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«ingetroffen und beläuft sich auf133,000 Davon hätte Liebelsberg 34"/«, Oberhaugstett 30°/«, Schmieh 18'/»°/« und Emberg 17'/,°/« zu bezahlen. Ein an­sehnlicher Staatsbeitrag wäre den beteiligten Gemeinden sehr zu gönnen.

Berlin. Die Arbeitslosen im Verein mit dem Janhagel haben die Ruhestörungen am Freitag fort­gesetzt. Vormittags fanden Ansammlungen am Branden­burger Thor statt, die jedoch leicht zerstreut werden konnten. Mittags '/-I Uhr kam ebenfalls ein Kon­flikt vor. Ein Haufen, der vor der Musik Herzog, wurde von berittenen Schutzleuten zersprengt. Ein weiterer Zusammenlauf abends 7 Uhr in der Rosen- thaler Straße wurde alsbald zerstreut, wobei mehrere Verhaftungen vorkamen; mehrere Läden sind demoliert worden. Einen ernsten Charakter hatten die Ausschreitungen am Donnerstag nach Berliner Blättern gegen 7 Uhr abends im Osten der Stadt. Dort er­schienen plötzlich in der Köpnicker Straße uner­wartet ein paar Hundert Männer und Burschen und schlugen die Schaufenster ein, wenn den Ladenbesitzern nicht geglückt war, die Jalousien in aller Eile herunter­zulassen. Viele Läden sind geplündert worden. Frauen füllten Säcke mit geraubtem Gut. Es herrschte unter der Bevölkerung jener Gegend eine ungeheure Aufregung. Auch hier war der Angriff unerwartet erfolgt, und als die Polizei in genügender Stärke er­schien, waren die Exzedenten bereits über alle Berge.

Alk Gknkralvkrslimmllmg dks landwirtschaft- lichkn Kkzilksverkiiis ;n Calw

am Mittwoch, den 24. ds. Mts., erfreute sich eines sehr zahlreichen Besuchs. Es ist dies teils der günstigen Witterung zuzuschreiben, wohl aber mehr noch der überaus anziehenden Tagesordnung. Herr Oberamt­mann Supper begrüßte als Vorstand des Vereins die Anwesenden mit freundlichen Worten und drückte seine Freude aus über deren vollzähliges Erscheinen. Sodann hielt Herr Landwirtschaftsinspektor Dr. Wiedersheim aus Reutlingen das Wort zu seinem Vortrag über Zuchtviehgenossenschaften. Wir entnehmen demselben folgendes:

Zuchtviehgenossenschaften, bezw. Viehzuchtge­nossenschaften traten zuerst in Baden in den 60ger Jahren ins Leben; bald folgten Norddeutschland und zwar Schleswig-Holstein, bis nach und nach auch die andern deutschen Gaue der Sache näher traten.

Warum brauchen wir Zuchtviehge­nossenschaften? Weil der Körnerbau allein nicht mehr rentiert. Früher warf er noch gute Erträge ab; aber die Ansprüche des konsumierenden Publikums trieben den Landwirt bald auf andere Bahnen. Vieh­zucht war gleichsam nur Anhängsel des Feldbaus. Aber mit jedem Jahr wurde die Nachfrage nach Fleisch eine größere, so daß in manchen Gegenden die Vieh­zucht Hauptsache wurde. Auch die Handelsverhältniffe nötigen zur Viehzucht. Seit 2030 Jahren sind die Preise der Körnerfrüchte zurückgegangen und nicht mehr abhängig von dem Ernteergebnis Württembergs, sondern fast noch vielmehr vom Ausland vermöge der überaus raschen und günstigen Verkehrsbedingungen.

Auf welche Weise nun hebt sich die

Viehzucht am raschesten und leichtesten? Da sind verschiedene Wege möglich: Zuerst sorgt der Staat durch Verwilligung von Mitteln zur Hebung der Landwirtschaft. Gegen frühere 30000 sind diesmal 100000 ^ ausgeworfen. Geht der Staat voran, so ist es Pflicht des Landwirts, dem Staat so viel als möglich entgeaenzukommen. Infolge dessen bestehen in 45 Bezirken Viehzuchtgenossenschaften. Im Schwarzwaldkreis haben wir 12 Oberämter mit solchen; nur 5 fehlen noch, darunter auch Calw.

Wie sollen die Genossenschaften ins Leben gerufen werden? Im Anfang sind die Zuchtviehgenossenschasten Unterabteilungen des land­wirtschaftlichen Vereins, haben aber ihren eigenen Vorstand und ihre eigenen Statuten.

Zweck der Viehzuchtgenossenschaft. Das vorhandene Viehmaterial soll durch sie verbessert werden und zwar durch Einführung neuen Blutes, durch welches das alte aufgefrischt wird. Bei Fleck­vieh eignet sich die Simmenthalerrasse zur Kreuzung mit Einheimischem am besten, da sich die verschiedenen Punkte zur Verbesserung in einem und demselben Tier vereinigen: Milch, Mästung, Zugnutzung. Nicht alle Rassen vereinigen diese Vorteile in sich. So geben die Allgäuer z. B. mehr Milch als Mast.

Mittel zur Verbesserung.

1. Einführung von Originaltieren oder wenigstens Vollblutsimmenthalern. Doch sind Originaltiere nicht immer nötig, da in manchen Be­zirken Vollblut genügt und auch den Geldbeutel weniger in Anspruch nimmt.

2) Regelung der Züchtungsverhält­nisse durch genaue Beaufsichtigung, und zwar in jedem Stall.

3. Gute Aufzucht desJungviehs; hier ist noch manches wünschenswert, da gerade die Jung­viehzucht in manchen Orten vollständig im Argen liegt. In älteren Gebäuden herrscht in den Ställen ewige Dunkelheit, wenig Licht und große Unreinlich­keit. Das Junge wird am Strick an den dunkelsten Platz gebunden, ohne irgend eine Möglichkeit freier Bewegung, hat schlechte Pflege und dergl. und kann natürlich auf diese Weise kein schönes Tier werden. Zudem wird es nie gebürstet, geschweige denn ge­waschen. Schon von der 3. Woche «n bekommt es Heu oder anderes Futter. Die Schweizer geben ein besseres Beispiel. Mit °/«Jahren haben sie schon ein schönes Tier, das aber nicht bloß 34, höchstens 6 Wochen, sondern bis zu 16 Wochen Milch bekam. Die Schweizer finden ihre Rechnung doch dabei. Auch beim Abbrechen füttern sie nicht bloß Heu, sondern helfen mit Kraftfutter nach, damit für die Milch Erfatz geboten wird. Dies ist das ganze Geheimnis der Schweizer.

4. Einwirkung auf die Farrenhaltung. Diese ist das Schmerzenskind für die Viehzuchts­verhältnisse.

In Baden ist es seit 1865 Gesetz, daß die Farren­haltung in Händen der Gemeinde ist. Erst 17 Jahre später heißt es in Württemberg: es sei wünschens­wert, daß die Farrenhaltung in Händen der Ge­meinde sei, oder daß die Farren beim Verpachten von der Gemeinde angeschafft würden.

Hier liegt der Angelpunkt: Dort muß, hier darf. Deshalb wird aus Sparsamkeit die Farren­

haltung billig vergeben und auch ein strebsamer Farren- halter wird nicht Genügendes leisten können.

5. Günstigere Verkaufsgelegenheid durch Ankündigung, Ausstellung, Prämierung, Aus­stellung von Ursprungszeugnissen, wodurch auch der. Handel eine solide Grundlage bekommt.

6. Gründung von Jungviehweiden.

7. Anschluß an die benachbarten Ge-- nossenschaften.

Wert. Was der Einzelne nicht kann, kommt mit vereinten Kräften zu stände: Der Bezirk bekommt: ein gewisses Renomms.

Pflichten der Mitglieder:

1) Alle Veränderungen mit den von der Genossen­schaft gelieferten Tieren müssen angezeigt und in ein Herdbuch eingetragen werden.

2) Alle weiblichen Tiere werden nur von Zucht- farren besprungen oder nur von Farren I. Klasse.

3) Jährliche Visitation durch die Schaukommission.. Diese hat neuaufzunehmende Tiere zu unter­suchen, schlechte Tiere auszuscheiden, der Auf­zucht und Fütterung der Jungen Aufmerksam-- keit zu schenken.

Rechte: Jedes Mitglied kann von der Ge^ nossenschaft Urkunden und Zeugnisse über Zuchttiere verlangen; darf eine Mitgliedertafel am Hause an­bringen, kann sich um Preise bewerben und schließlich bei hervorragenden Leistungen ins deutsche Herden­buch eingetragen werden. Im Interesse der Spar­samkeit kann die Farrenschau zur Schaukommission, bestellt werden.

Vorteile einer Viehzuchtgenossen^ schüft:

1) Der Einzelne kommt zur richtigen Erkenntnis dessen, was von einem wertvollen Stück Vieh> erwartet werden darf.

2) Er bekommt für seine Tiere gute Preise.

3) Das Zusammengehen aller giebt dem einzelnen. Kraft, dem Zaghaften Mut.

Durch scharfe Kontrole, einen sich entwickelnden Wettstreit auf schöne Tiere werden alle, sogar ein ganzer Bezirk, eine Besserung auf dem gesamten Gebiete der Landwirtschaft zu empfinden haben: Mehr Dünger:, größere Fruchtbarkeit vermehrter Futterbau, mehr Futter mehr Tiere, besseres Futter bessere Tiere bessere Preise, genau wie in Baden.

Wir sind noch bedeutend zurück und müssen, alle Kräfte anstrengen, die Viehzucht zu heben, wo-' durch der ganze Betrieb ein rentablerer wird. Durch, erhöhtes Vorgehen auf züchterischem Gebiet werden wir auch im'Stande sein, den volkswirtschaftlichen Zuständen die Spitze zu bieten, denn ohne Rücksicht, auf die Volkswirtschaft giebt es keine Landwirtschaft..

Nach diesem mit großem Beifall aufgenommenen Vortrag kam die Prämierung von Dienst­boten, welche sich durch Treue und langjährige Dienste im landwirtschaftlichen Betrieb auszeichneten. 47, von denen 44 persönlich anwesend waren und ein gemeinschaftliches Mittagessen erhielten, konnten prämiert werden. Die Belohnung bestand in Geld-' betrügen von 1015 oder 20 je nach der An­zahl der Dienstjahre, sowie in einem gefcymackvoll ausgeführten Diplom.

(Fortsetzung bezw. Schluß folgt.)

6 11 1 ^ ^ 6 1 ^ . Nachdruck verb«teu.

Der Löwenbändiger.

Nach einer amerikanischen Novelle von M. Lane.

(Fortsetzung.)

IV.

«Sie wollen doch kein Duell ausfechten, Bede/ sagte Brandreth am nächsten Morgen, «ich sehe, Sie haben das Futteral mit den Pistolen aus dem Rauchzimmer mitgenommen. Ich warne Sie, Sie sind seit Jahren nicht daran pewöhnt, bedenken Sie das, fest wir in der Schießgallerie zu Mentone zu üben pflegten/

«Ich habe die Schießübungen nie ganz fallen lassen, wie Sie es gethan/ sagte der Arzt kurz.

Nun, mir ist's gleich/ sagte der Oberst, «vorausgesetzt, daß Sie mich nicht dabei haben wollen. Werden Sie heute wieder in den Zirkus gehen, Bede?"

«In der That ich möchte wohl gehen/

«Für mich hat es keinen Reiz/ entgegnete Brandreth, «eS war für mich ein schreckliches Schauspiel. Sahen Sie den letzten Sprung, den der Löwe that, gerade als der Mann hinausging? Es war schrecklich!"

«Da stimme ich mit Ihnen überein" sagte Bede, «aber trotzdem ist eS für ein geübtes Auge eine interessante Studie/

«Studie, wovon?" sagte Missis Brandreth. «Diese armen Löwen haben kaum Platz, ihre Glieder zu bewegen."

«Ich dachte nicht an die Löwen," erwirderte er ruhig.

«So, an den Mann selbst? Ja, es muß viel Mut erfordern."

«Wunderbaren Mut," sagte er. «Der größt« Mut vor allem liegt in dem Besiegen der eigenen Angst."

«Arthur/ wandte sie sich jetzt an ihren Gatten,willst du wieder Plätze für die heutige Vorstellung nehmen?"

Obgleich der Colonel lieber ruhig daheim geblieben wäre, so war doch ihr Wunsch sein Befehl, und er that, wie sie es wollte.

Der ZirkuS war am Abend überfüllt. Die Zettel kündigten an, daß es un­widerruflich die letzte Vorstellung des berühmten Löwenbändigers sei, bevor er sich eine Zeit lang aus dem öffentlichen Leben zurückzöge. Die Aufregung war sehr groß, das Publikum pfiff und stampfte, und klatschte fortwährend Beifall. Dem Direktor war das nicht recht, er kam mehrere Male in die Arena und beobachtete ängstlich das unruhige Publikum. Er war ein humaner Mann und als er wieder herauskam, flüsterte er dem Clown zu: .Wenn sie nicht ruhiger werden, lasse ich Condor nicht hinaus/

Eisie ritt prachtvoll. Sie sprang durch ein halbes Dutzend Reifen, so daß. die Amazone Jenny, welche sie beobachtete, dachte: «Arme Seele, sie reitet für ei» Encvre, um den schrecklichen Moment hinzuziehen!" Man applaudiert heftig. Der Clown begann sein gewöhnliches Zwischenspiel, um die Paufen auszusüllen.

Man machte für den Löwenkäfig Platz, der Direktor erschien. Er sah bleich aus. hielt seine Rede ernster und eindringlicher, wie gewöhnlich. Dennoch war das- Publikum nicht zu bemeistern.

Draußen stand Condor fertig, Elfie neben ihm. Man hörte ein Rollen, ein dumpfes Schnauben und Schnarchen erfüllte die Lust, die wilden Bestien wurden- herringerollt.

Thu' es heute schnell, Condor," sagte Albert, «und wenn irgend welche Schwierigkeit, so lege dich nicht nieder."

«Unsinn/ sagte Will, «was würde das Publikum dazu sagen, e» ist heute nicht anders, wie sonst. Nun, Elsie?"

Sie sah ihn an, eine unbeschreibliche Angst im Blick, dann küßte sie ihn schnell! und folgt« ihm, trotz ihres CirkuSkofiümS bi» zum Thor«. (Schluß folgt.)-