und die wunderbare Mannigfaltigkeit der dortigen Tierwelt schilderte, entstand hier in einem kleinen Kreise energischer und thatenfroher Männer der Plan, seinem Mahnrufe:Auf nach Spitzbergen!" Folge zu leisten. An Ort und Stelle wollten sie die Rich­tigkeit jener begeisterten Schilderungen wissenschaftlich prüfen und seststellen, pb jene noch wenig erforschte Inselgruppe durch ihren Reichtum an Kohlen und Fischen, an Vögeln, Eisbären und Renntieren in der Thal sich dazu eignet, für den deutschen Handel eine neue Quelle lohnenden Erwerbes zu werden. Unter­setzt durch das wohlwollende und hohe Interesse, welches S. K. H. Prinz Wilhelm der Sache schenkte, durch den Opfermut eines reichen Mitbürgers, welcher die großen Kosten des Unternehmens freiwillig über­nahm, und durch die Mitarbeit wissenschaftlicher Auto­ritäten war der Plan bald zur Ausführung fertig. Der zu diesem Zwecke gecharterte schöne Dampfer Annie, welcher zu einer solchen Reise besonders her­gerichtet und mit der Takelage eines Schooners ver­sehen ist, gesteuert durch einen in den Polargegenden vertrauten Kapitän sticht spätestens am 25. d. M. in Bremerhafen in See. Mit Kapitän Bade und dem Schiffrheder, sowie einem technischen Bergbeamten gehen von hier aus in See Fürst Karl von Urach, Kammerherr Dr. Max Graf v. Zeppelin, Prof. Bauer und als Schiffsarzt Dr. F. Faber. Möge das Unternehmen einen glücklichen Ausgang nehmen und einen reichen Erfolg bringen. Wir aber rufen aus den grünen Thälern der Heimat in das unend­liche Meer hinaus den Scheidenden zu:Auf Wieder­sehen !"

Stuttgart, 23. Juli. Gestern wurden zwei Hausknechte eines hiesigen Handlungshauses wegen mehrfachen Diebstahls festgenommen. Einer derselben hat sich in letzter Nacht im Polizeiarrest erhängt. Die an demselben angestellten Wiederbelebungsversuche blieben ohne Erfolg.

Fellbach, 22. Juli. Die erste Frucht des Landmanns, die Geld ins Haus bringt, sind nächst den Kirschen die Kartoffeln. Diese werden besonders in Rommelshausen als wirklicher Handelsartikel an­gebaut; so sind gestern von dort 7080 Handwägen mit Frühkartoffeln nach Cannstatt und Stuttgart verbracht worden, was einem Gesamtquantum von 200 Zentnern und einer Geldsumme von etwa 1000 ^ entspricht. Wenn auch der Preis etwas sinkt, so haben doch die Leute 23 Wochen lang eine sichere Einnahme. Mit der nächsten Woche wird die Getreideernte ihren Anfang nehmen. Die Halme sind höher, die Aehren und Körner so vollkommen wie voriges Jahr. Mit der zweiten Bespritzung der Weinberge, in welches Geschäft sich der Wein­gärtner nächstens ebenso eingelebt hat, wie in jede andere Weinbergarbeit, ist vor etlichen Tagen allge­mein begonnen worden; auch viele Kartoffeln werden bespritzt.

Reutlingen, 22. Juli. Schwäbisches Landesschießen. Mit dem gestrigen ebenfalls

vom Wetter außerordentlich begünstigten dritten Tag hat das XIH. Württ. Landesschießen, das in jeder Hinsicht aufs schönste verlief, sein Ende erreicht. Vom Schützentag am Montag erwähnen wir noch des Toastes auf Se. Maj. den König, ausgebracht von L.-O.-Sch.-M. Föhr. Im Anschluß daran wurde an Se. Maj. den König ein Huldigungstelegramm abgesandt, worin ihm der Dank des Bundes für die herrliche Ehrengabe und die innigsten Wünsche für Sr. Maj. Gesundheit mit der Versicherung unwandel­barer Treue und Anhänglichkeit dargebracht wurde. Oberbürgermeister Benz trank auf das Wohl der Festgäste, Frhr. v. Palm-Eßlingen auf die Reut- linger Schützenbrüder, Oberschüzenmeister Elwert- Reutlingen auf den Württemb. Landesschützenverband. Rupp - Reutlingen läßt die treuen Schwaben Amerikas hochleben, die durch Redakteur Heerbrandt in New- Hork eine so schöne Ehrengabe spendeten und dadurch ihre treue Anhänglichkeit an das alte Vaterland be­kundeten. Bausch-Cannstatt toastete auf Landes- oberschüzenmeister Föhr als Mitgründer, langjähriger verdienter Vorstand und Förderer des Bundes. Mauser- Oberndorf hatte von Bukarest ein Begrüßungstelegramm gesandt. Bei der Neuwahl des Landesausschusses wurden Föhr und Mauser als Landesoberschüzenmeister bezw. Stellvertreter wiedergewählt, ferner als weitere Ausschußmitglieder St o h r e r - Stuttgart, Frhr. v. Palm-Eßlingen, Wenzel-Heilbronn, Bausch-Cannstatt, Reitz-Hall. Auf Bausch's Antrag wurde beschlossen alle 2 statt bisher 3 Jahre ein Landesschießen abzu­halten und als nächste Feststadt für 1893 Eßlingen gewählt. Das Festspiel in der Bundeshalle fand Montag abend vor ausverkauftem Haus statt; viele Schüzengäste konnten leider keinen Zutritt mehr finden. Die heitere Handlung der Einakter im Wechsel mit Vorträgen der Stadtkapelle, mehrere hübsch ge­stellte lebende Bilder unterhielten die Anwesenden ausgezeichnet und brachten der Theatergesellschaft Urban verdienten Beifall ein. Heute liegen von gestern und vorgestern noch folgende Schießergebnisse vor. Weitere Becher haben geschossen: Mößner-Eßlingen, Treiß, E. Burkhardt, W. Rall sämtlich von Eningen, R. Wandel, A. Wandel, F. Schwandner, Oberschützen­meister Elwert (2 Becher) sämtlich von Reutlingen, Eugen Reiniger, A. Stohrer, C. Baur, Berrer, Joh. Wohl, E. Stegmaier, F. Lenzler, sämtlich von Stuttgart; Barth-Balingen; L. Stützel-Aalen; H. Neffler-Wehr i. Bad. Strauß-Cannstatt H. Rupf- Tübingen, H. Völker-Crailsheim, Deffner-Eßlingen; Dauner-Geislingen, Metzger-Eßlingen; Gerst- und Wiest-Neu-Ulm, Maurer-Schramberg, Laun-Jtzelberg; Seyfried-Rottweil, Mergenthaler-Hall, Holzapfel- München, Hummel-Oehringen, Cloß-Wildbad, Gunzen- hauser-Heidenheim; F. H. Bumiller-Hechingen. Folgende Preise wurden heute festgestellt, die Ehren­gabe S. M. des König (Pokal) erhält auf Feldfest­scheibe Württemberg Friedrich Schäfer-Tübingen,

20 Punkte, II. Preis, Pokal der Schützengilde Stutt­gart Weiger-Oberndorf. I. Preis auf Standfestscheibe Reutlingen" Carl Barth-Balingen, II. Preis Feld­festscheibe, Staudenmeyer-Geislingen. Feldmeistersch: I. Pr. Herrmann-Dillingen (Pokal) Rob. Wandel- Reutlingen 1 Heerbrandtscher Becher. Jndustriescheibe

I. Pr. R. Käß-Backnang (Pokal) der Neutl. Gilde,

II. Pr. Bräunina-Oberndorf, III. Reitz-Hall, IV. Pr.. Krick-Stuttgart, V. Pr. Frick-München. Standmeister­scheibe : I. Pr. Frick-J.-München (Pokal), Th. Elwert- Reutlingen ein amerik. Pokal; Jagdscheibe, C. Pfund-- Mannheim. Einen wahrhaft großartigen Abschluß erhielt das Schützenfest gestern abend durch die italienische Nacht auf dem prachtvoll beleuchteten Siberschen Keller unter Mitwirkung der Vereine Liederkranz und Männer­gesangverein, sowie der Städtischen Kapelle unter Musikdirektor Baamanns. Die gediegenen Gesangs­vorträge der beiden Vereine, wie die Leistungen der Kapelle fanden beifälligste Ausnahme. Auf etwa 12 Breacks und Landauern machten heute früh 7 Uhr ca. 100 Teilnehmer den Ausflug in die festlich be­leuchtete Nebelhöhle, Lichtenstein und Honau. Nach deren Rückkunft findet die Preisverteilung auf dem Festplatz vor dem Gabentempel statt. Die meisten der zahlreichen Schützen und Festgäste hat uns wieder verlassen, alle aber sind wie sie gerne bei jeder Gelegenheit versicherten voll Lob und Dank über ihren hiesigen Aufenthalt die vielfachen Genüsse und angenehmen Eindrücke und der schönsten Erinnerungen an die Feststadt Reutlingen in die Heimat zurück­gekehrt.

Vom oberen Neckar, 21. Juli. Im Laufe der vergangenen Woche dürfte die Heuernte in unserer Gegend endlich allgemein beendigt worden sein. Die Beschaffenheit des Erträgnisses, das sehr naß ausge­wachsen war und zu etwa einem Drittel zudem noch stark verregnet wurde, läßt manches zu wünschen übrig: dagegen ist die Quantität eine überaus reiche und kommt der vorjährigen gleich. Zu schönen Hoffnungen berechtigt der Stand der Halmfrüchte. In seltener Ueppigkeit prangte das Sommergetreide und auch die Winterfrucht hat sich, dank dem vielen Regen des Frühlings und Vorsommers, in ungeahnter Weise erholt. Nur an wenigen Stellen hat man über etwas dünnen Stand zu klagen. Prachtvoll steht der Reps, desgleichen die Kartoffeln; schönen Frucht­ansatz zeigt ferner der Hopfen. Da endlich auch die Obstbäume wenigstens einen mittleren Ertrag ver­sprechen, so sieht der Landmann mit Zuversicht der Zukunft entgegen.

Backnang, 22. Juli. Der gestern hier ge­haltene Monatsmarkt hatte eine außerordentlich starke Zufuhr zu verzeichnen. Gegenüber den in den Vorj. gehaltenen Märkten, die 800900 Stück zählten, waren gestern gegen 1100 St. zugeführt, und zwar 289 Paar Ochsen, 308 St. Kühe und 205 St. Stiere und Rinder. Bei der zahlreichen Anwesenheit der Unterländer Käufer ging der Handel besonders in Fettvieh und Fuhrochsen äußerst gut, doch war auch der Umsatz in den andern Gattungen von Belang.

mirt hat. Ich beschwöre dich, eile gleich nach deiner Rückkehr von Petersburg zu mir, ich bedarf dringend deines Schutzes, deines Rates. Wie die Sachen hier stehen, sollst du mündlich erfahren. Immer und ewig deine Armgard."

Richard las das kurze Schreiben wieder und wieder, als könne er seinen In­halt nicht fasten. Dann erinnerte er sich plötzlich des Briefes seines Onkels und riß diesen in fliegender Eile aus.Mein lieber Neffe," las er,dein totgcglaubter Bruder ist in Rauhcneck erschienen und die von ihm mitgebrachten Legitimations­papiere lasten keinen Zweifel an der Identität seiner Person mit Ferdinand zu, für die auch schon seine entschiedene Aehnlichkeit mit meinem verstorbenen Sohne ge­nügendes Zeugnis ablegt. Sein Gesicht zeigt ausgesprochener als das deinige die Rauheneckschen Familienzüge; so wie er würde mein Hans aussehen, hätte er sein Alter erreicht. Ich kann nicht von dir verlangen, daß du die Rückkehr des Bruders, der nun selbstverständlich in alle deine Rechte tritt, mit Freude begrüßest, aber ich erwarte von dir, daß du dich mit ruhiger Ergebung in die veränderten Verhältnisse fügst und nicht versuchst, Armgard zu einem thörichten und nutzlosen Widerstand gegen meinen Willen zu bewegen, dann werde ich dir auch stets ein freundwilliger und im Fall der Not mit Rat und That bereiter Verwandter sein. Eberhard von Rauheneck." Richard preßte die Hand gegen die fieberheiße Stirn.Wache oder träume ich," murmelte er,mein Bruder lebt und kehrt zurück! Ich kann und kann es nicht glauben! Irgend ein Betrüger hat meinen Onkel zu täuschen gewußt o, daß ich nur schon in Rauheneck wäre, um ihn zu entlarven! ..."

Zum ersten Mal in seinem Leben fand er es schwer, sich der militärischen Disziplin zu fügen und die Tage, welche er noch mit seinem Chef in Petersburg zubringen muhte, erschienen ihm endlos. Er hatte den General gebeten, ihm gleich nach der Rückkehr in die Garnison wegendringender Familienangelegenheiten," einen kurzen Urlaub zu geben, und dieser, ein Richard sehr wohlgesinnter Vorgesetzter, welcher erriet, daß diesedringenden Familienangelegenheiten' wenig erfreulicher Art für seinen jungen Begleiter waren, gestattete demselben, sich schon in L. wo die Bahn in der Richtung nach Rauheneck sich abzweigte, von ihm zu trennen und direkt dorthin zu fahren. Da Richard das Glück hatte, den gerade in L....

abgehenden Nachtzug zu erreichen, so konnte er, statt, wie er Armgard geschrieben, am Donnerstag, schon am Dienstag bei ihr sein, ein Zeitgewinn, der ihm unter den obwaltenden Verhältnissen sehr viel wert war. Aber je näher er seinem Ziel kam, um so mehr stieg seine Unruhe und Bangigkeit. Er hatte bisher mit Sicherheit an­genommen, jener Fremde, der sich seinen Bruder nannte, müsse ein Betrüger sein; aber wenn er nun wirklich der war, für den er sich ausgab, würde Armgard dann die Kraft haben, dem Willen des Vaters zu trotzen und ihm ihre Treue bewahren? Er erinnerte sich daran, daß sie, obgleich ihr Herz so entschieden für ihn sprach, doch bereit gewesen, dem Befehl des Vaters zu gehorchen und seinem Bruder, wenn er auf den erlassenen Aufruf zurückgekehrt wäre, ihre Hand zu reichen. Freilich war die Sachlage jetzt eine andere; damals war ihre beiderseitige Liebe eine unausge­sprochene geblieben, und sie hatte ihn in Jahren nicht wiedergesehen, heute war sie seine verlobte Braut und er hatte ein heiliges Recht auf ihre Treue. Aber wie oft er sich das auch sagte, immer wieder stiegen wieder quälende Zweifel in ihm auf und er hätte der Zeit Flügel geben mögen, um diese peinvollen Stunden der Unge­wißheit und der Erwartung zu kürzen. Endlich war das Ziel seiner Fahrt erreicht; aufatmend sprang er aus dem Waggon und machte sich, da auf der kleinen Station ein Wagen nicht zu haben war, zu Fuß auf den Weg nach dem zwei Stunden ent­fernten Rauheneck. Er hoffte, daß es ihm gelingen würde, Armgard, welche bei schönem Wetter die Morgenstunden meist im Freien zubrachte, allein im Park zu treffen und mit ihr Rücksprache nehmen zu können, ehe er dem Manne, der sich seinen Bruder nannte, entgegen trat. Wirklich sah er, als er das kleine Pförtchen öffnete, das aus dem Wald in den Par! führte, Armgards Helles Kleid durch die Büsche schimmern. Er eilte ihr rasch nach und rief ihren Namen. Bei dem ersten Ton seiner Stimme wandte sie sich mit einem Freudenschrei um und lag im nächsten Augenblick schluchzend an seiner Brust. Er blickte voll Besorgnis in ihr bleiches Gesicht, besten zuckende Lippen und dunkel umränderte Augen chm sagten, daß sie in der kurzen Zeit ihrer Trennung viel gelitten haben mußte.

(Forts, folgt.)