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bringung der erforderlichen Geldmittel an den Bundesrat und an das preußische Staatsministerium zu wenden. Nachdem die vom Reichskanzler damals gestellte Bedingung jetzt aber insofern erfüllt ist, als die Stadt Berlin wenigstens im Prinzip ihre that- kräftige Unterstützung zugesagt hat, ist es unbedingt notwendig, daß die Reichsregierung demnächst mit der bestimmten Erklärung hervortrete, im Laufe dieses Jahrhunderts noch eine Weltausstellung in Berlin veranstalten zu wollen. Denn eine Weltausstellung ist in erster Linie eine nationale und hochpolitische Angelegenheit; deshalb sind auch die Ausstellungen in London, Paris und Wien nicht aus der privaten Jnitative hervorgegangen; sondern regelmäßig durch einen Willensakt der Regierung in's Leben gerufen. Hält also die Reichsregierung zur Festigung des Ansehens des Deutschen Reiches und zur Förderung unserer industriellen Entwicklung die Veranstaltung einer deutschen Weltausstellung für geboten und erscheinen ihr die politischen Verhältnisse genügend sicher, um ein Werk so weitausschauender Natur in's Auge zu fassen, so muß sie möglichst bald mit einer amtlichen Meinungsäußerung dieser Art in die Oeffent- lichkeit treten.
Brüssel, 12. Mai. Wie aus Lüttich gemeldet wird, hat der verhaftete Anarchist Mathysen eingestanden, wo er sein Dynamit versteckt hatte; 50 Patronen wurden daselbst aufgefunden. Guillemot gestand, eine große Menge Dynamit in Esneux vergraben zu haben; 12 Kilo Dynamit wurden aufgefunden. Weitere Dynamitpatronen wurden aufgefunden in Wotter (15) und in Hallogne, sowie eine Partie Forcit in Agnesses.
Paris, 12. Mai. Die Polizei trifft unverhältnismäßige Maßregeln für das Begräbnis Verys. Die Papiere Hamonods wurden beschlagnahmt und unter Siegel gelegt. — In vergangener Nacht explodierte ein Waggon eines Güterzugs kurz vor der Ankunft auf dem Bahnhof Tournus. Der Zug wurde sofort zum Halten gebracht. Der Waggon ist in kleine Splitter zertrümmert. Die Explosion wurde herbeigeführt durch eine 3 Kilo wiegende Kiste, die an einen Schuhfabrikanten in Tournus adressiert war; was den Inhalt derselben bildete, ist unbekannt.
London, 11. Mai. Die Times meldet aus Alexandria: Der Kassier Jäger wurde in Begleitung einer Frauensperson durch den deutschen Konsul und die egyptische Polizei verhaftet. Jäger und die Frauensperson seien am 23. April in Suez eingetroffen, haben eine Woche in Kairo verbracht, in Ramleh trafen dieselben am 1. Mai unter dem Namen Randolfi ein. Jäger besuchte täglich die Börse in Alexandria. Die Feststellung der Identität wurde dadurch erschwert, oaß Jäger nach der Fotografie langes Haar und Bart trägt. Auf der Flucht ließ er den Bart abnehmen, und das Haar kurz schneiden. Im Augenblicke der Verhaftung zog Jäger einen !
Revolver, wurde jedoch entwaffnet. Im Gepäck wurden Bankbillets gefunden, die den größten Teil des entwendeten Betrages repräsentieren.
— Nach neueren Nachrichten sollen bei Iäger nur 500000 also noch nicht der dritte Teil des defraudierten Geldes vorgefunden worden sein und glaubt man schließen zu dürfen, daß Jäger noch weitere Mitwisser hat, bei denen er den Nest des Geldes einstweilen aufheben ließ. Man will ivissen, daß die polizeilichen Nachforschungen sich bereits nach dieser Richtung erstrecken und daß auch schon eine Spur entdeckt worden sei.
Chicago. Große Aufregung hat die Feststellung der Thatsache hervorgerufen, daß der seinerzeit wegen Ermordung des Dr. Cronin zum Tod verurteilte O'Sullivan gar nicht hingerichtet, sondern lausen gelassen worden ist, und daß man zur Täuschung den Leichnam eines im Gefängnis verstorbenen Sträflings beim Hinrichtungsakt mißbrauchte. Die Untersuchung stellte fest, daß der derzeitige Direktor des Gefängnisses, ein Irländer, O'Sullivan entschlüpfen ließ und einen falschen Totenschein ausstellte. Bis jetzt ist niemand aufgefunden, der bei der „Hinrichtung" zugegen war.
Portland (Oregon), 11. Mai. Reuter meldet: In einer Kohlengrube, die in der Grafschaft Washington belegen ist, fand eine Explosion statt, wodurch gegen 40 im vierten Schachte arbeitende Bergleute betroffen wurden. Sechs Leichen sollen bisher zu Tage gefördert sein.
Vermischtes.
— Zeitungs-Expeditionen machen sehr oft die unangenehme Erfahrung, daß gefälschte Anzeigen aufgegeben werden, ohne daß die Annahmestelle in der Lage ist, selbige auf ihre Echtheit zu prüfen. Nach einer erst kürzlich erfolgten Reichsgericht-Entscheidung ist nun erkannt worden, daß ein Anzeigen-Bestellzettel als eine Urkunde im Sinne des Gesetzes zu betrachten ist. Wer also eine gefälschte Anzeige aufgiebt, macht sich einer Urkundenfälschung schuldig. So wurde der Auftraggeber, der sich mit einer gefälschten Anzeige nur einen Scherz machen wollte, trotz Annahme mildernder Umstände wegen Urkundenfälschung zu einem Monat Gefängniß verurteilt.
— Die größte Zeitung der Welt befindet sich, nach der Schles. Z., unter den Beständen des Aachener Zeitungsmuseums. Es ist die im Jahre 1859 in Newyork erschienene „Jlluminated Quadruple Konstellation". Sie hat „Billardformat", ist 8 Fuß hoch und 6 Fuß breit. Diese Zeitung erschien am Tage der nordamerikanischen Unabhängigkeitsfeier; sie enthält 8 Seiten von je 13 Spalten, deren jede 48 Zoll hoch ist. Das Papier des Blattes, das alle 100 Jahre nur einmal erscheinen soll, ist sehr dauerhaft und stark; das Ries davon wiegt 3 Zentner. Vierzig Personen haben 8 Wochen unausgesetzt ge
arbeitet, um die erste Nummer zu Stande zu bringen. Sie kostete damals 50 Cents und wurde in 28 000 Exemplaren gedruckt, von denen heute wohl nur noch wenige vorhanden sein mögen. Der Text der Nummer, die auch sauber ausgeführte Holzschnitte enthält, könnte einen mäßigen Quartband füllen.
Ein streitbarer Pianist. Ueber einen Aufsehen erregenden Vorfall, der sich im New- Aorker „Ambergtheater" zugetragen hat, berichtet man der „M. Z." von ^rt: Der Pianist Arthur Fried heim versuchte beim"Abschiedsbenefiz für den gastierenden Direktor Emil Thomas aus Berlin ohne Billet ins Theater zu dringen. Vom Thürsteher Battenhausen wurde er an die Kasse verwiesen; er geriet in einen Wortwechsel mit Battenhausen, der in einen Kampf ausartete. Bald darauf stellten sich bei Battenhausen, der von seinem Angreifer befreit wurde, bedenkliche Schwächeanfälle ein. Man packte ihn in einen Wagen, um ihn in seine Wohnung zu schaffen. Zum Schrecken seiner Begleiter starb er aber unterwegs. Friedheim wurde verhaftet und des Totschlags angeklagt, gegen 7000 Dollars Bürgschaft aber freigegeben. Vor dem Richter gab er an, betrunken gewesen zu sein, leugnet aber den Thürsteher geschlagen zu haben. Battenhausen war der ruhigste Mensch von der Welt. New-Iork kennt ihn schon fünfzehn Jahre auf seinem Posten. Eine Ausschreitung von seiner Seite ist undenkbar. Aber er litt seit einiger Zeit an einem Herzübel, woran er auch gestorben ist. Dieser Umstand und anderweitige Bemühungen zu seiner Endschultigung werden Friedheim vermutlich retten, so daß er mit einer gelinden Strafe davon kommt. Ob er indessen hier noch weiter konzertieren kann, ist fraglich.
Standesamt Kalw.
Geborene:
11. Mai. Luise, T. d. August Sailer, Schmieds hier.
G etraute:
12. Mai. Adolf Flaig, Betriebsinspektionsasstslent u.
Ottilie Schmitz hier.
Gestorbene:
8. Mai. Jakob Friedrich Oesterlen, Kaufmann hier, 72 Jahre alt.
11. Mai. Johanne Sabine geb. Gakenheimer, Witwe des MorizVolz, gewcs. Postbriefträgers hier, 83 Jahre alt.
11. » Walther Wilhelm Gottlob Nufer, Sohn des
Wilhelm Nufer, Postsekretärs hier, K Wochen alt.
11. „ Christiane Pauline geb. Kißling, Witwe
des Heinrich Binder, gewes. Schlossers hier, 34 Jahre alt.
12. „ Johanne Marie geb. Schill, Witwe des
Johann Friedrich Schüttle, gewes. Schneiders hier, 68 Jahre alt.
Gottesdienst
am Sonntag, den 15. Mai.
Vom Turm: 17.
Vorm.-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr Nachm.-Predigt in der Kirche: Herr Stadtpfarrer Eytel.
Keine Wochengottesdienste.
Aampfwalzöetrieö.
Die Dampfstraßenwalze wird in der Woche vom 16. bis 21. Mai d. I. auf der Staatsstraße Nr. 102 von Hirsau nach Calw arbeiten.
Die Arbeitszeit dauert in der Regel von 6 Uhr morgens bis 7 Uhr abends.
Reitern, sowie den Lenkern von Fuhrwerken wird beim Vorübergehen an der Dampfwalze besondere Vorsicht empfohlen.
Calw, den 12. Mai 1892.
K. Straßenbau-Inspektion.
Fleischhauer.
Revier Stammheim.
Holz-Verkauf
. am Donner s- ttag, den 19. 4 Mai, vormittags 10 Uhr, (im Rößle zu ^ Stammheim aus Schleifberg,
Felsenweg, Hirschloch: an Nadelholz Rm: 19 Spalter, 64
Scheiter (mit viel Nutzholz), 19 Prügel, 160 Anbruch; Wellen 9110 geb., 200 ungeb. Zusammenkunft zum Vorzeigen vorm. 8 Uhr oben an der Herrschaftssteige.
Revier Liebenzell.
Wegsperre.
Die Finkensteige ist wegen Holzfällens im Staatswald Finkenberg bis auf Weiteres Werktags gesperrt.
Althengstett.
Lang- «n- Barchoh- VerLauf.
Dienstag, den 17. Mai d. I. vormittags 11 Uhr, kommen auf dem Rathaus aus den hies. Gemeindewaldungen Abteilung Kürloch, Schönbiegel, Eßlens- brunnen, obere Erlen und Steinlensberg in Loosen von ca. 5 bis 25 Fstm. zum Verkauf.
Langholz I. Klaffe 200 Festm.,
- H. . 410 „
. III. „ 325 .
KM'
Bauholz IV. Klasse 170 Festm.,
„ V. „ 60 „
Ausschußholz 35 „
Auszüge werden auf Bestellung abgegeben und das Holz auf Verlangen vorgezeigt.
Gemeinderat.
Festmeter, aus dem Stadtwald Dalching 98 Stämme mit 90,66 Festmeter.
Den 12. Mai 1892.
Waldmeister Haarer.
Privat-Arrzeigen.
Bau-Accord.
Die Verblendung und der Anstrich der Außenseiten des Waschhauses beim Armenhaus wird im Submissionsweg vergeben. Offerte sind nächsten Montag, den 16. Mai d. I., abends 6 Uhr einzureichen.
Der betr. Ueberschlag kann bei dem Unterzeichneten eingesehen werden.
Stadtbaumeister Kümmerte.
Wildberg.
Tannen -anghah- Verkanf.
Am Mittwoch, den 18. Mai, vormittags 11 Uhr, verkauft die Gemeinde auf hiesigem Rathaus
_iaus dem Stadtwald
Grabenwäldle 106 Stämme mit 117
Oüegerverein.
Montag, den 16. Mai 1892, bei Metzger Eßig.
Nächste Woche backt
Laugrnbrehrln
Ferdinand Engel.
Samstag und Sonntagmorgen
Lsägelvgvllliejl.
H. Wochele.
Geldgesuch.
Der Unterzeichnete sucht für einem Ortsangehörigen 300O ^ gegen 2fache Sicherheit, I. Hypotheke.
Röthenbach, den 12. Mai 1893.
Schultheiß Schwämmle.