brannt. Bei dem herrschenden Sturme war das in der Nähe befindliche Rathaus in größter Gefahr. Der Abgebrannte ist schlecht versichert.
Ulm, 13. Dez. In der gestrigen Versammlung der hiesigen Deutschen Partei berichtete Rechtsanwalt Schefold über die Landesversammlung vom 6. d. M. in Stuttgart, insbesondere über den dort von I)r. Göz gehaltenen Vortrag betr. die Verfassungsreform. Seine eigene Ansicht über diese Frage skizzierte Rechtsanwalt Schefold in nachfolgender Darlegung: Jeder Versuch, an Stelle der Privilegierten in der 2. Kammer Vertreter der Industrie und Landwirtschaft zu setzen, sei völlig unhaltbar und aussichtslos. Das Volk sei viel eher geneigt, die Privilegien der Geburt und der Bildung zu ertragen als das Privilegium des Besitzes. Ebenso gut könnten dann auch die Arbeiter ihre Vertretung fordern; denn es widerstrebe der Zeit, in einer reformierten Kammer ein einseitiges Privilegium des Kapitals zu etablieren. Wolle man aber in der 2. Kammer neben die Gewählten des direkten Wahlrechts Vertreter der verschiedenen wirtschaftlichen Interessen setzen, so bekomme man ein Gemenge von politischer und wirtschaftlicher Vertretung, was ein Unding sei. Bei Versetzung der Privilegierten von der 2. in die 1. Kammer sei die unabweisliche Konsequenz die reine Volkskammer. Ein Mittelweg wäre etwa: Vermehrung der städtischen Abg. bei entsprechender Verminderung der jetzigen Privilegierten. Allein nachdem vr. Göz, in einer großen Parteiversammlung, offenbar in Uebereinstimmung mit der Mehrheit seiner Fraktionsgenossen, die Parole der reinen Volkskammer ausgegeben habe, so werde wohl dieses entschiedene Programm auch den Sieg in der deutschen Partei erringen.
Magdeburg. Haussuchung und Beschlagnahme. — In Folge eines seitens der Firma H. Underberg-Albrecht in Rheinberg bei der hiesigen Staatsanwaltschaft gestellten Strafantrages beschlagnahmte heute Morgen die Criminalpolizei bei einer größeren Destillationssirma in der Neustädterstraße mehrere hundert, den echten Underbergschen nachgebildete Boonekamp-Etiquetten, die vorrätigen gefüllten und mit diesen Et Duetten beklebten Flaschen, sowie die Geschäftsbücher. Der zur Herstellung der Etiquetten dienende Stein wurde bei einem Lithographen in der Prälatenstraße ebenfalls konfisziert. Die Geschäftsinhaberin und der Geschäftsführer sowie der Lithograph werden sich wohl demnächst vor der hiesigen Strafkammer wegen Markenschutzvergehens zu verantworten haben.
Stettin, 14. Dez. Der Kaiser ist heute vormittag 11'/- Uhr mit Sonderzug von Schwerin hier eingetroffen und hat sich unter dem Jubel der Bevölkerung zu Wagen nach Bredow begeben. Die Stadt ist festlich geschmückt, das anfangs regnerische Wetter hat sich aufgeheitert. — In Bredow traf der Kaiser in Begleitung des Prinzen Heinrich ein, taufte
auf der Werst des „Vulcan" das ueue Panzerschiff „Weißenburg", zur Erinnerung an den „Heros einer großen Zeit", seinen hochseligen Vater Friedrich III., der auf dem Schlachtfelde von Weißenburg den ersten Sieg für die Einigkeit Deutschlands erstritt. Der Kaiser erinnerte weiter in seiner Ansprache an den Tag des Jahres 1874, wo der erste deutsche Panzer von der Hand seiner Mutter getauft worden sei. — Zum Diner waren die Generalität, die Spitzen der Behörden, sowie Direktion und Aufsichtsrat der Gesellschaft „Vulcan" geladen. Der Kaiser verließ Stettin um 8'/, Uhr unter lebhaften Zurufen der Bevölkerung. Die Stadt war glänzend illuminiert.
Mailand, 13. Dez. Heute nacht ist die große, 22,000 Webstühle enthaltende Baumwollspinnerei Valsesiana in Gazzaniga bei Bergamo vollständig abgebrannt. Der Schaden beläuft sich auf nahezu eine Million.
London, 11. Dez. Der Londoner Gewerkrat hielt gestern eine Sitzung, um eine Abordnung der streikenden deutschen Buchdruckergehilfen zu empfangen. Die Deligierten sind Emil Döblin, der Präsident des deutschen Buchdruckerverbands, und Keifler. Der Sekretär des Gewerkrats teilte mit, daß derselbe einen Appell an alle engl. Gewerkvereine richten wolle, die deutschen Streiker zu unterstützen. Auf nächsten Montag ist ein großartiges Sympathiemeeting anberaumt; einstimmig wurde der Beschluß genehmigt, alles aufzubieten, die deutschen Buchdruckergehilfen mit Geld zu unterstützen, da der Streik einen der wichtigsten Kämpfe des Arbeiterstands auf dem Festland bilde.
Vermischtes.
Eiffel-Turm in London. Der Ingenieur Sir Benjamin Baker hat dem Syndikat, welches sich gebildet hat, um einen Eiffel-Turm in London zu erbauen, gemeldet, daß die Fundamente fertig sind. An der Spitze des Unternehmens steht der englische Eisenkönig Sir Edward Watkin, nach dem der Turm auch seinen Namen erhalten wird. Das Syndikat wird das Publikum jedoch erst im Frühling zur Zeichnung von Aktien einladen, da die Wintermonate nicht als günstig betrachtet werden. Der Turm wird in Wembley Park zu stehen kommen, wo das Syndikat das nötige Land sehr billig erworben hat.
Bell 'sche Fernsprecher. Wie aus Chicago geschrieben wird, sollte im nächsten Jahre der Fernsprecher freigegeben werden, weil das Bell 'sche Fernsprecherpatent 1892 erlischt. Nun erfährt die Geschäftswelt zu ihrem lebhaften Mißvergnügen, daß es diesem Monopol-Inhaber gelungen ist, sich die Herrschaft über die Vereinigten Staaten für weitere 17 Jahre zu sichern. Die Bell-Gesellschaft hat nämlich soeben eine Erfindung patentieren lassen, ohne welche der Fernsprecher heutzutage nicht denkbar ist. Dieses neue Patent wird von heut ab 18 Jahre giltig
sein. Im offenbaren Einverständnis mit guten Freunden. im Patentamt zu Washington haben die Fernsprecher- Millionäre die Erteilung dieses Nebenpatents 14 Jahre lang hinauszuschieben gewußt. Nirgends saugen die Monopole das Publikum erbarmungsloser aus als in Amerika, und nirgends finden sie in den „maßgebenden" Kreisen leichter willige Helfershelfer als im Lande der Freien.
Literarisches.
Eine außerordentliche Ueberraschung hat das verbreitetste deutsche Familienblatt die „Gartenlaube" ihren Abonnenten durch Herausgabe einer prachtvoll ausgestatteten Weihnachtsnummer bereitet. Es berührt anheimelnd, hier das schönste Fest der deutschen Familie nach allen seinen Beziehungen zum Gegenstand anziehendster Schilderung in Wort und Bild gemacht zu sehen. Da führt uns eine große Kunstbeilage, in Tondruck nach einer effektvollen Zeichnung Zicks, einen Heidenapostel vor, der den alten Deutschen das Weihnachtsevangelium verkündet, ein reizendes Farbdruckbild nach Blume-Siebert führt uns auf die Weihnachtsmesse, wo zwei Landmädchen ein Weihnachtsgeschenk für den Schatz kaufen, unv eine fein empfundene Komposition von Heinrich Lefler versetzt uns mitten hinein in den Jubel einer Weihnachts-Kindervorstellung. E. Wuttke-Biller erzählt unter dem Titel „Wie ich Großmutter wurde" eine gemütvolle Weihnachtsgeschichte, Hans Bösch steht mit uns „Am Kinderspieltisch unserer Voreltern" und zeigt, was sie ihren kleinen zum Feste zu bescheren pflegten; seine Ausführungen und namentlich auch die beigegebenen Nachbildungen alter Illustrationen haben zugleich ein kulturgeschichtliches Interesse. Den „Mummenschanz der deutschen Weihnacht" schildert Dr. Alexander Tille und Emil Pesch kau fesselt uns durch sein Weihnachtsgeplauder." — Im Blick auf diese Fülle des Inhalts ist es dankenswert, daß die Verlagshandlung der Gartenlaube (Ernst Keil's Nachfolger in Leipzig) den Bezug dieser Weihnachtsnummer auch für Nichtabonnenten ermöglicht hat, zu dem billigen Preise von 35 (einschließlich Porto) für die einzelne Nummer.
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als Wasebmiitsl bedienen, veil dureb beeidigte 6be- miker kestASStellt ist, dass diese die beste, dis xu- träAÜebste, dis mildeste aller existierenden Leiten ist. >Vie man dureb käst alle mindervertiKSn Leiten raube, rissige, talti^s Laut davouträ^t, so gewinnt man kier
sedöQSll Isillt, tvsisss Haut, krisostös ^.usssstsv.
Dis kraxs ob junx ob alt, ob kriseb ob velb, lisxt also meistens in der IVabl der Leite. Kuu bandelt! Dosrivs's Leits ist ä 42 ?tg. xu baben in 6s.lv bei: -Vkislancl L ?üsidsrsr, Lite ^xotbeke; I. 2. Na^or; ü. Sänssr. Dnxros-Verkant: ?su1 Vksiss L 2is., Stuttgart.
gierig die langen Hälse und schnatterten sich ihr Erstaunen über die ungewohnte Erscheinung zu als zwei Damen in hübschen, einfachen Reisekleidern aus dem knarrenden Gitterthor traten, das den nach alter Sitte hart an der Kirche liegenden Gottesacker umfriedigte. Die Eine von Ihnen war eine freundlich blickende Matrone mit ergrautem Haar und gütigem Gesicht; ihre Begleiterin aber hätte man auf den ersten Anblick hin wohl kaum für mehr als zwanzig Jahre alt gehalten, wenn nicht junges Herzeleid und früher Kummer einige feine Linien um Mund und Augen in das schöne Antlitz eingezeichnet hätten. Sie bot der älteren Dame mit töchterlicher Aufmerksamkeit ihren Arm, und sie durste hier in der That die Führung übernehmen, denn der Boden, auf dem sie standen, war ja die Stätte ihrer Kinderspiele gewesen, und es war, soweit der Bezirk de» Dorfes reichte, kein Wiesenfleckchen und kein Wegstein da, den sie nicht kannte.
„Wie dankbar bin ich Ihnen, liebste Mama Hertenstein, daß Sie in diese Reise willigten und mir die Möglichkeit gewährten, meines armen Vaters Grab noch einmal wiederzusehen!' sagte sie mit herzlicher Aufrichtigkeit. „Ich habe mir im Stillen schon manchen Vorwurf über meine Selbstsucht gemacht, denn die Gegend, in der ich meine Kindheit und meine glücklichen Mädchenjahre verlebte, hat am Ende nur sür mich ihre unübertrefflichen Reize. Alle Anderen mag sie wohl flach und öde erscheinen, und Sir, liebste Mama, hätten Ihre redlich verdienten Ferien in Thüringen oder am Rhein sicher viel vergnüglicher hingebracht, al» im unwirtlichen Norden."
Die alte Dame schaute zärtlich auf ihre junge Gefährtin.
„Nicht doch, meine gute Felicitas! Ich wünschte mir so lange» Ihnen eine Freude zu machen, und nun bin ich glücklich, daß es mir gelungen ist. Auch darf ich Ihnen aus ehrlichem Herzen sagen, daß ich dir Umgebung Ihrer Geburtsstötte ganz reizend finde."
FelicstaS erhob den Kopf und ließ von der kleinen Höhe au», auf dtr sie standen, ihren Mick umherschweifrn. Ein wehmütige» Lächeln huschte um ihre Lippen.
„O, es war einst um Vieles schöner hier", sagte sie. „Jene Hügel dort waren mit dichtem, prächtigem Forst bedeckt, und bis an die Ufer des Flusses hinab zogen sich Kornfelder und Wiesen. Von den häßlichen roten Fabrikgebäuden und den qualmenden Schornsteinen war damals nichts zu sehen, und man konnte recht wohl träumen, daß man we't, weit entfernt sei von der Welt mit all' ihrem bunten Treiben."
„Unsere arbestssreudige Zeit ist nun einmal solchen Träumereien abholt, liebe Felicitas. Vielleicht ist diese Umgestaltung, die Sie so häßlich finden, schon Vielen zum Segen geworden."
Die junge Witwe seufzte und schwieg. Einem unwiderstehlichen Antriebe folgend, schlug sie den Weg ein, der nach ihrem Vaterhause fühlte. Als sie vor dem Parkchor standen, hatte Frau Hertenstein einige Bedenken.
„Wird es auch gestattet sein, hier einzutreten?" fragte sie. „Das Alles hat ein so herrschaftliches Aussehen. Vielleicht wohnen da sehr vornehme Leute, die sich nicht gerne stören lassen."
Aber Felicitas konnte sich die Erfüllung des lange gehegten Herzenswunsches nicht versagen.
„Man wird zwei harmlose Frauen nicht gleich hinauswerfen", tröstete sie. „Ich weiß zwar nicht, wer jetzt der Besitzer von Dreilinden ist; aber ich habe Vertrauen in seine Ritterlichkest, denn der Park scheint noch schöner gepflegt zu sein, als er jemals zu Papas Zellen gewesen."
Die oste Dame sah wohl «in, daß ihr ein weiterer Widerspruch wenig geholfen hätte, und so schritten sie denn beherzt durch das schmiedeeiserne Thor über die breiten, wohlgehaltenen Kieswege dahin.
Und je weiter sie kamen, desto Heller und freudiger glänzten Feliclla»' Augen, desto höher röteten sich ihre Wangen.
(Schluß folgt.)