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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw

Erscheint Dienstag, Donnerstag und SamStag. Die Einrückungsgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst ir Pfg.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Die Agentur der Württembergischen Sparkasse in Gechingen ist dem Schullehrer Schürger da­selbst übertragen worden.

Calw, den 16. März 1892.

K. gem. Oberamt. Supper. Braun.

Die Ortsvorsteher,

welche mit der Anzeige des Bedarfs an Formularien, betreffend die gewerblichen Zwecken dienenden Waffer- benützungsanlagen (vgl. Calwer Wochenblatt Nr. 31), noch im Rückstand sind, werden angewiesen, unge­säumt diese Anzeige zu erstatten.

Calw, den 17. März 1892.

K. Oberamt. Supper.

An die Ortsvorsteher.

Durch die Novelle zur Gewerbeordnung vom

1. Juni 1891 sind die Bestimmungen der Gewerbe­ordnung über die Arbeitsbücher (Z 107 ff.) theilweise geändert und diejenigen über die Arbeitskarten (Z 137) vorbehältlich der Uebergangsbestimmung in Art. 9 Abs. 4 der Novelle aufgehoben worden. Das For­mular der Arbeitsbücher ist durch den Reichskanzler geändert worden.

Die neuen Bestimmungen, deren wichtigste hier unten abgedruckt sind, treten am 1. April 1892 in Kraft.

Vom 1. April 1892 ab sind die seit­herigen Arbeitsbücher ungiltig. Sämmtliche Arbeitsbücher der minderjährigen Arbeiter sind aus diesen Zeitpunkt umzutauschen.

Die seitherigen Arbeitsbücher sind daher ein- zuziehen und durch diejenigen zu ersetzen, welche den Ortsvorstehern mit der heutigen Post zugehen. Hiebei ist mit der nötigen Beschleunigung zu verfahren. (Die für männliche minderjährige Arbeiter bestimmten sind mit blauem, die für weibliche minderjährige Ar­beiter bestimmten mit braunem Umschlag versehen.) Je ein Exemplar dieser Arbeitsbücher ist mit dem oberamtlichen Stempel auf dem Umschlag versehen und als Musterexemplar in der Gemeinderegistratur aufzubewahren. Im Uebrigen wird auf den jüngst ergangenen gedruckten oberamtlichen Erlaß hingewiesen.

R.-Gew.-Ord. Z 107. Minderjährige Personen dürfen, soweit reichsgesetzlich nicht ein anderes zugelassen ist, als Arbeiter nur beschäftigt werden, wenn sie mit einem (den neuesten Bestimmungen entsprechen­den) Arbeitsbuchs versehen sind rc.

Die Aushändigung des Arbeitsbuches erfolgt an den Vater oder Vormund, sofern diese es ver­langen, oder der Arbeiter das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, andernfalls an den Arbeiter selbst.

Mit Genehmigung der Gemeindebehörde kann die Aushändigung des Arbeitsbuches auch an die Mutter oder einen sonstigen Angehörigen oder unmittelbar an den Arbeiter erfolgen rc. R.-Gew.-Ord. ß 113 . Beim Abgänge können die Arbeiter ein Zeugnis über die Art und Dauer ihrer Beschäftigung fordern.

Dieses Zeugnis ist auf Verlangen der Arbeiter auch auf ihre Führung und ihre Leistungen aus­zudehnen.

Samstag, den 19. Mär; 1892.

Den Arbeitgebern ist untersagt, die Zeugnisse mit Merkmalen zu versehen, welche den Zweck haben, den Arbeiter in einer aus dem Wortlaute des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu kenn­zeichnen.

Ist der Arbeiter minderjährig, so kann das Zeugnis von dem Vater oder Vormund gefordert werden. Diese können verlangen, daß das Zeug­nis nicht an den Minderjährigen, sondern an sie ausgehändigt werde. Mit Genehmigung der Ge­meindebehörde kann auch gegen den Willen des Vaters oder Vormundes die Aushändigung un­mittelbar an den Arbeiter erfolgen.

R.-Gew.-Ord. H 146. Mit Geldstrafe bis zu zwei­tausend Mark und im Unvermögensfall mit Ge­fängnis bis zu sechs Monaten werden bestraft:

1. rc.

2. Gewerbetreibende, welche den ZZ 111 Absatz 3 und 113 Absatz 3 zuwiderhandeln.

R.-Gew.-Ord. Z 150. Mit Geldstrafe bis zu zwanzig Mark und im Unvermögensfall bis zu drei Tagen für jeden Fall der Verletzung des Gesetzes wird bestraft:

1. wer den Bestimmungen der ZZ 106112 zu­wider einen Arbeiter in Beschäftigung nimmt oder behält;

2. wer außer dem in Z 146 Ziffer 3 vorgesehenen Falle den Bestimmungen dieses Gesetzes in Ansehung der Arbeitsbücher zuwiderhandelt;

3. wer vorsätzlich ein auf seinen Namen ausge­stelltes Arbeitsbuch unbrauchbar macht oder vernichtet.

Calw, den 18. März 1892.

K. Oberamt. Supper.

Tagks-Uenigkeiten.

* Calw, 18. März. Nur eine kleine Zu­hörerschaft hatte sich gestern abend zu demKonzert Krüger" im Badischen Hof eingefunden, was wohl in den für hiesige Verhältnisse zu hoch angesetzten Ein­trittspreisen seinen Grund hatte. Die Leistungen der Konzertgeber waren aber wirklich famos; nament­lich war es die Pianistin Frl. Tönnies, welche durch ihre Klaviervorträge sehr animierte. Es war war vom ersten Tone an unverkennbar, daß Frl. Tönnies eine ausgezeichnete Künstlerin ist, die gewisse Arten von Klavierstücken in unübertrefflicher Feinheit interpretieren kann. Ihr Anschlag ist von durchaus angenehmerKlangwirkung, das Spiel ungemein plastisch. Die b'-woll Sonate von Beethoven wurde sehr sinmg vorgetragen, ebenso Variationen von Schubert. Die Zuhörer erwiesen sich sehr anerkennend und spendeten lebhaften Beifall. Frau Tilly Krüger sang eine Konzertarie und ein Frühlingslied von Mendelssohn, altdeutscher Liebesreim" v. Meyer-Helmund und Widmung" v. Franz. Die Stimme der Sängerin ist groß, umfangreich, wohlklingend, in der Ausbildung tritt manche schöne Seite hervor; in den oberen Lagen klang der Ton aber verschleiert; der Vortrag wurde durch eine leichte Indisposition etwas beeinträchtigt. Der Konzertgeber selbst, Musikdirektor Krüger in Pforzheim, spielte zwei Stücke für Fagott von M. v. Weber und Jancourt, sowie 2 Violinstücke und er­rang sich damit großen Erfolg. Sein Ton auf der Violine ist schön, von einer Fülle, Weichheit und Wärme, wie er selten zu hören ist, dabei besitzt Hr. Krüger eine prächtige Art vorzutragen und so die Kompositionen zu trefflicher Geltung zu bringen. Von den Fagottvorträgen gefiel uns das ^äaxio relixiooo

AbonnementSpreir oierteljührlich in der Stabt §0 Pfg. m»b so Pfg. TrLgerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1. IS, sonn in qan, Württemberg Mk. 1. »S.

am besten; auch auf diesem Instrument zeigte sich der Vortragende als einen sehr tüchtigen Meister.

Calw. Am nächsten Sonntag wird im Dreiß- 'schen Saale hier ein Konzert stattfinden, bei wel­chem ein neues Instrument, dieelectro-magnetische Streichlyra", sowie Metallrahmen-Zithern eine Neu­erung, welche größere Tonfülle und Stimmhaltbarkeit zur Folge hat zur Anwendung kommen. Als Em­pfehlung zum Besuch dieses Konzerts dürfte der nach­stehende Bericht aus der Remszeitung dienen:

Gmünd, 9. Nov. Gestern Abend fand im Radsaal ein interessantes Konzert statt, veranstaltet von dem Zithervirtuosen Herrn Vetter, seiner Schülerin, Frln. Grießinger und der Konzert­sängerin, Frln. Eurich. Herr Vetter zeigte sich als vollendeter Zithervirtuos auf seinem Instru­ment und erntete im Svlovortrag und im Duett mit Frln. Grießinger verdienten Beifall; sein Spiel auf der sog. elektro-magnetischen Streicylyra bot eine ganz eigenartige, liebliche Musik. Frl. Eurich verfügt über reiche Stimmmittel und ihr Vortrag bekundet fleißiges Studium, besonders auch mußte man die Frische und Hingabe bewundern, mit der die Nummern des Programms, namentlich die sorg­fältig ausgewählten Gesangsnummern, zum Vor­trag kamen.

Cannstatt, 16. März. Heute morgen er­schoß sich in seiner Wohnung ein verheirateter Sattler und Kaufmann wegen zerrütteter Vermögens­verhältnisse.

Hall, 15. März. In der Beleidigungsklage und Wiederklage zwischen dem Reichs- und Landtags­abgeordneten Hartmann einer-, dem Professor Büchler und dem Redakteur Baumann in Oehringen andererseits hatte das Schöffengericht Oehringen, wie seinerzeit berichtet, alle drei freigesprochen und auch die Kosten des Verfahrens unter alle drei verteilt. Das hiesige Landgericht als Berufungsinstanz hat nunmehr Baumann zu 30 Büchler zu 50 ^ Geldstrafe verurteilt, letzterem die Kosten der ersten, und beiden je die Hälfte der Kosten der zweiten In­stanz zugeschieven. Hartmann wurde von der Wieder­klage freigesprochen. Wie erinnerlich, handelte es sich bei dem Prozeß um angebliche Aeußerungen Hart­manns über Luther, die in dem von den Beklagten verbreiteten Wortlaut und Sinn thatsächlich nicht gefallen sind.

München, 15. März. DieAllg. Ztg." be­richtet über den Aufenthalt Ihrer Majestäten in München: Der Aufführung im König!. Residenz­theater wohnten Ihre Majestäten mit Sr. König!. Hoheit dem Prinzregenten in einer Prosceniumsloge bei. Ihre Majestät die Königin trug eine schwarze Robe, ein Perlen-Collier und "im Haar ein Brillant­diadem, der Prinz-Regent und Se. Maj. der König waren in Uniform. Nach dem Schluß der Vorstellung begaben sich die Majestäten uno Se. K. Hoheit der Prinz-Regent zu dem Rout bei Prinz und Prinzessin Leopold. Heute vormittag empfingen die Maje­stäten eine Deputation hier ansässiger Württemberger, welche eine künstlerisch ausgestattete Adresse überreichte. Als Sprecher fungierte der Direktor der Aktiengesell­schaft zum Löwenbräu, Hetterich. Privatdozent Dr. Golther überreichte Ihrer Majestät der Königin einen prachtvollen Blumenstrauß. Auf die Ansprache des Direktors Hetterich erwiederte Seine Majestät, er sei von der loyalen Gesinnung der in München wohnenden Württemberger um so mehr überzeugt, als er aus eigener Erfahrung wisse, daß Württem-