der Vorstand der Basler den Stuttgartern einen wertvollen, künstlerisch ausgeführten Becher in Altsilber. Oberpostmeister Steidle dankte mit gerührten Worten. Engelmann widmete ein Gedicht aus dem Stegreis. Ein Basler toastierte auf Oberbürgermeister Dr. v. Hack, der die Basler begrüßt hatte. Am Sonntag wurden noch Ausflüge in die Umgebung Stuttgarts gemacht; um 1(U/, Uhr legten die Vorstände des Basler Vereins einen prachtvollen Lorbeerkranz am Denkmale Friedrich Schillers nieder, worauf das Abschiedsmahl im Stadtgarten stattfand. Der Abschied hier wie auf dem Bahnhofe war äußerst herzlich ; unter Reden und Gesängen, Hochrufen und Hüte- schwenken vergingen die letzten Augenblicke, und ein beiderseitiges Rufen „Auf Wiedersehen!" erscholl, als der Zug sich in Bewegung setzte.
Stuttgart, 10. Mai. Zn der Nacht vom 8./9. d. Mts. hat es zwischen jungen Leuten im Alter von 16—18 Jahren, Lehrlingen rc., welche unter sich eine Verbindung unter dem Namen „Fran- conia" haben und in einer Wirtschaft der Cann- statterstraße gekneipt hatten. Streit gegeben. Der Wirt verlangte von seinen unliebsamen Gästen die Räumung seiner Wirtschaft und rief polizeiliche Hilfe an, worauf ein Schutzmann die Streitenden zum Verlassen der Wirtschaft aufforderte. Hiebei wurde derselbe von einem 16 Jahre alten Eisengießerlehrling aus Feuerbach mit einem Messer in die Schulter gestochen. Die Verletzung ist jedoch nicht gefährlich.
Marbach. Gestern, als am Todestage Schillers, besuchte I. Kais. H. die Frau Herzogin Wera mit Prinzessinnen Töchtern und Begleitung das Schillerhaus und die Schillerhöhe. Die Herrschaften unterzogen das Schillerhaus mit seinen Reliquien einer eingehenden Besichtigung und zeichneten sich dann ins Fremdenbuch ein.
— Von Reutlingen, 9. Mai, berichtet man dem Schw. M.: Während bis vor wenigen Tagen trotz der überaus ungünstigen Witterung, welche der Mai brachte, die Hoffnung auf ein gesegnetes Jahr das Vertrauen wieder zu heben begann, sind in den 2 letztvergangenen Nächten durch empfindliche Fröste unsere Aussichten vernichtet worden. Wurde infolge des Schneefalls und Frostes von vorgestern ein großer Teil der jungen Rebentriebe zerstört, so richtete die heutige Nacht mit trockener Kälte, der ein sonniger Morgen folgte, auch den letzten Rest zu Grunde. Die Blüte, welche sich sowohl beim Stein- als auch beim Kernobst durchweg aufs herrlichste und reichlichste zu entfalten begonnen hatte, ist jedenfalls, wenn auch die Schäden noch nicht so deutlich zu Tage treten wie bei den Reben, hart mitgenommen worden. Der Stand der Winter- und Sommerfrüchte ist auf besseren Gewandungen noch befriedigend, während in schweren und thonigen Böden die häufigen Niederschläge einen Rückgang verursacht haben. Dir Kartoffeln wurden bei meist ungünstiger Witterung in den Boden ge
bracht. Der GraS- und KleewuchS ist gegen frühere Jahre um mindestens 14 Tage zurück, ein Umstand, der eine vermehrte Nachfrage nach Heu verursacht, das noch in großen Mengen hier lagert und zu 1 ^ 80 -rZ für den Zentner Absatz findet.
Kirchheim u. T., 8. Mai. Gestern kam der seltene Fall vor, daß ein Metzgerbursche einer Magd, mit der er Streit hatte, ein schweres Metzgermesser nachwarf und ihr die Hauptader fast ganz durchschnitt. Die Magd befindet sich im Krankenhaus; der Metzgerbursche sitzt in Haft.
Kirchheim u. T., 9. Mai. Der Teckbote schreibt: Nach längerer anhaltender regnerischer und kalter Witterung haben wir gestern wieder den ersten schönen Sonntag gehabt und wurde derselbe vielfach zu Ausflügen und größeren Spaziergängen benützt. Es ist aber auch herrlich, sich von dem schönen Stand der blühenden Obstbäume zu überzeugen und berechtigen dieselben zu den schönsten Hoffnungen. Mögen wir vor weiteren Witterungsunbilden verschont bleiben, damit der Landwirt nach so vielen Mißjahren wieder froh in die Zukunft blicken kann!
Welzheim, 9. Mai. Ein Oekonom in dem benachbarten Pfahlbronn, welcher vor kurzer Zeit wegen Steuerdefraudation mit einer angemessenen Strafe bedacht wurde, hat als kleinen Ersatz hiefür in der Stuttgarter Pferdemarktlotterie ein Pferd gewonnen, welches er für 800 ^ wieder verkaufte.
Oehringen, 9. Mai. In beklagenswerter Rohheit wurde gestern Nacht in dem Neuenstein nahe gelegenen Obersöllsach eine schwere Körperverletzung verübt. Wegen eines nichtssagenden Wortwechsels nahm der Eine eine Zaunlatte zur Hand und, bevor er noch ausholte, hatte der Andere einen dicken Prügel ergriffen, mit welchem er in kurzer Folge dem Gegner 2 wuchtige Hiebe über den Kopf versetzte, welche einen Schädelbruch zur Folge hatten. Der Verletzte soll noch nicht wieder zum Bewußtsein gekommen sein. Der Thäter ist verhaftet.
Vom Allgäu, 6. Mai. Im Allgäu treibt sich ein Loosagent herum, der Barletta-, Mailänder- unv türkische Eisenbahnlose gegen Zahlung von 25 Monatsraten L 10 ^ ^ 250 ^ anbietet. Bei Baarzahlung gibt er sie um 200 ab. Dabei ist zu bemerken, daß jene Loose gegenwärtig nur einen Kurswert von 142 ^ haben. Wer also von dem zudringlichen Agenten nicht geprellt sein will, lasse die Hand davon.
Leutkirch, 7. Mai. In dem Amtsorte Hofs wurde dieser Tage die Teilungsbehörde auf eigentümliche Weise überrascht. Pfarrer Unteregger ist vor einiger Zeit gestorben. Bei der Versteigerung der Fahrnis wurde einem Kollegen des Verstorbenen ein Sekretär um 37 zugeschlagen. Als man diesen aus dem Lokal bringen wollte, hörte man in der Schublade Geräusch und bei genauerem Nachsehen fanden sich 6000 ^ in Gold! Ebenso fand
der die Versteigerung leitende Beamte in einem Atlas bei der Karte von Rußland siebenundvierzig Stück Hundertmarkscheine. Auch ein Beutel mit über 1000 Inhalt kam ans Tageslicht. Die Verwandten und Erben waren durch diesen Fund gewiß überrascht, da man vorher von dem Geld gar keine Ahnung hatte.
— Von Lehrer Christaller in Kamerun kam die Nachricht, daß er mit seiner jungen Frau gesund angekommen sei und seine siebzig Schüler alle noch getroffen habe, er könne doppelt so viel bekommen, allein es mangle ihm an Zeit.
Vom Bodensee, 8. Mai. In Lindau kam dieser Tage das Daimler'sche Motorenboot an, welches Personenbeförderung im Obersee zwischen Lindau und den kleineren, nahegelegenen Bade-und Luftkurorten: Nonnenhorn, Bad Schachen, Bäumle, Ziegelhaus rc. ausführen wird. Das Boot hat einen zweipferdigen Petroleummotor, ist 7^/- Meter lang und kann 15 Personen zur Beförderung aufnehmen.
Dresden, 8. Mai. Die Dresdner Liedertafel, welche etwa 300 Mitglieder zählt, bringt am 21. ds. dem Fürsten Bismarck in Friedrichsruh ein Morgenständchen.
Berlin, 6. Mai. Durch eine sonderbare Todesursache verloren die hier wohnenden F.'schen Eheleute ihr einziges 4jähriges Kind. Vor 14 Tagen ungefähr hatte der Junge, als die Mutter Bohnen kochen wollte, einige davon genommen, um sie zum Spielen zu verwenden, dabei hatte er sich aber eine ins Ohr gesteckt, und alle Bemühungen, sie zu entfernen, schlugen fehl. Nach dem Tode fand man die Bohne und es zeigte sich, daß sie gekeimt und eine Gehirnentzündung hervorgerufen hatte.
Bern, 9. Mai. Vor Kurzem ging in Lauterbrunnen die Gießenlawine von der Jungfrau herunter. Infolge des Schneefalls der letzten Tage löste sich nämlich von den Nordabhängcn der Jungfrau eine riesige Staublawine los, die in's Trüm- letenthal niederstürzte, und zwar mit solcher Gewalt, daß der Luftdruck den Schnee durch das Trümmel- bachloch in's Thal hinaus bis an die Mürrenwand hinüber trieb. Leute, die in der Nähe arbeiteten, wurden bei schönem Wetter plötzlich vom Regen überrascht, der aus den „Schneestäubeten" niederfiel. Schaden richtete die Lawine keinen an.
Cleveland (Ohio), 24. April. Heber die Ermordung eines geborenen Aspergers, Hrn. Eugen Kauffmann, berichtet der Clevel. Anz. u. a.: H. Kauffmann war 25 Jahre alt, betrieb in Riesel, Texas, ein Groceriegeschäft und war zugleich Postmeister. Seit 1'/- Jahren ist er verheiratet und die Ehe soll eine überaus glückliche gewesen sein. Am Dienstag abend */,9 Uhr kamen zwei Neger nach dem Hause des Hrn. Kauffmann, welcher, da es sehr warm war, mit seiner jungen Frau und einem Nachbar
gehörte», in unausgesetzter ärgerlichen Fröhlichkeit erhielt. Man lachte und räsonnierte und zeigte sich ungeduldig über dar langsame, beschwerliche Vorwärtskommen.
„Sie müssen sich mehr rechts halten, Baronin", rief Graf Fabrie einer niedlichen Brünette zu. „Hier hat die Badekommission den Weg mit roten Ziegeln bezeichnet."
„Wenn sie nicht der nie ruhende Wind mit Sand verschüttet", klagte die junge Dame in komischer Bezweiflung „Man sieht sie kaum, und wenn man sie glücklich erreicht, bleibt man nur zwischen den Steinen mit den spitzigen Absätzen hängen."
„Da» kommt von Eitelkeit," neckte sie der Bruder, ein junger Husaren-Osfizier. „Hoffahrt muß Pein leiden."
„ES bleibt doch ein seltsames Vergnügen," mischte sich Baronin Mutter in das Gespräch, „im Sonnenbrand den Weg durch den heißen Dünensand nach dem Strande zu gehen."
„Ja," stimmte ihr lebhaft Geheimrat von Saldow bei, „mein Vorschlag ging, auch darauf hin, daß wir die Strandpromenade unterlassen und Station in der Giftbude machen."
Die Gistbude, nichts als eine kleine, zwischen den Dünen gelegene Restauration, in der man, mit dem Blick auf dar Meer, alle beliebigen Sorten geistiger Gedränke erhielt, war dadurch ein allgemein beliebter Versammlungspunkt der Badegäste, und wurde auch jetzt der Vorschlag, dort Rast zu halten, einstimmig angenommen.
Vor ihnen tauchte jetzt auf einer der Sandwogen der Rheder mit seiner Begleiterin auf und lenkte^die Aufmerksamkeit auf sich hin.
„Da geht ja da» seltsame Paar!" rief die junge Baronin. „Haben Sie schon gehört," wandte sie sich an Graf Fabrik, „daß er sich erst ganz kurz vorher mit ihr verlobt und sie noch garnicht verheiratet sind. Ihre Pflegemutter, die kleine unansehnliche Frau, die an der tadle ä'döte neben ihr gesessen, soll diese Partie, weil da» Mädchen ganz arm, mit dem reichen Rheder gemacht haben."
„Aber Mary!" verwies sie ihre Mutter streng. „Wie kannst Du Dich mit dem Schicksale dieser Leute beschäftigen?"
„Nun, Mama, in einem Badeort hat man nichts weiter zu thun, als seine Neugierde über die Badegäste zu befriedigen!" lachte ihre Tochter.
„Das finde ich auch!" stimmte ihr Bruder bei, welcher bereits verschiedene Male der Braut des Rheders Fensterpromenaden gemacht. „Ich habe sogar Lust, mich dem Rheder bei Gelegenheit vorzustellen. Was sagen Sie dazu, Graf Fabrie? Die hübsche Blondine wäre eine ganz gute Requisition für unfern kleinen Kreis."
„In den sie aber durchaus nicht hingehört!" kam seine Mutter einer Antwort de» Grafen zuvor. „Und Vorsicht in der Wahl seines Umganges ist ganz besonders in einem Badeort von so gemischten Elementen geboten."
„Da gebe ich Ihnen Recht, gnädigste Frau," erwiderte der Legationsrat. „Eine gewisse Vorsicht ist sicher am Platz. Jedoch haben derartige, außer unserm Kreise geschlossene Bekanntschaften das Gute, sie sind wie Eintagsfliegen, wenn wir sie nicht kultivieren wollen, und überleben kaum die Saison. Ich muß mich aber hier den Herrschaften empfehlen," letzte er hinzu. „Ich habe für diesen Morgen noch eine Verabredung mit Signor Campella getroffen, der mich am Herrenbad erwartet."
„Bitte, empfehlen Sie uns ihm," sagte mit einem flüchtigen Erröten die junge Baronin, „und erinnern Sie ihn an die verabredete Partie für diesen Nachmittag."
Es wird wohl dieser Erinnerung kaum bedürfen", scherzte der Graf, schüttelte sich mit dem jungen Baron die Hand und wandte seine Schritte dem Herrenbade zu.
Er war noch nicht wett gekommen, als er den Saum eine» weißen Kleides schimmern und sich plötzlich Mona gegenüber sah. Sie saß im hohen Dünengrase und richtete sich, als er um den Abhang bog, wie elektrisiert empor. Ein glühendes Rot übergoß ihr blasses Gesicht, sie machte eine Bewegung, als wollte sie entfliehen; dann besann sie sich und sah gespannt nach ihm hin. Hatte er sie erkannt, würde er sie anreden oder kalt und fremd an ihr vorüber gehen? Sie wußte nicht, was sie wünschen sollte, al» es aber den Anschein hatte, daß sollte das Letztere geschehen, da wußte sie es: Gleich einer Bittenden streckte sie ihm schüchtern di« Hand entgegen.
Fortsetzung folgt.