wirke lähmend aufs ihren Gemütszustand und verzögert« ihre Genesung.

(Fortsetzung f.l*.)