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M 93. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 67. Jahrgang
Erscheint Dien r ta g, Donnerrtaz und Samktag. Die Ginrückung-gebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg- die Aeile, sonst 1 L Pfg.
Dienstag, den 9. August 1892.
Abennemintiprei» »tertkljShilich in der Statt »0 Pfg. UN» 2» Pfg. Trigerlohn, durch dir Post bezogen Mt. 1. 1b, sonst in ganz Württemberg Ml. 1. »b.
Amtliche Bekanntmachungen.
Calw.
Bekanntmachung,
betreffend die Unterstützung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften.
Nach dem am 1. Juli ds. Js. in Kraft getretenen Reichsgesetz vom 10. Mai ds. Js., betreffend die Unterstützung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften (Reichsgesetzblatt S. 661) erhalten die Familien der aus der Reserve, Landwehr oder Seewehr zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften und ebenso die Familien der aus der Ersatzreserve für die 2. oder 3. Uebung einberufenen Mannschaften auf Verlangen aus öffentlichen Mitteln Unterstützungen, vorausgesetzt, daß der Uebungspflichtige nicht zu denjenigen Reichs-, Staatsoder Kommunalbeamten gehört, welchen zufolge Z 66 Abs. 2 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichsgesetzblatt S. 45) in der Zeit der Einberufung zum Militärdienste ihr persönliches Diensteinkommen gewahrt ist.
1) Auf die hienach zu gewährenden Unterstützungen haben Anspruch:
a) die Ehefrau des Einberufenen und dessen eheliche und den ehelichen gesetzlich gleichstehende Kinder unter 15 Jahren, sowie
b) dessen Kinder über 15 Jahre, Verwandte in aufsteigender Linie (Eltern, Großeltern rc.) und Geschwister, insofern sie von ihm unterhalten wurden oder das Unterhaltungsbedürfnis erst nach erfolgtem Diensteintritt desselben hervorgetreten ist.
Unter den 8ud b bezeichnet«» Voraussetzungen kann den Verwandten der Ehefrau in aufsteigender Linie (Eltern, Großeltern rc.) und ihren Kindern aus früherer Ehe eine Unterstützung gewährt werden.
Entfernteren Verwandten, geschiedenen Ehefrauen und unehelichen Kindern steht ein solcher Unterstützungsanspruch nicht zu.
2) Die täglichen Unterstützungen betragen
u) für die Ehefrau dreißig Prozent des ortsüblichen Tagelohns für erwachsene männliche Arbeiter am Aufenthaltsorte des Einberufenen (2 °^),
d) für jede der sonst unterstützungsberechtigten Personen zehn Prozent des ortsüblichen Tagelohns für erwachsene männliche Arbeiter am Aufenthaltsorte des Einberufenen mit der Maßgabe, daß der Gesammtbetrag der Unterstützung sechzig Prozent des Betrags des ortsüblichen Taglohns nicht übersteigt.
3) Der Anspruch auf Unterstützung ist bei der Gemeindebehörde desjenigen Orts anzubringen, an welchem der Unterstützungsberechtigte — das ist die Familie des Einberufenen, nicht der letztere selbst — zur Zeit des Beginns des Unterstützungsanspruchs seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, und erlischt, wenn solches nicht binnen vier Wochen nach Beendigung der Uebung geschieht. Die Anmeldung hat durch den Einberufenen oder diejenige Person zu geschehen, welcher in seiner Abwesenheit die Fürsorge für die Familie obliegt. Auch kann die Anmeldung durch den Unterstützungsberechtigten erfolgen.
4) Nach Z 6 des Gesetzes vom 10. Mai ds. Js. sind auch für die ganz oder theilweise in
der Zeit vom 1. April bis 1. Juli 1892 abgeleisteten Uebungen nachträglich Unterstützungen zu gewähren, sofern der Anspruch innerhalb einer Frist von 4 Wochen bei der Gemeindebehörde angemeldet wird. Die Frist beginnt, wenn die Uebung vor dem 1. Juli 1892 bereits beendet war, mit dem 1. Juli 1892, andernfalls mit dem Tage der Beendigung der Uebung.
Indem die Herren Ortsvorsteher auf dieses Gesetz, die Ausführungsvorschriften des Bundesrats vom 2. Juni 1892 (R.-G.-BI. S. 668) und den Erlaß des K. Ministeriums des Innern vom 25. Juni ds. Js. (Min.-A.-Bl. S. 205) hiemit besonders aufmerksam gemacht werden, werden dieselben unter Hinweis auf Ziffer VII des genannten Ministerialerlasses angewiesen, nachdrücklich darauf hinzuwirken, dast in den Gemeinden, mit Ausnahme der Oberamtsstadt, die Ausbezahlung der Unterstützungen vorschustweise für Rechnung des Lieferungsverbands (Oberamtsbezirk) aus der Gemeindepflege bewirkt wird.
Das zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 10. Mai ds. Js. nach Reichsgesetzblatt S. 671 vorgeschriebene Formular ^ „Empfangsbescheinigung über Familien-Unterstützung" wird den Schultheißenämtern von hier aus zugesandt werden.
Den 4. August 1892.
K. Oberamt.
Schüller, stv. Amtmann.
Ergebnis der Farrenscha«
im Jahr 1892.
Bei Vornahme der ordentliche» Farrenscha»
Vl. Nachdruck verbat«».
Dolorosa.
Roman von A. Wilson. Deutsch von A. Geisel.
(Fortsetzung.)
XIII. Kapitel.
Im Gegensatz zu der Wirklichkeit waren Negina's Träume rosig, und als sie endlich, nach langem, erquickendem Schlafe die Augen aufschlug, lag ein Abglanz traumhaften Glücks auf ihrem lieblichen Gesichtchen. Verwundert blickte sie sich in dem fremden Raum, den eine mattbrennende, mit dunkelrotem Schleier verhängte Gaslampe erhellte, um; am Fenster saß eine Dame, deren Gesicht sie nicht erkennen konnte, als Regina sich indes aufrichtete, wandte sich Olga rasch nach ihr um und sagte herzlich:
„Nun, hoffentlich hat der lange Schlaf Sie erfrischt!"
Regina hatte sich inzwischen auf die Erlebnisse der letzten Stunden besonnen ; sie beantwortete Olga's Frage mit einem dankbaren Lächeln und warf dabei eben so bewundernde wie erstaunte Blicke auf die Erscheinung der jungen Dame. Olga war in geschmackvoller eleganter Abend-Toilette; das ausgeschnittene Kleid von helllauem Atlas brachte den wundervollen Nacken, den eine Perlenschnur umschloß, zur vollen Geltung; die vollen weißen Arme waren von tadelloser Form und breite goldene Bracelets legten sich um die zarten Handgelenke. Das üppige Haar fiel in schweren Locken tief über den weißen Nacken herab; ein juwelenbesetzter Kamm nahm die Locken von der Stirn zurück und die glänzende Atlasschleppe floß über den Teppich und rauschte und knisterte bei jeder Bewegung der Trägerin.
„Nun, Regina — gefalle ich Ihnen?" fragte Olga lächelnd; die offene Bewunderung in den Blicken des jungen Mädchens machte ihr Spaß.
„Das will ich meinen," rief Regina eifrig.
„Sie sehen prächtig aus und Ihr Kleid ist wunderschön. Gehen Sie auf einen Ball?"
„Nein, zu einem Rout — es ist ein Massenempfang", bei welchem die Eingeladenen sich gegenseitig tot drücken und jeder Einzelne gern mit einem Hering tauschen würde, denn im Heringsfaß ist entschieden mehr Raum, als heute Abend in den Empfangssälen."
„Und Ihre schöne lange Schleppe?" fragte Regina bestürzt.
„O, meine Schleppe ist schon darauf gefaßt, mit zahllosen Absätzen und Sporen in Kollision zu geraten und zerrissen und zerfetzt heimzukehren," lachte Olga.
„Wie schade."
„Sie sind ein seltsames Kind, Regina," meinte Olga kopfschüttelnd; „Sie verschwenden Ihr Mitleid an meine Toilette und fragen gar nicht darnach, ob ich selbst in dem Gedränge nicht zu Schaden komme. Wer bürgt Ihnen dafür, daß ich nicht platt gedrückt werde, Regina?"
„O, ich denke, Sie werden schon für sich selbst zu sorgen wissen," neckte Regina.
„Meinen Sie, Sie undankbarer Backfisch? Nun. ich will großmütig sein und in erster Linie für Sie sorgen! Bitte, stehen Sie auf und setzen Sie sich hier an dm Tisch, wo Ihrer ein lukullisches Mahl wartet, sollte dasselbe nicht mehr heiß sein, so bedenken Sie gütigst, daß man, wenn man bis 8 Uhr Abends schläft, eigentlich ein eiskaltes verdient! Ah — da tönt die Glocke — der Wagen wartet und ich muß fort."
Olga schwebte hinaus und Regina verzehrte das Diner, welches ihr köstlich mundete. Bald darauf erschien Hettie und während sie die zierlichen silbernen Schüsseln und die feinen Porzellanteller abräumte, sagte sie:
„Fräulein Olga hat mir befohlen, ich solle Regina das Haus zeigen; ich habe in allen Zimmern die Lampen angezündet und das Fräulein können sich nach Belieben Umsehen."
Regina war sogleich bereit; sie folgte Hettie ins untere Stockwerk und be-