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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw.

66. Iahrgim-.

Erscheint Di en S t a g , Donnerstag und SamStag. I Die EtnrüÄungSgebühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Donnerstag, den 16. Juli 1891.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt »0 Psg. vnd 20 Pfg. Trügerlohn, durch die Post bezogen Mk. 1., sonst i» ganz Württemberg Ml. 1. SS.

Amtliche Bekanntmachungen.

Die Räudekrankheit unter der auf der Markung Althengstett laufenden Schafherde des Heinrich Söll ist wieder erloschen.

Calw, den 15. Juli 1891.

K. Oberamt. Schüller, stellv. Amtmann.

Deutsches Reich.

Berlin, 13. Juli. Es heißt, Reichskanzler v. Caprivi werde im September den Kaiser nach Wien begleiten. Fürst Bismarck ge­denkt, erst den 20. Juli nach Kissingen zu reisen. DieVossische Zeitung" meldet aus London: Bei einer Audienz sagte der Kaiser gestern:Sie dürfen jedermann sagen, daß ich höchst entzückt bin. -Es war ein Empfang, den ich daheim erwartet haben dürfte, aber nicht im Auslande.

Heldenthat deutscher Seeleute. Amerika­nische Zeitungen sind voll Lobes der Heldenthat deut­scher Seeleute, die unter besonderer Lebensgefahr 14 englischen Seeleuten das Leben gerettet haben. Wir entnehmen dem schlichten Berichte des Kapitän Georg von Hugo vom deutschen DampferSophie" in derNordsee-Zeitung" darüber das Folgende: Der deutsche TankdampserSophie" aus Geeste­münde, Kapitän Georg von Hugo, verließ Cardiff am 2. Juni Morgens in Wasserballast nach Newyork und passierte am 3. Juni morgens an der Südküste von Irland Fastnet-Rock-Feuerturm. Während eines fürchterlichen Sturmes, der uns u. a. das Backbord-

Rettungsboot und alle losen Sachen auf dem Verdeck zertrümmerte, sahen wir am 10. Juni 7 Uhr morgens auf ungefähr 43 G. nördl. Breite 42 Gr. westl. Länge ein treibendes, die Notflagge zeigendes Schiff. Wir hielten darauf zu und fuhren ganz in die Nähe. Das in Not befindliche Schiff war die englische Bark Exils" von St. Johns (New-Brunswick.) Das Schiff war voll Wasser und trieb auf seiner Holz­ladung; Groß- und Besanmast war über Bord ge­gangen, trieben längseits und hatten die Leeseite der Bark ganz offen gerissen. Das Verdeck war unter Wasser und ganz kahl, die Bote über Bord geschlagen. Die Mannschaft hatte sich auf das Hinderdeck gerettet und dort festgebunden. Ich ließ sofort unser zweites Rettungsboot fertig machen, doch weigerten sich meine sämtlichen italienischen Matrosen, in dieses zu gehen, da die See zu hoch und gefährlich sei. Ich ließ nun dieSophie" wieder dicht an derExile" vorbei laufen und rief den Leuten auf letzterer zu, ich würde in ihrer Nähe bleiben und sofort, wenn es etwas besseres Wetter würde, sie mit einem Bote versuchen an Bord zu holen. Es wehte dann den ganzen Tag und die folgende Nacht orkanartig, und die See lief höher wie zuvor. Am Morgen des 11. Juni mit Tagesanbruch hatten wir dieExile" verloren, doch fand ich die Bark nach vierstündigem Hin- und Her­fahren wieder und beschloß nun, die Rettung der armen Schiffbrüchigen auf jeden Fall nun zu ver­suchen. Ich ließ das zweite Rettungsboot unter Kommando des ersten Steuermanns Heinrich Mayer bemannen, und zwar durch den zweiten Steuermann S. Mayer, den Bootsmann Karl Mensing, den Zimmermann Heinrich Blifernicht und den Schiffskoch Heinrich Schmidt, ich selbst ging ans Steuerruder und legte dieSophie" quer vor die Wetterseite des

Wracks, und zwar so, daß die Breitseite unseres Dampfers das ganze Operationsfeld so viel wie an­gängig vor den heranlaufenden Seebergen schützte. So gelang es uns mit vieler Mühe von 8 bis 11 Uhr vormittags, erst 7 und dann wieder 7 Mann der Besatzung und einen Hund von Bord des Wracks an Bord derSophie" zu bringen, wo dann für Unterkunft und gute Verpflegung der Geretteten ge­sorgt wurde. Nachdem wir unser Rettungsboot wieder aufgehißt und eingenommen hatten, setzten wir unsere Reise nach Newyork fort. DieExile" hielt 934 Registertons. Sie kam mit Holz beladen von Pensacola (Florida) und wollte nach Amsterdam. Das Schiff hatte Deckladung, die ihm im Cyklon vom 8./9. Juni übergegangen und ins Treiben geraten war und die dann vereint mit den fürchterlichen Seen die Masten über Bord gearbeitet und das Schiff leck und zum Wrack gemacht hatte. Die Besatzung bestand aus Kapitän George I. Pearce, zwei Steuerleuten und elf Mann. Am 18. Juni langten wir glücklich in Newyork an und wurden die Schiffbrüchigen von mir der weiteren Fürsorge des englischen Konsulats überliefert."

Ausland.

London, 14. Juli. Nachdem der offizielle Empfang gestern nachmittag mit der Ankunft des Kaisers von Windsor sein Ende erreicht, beabsichtigt das Kaiserpaar nun inkognito zu reisen. Der Kaiser drückte gestern in Hatfield Lord Salisbury seine außer­ordentliche Befriedigung über den enthusiastischen Empfang aus, welcher alle Erwartungen übertroffen habe. Heute abend versammelte sich auf dem Wege zum Buckinghampalast und nach Dudleyhouse, wo der Kaiser bei Lady Dudley dinierte, eine große

2: 6 11 1 i i i 11. Nachdruck verboten.

Die Spionin.

Roman aus dem russischen Nihilistenleben.

Nach den Aufzeichnungen eines Petersburger Polizeibeamten.

Von Willibald Mencke.

(Fortsetzung.)

Als er auf dem Newski-Prospekt angelangt war, stieg er aus und schlug den Weg zur Millionenstraße ein. Er war schon in der Nähe des Goluboff'sche« HauseS angelangt, als ihm der Gedanke kam, daß er nicht so gekleidet war, um in dem Hause des Millionärs erscheinen zu können. Und doch fühlte er das Bedürfnis, das Mädchen aufzusuchen, in dessen Nähe allein er den Frieden seiner Seele fand.

Er blieb zaudernd stehen und sah sich nach einem Schlitten um. um seine Wohnung aufzusuchen und dort seine Toilette zu machen.

( In demselben Augenblicke kam ein Schlitten, der dicht hinter ihm gefahren War. und de» er bisher nicht bemerkt hatte, ganz nahe an ihn heran, und in dem Maftne, der darin saß, erkannte er

l- Ja, das war der Rote. Er sah zwei funkelnde Augen ihm entgegenblicken, er sah einen Arm gegen sich erheben, er Hütte den RufVerräter!" an sein Ohr klingen

Dann knallten rasch hintereinander zwei Schüsse. Er empfand etwas wie leichten Stich durch seinen Oberarm und die linke Seite seiner Brust stressend, l»1i>^rr fühlte, wie das warme Blut an seinem Körper herabrieselte.

Dann taumelte er zur Seite, es wurde schwarz vor seinen Augen und er sank auf die Treppe des HauseS nieder.

Dann war es ihm wieder, während noch eine bleierne Schwere auf seinen Augen lag, so daß er sie nicht öffnen konnte, als flüsterte eine liebe Stimme ihm Worte ins Ohr, dir ihm so süß, so unendlich süß klangen.

Stirb mir nicht, Geliebter. Ich habe ja nichts in der Welt, das ich so liebe, als Dich! Ich will nicht mehr leben, wenn ich Dich nicht mehr habe. Stirb mir nicht, Alexander!"

Endlich konnte er die Augen aufschlagen; er sah in ein holdes, thränenüber- strömtes Gesicht, das über ihn geneigt war.

Du liebst mich und ich sollte sterben?" flüsterte er mit matter Stimme.

Er fühlte zwei warme Lippen auf seinem Munde. Dann schwanden ihm wieder die Sinne.

* * *

Wie Vieles hat sich in dem fürstlichen Palais am englischen Quai geändert! An dem Pottal steht ein Schweizer in reicher Livree, die auf dem breiten Ledergutt das in Silber aufgenähte fürstliche Wappen zeigt. Die breite Freitreppe, die zum oberen Stock emporführt, ist mit Teppichen belegt und mit Marmorfiguren gesck mückt. An die vier Zimmer des Fürsten, die er früher bewohnte und die noch die alte Einrichtung zeigen, schließt sich jetzt eine lange Flucht mit behaglichem Luxus aus­gestatteter Räume. Zuweilen huscht ein reich gallonierter Bedienter über oen Korridor; im klebrigen ist eS in dem großen Palais noch immer so still, wie es früher hier war.

Früher und reicher als draußen in der vom Winterschlaf erwachenden Natur hat sich der Frühling in dem prachtvollen Wintergatten eingestellt. Hier und da zeigen sich neue Anlagen und die Fülle der tropischen Pflanzen erscheint noch ver­mehrt zu sein. Die Azaleen und Camelien stehen >m vollen Flor, die Rosenbüsche wuchern bereits mit hundert Knospen und der Wohlgeruch, der mit dem Dunst der Blumen die weiten Räume durchzieht, hat doch nichts Berauschendes; im Hinter­gründe hat das große Glasdach hier und da seine Pforten geöffnet, durch die mit dem Hellen Lichte des Tage« die frische Frühlingslust ihren Einzug hält. Diese Lust, di« sich von dem reineren Himmel der Newagegend herabsenkt, das Wasser, da» in der großen Fontaine verdunstet und die AuSathmung der Tausende von Pflanzen, die hier ihr« jetzt üppiger treibende Blätterfalle ausftrrcken, Alles ver-