slLL-

sMMNI

ckrsau.

MLW

V» : .14- -, °

Ä'i» >j

^A8!

i-W: 8 -

7«>'.A»r -F- 'Ä'2

MMyMM

LMM

M 142.

Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw.

66. IahrMg.

Erscheint Dien«t»g, Dvnnerttag und Samttag. Di« EtnrückungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung » Psg- die A-ile, sonst iS Psg.

Dienstag den 1. Dezember 1801.

Abonnementspreis vierteljährlich in der stadt -0 Pfg. urd SO Pfg. Trägerlohn, durch die Poft bezogen Mk. 1. 16 , sonst i« ganz Württembero Mk. 1. 36.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Ortsvorsteher

werden daran erinnert, daß die mit besonderem ober' Etlichen Erlaß vom 31. März 1888 einverlangten Notizen auf IS. Dezember d. I. hieher zu liefern sind.

Calw, den 27. November 1891.

K. Oberamt.

Supper.

Deutsches Reich.

Berlin, 28. Nov. Im Reichstag wird bie Etatsberatung fortgesetzt. Abg. Buhl (natl.) stimmt den gestrigen Ausführungen des Reichskanzlers v. Caprivi zu, ausgenommen was die Maßregeln in Posen betrifft. Die Nationalliberalen würden den Forderungen für die Stärkung der Wehrhaftigkeit zustimmen, da sie darin die größte Stärkung der Friedensaussichten erblickten. Abg. Bebel (Soz.) spricht gegen maßlose Rüstungen. Die Schutzzollpolitik rufe die Notlage hervor, und vermehre die Krank­heiten und Verbrechen. Die heutige bürgerliche Ge­sellschaft sei auf einen Sumpf gebaut und werde den Untergrund abgeben für eine neue Gesellschaft. Abg. Dr. v. Frege (cons.) findet, daß der Bundesrat den Mat bereits äußerst sparsam abgefaßt habe. Die Mittel für die Stärkung der Wehrhaftigkeit müßten bewilligt werden.

Berlin, 27. Novbr. lieber die Reichstags­rede Caprivi's schreiben die Münch. N.: Herr v. Caprivi hat heute in oas deutsche Parlament eine Sitte eingeführt, die ihm bisher fremd war, er hat bei der Etatsberatung ein geradezu erschöpfenves

Bild seiner Amtsführung und eine umfassende Dar­stellung der allgemeinen Lage gegeben. Vor diesem Ereignis, und die Rede des Kanzlers war in jedem Betracht ein Ereignis, muß die Etatsrede des Reichs­schatzsekretärs, ebenso wie die des freisinnigen Abge­ordneten Rickert vollständig in den Schatten treten. Man kann das behaupten, ohne Herrn». Maltzahn oder Herrn Rickert zu kränken.

Herr Rickert hatte den bekannten Aufsatz des Herrn Dr. Arendt imFreikonservativen Wochenblatt" gestreift. Kaum hatte er seine nahezu zweistündige Rede vollendet, da erhob sich der Reichskanzler. Laut­lose Stille herrschte im Saale. Die etwa 80 an­wesenden Mitglieder des Bundesrates gruppierten sich um den Tisch des Präsidenten, die Mitglieder des Reichstages rückten zum Stenographenpalt vor, auf allen Mienen lagerte gespannte Erwartung. Der Reichskanzler begann sofort mit der xiscs äs rssistanes, dem Artikel des Wochenblattes. Erst scherzend wie im Plauderton, dann mit der Materie ernster und ernster werdend, verteidigte er seine Politik mit wahren Keulenschlägen gegen dieZeitungsschreiber", die überall Schwäche und Halbheit, Mutlosigkeit und Beunruhigung sähen und säen. Wenn er jeden Satz mit der Frage schloß: was ist da für ein Grund, sich zu beunruhigen? zuckte es mit leiser Ironie um seine Lippen und als er warnend und kampfesmutig zugleich die Stimme gegen dasunterirdische Gewühl der Zeitungsschreiber" erhob und an Ort und Stelle ein freies, offenes Heraustreten verlangte, da war er offensichtlich sich seines guten Rechtes und seiner ehrlichen Absichten so vollbewußt, daß es wie eine Art Frohlocken klang.

Das Haus quittierte lachend über den guten

Humor, in den der Kanzler schon den ersten Teil seiner Rede getaucht, und es entwickelte sich die an­genehme Stimmung, die des Redners Fähigkeiten befruchtet und steigert. Der Kanzler schilderte nun das Unglück, das ihn bei der Lektüre von Zeitungs­artikeln verfolge; habe er sie geendet, sei er regelmäßig so klug wie zuvor. Greifbare Vorschläge, begründete Anklagen gebe es nirgends, lauter subjektive Hirn- gespinnste ohne eigentlichen Hintergrund, die zu Ueber- treibungen aller Art führten und überall nur lähmend wirkten. Am Schlimmsten in der auswärtigen Politik. Der Reichskanzer bekennt sich hier rückhaltlos zu dem Prinzips der Offenheit und Wahrheit. Mit feiner Pointierung aher fügt er bei: Selbstverständlich braucht man dabei dem Nach­barn sein Herz nicht auf dem Präsentierteller ent­gegenzutragen, aber man braucht auch Andere nicht zu täuschen. Dem modernen Zeitungsleser geht das freilich wider den Strich. Erwill Sensation. Liefert die Regierung sie nicht, so ist das wieder eine Gelegenheit sich zu beunruhigen, ganz gleich, ob die Thatsachen Anlaß dazu bieten oder nicht. Die Worte des Kanzlers:Ich bin vielmehr felsenfest davon überzeugt, daß der russische Kaiser die friedlichsten Absichten von der Welt hat", machten auf das Haus einen außerordentlich tiefen Eindruck. Und als der Redner beifügte, gerade das wieder erwachte Selbstgefühl Frankreichs, das die Entrevue bewiesen, sei eine Garantie für die fran­zösische Regierung, die stark und pflichtbewußt genug geworden sei, um alle Zwischenfälle vermeiden zu können, und mit leichter Ironie alle Gründe zur Beunruhigung nach dieser Richtung zerstreute, da waren ersichtlich selbst Die zufrieden, denen er in dem-

1: 11 6 1 9 . Nachdruck verboten.

Der Schiffbruch derFelicitas".

Erzählung von Ferdinand Herrmann.

(Fortsetzung.)

Gute Nacht, mein bester Sarnow! Und glückliche Reise!" sagte Röhrs­dorf auf der Treppe unter nochmaligem Händeschütteln.Ich habe also Ihr Ehren­wort, daß Sie vor Ihrer Abfahrt gegen Niemanden des Inhalts jener Unglücks­depesche Erwähnung thun werden! Morgen morgen sind Sie natürlich dieses Wortes entbunden."

Er kehrte in sein Arbeitszimmer zurück, und der junge Direktor verließ das festlich erleuchtete Haus. Fast bereute er die gegebene Zusage, denn es regte sich eine Stimme in seinem Innern, die ihm sagte, daß der General-Konsul offenbar ein ganz besonderes Interesse daran gehabt habe, ihn gerade in diesem Augenblick von hier zu entfernen; aber er betrachtete sich nun einmal als an das verpflichtete Wort gebunden und machte sich bereit, seine Vorkehrungen für die Reise zu treffen.

5.

Die Gäste des Herrn Hugo Röhrsdors hatten ihren allverehrten Wnt nie­mals heiterer, gesprächiger und liebenswürdiger gefunden, als in dieser Nacht. Nach der Unterhaltung mit Sarnow war er in die glänzenden, von geputzten Menschen erfüllten Gemächer zurückgekehrt mit der ruhigen, lächelnden Miene eines Mannes, der viel eher eine Freudenbotschaft als eine Unglücksnachricht erhalten hat. Felicitas' hatte bei seinem Wiedererscheinen ihre Blicke angstvoll auf sein Gesicht gerichtet, wie wenn sie dort eine Erklärung finden könnte für Sarnow's verstörtes Benehmen aber er hatte ihr freundlich zugenickt und dabei ein klein wenig mit den Achseln gezuckt, als ob er damit sagen wollte:Wie lächerlich war es doch, mich um solcher Kleinigkeit willen zu belästigen!"

Nachdem er dann einen der Lohndiener zu sich herangerufen und ihm mit ge­dämpfter Stimme einen Auftrag erteilt hatte, gab er sich ganz seinen Pflichte» als Gastgeber hin, bald hier einem der Herren ein munteres Scherzwort zurufend, bald dort einer Dame ganz gegen seine Gewohnheit ungelenke Schmeicheleien sagend. Und noch glänzender offenbarte sich seine gute Laune, als er von der Spitze der mit wahrhaften Schätzen von Silber und Krystall beladenen Tafel her in witziger Rede unter beifälligster Heiterkeit der Gesellschaft seine Gäste begrüßte. Bon allen An­wesenden sah nur Felicitas, die ihre drückende Unruhe und Sorge umsonst zu be­mustern suchte, wie eigentümlich dabei seine Mundwinkel zuckten und wie heftig das Blut in den Adern seines Halses klopfte.

Dann erhvb sich unter allgemeinem feierlichen Schweigen der angesehenste Mann der ganzen Gesellschaft, der Herr Bürgermeister und Senatspräsident, mit gefülltem Glase zu einem Trinkspruch. In schmeichelhaften Worten sprach er von den hohen Verdiensten, die sich der General-Konsul um die Allgemeinheit erworben. Sei doch namentlich wie neue australische Dampferlinie, die man als seine größte und glänzendste Schöpfung ansehen müsse, ganz darnach angethan, den Ruhm der alten Handelsstadt zu bewähren, daß ihre Söhne noch immer die Ersten auf allen Meeren seien. Aller Augen seien im Geiste auf das herrliche Fahrzeug gerichtet, das wie eine schwimmende Burg, unangreifbar für Sturm und Wellen, von ge­schickten Händen sicher an allen Klippen vorübergeleitet, wohl gerade jetzt unter der stolz im Winde wehenden Flagge der Vaterstadt in den australischen Hafen einge­laufen sei. Wie wäre eS möglich, daran zu zweifeln, daß das Seemannsglück alle­zeit bei derFelicitas" sein werde, trage sie ihren Namen doch nach der schönsten, anmutigsten und glücklichsten Frau an der ganzen Tafelrunde. Und so erhebe er denn sein Glas, um auf das Wohl der beiden Felicitas zu trinken, der lebendigen, wie der leblosen, an deren Jeder nicht nur der verehrte Gastgeber, sondern die ganze Stadt ihren Stolz und ihre Freude haben.

Die Rede war kein Meisterwerk von Klarheit und Gedankentiefe. Da sie aber