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Donnerstag, den 10. April

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Die bayrische Revolution.

Berlin. S. April. Ln <irrem Münchener Telegramm der .Deutsche' Mg. Z'g.' rorrd nach Gesprächen mit Füh- rein der Unabhängigen und Kommunisten, die nach Aschaf- s«rb»rg reisten, über die nächsten Pläne de» neuen Regi­ments berichtet. Man macht sich ügrnach Hoffnung, zunächst Wßrttembrrg und Frankfurt für dm Bolschew!sm»r zu nahem. und will dann über Mitteldeutschland hinweg de« Ruhrgebiet die Hand reichen. Auch oon Sachsen, namentlich oon Leipzig, glaubt man Hüse erwarten zu tckmren. Gin Bündnis Bayerns mit Ungarn und Rußlc-nd fast »atitrltch ein« der nächsten Maßnahmen sein. Man glaubt auch, die deutsch-öflerreichischm Bahnen benützen zu k-unen und hält es für möglich, daß der tschrcho slowa­kische Maat Kohlen nach Bayern aussührev rblrd.

Berlin. 8. April. 3n gut unterrichteten Kreisen ist man dem ,Lok.-Anz.' zufolge der Urberzeugung, daß der Münchener Räterepublik, die sich selbst aus dem deutschen Reich« ausgegliedert hat, unverzüglich jegliche Zufuhr a» Kahlen ufrv. unterbunden werden wird.

München, 8. April. WTB. Die gestern mittag er- schienen« .Rote Fahne', da» Organ der Kommunisten, wendel sich in einem Ausruf an die Arbeiter scharf gegen die jetzige Räteregierung. In keiner Weise, sv schwitzt Vas Matt, seien einzelne Parteien, welche nur einen Heil des Proletariats vertreten, bcsugt, an Stelle des ge­samten Proletariats die Räterepublick zu verkünden, am alerwrntgsten Parteigenossen eines Eberl und Noske. Ebensowenig seien dafür die Unabhängigen geeignet. Nur die Errichtung einer kommunistischen Räte- repntziik könne die Arbeiterschaft aus aller Not und allem Sleud befreien. Das Blatt fordert die Arbeiter, Soldaten uutz Bauern auf, unverzüglich zur Wahl eines wirk­lich revolutionären Organs zu schreiten, da» Beschlüsse darüber zu fasten Hab?, wann die proleta­rische Räterepublik ausgrrufen und wann der Kamps um sie beginnen solle.

Berlin, 8. April. Ln parlamentarischen Kreisen ver­lautet nach der .Bärsenzeitvng' mit Bestimmtheit, oie MiHsregkerung »erde in Weimar eine Erklärung über die Verankerung des Rälrsysirm». und die Ereignisse in München abgeben.

MRaHrn, B. April. Auch in Ros«ntzeiw ist die Räterepublik vom A.- und S. Rat, der dort von je einer der radikalsten in Bayern gewesen ist. ausgerusen worden. Es stutz 25 Geiseln verhaftet worden. In München ist gestern wieder der Belagerungszustand erklärt wordm. und zwar ausdrücklich gegen die Bürgerschaft, und tzl« Polizei- stunde aus 8 Uhr festgesetzt- Adrr gerade da» Arbeiter-

Publikum nahm Anstand an der frühen Polizeistunde und riß hie und dort die Plakate ab, die sie verkündeten. Da­raus wurde die Polizeistunde für morgen abend noch auf N Uhr uns während der folgenden Wochentage wieder auf lO Uhr Hinarr-Mschodrs. Nach dem Gmsrölftreik ist da» Leben kt der Stad» wieder wie gewöhnlich im Gange, nur die Banken find geschloffen. Es spielten sich natürlich vor ihnen fthr erregte Szerrm ab, ederso zahlen einzelne Postämter auf Schecke nichts aus.

München, 8 April. Irr München steht der Gegen- streik unmittelbar deoor. Schon seit N Uhr find fast alle Läden in der Stadt geschloffen. Um diese Zeit wurde Ser Mmienpiotz im Zentrum der Stadt »on Militär, das mii Maschinengewehren ausgerüstet war, innerhalb S Minuten geräumt, weil sich dort eine erregte Menge arrgesammelt hatte. Tine Kundgebung de» Zenstakal» sagt. Soß durch das Verhaltes von Offizieren. Studenten und anderen Bürgersöhnen seit Ausrufung der Räterepublik die öffent­liche Sicherheit gefährdet sei. Di« Verbreitung antisemiti­scher, verhetze?.der Flugblätter, die von .seigrn Grsellrn' aus rasend dahsnetftnden Autos gurgrwprsep rverdm, würde die Regierung zwingen, dir die Ruhe der Stad! geiähr- denderr Leute ststzunehmen und sofort vom Rroolutions- tttbunol adruteilsn zu kaffen. Diese Versitzung stehe in Zusammenhang mit dem Borgehen mancher Dolksredner, die gestern auf Straßen und Plätzen kleinere und größere Trupps oon Zuhörern in antisemitischem Sinne zu bear­beiten gesucht Härten Der Zentrakat hat den revolutio­nären Bankrar tu Bayern Vollmacht für sofortige Einsetz­ung von Bankrätrn in den einzelnen Bankplätzrn mit folgenden Recht«; ausgestattet: l. Gegenzeichnung aller adgrhendrn Schriftstücke, Schecks und dergleichen. 2. Mit- bestimmungorecht in der Verwaltung. 3. Recht der Per- sonalorränderung. Die Baakräte haben außerdem die sofortige Ausstellung oon Betriebsräten in den einzelnen Instituten in die Wege zu letten, die sofortige Kontroll­arbeit zue Verhinderung der Kapitalabwanderung aus Bay.'M zu übernehmen. Zu diesem Zweck find am Diens­tag die Bande» qeschiofferi worden.

Nürnberg, 8 April. WTB Durch Piakatanschlag wurde heute früh die Verhängung de» Kriegszustandes über die hiesige Stadt bekanntgegeben. Umzüge und Kundgebungen find verboten. Zwischen 11 und 5 Uhr ist da» Betreten der Straße untersagt.

Haag. 8. April. Nachdem bekannt wurde, daß die Räterepublik in München proklamiert worden ist. ist laut Tägl. Rundschau' der Kurs der deutschen Mark auf 20V, gefunken.

München. 8. Aprile Erich Mühsam, das Mitglied de» revolutionären Zentrolrates. der bekannte Kommunist er­

läßt elnen Aufruf an das Proletariat Bayerns, worin es heißi r Di Diktatur des Proletariats sei Tatsache, tzte Verbindung mit Rußland und Ungarn sofort ausgenommen. Sine Gemeinscmkeit zwischen dem sozialistischen Beyer, und dem Kaiser Deutschland mst republikanischem Aus­hängeschild könne nicht mehr Irin. Die neue Gewylt werde sobald als möglich Neuwahlen auf revolutionärer Grundlage onordnen. aus welchem das Rätesystem aus- gebaut werden soll. Die Kapitalisten werden von der Mitbestimmung des Geschick- des arbeitenden B,!k» ausgeschlossen.

München, 8. April. In München herrschte Hunte »er- mittag äußerlich Ruhe. Di? Banken waren e»s Anordnung des ZeMpsrais g-schloffen, um angeblich tzie innere Neuorganisation' der Banken oorzunehrnen. Vor den Toren der Banken staute sich eine zahlreiche Menschen­menge. die vergeblich Einlaß verlangte, um Gelder ad- zuhrben. Unter Schimpfwörter! gegen d!e Räter publik zerstreuten sich allmäiich die Mafien. Versuche, den Bürger­streik hervorzurusen. hatten dio setz! noch krinen dnrchttei- fenden Erfolg. Am Mittag wurden jedoch in der Altstadt die besseren Geschäfte geschloffen, und allmählich folgte, diesen auch dis größeren Geschäfte di den Außenbezirken.

Die Unabhängige Partei teilt dir Beblasun­gen mit. unter denen sie sich zur Mitarbeit au der Räte­republik bereit erklärt hat. Es find: Diktatur des klaffen- bewußten Prolrtariaks; prinzipieller Aufbau der Arbeiter- räte durch Wahl nach Betriroen und Berufen: Vergesest- schaftung der Betriebe, der Banken und des Großgrund­besitzes; Umwandlung der bürokratischen Staats- und Ge- meindimalchtne im Sinne der Verwaltung durch die Ä.» Uttd B.-Räte; Einführung der allgemeinen Ärdeilspfllchl auch für die Bourgeoisie; vollkommene Umgestaltung de« Gericht« wesens aus revolutionärer Grundlage; Umgestal­tung de» Gerichtswesens aus revolutionärer Grundlage: Umgestaltung de« Wohnung«- und Siedlungswesen» «y revolutionärer sozialistischer Grundlage; Trennung zwischen Staat und Kirche; sofortige Revolutionierung de» Styrrl- und Universität«wesen»: Bildung einer roten Armee z»m Schutze der Räterepublik; B indnis mit den Räterepubliken Rußland und Ungarn und Zustimmung zu dm sich daraus ergebenden Maßnahmen.

Bon den BauernbltnLicrn rer lautet, daß sie zur Teil­nahme an der Räteregterung ebenfalls fthr weitgehende Forderungen gestellt haben, u. a. dir Rtchtsozialtsierung de« Sruvddefitze« bei Gütern unter 1000 Tagwerk. Ser Zentralrat setz« sich zusammen o« Nitkisch. Landauer. Mühsam. Gandorfrr und Dr. Franz Lipp. Der Vorstand des reoolmtonkreo Albttterrates besteht aus Ksblschmidt. Wimmer und Albert Schmid.

Mns Wedekmd.

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Nomair von Dr. Bruno Wagner.

(Nachdruck verboten.)

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Und oon dem Bruder wanderten Hennings Gedanken rrua nach dem Mädchen hin, daS doch durch die äuveren Unrstände geradezu 'oeftimmt zu sein schien, deS Matthias 'Nrau zu werden. DeS Matthias Frau? Der wollte ja gar nicht, wie eS schien. Eig-nt'uch paßten die beiden aber doch »niammen, sie fast ebenso eckig und steif wie er, »«r iucht mr'S Äußere, aber fleißig, pflichtgetreu, immer auf l d«m Beinm, wenn rK galt, anderen beizustehen, j . Und d»ch, änderbar, Henning hatte daS Gefühl, daß , - k* war, was zwischen Anna Wedekmd und

«enP;arrmn,Skrniin datrn stand. Er konnte sich selbst nicht l i darüber geben, es war nur so ein Empfinden, wie

E^den Äeaun zuweilen in der Nähe des Weibes über- unbestimmbar,^ wie ein leises «eben von einem ! ,«mn «Mern, Wie ein ferner Hauch, der die Stirne reizt.

war es. als muffe dieses Mädchen weit eher !;chm selbst ffch »unergen, wre auch ihn rin unerklärliches Etwa« zu ihr hinzog. Liebe? Ganz gewiß nicht, uur t«n dunkler Dran, des Instinkte«, der ihm keine Ruhe ließ , .DaS Znumer mar unerträglich hei». Ein Brummer mrrt« nllt emkomgem Geräusche an der Decke umher Im ,^»e«e hielt es Henning nicht mehr auS. Leije stand er ünnete das Fenster. Weich und warm quoll die '.^tlnst herein. Kein Laut erklang draußen. Die Sterne Mmmerten klar und hell aus ewiger Höhe.

Anna Wedekind schlief jetzt wohl. Nein, sie wachte Lazer des Kranken. Die Eisumschläge mußten regel- ^uert werden. Zwar hatte sich Matthias zur vkchtwache angeboten - natürlich! Aber Anna patte ihn ^«»«wleien. Er mußte morgen früh die SonntagSpredigt ^ sollte er seine Nachtruhe haben. BiS Mittel- ««t wollte sie selbst wachen, dann fällte die »uorrläffigr «roßmagd fie ablösen.

^^cnan hörte Henning di« regelmäßigen Atemzüge de« Pruhers. Hr lacht« spöttisch , der schlief und seine

Braut" wachte! Ob sie wohl Licht hatte? Er konnte doch einmal am Pfarrhause oorübergehen. vielleicht sah er ihren Schatten am erleuchteten Fenster. Hier i« Zimmer mar eS nicht auszuhalten und müde »ar er auch nicht, batte er doch drei schön« Nachmittagstunden auf grüner Wiese im Schatten eines hohen Wcißdornknicks verschlafen.

Da» Zimmer la, »u ebener Erde. Hennin, brauchte nur auH dem Fenster -u steigen, das er von außen «m- lehnte. Die Gartenpforte war nicht »erschlossen. Nun schlendert« Hennin» im tiefen Schatte» tzer Häuser die Dorfstraße entlang, deren andere Seite ,o« Rondlichte wie mit Eilberschleiern ums»»nnen war. Wie sich die langgestreckten hohen Strohdächer «it tz«, steilen Spitz- giebeln und den hölzernen Pferdek»»f«n «tt tz« Kirsten dunkel und massiv vom heleu Himmel abhoben. In den Wipfeln der uralten Linden, di« die Straße begleiteten, sang keine Nachtigall mehr. Rur in den Ställen hörte man bas Hufestampfen unb Kettengeklirr träumender Pferde und wohl einmal bas dumpfe Brüsten «iner Kuh, die nicht «it der Herde draußen auf der Beide über­nachtete. Hier und da schlug ein Hund an, »eun der einsame Wanderer a« einem Hause ,»rdei,litt.

Ei» Ruf des Entzücken» entrang st« ihm. War bas schön l Die Dorfkirche mit dem achiseitigen Hallenbau im Stile des Ist. Jahrhunderts, nur die Fensterbosen und die Giebel, über denen die niedrige Kuppel mit dem aufge­setzten schlanke, Turm« sich wölbte, mit leichte» Barock- Verzierungen und im Kreise rund herum ehrwürdig und mächtig mit de» ineinander oermachsenen Kronen wie stumme Wächter ein Kranz von Linden. Durch die Zweige aber stahl sich das Licht, und durch die hohen Fenster flutete es in breiter W^e wie «iu heili»er Strom deS Segens vom Himmel zur Erde.

SchönheitStruiilenen Blickes nahm Hennin» das Bild tn sich auf. Das stille Dorf und die Kirche im Zauber der Nacht, das war wie ein Gedicht. Und Henning »ar ein Stück oon einem Dichter!

Letzt stand pr vor dem Pfarrhaus«, das, stattlicher als die anderen Häuser, sich schräg gegeniider der Kirche erhob, mit großem Schirserdachc und den hohen Spitzen der Blitz­

ableiter auf den hohen Giebeln und in der Mitte der Dachhöhe. Auf derselben Stelle hatte Henning h-ute nach­mittag gestanden, als Anna Wedekind seinen freundlichen Grub so unwirsch zurückgab.

Was ft« wohl jetzt machte? Ob sie am Tische saß und in der Bibel las als gut erzogenes Pfarrerskind oder Strümpfe strickte? Ihn wandelte die Lust an, hinein- zuschauen. DaS Fenster war halb geöffnet. An der be­schatteten Wand rankte ber Efeu empor, brr hielt mit seinen fast armdicken Stämmen schon «uS, wenn ein Man» daran tzochstieg. Die Fensterbank war auch kaum höher als eines mittelgroßen Mannes Kopf. Matthias hätte »iellricht, ohne zu klettern, hineinsehen können.

Wie eine «atze, die ein Nest beschleicht, hin, Henning jetzt unter bem Fenster. Gerade wollte er sich aufrichten, als er Bemerkte, baß «in Schatten das Licht der Lamp« - verdunkelte. Da» Fenster wurde gav, geöffnet. Fest i»' den Efeu gepreßt, wie zum Sprunge zusammengekrümmt, j lauschte der Mann und hielt den Atem an, mn sich nicht z zu »erraten- Denn über ihm Beugte sich jetzt eine lich« Gestalt in die Nachtstille hinaus, Henmng sah die? dunklen Umrisse des Kopfes über fick- Gi» Knistern in. den Zweigen, die leiseste Bewegung hätte ih« yerraks.?

Anna Wedekind ahnte nichts »»» »er Nähe des Mannes. Ihre Blicke schweiften weil »her hie Kirche hi»-- weg weit hinaus in eine andere Well, nach der ß« sich, sehnte, ohne sie zu kennen. Um leiser Seufzer stahl stch^ über ihre Lippen. Eine andere Welt! Sie würde ste nre^ schauen, deui Pogel glich sie, der im Käsig de» Frühling» ahnt, der draußen Wald und Feld mit leuchtendem Schimmer bestrahlt. Sie lebte auf tzer Schatteusette des Lesens. Ach! Sie dehnte die Arme und der fast kindlich unentwickelte Busen hob sich sehnsüchtig; aber di« Finge» der Sehnsucht tragen nickt »eit.

Henning hatte den Seufzer gehört »nd ihn überkam so etwas ivie Mitleid mit dem jungen Dinge, mitleidig« Zärtlichkeit, und auf einmal schlug ein wildes Verlangen in ihm hoch, das junge Weib in seine Arme zu nehme» und heiße Küsse auf die jungfräulichen Lippen zu drucken.

(Fortsetzung folgte