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Kreise des Vereines zu feiern, der seinen Namen führe, und daß er seine Mutter, die lange Jahre hindurch nicht auf Schloß Lichtenstein gewesen, da treffe; schließlich begrüßte er den neuen Vorstand K. Seitz aufs freundlichste. Das Fest, bei dem es an patriotischen Ansprachen und Gesängen nicht fehlte, fand Abends 7*/- Uhr sein Ende. Der Herzog verkehrte 2 volle Stunden in der leutseligsten und liebenswürdigsten Weise mit den Kameraden. Er reiste noch gestern Abend nach Stuttgart, in nächster Woche geht er ins Manöver. Unser Ehrenmitglied Fürst Karl von Urach wird in 10—14 Tagen von Spitzbergen wieder hier eintreffen.
Hochdorf (Vaihingen), 30. Aug. Frhr. Alb- recht v. Tessin, Majoratsherr hier, K. Kammerherr k. k. Rittmeister a. D-, der am 25. d. Mts. abends 8'/, Uhr nach kurzer Krankheit an einer Herzlähmung gestorben ist, wurde am Freitag mittags 3 Uhr beerdigt. Der Trauergottesdienst wurde im Schlosse gehalten. Zum Beginn und Schluß desselben gab die Militärkapelle des Dragonerregiments in Ludwigsburg die Trauermusik. Der Ortsgeistliche hielt eine ergreifende Rede. Der mit Palinzweigen und Kränzen überaus schön geschmückte Sarg, welcher den Entschlafenen in sich aufnahm, wurde von Mitgliedern des Gemeinderats und von Gutspächtern getragen. Demselben folgten zunächst die vier Söhne des Freiherrn, dann die weiteren Verwandten und sonstigen Leidtragenden, darunter der Hofmarschall und der Adjutant Seiner Königl. Hoheit des Prinzen Wilhelm und viele Mitglieder des ritterschaftlichen Adels. Auch mehrere Bezirksbeamte waren anwesend. Die Beteiligung der Ortseinwohner an der Begräbnisfeier war eine sehr zahlreiche. Die Feuerwehr bildete Spalier. Auf dem Weg zum Friedhof und am Grab sang der hiesige Gesangverein und spielte die Kapelle. Der Geistliche sprach Gebet und Segen. — Baron Albrecht war sehr freundlich und leutselig gegen jedermann und daher von allen geliebt und verehrt. Er hat ein Alter von 71 Jahren erreicht und war bis zuletzt noch körperlich und geistig sehr rüstig.
Sontheim a. d. Brenz, 30. Aug. Daß die Schwalben im unteren Brenzthal noch nicht an das Heimwärtsziehen denken, wie aus andern Gegenden des Landes berichtet wurde, beweist folgender Umstand: Als der Bauer I. M. Mack auf dem zu hiesiger Gemeinde gehörenden Schwarzenwanger Hof gestern Morgen in der oberen Stube seiner Wohnung die Wanduhr aufziehen wollte, gewahrte er auf derselben ein frisch gebautes Schwalbennest, in welchem die Schwalbenmutter auf 5 frisch gelegten Eiern brütete.
Ebingen, 1. Sept. Spaziergänger beobachteten gestern Abend halb 7 Uhr am östlichen Himmel ein prächtiges Meteor, das unter starker Lichtentwicklung niederging. Zuerst als gewöhnliche
Sternschnuppe sichtbar, vergrößerte sich der Feuerballi rasch auf einen für das Auge etwa. 1 Meter groß, erscheinenden Durchmesser und die feurige Kugel zeigte dabei sich zuerst unten blau und oben gelblich gefärbt, bis sie nach wenigen Sekunden unter, dem Horizont: verschwand.
Friedrichshafen, 3.1. Aug: Das Befinden Seiner Majestät des Königs hat sich im Laufe der letzten Augustwoche im Ganzen befriedigend erhalten. Die Beschwerden und Störungserscheinungen, seitens des Unterleibs bleiben in Abnahme begriffen. Ein Fieberanfall ist nicht wieder eingetreten. Die Erholung Seiner Majestät schreitet zwar langsam, aber in letzter Zeit glücklicherweise ohne ernstliche Unterbrechung vorwärts.
Friedrichshafen, 30. Aug. Gestern abend ist dem württembergischen Dampfboot Christof, als es kaum den Hafen von Rorschach verlassen hatte, ein Unfall zugestoßen, der es unfähig machte, die Weiterfahrt hieher auszuführen. Der Bruch einer Radschaufelstange hatte im Gefolge, daß auch eine Exzenderstange entzweiging, die, bis die Umdrehungen aufhörten, im Radkasten und in der Schiffsküche unter tollem Gepolter allerlei zerstörte, namentlich auch Schüsseln und Teller. Der Kapitän benahm sich sehr besonnen und rief den vorbeifahrenden Schweizer Dampfer an, der die Reisenden aufnahm und wohlbehalten hier landete.
Karlsruhe, 31. Aug. Die 4. Wanderversammlung des deutschön Zentralvereins für Bienenzucht, verbunden mit einer Ausstellung bienenwirtschaftlicher Gegenstände, wurde gestern-mittag. 12 Uhr in Anwesenheit eures Vertreters der Großherzogin,, der Gönnerin des Vereins, vieler Geladenen und einer großen Anzahl von Bienenfreunden durch den Präsidenten des landwirtschaftlichen Zentralvereins, Herrn Klein aus Wertheim, feierlich eröffnet. Redner gab dem Bedauern Ausdruck, daß die Großherzogin wegen Schonung ihrer Augen nicht anwohnen konnte, entwarf sodann ein Bild von den Bestrebungen des- Vereins, der sich immer besser entfalte, zeichnete in kurzen Andeutungen die verschiedenen Entwicklungsstufen der Bienenzucht von Anfang an und dankte allen, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben. Im Auftrag der Regierung begrüßte Freiherr von Rüdt die Versammlung, im Namen des Stadtrats hieß Oberbürgermeister Lauter die Gäste willkommen. Die Schülerkapelle, welche die Feier mit. mit einem Marsche eingeleitet hatte, spielte nunmehr die Volkshymne, worauf das Ergebnis der Preisverteilung unter die Beschicker der Ausstellung verkündigt wurde. Während die Eröffnungshandlung in dem Zuschauerraum des Stadtgartentheaters vorgenommen wurde, ist die Ausstellung selbst in der Halle untergebracht. Dieselbe, schon am
Chur, Thusis, durch die Via mala über den St.
Bernhard und Bellinzona gemacht, die Rückreise nach zweitägigem Aufenthalt in Mailand über den Simplon Brieg, das Rhonethal entlang nach Vevey, Bern und Zürich, wo die Radfahrer in vier Tagen anlangten.
Nach mehrtägigem Aufenthalt m Zürich trennten sie sich, worauf Freund am 21. Aug. morgens seine Reise fortsetzte und am 22. Aug. abends in Cannstatt eintraf, während Schurr wegen eines Bruches an seinem Rade mit der Bahn hieher zurückkehrte.
Terrot mußte die ganze Rückreise mit der Bahn machen, da ihm bei Mailand das Rad gebrochen war.
Eßlingen, 1. Sept. Der evangelische Kirchengesangverein für Württemberg, welcher bekanntlich in den letzten Tagen in Calw seine Hauptversammlung abhielt, hat u. a. auch unseren Mitbürger, den rühmlichst bekannten Orgel-Komponisten und kirchlichen Tondichter Herrn Professor Fink zum Ehrenmitglied ernannt. Schw. R.
Tübingen, 31. Aug. In vergangener Nacht wurde hier ein Bubenstreich verübt, der leider den offenbar beabsichtigten schlimmen Erfolg hatte. In der Belthlestraße wurde ein Stein mitten in den Weg gewälzt, fo daß ein Fuhrwerk, das über denselben wegging, umstürzte. Hiebei wurde einer Person der Arm zweimal gebrochen. Auch zwei weitere Personen erlitten Verletzungen. Ein der That Verdächtiger ist verhaftet.
Honau, 31. Aug. Der hiesige Kriegerverein Wilhelm, Graf von Württemberg, Herzog von Urach feierte am Sonntag Nachmittag auf Lichten st ein das Sedansfest, nachdem am Morgen Böllerschüsse dasselbe angekündet und ein gemeinsamer Kirchgang von Seiten des Vereins stattgefunden hatte. Da seit einigen Tagen Herzog Wilhelm daselbst weilt, so wollte er, als der Protektor des Vereines, seine Anwesenheit daselbst nicht vorübergehen lassen, ohne mit demselben in einer geselligen Vereinigung in persönliche Beziehungen zu treten. Vor dem Schloßhof empfing er in Uniform den Verein mit seiner neuen Fahne um 3'/, Uhr, worauf Vorstand K. Seitz den Rapport erstattete. Nun begab sich der Herzog mit dem Verein in das weithin als gastfreundlich bekannte Forsthaus zu unserem Ehrenmitglied, Oberförster Seitz, wo Vorstand K. Seitz den Protektor des Vereines aufs herzlichste bewillkommnete und auf ihn ein Hoch ausbrachte. Sofort hielt Herzog Wilhelm eine Ansprache, in welcher er klar und überzeugend darlegte, wie die Schlacht bei Sedan vor allen andern entscheidend für die Geschichte und Entwicklung unseres deutschen Vaterlandes und der Wendepunkt in jenem großen, glorreichen Kampfe gegen unseren Erbfeind gewesen ist. Hierauf gab er seiner Freude darüber Ausdruck, daß es ihm vergönnt sei, dieses Fest im
Sterbliche! Ich kenne die Grenzen dessen, was ich mir zumuten darf, gut genug, und ich will diesem armen Kleinen seine Liebe vergelten, so weit ich's kann!"
Alice setzte die Schnur eines Klingelzuges in Bewegung, und der eintretende Joseph führte den Professor in das kleine Giebelzimmer der im Schweizerstil gebauten Villa. An Raum war hier freilich kein Ueberfluß, aber die Aussicht war unvergleichlich schön und die Einrichtung bei aller Einfachheit anheimelnd und traulich. Aber Raimund sah in dieser Stunde nichts von alledem, nichts von dem duftigen Strauß voll erblühter Rosen auf dem Tische und nichts von den vielen kleinen Aufmerksamkeiten und zierlichen Ausschmückungen, durch die eine feinfühlige weibliche Hand auch über den anspruchlosesten Raum einen Schimmer von Anmut und Behagen auszubreiten weiß. Er bemerkte nicht einmal, daß ihm der Diener in seiner geräuschlosen Weise die erbetene Erfrischung, aus Wein und Bisquits bestehend, gebracht hatte, und als er dann nach langem, düsterem Hinausstarren in die duft- umwobene abendliche Landschaft die silberne Platte und das lockend funkelnde Rebenblut in der geschliffenen Caraffe gewahrte, kam es ihm garnicht in den Sinn, sich davon zu bedienen. Er begnügte sich damit, sein Gesicht in kaltem Wasser zu baden und seinen Anzug zu ordnen.
Dann schickte er sich an, auf seinen Posten zurückzukehren. War auch die herbe Enttäuschung, welche er soeben erlebt hatte, keineswegs überwunden, so hatte er sich doch in dem kurzen, schweren Kampfe wieder zu jener Klarheit des Denkens und Empfindens hindurch gerungen, deren Niemand weniger evtraten darf, als der Arzt, welcher in der Sorge um das ihm anvertraute Leben volle Vergessenheit finden muß für sein eigenes Leid.
Wie langsam schleichen doch die Stunden einer Nacht dahin, wenn man sie voll angstvoller Spannung am Leidensbette eines geliebten Wesens verbringen muß«
Die Wärterin war für diese Nacht jeden Dienstes enthoben, und der Professor hatte auch Alice gebeten, sich zur Ruhe zu begeben, da er in ihrem feinen Gesicht Spuren von Abspannung zu bemerken glaubte. Aber sie hatte seinen Vorschlag mit ruhiger Bestimmtheit abgelehnt, und er hatte nicht weiter versucht, ihren Entschluß zu ändern. Nun saßen sie schon stundenlang einander gegenüber, und eS war bisher nur wenig zwischen ihnen gesprochen worden. Auf Nordenfeld'S aus
drücklichen Wunsch hatte man nicht nur das Fenster, sondern auch die Glasthür offen gelassen, die auf eine kleine, dem See zu gelegene Terrasse hinaus führte, — und der märchenhafte, sinnbestrickende Reiz der italienischen Mondnacht wob seine duftigen Zauberschleier nicht nur draußen über dem See, dessen silberblirchende Fläche weithin sichtbar war, sondern auch drinnen in dem kleinen, durch eine rote Ampel nur matt erleuchteten Gemache. Ein linder, wohlthuender Windhauch trug zuweilen den würzigen Geruch der Blumen zu dem schönen jungen Menschenpaare hinein und dickleibige Nachtschmetterlinge flatterten über ihre Häupter hinweg. Wie unaussprechlich selig hätten sich zwei Liebende in dieser weltabgeschiedenen Einsamkeit, inmitten dieser berauschenden Umgebung fühlen müssen, und wie teilnahmslos ließ, diese Beiden all' die schmeichelnde, Blut und Sinne erhitzende Pracht des Südens.
Der Zustand des kranken Kindes wechselte beständig zwischen unruhigem Halbschlummer und qualvollem Wachen. Der sieberische Schlaf brachte keine Erquickung, und mit einem herzzerschneidenden Weheruf fuhr der Knabe gewöhnlich aus demselben empor. Dann wendete er das heiße, schmerzende Köpfchen leise weinend von der einen zur andern Seite, und erst wenn Nordenfeld'S klangvolle, tröstende Stimme beruhigende Worte sprach, wurde er still und ergab sich voll geduldigen Vertrauens auf Onkel Raimunds Hilfe in sein Leiden. Des Professors Geschick in der Behandlung des kleinen Patienten und der wundersame Einfluß seiner Persönlichkeit auf das Gemüt des Kindes mußten Alicens Vertrauen und ihre halb erstorbene Hoffnung auf's neue beleben. Die herzliche Freundlichkeit, mit der sie dem berühmten Arzt, dem künftigen Gatten ihrer Schwester, vom ersten Augenblick an begegnet war, verwandelte sich immer mehr in eine Art von andächtiger Verehrung, und ihre Blicke hingen an seinem Antlitz mit einer Aufmerksamkett, als könne sie dort seine Wünsche und Weisungen lesen, noch ehe er sie ausgesprochen.. In der That genügte oft ein Wink, eine leise Bewegung, um sie seine Absicht erraten zu lassen, und mit einer Behendigkeit und Sicherhett, als ob sie nicht erst seit wenig Stunden, sondern fest vielen Tagen unter seinen Augen und nach seinem Willen thätig gewesen sei, verrichtete Alice dann die kleinen Hilfeleistungen, deren er begehrte.
(Forts, folgt.)