M 41.
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.
67. Iahrgasg.
Erscheint Di en s ta g , Dsnnerßtaz und Sam»ta§. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Umgebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Pfg.
Dienstag, den 5. April 1892.
AbonnementSprei» vierteljährlich in der Stadt ro Pfg. md 20 Pfg. Trigerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. 1b, sonst t» ganz Württemberg Mk. 1. SS.
Amtliche Bekanntmachungen.
Bekanntmachung,
betreffend die Feldbereinigung auf der Markung Stammheim re.
Nachdem am 1. April d. I. mehr als die Hälfte der beteiligten Grundeigenthümer (304 von 558) zugestimmt hat, beziehungsweise als zustimmend anzusehen ist, auch mehr als die Hälfte des Grund- steuercapitals (10 684 ^ 03 -A von 20 696 ^ 85 -A auf diese Mehrheit fällt, so wird hiemit gemäß Art. 12 des Gesetzes vom 30. März 1886 die Feldbereinigung der Gewände „unterer Grund, Hengstetter Staigle, Osterhalde, auf'm Stutz, Häldle, Walkersthal, Brand, oberer Grund, untere und obere Büchach, Schönbronn, oberste Wiesen, Holder, hohe Nille, Einsiedel, große Birkach, Egart, Schanzenäcker und Staig" der Markung Stammheim unter Einbeziehung eines Theils der angrenzenden Markungen Althengstett und Calw als bei der Abstimmung beschlossen erklärt.
Dieß wird mit dem Anfügen bekannt gemacht, daß die zur Minderheit gehörenden, sowie die nach Art. 9 Abs. 3, beziehungsweise Art. 11 Abs. 5 des Gesetzes vom 30. März 1886 als zustimmend angenommenen Grundeigenthümer das Recht haben, innerhalb der unerstrecklichen Frist von zwei Wochen, vom Tag der Abstimmung, 1. April d. I., an gerechnet, dem Oberamt die nach ihrer Ansicht der Ausführung des beschlossenen Unternehmens entgegenstehenden Gründe mündlich oder schriftlich darzulegen, und daß binnen derselben Frist Beschwerden gegen den Bescheid über die in Art. 10 Abs. 1 des genannten Gesetzes bezeichnten Ansprüche und hieraus
oder aus anderen Gründen abgeleitete Anträge auf Berichtigung des Ergebnisses der Abstimmung bei dem Oberamt vorzubringen sind.
Die Ortsvorsteher der Gemeinden Stammheim, Althengstett und Gechingen haben dieß alsbald zur Kenntniß der betheiligten Grundeigenthümer zu bringen, sowie durch Anschlag am Rathhaus und sonst ortsübliche Weise bekannt zu machen, auch Vollzugsbericht zu erstatten.
Calw, den 2. April 1892.
K. Oberamt.
Supper.
Bekanntmachung,
betreffend die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe.
Bis die Genehmigung der vom Oberamt mit Zustimmung des Amtsversammlungsausschusses aufgestellten statutarischen Bestimmungen, betreffend die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe, erfolgt ist, sind von den Handelsgewerbetreibenden nachstehende, auf Grund der Gewerbeordnungsnovelle vom 1. Juni 1891 festgesetzte Vorschriften einzuhalten:
„Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe dürfen am ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingsttage überhaupt nicht, im Uebrigen an Sonn- und Festtagen nur von 8—9 Uhr Morgens und von 11 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags beschäftigt werden.
Insoweit hienach Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter im Handelsgewerbe an Sonn- und Festtagen nicht beschäftigt werden dürfen, darf in offenen Verkaufsstellen ein Gewerbebetrieb an diesen Tagen nicht stattfinden."
Bemerkt wird, daß der Begriff „Handelsgewerbe" im Sinn der Vorschriften des Gesetzes nicht nur den Groß- und Kleinhandel, sondern u. a. auch den Geld- und Credithandel, die Leihanstalten, den Zeitungsverlag, die sogenannten Hilfsgewerbe des Handels, Spedition, Commission und die Handelslager umfaßt und daß auch die Thätigkeit des in den Komtoren der Fabriken, Werkstätten u. s. w. beschäftigten Personals darunter fällt.
Calw, 2. April 1892.
» K. Oberamt.
Supper.
Die Heeren Gemeindevorsteher
werden unter Hinweisung auf die Ministerialverfüg- ung vom 12. Oktober 1849 H 8 letzter Absatz und vom 22. April 1865, Reg.-Bl. S. 95, sowie auf den Erlaß Kgl. Steuerkollegiums vom 4. Febr. 1864, Nr. 263 Cat. Seite 40 und 41 ersucht, soweit dieses noch nicht geschehen sein sollte, die Güterbuchsprotokolle auf 1. April d. I. abzuschließen, nachdem alle bis zu diesem Tage angefallenen Aenderungen in dieselben ausgenommen worden sind.
Wenn dem Unterzeichneten dann kurz mitgeteilt werden wollte, wie viele Parzellen pro 1891/92 in das Protokoll Aufnahme gefunden haben, so wäre derselbe in den Stand gesetzt, seine Geschäfte vorteilhaft einteilen und das unnötige Bereisen von Gemeinden ohne Geschäftsanfall unterlassen zu können.
Calw, 4. April 1892.
Bezirksgeometer
Ströhlein.
0 zi 1: ^ ^ 0 1 O Pk. Nachdruck verbaten.
Der Schwedenhof.
Novelle von Fritz Brentano.
(Fortsetzung.)
Endlich war auch Ulrich mit seinem hatten Werk zu Ende, und klopfenden Herzens öffnete er vorsichtig die Thür, durch welche erfrischend die Nachtluft hereinströmte und ihre glühenden Stirnen kühlte. Er spannte den Hahn seiner Doppelbüchse und trat, oder huschte vielmehr ins Freie.
So weit sein Auge reichte, war nichts mehr zu sehen; der Waldweg, welcher nach der Richtung führte, wo die ersehnte Ansiedlung lag, glänzte im Sternenlicht wie ein weißer, lockender Streifen herüber. Leise schlich sich Ulrich hinüber zu den nächsten Bäumen und horchte angestrengt umher.
Kein Laut regte sich — rings herrschte tiefe, feierliche Stille — er glaubte dessen sicher sein zu dürfen, daß die Sioux, denen dieser Ausgang jedenfalls unbekannt war, hier keinen Hinterhalt gelegt hatten.
Mit derselben Vorsicht schlich sich der Ansiedler zurück in das Blockhaus, von wo Judith ihm ängstlich nachgespäht hatte und flüsterte:
„Es ist Zeit! Jetzt oder nie!"
Schweigend deutete Judith auf die Pferde, welche reffefettig standen. Er half ihr mit starker Hand auf das eine Tier, und reichte ihr dann sorgsam das schlafende Kind, welches auf einen Augenblick erwachte und einen kurzen Laut gab, sich aber unter den beschwichtigenden Küssen der Mutter sofort wieder beruhigte. Dann öffnete er weit die beiden Thorflügel, schwang sich auf das zweite Pferd und drehte dasselbe dem Ausgange zu, als — o, er vergaß den entsetzlichen Augenblick nie in seinem Leben — plötzlich ein wildes, entsetzliches Geheul ertönte und ein« Anzahl Pfeile die Flüchtlinge umschwirtte. Durch die Öffnung aber sprangen sechs bis acht
dunkle Gestalten; noch ehe Ulrich seine Büchse abfeuern konnte, fühlte er sich von kräftigen Armen umschlungen und vom Pferde gerissen — ein schwerer Schlag traf seinen Kopf, er spürte noch, wie ihm das warme Blut über das Gesicht lief und dann schwanden ihm die Sinne.-
Der Morgen dämmerte eben herein, als Ulrich die Besinnung zurückkehtte.
Mit beiden Händen faßte er nach seiner zerschlagenen Stirn, an welcher das blutige Haar klebte, dann blickte er mit trübem, wirrem Blick umher.
Wie ein schwerer Traum erschien ihm das Erlebte, aber die Brandruine seines bisherigen Heims, die rauchend und glimmend vor ihm stand, sprach deutlich für die nackte entsetzliche Wirklichkeit. Er wollte sich erheben, aber kraftlos fiel er rückwärts, denn seine erbarmungslosen Feinde hatten ihm die Füße mit Riemen fest zusammengeschnürt, unv ihm zu Häupten saß mit gekreuzten Beinen ein wildblickender, riesiger Indianer, der bei der ersten Bewegung des Gefangenen über seinem Haupte den Tomahawk schwang und ihm mit einer drohenden Geberde bedeutete, sich ruhig zu verhalten.
Ulrich sank zurück und durch seine Seele ging es wie ein entsetzliches, schneidendes Weh bei dem Gedanken an Weib und Kind, welche ebenfalls in die Hände der Sioux gefallen waren. Eine Weile lag er in dumpfer Betäubung, dann hob er wieder leise den Kopf, und spähte, so gut es ging, in die Runde.
Allmächtiger Gott! Was war das? Seitwärts von ihm, am Rande des Dickichts, sah er deutlich eine tote Gestalt, leicht mit Zweigen überdeckt. Freilich konnte er das Gesicht derselben nicht erkennen, aber die Gestalt trug das Kleid seiner Frau — ja, es war Judith — sein Weib — sein Alles — tot!
Doch nein, das Kind blieb ihm noch — wo war es? Mit einer gewaltigen Anstrengung riß er sich empor und blickte, noch ehe sein überraschter Wächter diese Bewegung bemerkt hatte, umher. Wieder schwang der Sioux das Schlachtbeil über seinem Haupte, aber sein drohender Zuruf wurde übettönt von dem fürchterlichen Schrei, den der Gefangene ausstieß, welcher eben sein Kind erblickt hatte, das tot