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93. Jahrgang.

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Deutschland im neutralen Lichte.

In derTägl. Rundschau' schildert Oberst Ezli, der bekarwle miliiärische Mitarbeiter der .Basier Nachttchttn', dessen Wohlwollen für Deutschland außer Frage steht, sein« Eindrücke tn Deutschland und schreibt!

Auf einer Reise, die mich in den letzten Wochen dmch weite Seiftet- Deutschlands geführt Hst. hatte ich Erlegen- heit, mit vielen Menschen der verschiedensten Stände zu- sammerzukowmen Mit Ei staunen muß ich erkennen, wie auch heute noch die allgemeine Lazs des Reiches immer noch falsch beurteilt wird und wie nur verhältnismäßig wenige erkannt haben, an welchem Abgrund Deutschland heute steht. Namentlich in den Arbeiterklassen kann man sich noch immer nicht von der.Anschauung trennen, daß sich va» Proletariat anderer, auch der feindlichen Länder, für die deutschen Arbeiter einsetzen werde. Die große Masse der deutschen Arbeiter denkt nicht national, sondern glaubt immer noch an die Inlernolionale! Darin hat das völlige Versagen des Proteststreiks gegen den Gewaltfrieden in den Eutentkländern nichts ändern können. Durch die jahrelange Propaganda der Arbeiterführer ist die Solidarität mit den Arbeftsm aller Staaten so in di« Köpfe der deutschen Arbeiter hineingehämmert worden, daß sie sich von diesem Wahn noch immer nicht haben frei machen können.

Allerdings geschieht auch wenig, um die Wahrheit über di« Lage zu verbreiten. Die Arbeiterblälter, dir Sch unter­wegs los. verschweigen gerade da» Wesentliche, daß die ganze Zukunft Deutschlands davon abhängt, daß der deutsche Arbeiter wieder zur Arbeit zurückkrhrt und seine maßlosen und wahnwitzigen Forderungen aus dar im Rahmen der Gesamtwirtschaft Erreichbare beschränkt. Statt Vernunft zu predigen, fahren sie fort, zu Hetzen, denn nur fo glauben sich die Führer halien zu können: Unkenntnis der tatsäch­lichen Lage. Unklarheit und Gewissenlosigkeit arbeiten in trautem Verein«. Geht da« so weiter, so kann «ine weitere Verschlimmerung der inneren und äußeren Verhältnisse Deutschland« gar nicht ausbleiben. .

Unterdessen treibt das Staatsschiff Deutschlands immer melier nach links. Die Anschauung ist in weiten Kreisen verbreitet, daß zuerst noch eine Regierung der unabhängigen Sozialisten eintreten müsse, bevor eine Besserung möglich ist. Erst wenn auch diese ihre Unfähigkeit bewiesen habe, werde eine Umkehr zur Vernunft eintreten. Vrvor man alio an die Wiederherstellung des Beschädigten und Zer­störten gehen will, sei das Wenige, das geblieben ist, denen auszuliesern, die es ganz sicher noch völlig zugrunde richten wrrden. Nach dem Zusammenbruch von 1918 soll eine nochmalige Katastrophe eintreten. Erst wenn diese über­wunden sein wird, hofft man auf Besserung.'

Mittwoch den 27. August

Tagesrreuigkeiteu.

Die Heimkehr a«S England.

Homburg o. d. H. 26. Aug. Vom Stab der Truppe Rhein wird über die Rücksührug der in England befind­lichen deutschen Kriegsgefangenen gemeldet: Nach Mittei­lung des englischen Armeeoberkommandos an den deutschen Grneralstadiosfizter des Brückenkopfs Köln wird die Rück­führung der deutsches in englischer Hand befindlichen Kriegs­gefangenen voraussichtlich um den 30. August beginnen. Bei der Abnahmekommission Köln-Deutz dürfte etwa alle zwei Tage ein Bshniranrport von 2000 Kriegsgefangenen eintreffen. Es ist beabsichtigt, die Züge abwechselnd den Durchgangslagern Giesen und Meschede zuzuleitrn.

Ebert i» München.

München. 26. Aug. DieKorrespondenz Hoffmann" meldet noch über den Besuch des Reichspräsidenten Eberl und de» Reichswehrministers Noske u. a. > Beim Mittag­essen erhob Ministerpräsident Hoffmann da« Glas aus ein treues Zusammenarbeiten Bayrrns mit dem Reich für all« Zeit. Der Reichspräsident trank qus da« Wohl Bayerns. Er führte aus, daß er selbst Süddeutscher sei und es als seine vornehmste Aufgabe betrachte, dis Süddeutsche Eigen­art, soweit es nur immer die Reichsverfaffung Masse, zu wahren und zu fördern. Er gedachte der schweren Bedräng­nis der Pfälzer in diesem Augenblick mit d-m Wunsch, daß dte Pfalz für immer ein unlöslicher Bestandteil Bayrrns bleibe.

Französische Trrrpperrverstärkarrge» i» -er Pfalz.

Berlin. 26. Aug. Nach demBerliner Tageblatt" finden seit einigen Tagen neue französische Trupprnoerstär- kungen in der Pjslz in bedeutendem Umfang statt. Dte meisten bisherigen Garnisonen wurden erheblich verstärkt. Uebeidies wurde kn 16 Ortschaften des Bezirks Speyer, in denen bisher keine Truppen lagen, Militär untergebracht.

Deutschland und Frankreich.

Versailles, 25. Aug. Der Sonderberichterstatter des Matin in Deutschland, Julius Sauerwein, zieht das Fazit aus seinen Unterredungen, dir er kn Weimar mit deutschen Ministern, Politikern usw. hatte und erklärt. Frankreich» Ausgabe müsse es sein, Deutschland bei seinem Wiederauf­bau zu helfen, dss Milderungen der Friedrnrbedingungen zu erlangen suche. Um dies zu erreichen, werde Deutsch- land den Nachweis sichren, daß es nicht imstande sei, di« ihm auferlegten Berpflichln.igen restlos zu erfüllen. Jedes Ministerium ln Deutschland müsse unterstützt wrrden. das Lurch rfte Tat beweise, daß es seine Absicht sei. alle mili­taristischen Bestrebungen und den Reoarmrgrdanken zu bekämpfen, und -ke ehrliche Absicht hat, die Frankreich

1919.

schuldige Wiedergutmachung an die Spitze seines Programm« zu setzen. Um an diese« Ziel zu gelangen, müsse Frank­reich als diplomatische Vertreter fähige, der Sprache und des Lande« kundige Leute nach Deutschland senden.

Unsere Gefangenen.

Berlin. 25. Aug. Nach der Germania haben 13 aus der Fulda« Bischöfe Konferenz anwesende deutsche Bischöfe einen Protest gegen die Zurückbehaltung der deutsche» Krieg,gefangenen unterschrieben, in welchem es u. a. heißt, Noch immer weigern sich die Ententemächte, besonders Frankreich, trotz der Beendigung des Kriege» und entgegen allen Grundsätzen der Zivilisation ft»« unsagbaren Leiden von 800000 Kriegsgefangenen Deutschen ein Ende zu be­reiten. Wir sprechen offen unsre Entrüstung aus üb« diese« himmelschreiende Unrecht. Die Angehörigen der Kriegsgefangenen mögen überzeugt sein, daß von uns jeder nur mögliche Weg beschritten wird, um zu erreichen, daß die Fortsetzung der unmenschlichen und widerchristlichen Handlungen der Ententeregierungen gegen die armen Opfer der Gefangenschaft endlich eingestellt werden.

Erk!är«ugeu Hoovers.

Amsterdam, 25. Aug. Laut.Telegraas «klärt« Hoo- oer, der im Begriff ist nach Amerika zurückzukehren, in einer Unterredung mit einem Korkspondevlen der .Time»', infolge d« bevorstehenden Ernte sei die Lebensmittellage in Europa für einige Monate wenig« ernst. Die Frage der Versorgung Europas mit Lebensmitteln. Steinkohlen und anderen Lebensbrdürsniffen könne jedoch nur dadurch gelöst werden, daß wieder wir vor dem Krieg gearbeitet werde. Mehr Arbeit und mehr Erzeugung, da» ist dte große Frage der kommenden Jahre.

DaS Ende der alte» bayerische» Armee.

Berlin, 26. Aug. Der bisherige bayerische Minister für militärische Angelegenheiten, Schn>>ppeahorst. erließ einen Aufruf an die bayerisch« Armee in dem es nach der .Voss. Zeitung' zum Schluß heißt: Bon heute an tragen Eure Fahnen Schwarz Rot> Sold, die Wahrzeichen der Freiheit und der Demokratie. An diesen haltet fest in echter baye­rischer Treue. Da» sei der letzt« Gruß an dte alte baye­rische Armee.

Amerikawische Hilfe für Oberfchlefie».

Berlin, 26. Aug. Einem Berichterstatter de« .Ber­liner Lokalanzeiger»' erklärte Kapitän Starter, Chef der amerikanischen Lebensmittelkommtsfion und Mitglied der alliierten Bngbaukommisfion in Oderschlefien, die weitver­breitete Ansicht, Amerika wolle sich in Oderschlefien fest- setzen und die Kohlenseld« auskausen, sei rein« Unfinn.

Original-Noman von Käte

L u b o w s k i.

14) ('Nachdruck verboten.)

Es mar aber auch neben ihr jemand, der sie hielt! Der Mann, der sie, ohne darum zu fragen hierher ge­leitet . . .

In dem nämlichen Augenblick, der ihr dies zum Be­wußtsein brachte, war der Wirbel schon vorüber. Sie konnte wieder denken und klar blicken und wußte nun auch, was geschehen, ohne das Flüstern der Schwester: Pro­fessor Wilke war tot!

Und sie neigte sich über die erkaltete Hand und .streichelte sie . . . Dann ging sie aus dem Sterbezimmer rin den Frühlingstag hinaus, der jetzt schweigsamer ge- ? worden . . . wiederum neben Georg Pirl dahin. Willig .über! sie ihm die Hand, nach welcher er griff . . .

: S.e stand abseits von aller Wirrnis. 'Niemals war

, es so klar und licht in ihr gewesen, als jetzt.

. Sie wollte ihr Leben nicht einsam beschließen ... sich -die Hand, an welche sich die ihre in letzter Stunde klam- smern könnte, beizeiten sichern. Darum erwiderte sie jetzt i deren Druck und fühlte sich stark genug mit dem, der ihn »empfing, ein gemeinsames Leben zu bauen,

H Es war keine Leidenschaft, die ihre Sinne umhüllte.

§ Es war nur Wunsch, Wille und Glaube!

> Der Wunsch zu beglücken! Der Wille, sich vom Glück

-finden zu lassen und der unerschütterliche Glaube, der nur in der letzten Zeit von anderen! scheinbar Stärkerem unterdnickt gewesen:

Eine Frau kann alles, was sie will!'

... So schritten sie dahin! '

Ans Stein und Lehm wuchsen irgendwo ein paar gärtnerische Anlagen empor, die ihnen mit grünenden Sträuchern entgegensahen.

Mitten drinnen standen sie still.

Hella Holtmanns Gesicht war rosenrot und ihre Augen gl amten . . . Da geschah es, daß sie Georg Pirls Maut ward!

Nun wußte es auch Ferdinand Großer.

Er saß einen Augenblick ganz - still, duckte den Kopf zwischen den Schultern und fuhr mit dem Rechenstift kreuz und quer über ein Blatt, das noch unbeschrieben war, während Helea Holtmann ohne Gereiztheit auf das wartete, was er auf ihre Mitteilung zu erwidern habe. Denn sie war ihm in den Jahren gemeinsamer Arbeit zu nahe ge­kommen, als daß sie sich, über sein Schweigen gekränkt, jetzt entfernt hätte. Ein anderer als Ferdinand Großer würde vielleicht das bereits abgegebene Urteil über Georg Pirl als vorschnell oder unreif in ein gelinderes gewandelt haben . . .

Ferdinand Großer konnte das nicht!

Er fühlte, daß er recht geurteilt machte sich harte Vorwürfe, daß er nicht schärfer gewarnt und weniger ver­trauensselig gewesen . . .

Aber auch nur das Geringste von dem, was er zu Helea Holtmann vor wenigen Tagen gesprochen,, zurück­zunehmen . . . vermochte er nicht.

Zwiespältige Gefühle waren in ihm.

Er hätte so gern wie ein Vater zu Helea Holtmann geredet:Wo ist denn nur dein klares, scharfes Urteil hin, Mädel?'

Daran hinderte ihn aber das, was schon geschehen.

Noch lieber freilich hätte er ihr als Herr und Ge­bieter seine Befehle erteilt:Laß den schlauen Burschen ungesäumt lausen, . ."

Dazu aber fehlte ihm jegliche Befugnis.

So redete er denn lediglich als ein Mensch, der sich ihr feindlich entgegenstellte:Sie müssen ja wissen, was Sie tun. Gedenken Sie übrigens noch sehr lange in meinem Betriebe zu bleiben?'

Sie wurde blaß . . . Sie hatte noch mit keinen: Ge­danken erwogen, daß sie als Georg Pirls Weib diese Stelle unmöglich weiter bekleiden konnte. Nun wurde ihr das ohne Vorbereitung als etwas Feststehendes und Natürliches vor Augen geschoben. Sie gab eine aus­weichende Antwort, weil über diesen Punkt nichts in ihr feststand:

Darüber haben wir noch nicht gesprochen. Vor­

läufig möchte ich bleiben. Sie behalten mich doch noch, Herr Großer?'

Er redete weiter über sie fort, mit den Blicken durch das Fenster sehend:Natürlich behalte ich Sie bis zum 1. Juli. Wie werde ich wohl so dumm sein, mich in Ver­legenheit zu setzen. Erst muß ich mir doch einen Ersatz beschaffen. Dazu werden ja die Kündigungsfristen über­haupt ausgemacht."

Ihr tat das Herz weh, daß er sich so verschlossen zeigte.

Sie hatte so viel auf den Lippen. Das eine wenigstens mußte herunter:

Nun kann ich mir Ihr schönes, gütiges Vertrauen nicht in vollem Umfange verdienen . . . Denn nicht wahr, i jetzt dieses Geschäft zu kaufen . . . wäre ein Unding!' i

Ich dächte gar nicht mehr daran, es Ihnen nach! diesem letzten zu überlassen", sagte er kaltblütig. i

Und warum nicht, Herr Großer?" >

Er zuckte die Achseln, als wenn er einen Unsicheren! aus seiner großen Liste striche. !

Für mich sind Sie eben nicht mehr die, die Sie sonst - und noch vor wenigen Tagen, als ich das dumme Zeug zu? Ihnen redete, waren. Das ist doch sonnenklar. Wer? teilt . . . verliert." )

Aber wenn ich nun dabei gewänne, Herr Großer?',

Was sollen Sie wohl gewinnen?" fragte er brüsk, zurück. !

Den Mann und die Zukunft", sagte sie sanft. s.

Er wiederholte ihre Worte mit seltsamer Betonung.

Sie wurde weiß bis in die Lippen hinein. Er hob die behaarte Hand:

Was fragen Sie mich denn lange?"

Wir sind uns doch in der ganzen, langen Zeit viel geworden, Herr Großer . .

Sind wir jawoll! Aber jedes Ding hat einen Anfang und ein Ende. Nehmen wir an, daß die Zeit in der Mitte um ist. Sie sind ein freier Mensch und ich auch. Sind Sie's nicht und mein veveu in Grätz erst recht nicht . . . wird's eben jemand anderes sein. Darum keine Bange." (Fortsetzung folgtO