der Sonntagsbesucher leiden. Aber sonst wäre denn doch eine Bahn wegen der größeren Zugänglichkeit dem Orte von großem Vorteil. Es ist nicht Jeder­manns Sache, einen Mietkutscher zu nehmen, und Viele fürchten den Postwagen. Gienge ein Wagen statt von Neuenbürg von Höfen nachmittags herüber, morgens hinüber ins Enzthal, so wäre das eine Wohlthat, denn der Weg ist kürzer And angenehmer, als von Neuenbürg.

Stuttgart, 7. Juli. Persönliche Verehrer und dankbare Anhänger des Fürsten Bismarck aus Württemberg werden am nächsten Sonntag, 10. Juli, mittags 2 Uhr, dem Altreichskanzler in Kissingen eine gemeinschaftliche Huldigung dar­bringen. Fürst Bismark hat seine Bereitwilligkeit zur Annahme des Besuchs erklärt. Die Teilnehmer fahren Sonntag früh 5 Uhr 10 Min. ab Heilbronn in be­sonderen Wagen 3. Klasse. Ankunft in Kissingen 12 Uhr 5 Min. Die Rückfahrt kann am gleichen Tage 3 Uhr 50 Min. Nachm, angetreten werden, so daß die Ankunft in Heilbronn 8 Uhr 9 Min., in Stuttgart 9 Uhr 15 Min. erfolgen kann. Die Teil­nehmer aus Stuttgart und dem Lande, welche keine Frühzugsverbindung mit Heilbronn haben, versammeln sich Samstag Abend in Heilbronn und nehmen dort Nachtquartier. Abfahrt in Stuttgart Abends 6 Uhr. Anmeldungen für die gemeinsame Eisenbahnfahrt am Sonntag sowohl als für das Uebernachten in Heil­bronn sind an Adolf Schiedmayer, Stuttgart (Neckarstr. 16) spätens bis Samstag früh zu richten. Die er­mäßigten Fahrkarten Heilbronn-Kissingen werden in Heilbronn abgegeben.

Stutgart. Am Montag wird hier die Rat­hausplatzfrage entschieden. Die Sitzung ist eine öffen- liche und beginnt vormittags 8 Uhr. Anläßlich des in Reutlingen stattfindenden allgemeinen Liederfestes des Schwab. Sängerbundes werden am 10. und 11. Juli mehrere außerordentliche Per­sonenzüge von Stuttgart und von anderen Richtungen nach Reutlingen ausgeführt werden.

Stuttgart. Hagenbecks zoologische Arena. Der von Hofwerkmeister Hangleiter erbaute Zirkus auf dem Diarienplatz wird noch in diesem Monate eingeweiht werden. Am 27. Juli wird nämlich das neueste Unternehmen Karl Hagen­becks, die zoologische Arena, die gegenwärtig in München ist, hier eintreffen. Die Tiere werden in einem großen Käfig, der den ganzen Raum der Zirkusmanege einnimmt, vorgeführt.

Cannstatt, 6. Juli. Der Schuhmacher Jakob Dorn hier (von Riedrich), welcher, wie mitgeteilt, am 2. d. M. seinem I V» Jahre alten Kinde die Hals­schlagader durchschnitten hat, befindet sich zwar noch wegen Mordes in Untersuchungshaft beim K. Amtsgericht hier; es ist aber anzunehmen, daß ein Strafverfahren gegen denselben nicht eingeleitet wer­den vielmehr die That als in geistesgestörtem Zustande verübt zu betrachten sein wird. Schon 8 Tage vor

der That soll Dorn dasselbe Kind, das er wie die andern sonst liebevoll behandelte, gewürgt haben, und läßt schon sein Verhalten in letzter Zeit wohl einen sicheren Schluß auf Geistesstörung zu. Auch bei der Sektion des Kindes benahm sich Dorn wie geistesab­wesend und konnte sich nur zu der Erklärung ver­stehen, daß das verstorbene Kind sein eigenes sei; von der That selbst will er aber nichts wissen.

Ludwigsburg, 5. Juli. Die Kais er - parade wird nach einer Mitteilung des General­kommandos am 20. September auf dom Felde zwischen Pflugfelden und Stammheim, südöstlich von Ludwigs­burg, abgehalten. Um diese Zeit wird in unserem Bezirk eine gewaltige Truppenanhäufung stattfinden, da auch 2900 Badenser hier einquartiert werden. Etwa 89000 Soldaten wird voraussichtlich unsere Stadt in dieser Zeit beherbergen. Auch die Landorte werden starke Einquartierung erhalten. Bei schlechter Witterung während des Biwaks sollenenge Quar­tiere" bezogen werden.

Rommelshausen, 5. Juli. Daß man mit dem beim Bespritzen der Reben angewendeten Kupfervitriol vorsichtig sein muß, beweist der kürz­lich hier sich ereignete Vorfall, nach welchem ein Wein­gärtner durch den Genuß seines Vesperbrotes, das in einem etliche Zeit vorher mit Kupfervitriol gefüllten Säckchen aufbewahrt war, in einen solchen bewußtlosen Zustand verfiel, daß nur durch rasche Hilfe des Arztes und Anwendung der Magenpumpe weitere Gefahr verhütet wurde.

Mundelsheim, 6. Juli. Nach dem Bott- warthalboten hat in unserem Nachbarorte Hessig­heim ein Weingärtner, welcher voriges Jahr 180 aus seinem Herbst gelöst hat, seinen heurigen Herbst­ertrag schon jetzt um 300 ^ verkauft.

Brackenheim, 5. Juli. Vergangenen Don­nerstag gingen zwei Brüder im Alter von 13 und 9 Jahren auf den Heuchelberg, um Kirschen zu pflücken. Während der Jüngere m einem tieferen Graben die von den Vögeln abgehackten Kirschen zusammenlesen wollte, spielte der Aeltere oben am Rain mit Steinen und ließ unabsichtlich einen größeren Stein den Rain hmabrollen, welcher den jüngeren Bruder, der zufällig sich bückte, so schwer an den Kopf traf, daß die Hirn­schale verletzt wurde und derselbe trotz erfolgter Operation heute im Krankenhaus verstarb.

Lauffen, 2. Juli. Dem Württ. Portland­zementwerk dahier ist zufolge Erlasses des Kgl. Ministeriums des Innern, Abteilung für Straßen- und Wasserbauten, die Lieferung des Port­landzementes (ca. 110 Doppelwagen) für die Pfeilerbauten der neuen Neckarbrücke zwischen Berg und Cannstatt übertragen worden.

Heidenheim, 5. Juli. Ein hiesiges lOjähr., armes Mädchen, dem infolge einer Krankheit der Fuß abgenommen werden mußte und das jetzt einen Stelzfuß trägt, warf am 2. Juli in das vorüber­

fahrende Gefährt des Königs einen Blumenstrauß mit einem Brieflein. Alsbald ließ der König halten, erkundigte sich mit freundlichen Worten nach den Ver­hältnissen der Familie des Mädchens und ließ ihr am Schluß ein Geschenk mit 20 überreichen. Das Mädchen ist das Kind einer Witwe mit 6 Kindern, die ihren Mann, der hier Telegraphenbote war, vor einigen Jahren durch einen Unglücksfall verlor.

Oehringen, 5. Juli. Gestern Nachmittag von V>b Uhr an entluden sich rasch nacheinander 2 schwere Gewitter, welche das eine begleitet von einer Masse Schlossen gewaltige Wassermengen ausschütteten; doch trat kein Hagelschaden ein. Mit der Heuernte ist man außerordentlich zufrieden.

Ravensburg, 6. Juli. Die seit 8 Tagen stattfindende Vormufterung des Pferde st andes unseres Bezirkes bringt viel Leben in die Stadt. In der Pferdezucht nimmt bekanntlich im hiesigen Bezirk die nahe Gemeinde Berg die erste Stelle ein. Unter den Oekonomen ist man mit der Wahl des Zeitpunktes dieser Pferdemusterung nicht zufrieden. Der Land­mann ist zur Zeit streng beschäftigt; Heu und Reps­ernte und weitere dringende Arbeiten nehmen ihn sehr in Anspruch und nun soll er selbst und bei mehreren Pferden auch noch der Sohn bezw. Knechte mit sämmt- lichen Pferden in die Bezirksstadt. Die Vormusterung könnte vielleicht auch auf eine frühere oder spätere Zeit, wo der Landmann nicht gestört und benachteiligt wird, anberaumt werden..

Essen, 5. Juli. Nach derRh.-Westf. Zeitung" hat das Oberlandesgericht in Hamm zwar die Erhebung der Anklage gegen den Geh. Kommerzienrat Baare in Sachen der Bochumer Stempelfälschung abgelehnt; dagegen wurde die An­klage gegen zwei Beamte (Grimme und Bering) des Bochumer Vereins, welche das Landgericht Essen ebenfalls abgelehnt hatte, aufrecht erhalten. Der Stempelfälschungsprozeß gegen Rosenthal und Ge­nossen soll am 25. Juli vor der Essener Strafkammer beginnen.

Hamburg, 4. Juli. In der vorigen Nacht fuhr ein Blitzstrahl in das eben vollbesetzte größte Nachtcafs Hamburgs, Cafs Nowak, durchschlug die Zimmerdecke und richtete vielen Schaden an. Die Menge erhob ein großes Geschrei und stob im Ge­dränge auseinander, obwohl der Blitz nicht gezündet hatte. Zum Glück ging der Tumult ohne ernste Ver­letzungen ab.

Wilhelmshafen, 5. Juli. Nach neueren Anordnungen kehrt der Kaiser schon am 26. Juli zurück.

Berlin, 5. Juli. DasMilitär-Wochenblatt" meldet: Generalfeldmarschall Blumenthal ist als Ge­neralinspekteur von der 4. zur 3. Armee-Inspektion versetzt, dem Prinzen Leopold von Bayern die Stellung eines Generalinspekteurs der 4. Armee-Inspektion übertragen. (Die

Publikum ahnte nicht, daß die Kunst nichts mit dieser ergreifenden Scene zu thun hatte. Der Anblick des Gatten nach 13 langen, bangen Jahren des Kummers und Grams überwältigte Minnie Merle und das gebrochene, schluchzende Weib dort auf der Bühne dachte in diesem Augenblick nicht an Anny Robsart's Schmerz es war ihr eigenes Schicksal, welches sie so völlig fassungslos erscheinen ließ! . . .

Der Vorhang fiel und ein tobender Beifallssturm lohnte der Künstlerin, wel­che nur zögernd nochmals erschien, um die reichen Blumenspenden, mit denen man sie überschüttete, in Empfang zu nehmen und sich dankend zu verneigen. Von all den duftenden Bouquets, die ihr zuflogen, hatte nur ein kleiner Veilchenstrauß Minnie's Blick als willkommenes Symbol begrüßt; die Veilchen gemahnten sie an Regina, deren Briefchen die gleichen Blumen beigesügt gewesen und den Strauß an die Lippen fügend, flüsterte die arme Mutter leise:

Meine Regina mein Liebling Gott erhalte Dich mir!"

Das Stück nahm seinen Fortgang; es folgten die Kämpfe zwischen Leicester und Sussex und schließlich die leidenschaftliche Scene zwischen Anny und Varney, in welcher der Letztere Anny mitteilt, Leicester habe besohlen, sie solle als seine, Varney's Gattin nach Kenilworth reisen. Wie mit einem Schlage waren Anny'S Ergebenheit und Sanftmut abgestreift; das tiefbeleidigte, in seinen heiligsten Rechten gekränkte Weib dominierte und mit blitzenden Augen ruft sie ihrer Vertrauten zu- Sieh' ihn an, Johanna höre, was er sagt! Ich soll mit ihm nach Kenilworth gehen und ihn in Gegenwart nicht nur der Königin und des ganzen Hofes, sondern auch der meines teuren rechtmäßigen Eheherrn als meinen Gatten behandeln! Ha, es ist zum Totlachen ein Diener, ein kriechender Lakai mein Gatte! Aus meinen Augen. Elender o, daß ich ein Mann wäre, um Dich züchtigen zu können, wie Du es verdienst! Hinaus!"

Hochaufgerichtet, mit flammendem Blick, die Hand drohend gegen die Loge, i» welcher der Gesandte mit seinen Gästen saß, erhoben, zischte sie Varney, der gp

rade unter der Loge stand, die Worte zu und als er sich zerknirscht zurückzog, schloß sie mit den Worten ihrer Rolle:

»Ja, gehe nur und sage Deinem Herrn, ich wolle mich bestreben, es ihm nachzuthun! Vielleicht gelingt es mir, gleich ihm, mein Gelübde zu vergessen, meine Ehre durch den Kot zu schleifen und ihm einen Nebenbuhler zu geben, einen besseren Lehrmeister kann ich mir fürwahr nicht wünschen!"

Wie von einem Schlage getroffen, taumelte Robert Douglas zurück; nicht daß ihm eine Ahnung gekommen wäre, daß die königliche Erscheinung dort auf der Bühne identisch sei mit dem kleinen unbedeutenden kindlichen Geschöpf, welches er vor 13 Jahren geheiratet und dann schnöde verlassen, aber sein Gewissen war er­schüttert und atemlos vor Angst und Entsetzen starrte er auf die Scene.

Jetzt folgte die Wanderung des verstoßenen Weibes nach Kenilworth; in Bettlergewänder gehüllt hat Anny unerkannt das stolze Schloß erreicht, welches sie als Herrin zu betreten noch immer gehofft hatte und in welchem jetzt Leicester die große Königin begrüßt. Auf der Schwelle des Hauses stehend, dessen Herrin zu sein ihr verwehrt wurde, blickte Anny traumverloren empor zu der Loge, wo Rodert Douglas in unbeschreiblicher Auflegung saß und murmelte:Ich gab ihm Alles, was ein Weib zu geben hat Namen und Ehre, Herz und Hand schwor ich ihm zu vor Gottes heiligem Altar und Englands Königin konnte ihm nicht mehr und nichts Besseres geben-Er ist mein Gatte ich bin sein Weib ich be­

gehre nur mein Recht und was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!"

Ein Beifallssturm, wie nur das heißblütige Volk an der Seine ihn spenden kann, durchraste das Haus; langsam, fast ängstlich ließ die Verlassene ihre Blicke über das enthusiasmirte Publikum gleiten und dann hüllte sie sich in ihren Mantel und verschwand.

(Fortsetzung folgt.)