Bekanntmachung.

Am Freitag, den 3. Juni d. Js., Morgens 8 Uhr, findet in Calw eine staatliche Bezirksrind­viehschau statt.

In Anoerrachi der Wichtigkeit diese: Schau werden die Landwirthe und sonstigen Interessenten nochmals dringend auf dieselbe aufmerksam gemacht.

Calw, 1. Juni 1892.

K. Oberamt.

Schönmann A.-V.

Die Ortsnorsteher

werden unter Hinweis auf den Erlaß des K. Mini­steriums des Innern, betreffend die Festsetzung der ortsüblichen Taglöhne gewöhnlicher Tagearbeiter, vom 17. Mai 1892 (Minist. Amtsbl. S. 141 ff.) angewiesen, nach den in diesem Erlaß ausgesprochenen Grundsätzen durch die Gemeinderatskollegien eine Revision der Festsetzungen der ortsüblichen Taglöhne vornehmen zu lasten und deren Ergebnis längstens binnen 14 Tagen anher zu berichten.

Für das Jahr 1892 ist bekanntlich der orts­übliche Taglohn für sämtliche Gemeinden des Ober­amtsbezirks in nachstehender Weise festgesetzt: für erwachsene männliche Arbeiter auf 2 ^ ^

weibliche 1 ^ 40 ^

jugendliche männliche 1 20

weibliche 90 -rZ

Calw, 1. Juni 1892.

K. Oberamt.

Schönmann A.-V.

Tages-Ueuigkeiten.

Calw. Zu der Monatsversammlung des ev. Männervereins, welche Dienstag, den 31. Mai, im Dreiß'schen Saal gehalten worden ist, hatte sich dieses Mal der Begründer des ersten ev. Arbeitervereins in Württemberg, Herr Stadtpfarrer Traub von Stuttgart, früher in Schramberg, ein­gefunden, um über die Anschauungen und Ziele der ev. Arbeitervereine Rechenschaft zu geben. Redner schickte einige geschichtliche Notizen über Entstehung und Ausbreitung dieser Vereine voraus, sowie die doppelte Erklärung, daß er nicht im Namen irgend einer der bestehenden Parteien rede, und daß die Ev. Arbeiter­vereine die Berechtigung einer Arbeiterbewegung an­erkennen. Mit der Sozialdemokratie sei ein Zusam­mengehen unmöglich wegen ihrer Religions- und Christentumsfeindschaft, welche oft abgeleugnet doch unleugbar sei, wie Redner durch Beispiele aus der sozialdemokratischen Presse und Litteratur nach­wies. Die Evang. Arbeitervereine dagegen halten das evangelische Christentum hoch und wissen die Haupteinwände der Gegner (die Religion sei Aus­druck der jeweiligen Produktionsweise, das Christen­tum bestehe nicht vor der Wissenschaft) wohl abzu­wehren. Dabei meinen sie aber nicht das Christen­tum allein oder die Kirche allein könne eine Besse- ! rung in den sozialen Verhältnissen herbeiführen, wie ^

sie auch dagegen protestieren, daß Leute, welche selbst nichts glauben, dem Volk dir Religion angepriesen und erhalten haben wollen. Weiterhin legte Redner dar, wie es auch mit der Vaterlandsliebe der inter­nationalen und revolutionären Sozialdemokratie trotz mancher erfreulicher lautenden Aussprüche (z. B. in der Abhandlung der Berliner Arbeiterbibliothekder Mythus von der Begründung des deutschen Reichs") nicht richtig bestellt sei, und die Untergrabung jeder Autorität (woneben die sozialdemokratischen Führer selbst eine gewaltige Autorität für sich in Anspruch nehmen) sich bitter rächen werde. Für die Evang. Arbeitervereine dagegen gelte der Satz: Ein deutscher Arbeiter muß sein deutsches Vaterland lieb haben. Am eingehendsten behandelte Redner endlich die Stell­ung der Ev. Arbeitervereine im Sozialen im engeren Sinne. Sie erkennen die großen Mißstände der heutigen Gesellschaftsordnung, die geschichtlich gewor­den und keineswegs so christlich sei, wie man da und dort meine, offen an (Mammonismus, Kapitalsan­häufung in wenigen Händen, Arbeitslosigkeit, Plan­losigkeit der Produktion, Mangel an Kaufkraft, die Steuerhinterziehungen u. s. f.) und gehen gerne mit jedem, der ihnen einen gesetzmäßigen Weg zur Abhilfe zeigt. Auch im II. Teil des soz.-demokr. Programms finde sich manche sehr der Erwägung werte Forderung, wie man sich überhaupt abgewöhnen solle, zu meinen, eine Forderung sei schon deßhalb eine verwerfliche, weil sie eine soz.-demokratische sei. MehrSozialis­mus" in gutem Sinn thue uns not. Zwar müssen die Ev. Arbeitervereine viele der soz.-dem. Forderungen fürzunächst" ganz abweisen und die Art und Weise, wie die Sozialdemokratie den Leuten die glücklichste Zukunft vormalt (während sie im selben Athemzug erklärt, man könne nicht sagen, wie es kommen werde) ver­werfen. Ein Hauptunterschied der ev. Arbeitervereine von der Sozialdemokratie liege ganz besonders darin, daß elftere alle Forderungen stellen und Verbesser­ungen für die Lage des Arbeiterstands haben wollen, einfach, damit es dem Arbeiter besser gehe, während der Sozialdemokratie alle für den Arbeiter errungenen und zu erringenden Besserungen seiner Lage nur als Agitationsmittel gelten und Lockspeise für die Massen, sowie als den andern Klassenab­getrotzt" zur Stärkung für den letzten Kampf. Redner erläutert und begründet sodann, inwiefern kürzere Arbeitszeit, Abhilfe in der Wohnungsfrage, ange­messener Lohn, volle Geltung und eigene Vertretung des Arbeiterstandes im öffentlichen und gesellschaft­lichen Leben, vollständig berechtigte Ziele seien. Man solle auch nicht immer mit der Ausrede kommen, es geht eben nicht. Was recht und billig sei, müsse gehen, und wo ein guter Wille sei, sei auch ein Weg. Da­neben zeigt er, wie lange nicht Alles auf die Höhe des Lohnes u. s. f. ankomme, sondern besonders auch auf die Behandlung und Achtung des Arbeiters. Reicher Beifall belohnte den Redner, welcher mit eingehendster Sachkenntnis und begeistertem Interesse seinen Gegenstand behandelt hatte. Ein aus Mit- j gliedern des Vereins rasch zusammengestellter Sänger- ^ chor trug durch seine Vorträge mit zur Verschönerung

Aber, mein Gott, wen stellt denn das Bild dar?" rief aufgeregt, ahnungvoll Graf Fabrik.

Wen? Nun, mein Weib!"

Ihr Weib?" rief der Graf und sah Campella überrascht, befremdet an. Waren Sie verheiratet? Ich wußte das nicht."

Es misten das wohl auch Wenige," entgegnete Campella düster,doch bitte, Herr Graf, nehmen Sie Platz." Er wies auf einen Stuhl.Vielleicht haben Sie Zeit, meine kurze, traurige Ehegeschichte zu hören und es gereicht Ihnen zur Be­ruhigung," setzte er mit einem leisen Anflug von Malice hinzu,zu erfahren, daß ich bereits vor fünfundzwanzig Jahren verheiratet gewesen bin und dieses theure Bild damals von mir selbst gemalt worden ist."

Vor fünfundzwanzig Jahren! wiederholte Graf Fabie.Wie ist das möglich ?" Er überflog die schlanke Gestalt Campella's mit prüfenden Blicken.Sie müssen doch damals fast ein Knabe gewesen sein."

Wenn auch das nicht, so doch ein Jüngling von zweiundzwanzig Jahren, der sich als junger Künstler sterblich in dieses holdselige Original verliebte, besten Portrait zu malen ihm übertragen worden. Sie müssen wissen," setzte er erklärend hinzu,daß die Musik erst später meine Freundin wurde, als ich in meinem grenzen­losen Schmerz mehr Trost im Reiche der Töne, als in den stummen Farben der Palette fand. Genug, ich malte das Portrait der Geliebten und verliebte mich da­bei in das Original. Auf die Zustimmung der Eltern konnte der arme Künstler zu einer Verbindung mit ihr nicht rechnen da überredete ich sie, die meine Leidenschaft erwiderte, zu einem heimlichen Bündnis. Ein Schritt, den man bei reiferen Jahren entweder unterläßt, oder mit allen seinen Consequenzen in Überlegung zieht, ehe man «in geliebtes Wesen in den ungewohnten Kampf ums Dasein mit hinein zieht. Ich sollt« diese» l«ichtsinnigen Jugendstreich mit der Reue eines ganzen Leben» heimzahlen!

des Abends bei. Die gestrige Zusammenkunft gehört wohl zu den anregendsten, welche der Männerverein in der noch kurzen Zeit seines Bestehens gehabt hat.

Hl Deckenpfronn, 30. Mai. Letzten Sonntag beehrte uns der Liederkranz von Wild­berg mit einem Besuche und nahm sein L-uartier im Hirsch, woselbst sich nachmittags 3 Uhr bis abends 8 Uhr auch der hiesige Liederkranz vollzählig einfand und seinen Wildberger Sangesbrüdern Gesellschaft leistete. In schönem Wettgesang von beiden Vereinen folgte ein Männerchor dem andern und legte Zeugnis ab von dem Fleiß und Eifer sämtlicher Mitglieder, sowie von ihrer willigen und freudigen, aber auch er­folgreichen Hingabe an die schöne Pflege des Männer­gesangs. Nur zu schnell verliefen die Stunden schöner Harmonw, die nicht nur den Vereinen selbst, sondern auch den zahlreich anwesenden passiven Mitgliedern einen edlen Genuß bereiteten. Die gemeinsam ge­sungenen Lieder wirkten wirklich erhebend für Sänger und Zuhörer. Nach einem herzlichen Lebewohl und aufs Wiedersehen schieden die Wildberger Sänger und Sangesfreunde von uns mit dem Bewußtsein einige schöne Stunden bei uns erlebt zu haben.

Gültlingen,31. Mai. Am 27. Mai kam m Holzbronn ein Darlehenskassenverein zustande,, welchem 35 Bürger sogleich beitraten. Nachdem auf Anregung des Ortsgeistlichen mehrere Vorbesprechungen stattgefunden, kam an genanntem Tage Hr. Pfarrer a. D. Schmid-Sonneck von Stuttgart nach Holzbronn und hielt einen Vortrag über die anderwärts mit Darlehenskassen gemachten Erfahrungen. Bei der Gründung half derselbe gleichfalls bereitwillig mit... Von der K. Centralstelle f. Landwirtschaft steht ein Beitrag zu den Einrichtungskosten in der Höhe von 50 in Aussicht. Möge der junge Verein das Ziel erreichen, das er sich gesteckt: der stetigen Ver­armung des bäuerlichen Mittelstands in seinem Teile zu wehren.

Neuenbürg, 30. Mai. Am Himmelfahrts­fest fand morgens zwischen 3 und 4 Uhr eine kräftige Schlägerei im Langenbrander Walde zwischen Neuen­bürger und Langenbrander Burschen statt, wobei eine Anzahl der ersteren mehr oder weniger erhebliche Ver­letzungen davontrug. Ein Teil der Langenbrander wurde an das K. Amtsgericht eingeliefert und dort verhaftet. Staatsanz.

Leonberg, 28. Mai. Heute früh zwischen 6 und 7 Uhr brach in Heimsheim ein Brand aus, welcher glücklicherweise trotz derzeitiger großer Trockenheit nur eine Scheuer in Asche legte. Gestern und heute steigerte sich hier die Hitze auf 25° L. im Schatten. Das ist Wetter für den Weinstock!

Schnaith i. Remsthal, 30. Mai. Gestern gelangten in den besseren Lagen die Trauben zur Blüte.

Stuttgart, 31. Mai. Der Besuch des Prinzregenten von Bayern. Trotz der gerade­zu sommerlich schwülen Witterung hatten sich gestern nachmittag wiederum mehrere Tausend Personen vor

Nachdem wir uns in England hatten trauen lassen, waren wir, um den Späher­augen ihrer bohen Verwandten zu entgehen, nach Italien geflohen, das meine zweite Heimat geworden. Sie sehen mich erstaunt an.

Sie glauben, ich bin Jtalimer von Geburt. Nein, ich bin es nicht, wenigstens nur von mütterlicher Seite; mein Vater war Musikdirektor in Prag und erst nach meiner Verheiratung gab ich den Namen meines Vaters auf und nahm den meiner Mutter an.

Wir ließen uns in Mailand nieder. Ich besaß ein kleines Vermögen, das mir nach dem frühzeitigen Tode meiner Eltern zugefallen war, und einen sorglosen Geist, der das Rechnen nicht verstand. Um meiner jungen Frau den Abstand zwischen den glänzenden Verhältnissen, in denen sie bisher gelebt, und meinen bescheidenen nicht zu fühlbar zu machen, mietete ich eine Villa, in welcher ich sie mit all dem Comfort zu umgeben suchte, an den sie gewöhnt war. Daß hierbei der größte Teil meines Vermögens aufging, zog ich nicht weiter in Überlegung und rechnete auf mein Talent, welche» die Existenzfrage sichern sollte. Ich malte in dem paradiesischen Stillleben, da« wir in strenger Zurückgezogenheit führten, viel und beschickte mit meinen Bildern die Ausstellung oder sandte sie Kunsthändlern zum Verkaufe zu. Inzwischen hatte die Geburt eines TöchterchenS unser Glück vervollständigt, uns «ber­auch manche erneute Ausgaben gebracht.

In den ersten Jahren unserer Ehe kamen die Gelder für meine Arbeiten- pünktlich ein, und ich gab mich der Hoffnung hin, daß es auch so bleiben würde.. Aber es blieb nicht so und die Sorge klopfte erst leise, dann immer lauter an unsere Thüre. Mein junges Weib litt am meisten unter diesem ungewohnten Kampfe ums Dasein, und oft fand ich sie neben dem Bettchen unseres Kinde» in Thränen. Sie brannten wie Feuer in meiner Seele und ich sann Tag und Nacht auf Abhilfe unserer Sorgen. (Forts, folgt.)