C. L E. Fein in Stuttgart betraut. Diese Firma, von der bekanntlich auch die Stuttgarter Feuermeldeeinrichtung stammt, zeichnet sich durch hervorragende Leistungen gerade auf diesem Gebiete aus, was auch jüngst die Stadtvertretungen von Kaiserslautern und Heilbronn bestimmte, derselben die Herstellung ihre Feuertelegraphenanlagen zu übertragen. Beide sind größeren Umfangs und befinden sich gegenwärtig in Ausführung. Die Einrichtung eines Feuertelegraphen bewährt sich als eine durchaus wohlthätige; kann nur ein einziger Brand durch rechtzeitige Meldung im Entstehen oder, ehe er größere Ausdehnung angenommen hat, unterdrückt werden, so ist dis ganze Anlage bezahlt.
Rottweil, 15. Jan. Monatsviehmarkt. Die heutige Zufuhr war aus Anlaß der sehr ungünstigen Witterung eine ganz geringe. Dieselbe betrug 44 Pferde, 137 Ochsen, 60 Kühe, 84 Rinder und 5 Farren zus. 330 Stück. An fremden Handelsleuten fehlte es nicht, dagegen an genügender Auswahl und verlief daher der Markt ziemlich flau. In der Hauptsache waren fette Ochsen und junges Weh gesucht. Dem Schweinemarkte wurden 265 Stück Milchschweine und 25 Läufer zugeführt von denen der größte Teil abgesetzt wurde. Bezahlt wurden 14—25 ^ für Milchschweine und 50—70 für
Läufer pro Paar.
Münsingen, 15. Jan. Infolge heftigen Schneesturms ist heute der Verkehr allenthalben gehemmt. Die Bahnschlitten konnten heute noch nicht gebraucht werden, da die Einschnitte, in denen der Schnee über einen Meter tief liegt, vorher ausge- fchaufelt werden mußten. Die Posten trafen mit bedeutenden Verspätungen ein und die Postbotengänge konnten nicht ausgeführt werden.
Laupheim, 15. Jan. Wieder Feuer! Heute morgens 4 Uhr wurden wir wiederum durch das Feuersignal aus dem Schlafe gerissen. Es brannte zum achtenmal und zwar mitten in der Stadt. Die Scheune des Kaufmanns S. in der oberen Rabenstraße wurde ein Raub der Flammen und nur mit der größten Anstrengung gelang es der Feuerwehr, trotz des heftigsten Schneegestöbers das Wohnhaus zu retten. Diesmal trieb der freche Thäter sein Unwesen gegenüber dem städtischen Wachtlokal. Fußspuren führten, wie beim letzten Brande, im Schnee zu mehreren Gehöften in freier Lage, woselbst er, wie Vorgefundene Zündhölzer beweisen, ebenfalls anzuzünden beabsichtigte. Derselbe wurde auch von ferne zweimal gesehen, doch hat man bis jetzt noch keinen sicheren Anhaltspunkt finden können. Die Stabtkasse hat nun weitere 50 ^ auf Entdeckung des Thäters ausgesetzt.
Biberach, 14. Jan. Gestern abend hielt Herr Kapitän W. Bade aus Wismar, welcher seinerzeit die erste deutsche Nordpolexpedition (1869—70) als zweiter Offizier der „Hansa" mitmachte, auf Ersuchen des hiesigen kaufmännischen Vereins einen Vortrag im Gasthof zum Rad über den „Untergang der Hansa" und seine darauf folgende 237tägige Eisschollenfahrt." Der Herr Kapitän, der in seiner mit vielen Orden gezierten Marineoffiziersuniform einen gar stattlichen Eindruck machte, verstand seine
Erlebnisse in zwar einfacher, aber äußerst anziehender und wirkungsvoller Weise zu schildern und fand bei der zahlreichen Versammlung, die seinen Ausführungen mit gespannter Aufmerksamkeit folgte, lebhaften und dankbaren Beifall. Besonders angenehm berührte der Geist der Vaterlandsliebe, Treue und Pflichterfüllung, die aus seinen Worten hervorleuchtete. Von den 14 Männern im Alter von 20 bis 30 Jahren, welche mit ihm jene lange Polarnacht in der fürchterlichen Eiswelt des Nordens zubrachte und nach unsäglichen Mühsalen endlich die Westküste Grönlands erreichten, von wo sie wieder ins Vaterland zurückkehren konnten, sind heute nur noch drei am Leben.
Ravensburg, 16. Jan. Infolge der schon zwei Monate andauernden strengen Winterkälte sind hier gegenwärtig viele Arbeiter, die sonst im Taglohn im Freien arbeiteten, beschäftigungslos, daher bei manchem sonst fleißigen Manne die Not in der Familie groß ist. Um derselben einigermaßen zu steuern, läßt die Stadt aus der Stiftung Holz und Torf an Bedürftige verabreichen, und einer unserer Großindustriellen, der im Stillen schon manches Gute gethan, hat dieser Tage der Armenbehörde einen Waggon mit 200 Zentnern Torf zur Verteilung an die Armen zur Verfügung gestellt.
Villingen, 14. Jan. Gestern Mittag kam hier ein Unglück vor, das einem jungen Mann das Leben kostete. Der 26 Jahre alte Taver Link von Dürrheim, welcher im Gasthaus zur „Krone" hier als Hausknecht bedienstet war, wollte ein eingestelltes Gastpferd an den Brunnen zur Tränke führen, nahm dasselbe aber blos am Halsriemen statt die Halfter anzuziehen und war es ihm deshalb nicht möglich das Pferd gehörig in Gewalt zu behalten. Dasselbe bäumte sich, schlug aus und Link erhielt dabei einen Schlag in die Seite, der ihm innere Teile verletzte, so daß er nach einer halben Stunde den Geist aufgab.
Mainz, 16. Jan. (Armen fürsorge.) Die als Nährmittel bewährte Suppe, welche bedürftige Schulkinder hier als Frühstück erhalten, wird von jetzt ab an sechs verschiedenen Stellen der Stadt innerhalb der Schulhäuser auch an bedürftige Erwachsene der hiesigen Einwohnerschaft abgegeben. Preis per Portion (etwa °/s Liter) 4 Pfg.
Mainz, 17. Jan. Das Rheineis ist entlang der hiesigen Stadt bis zur Eisenbahnbrücke und zum Main jetzt vollständig geschlossen, da in der Nacht bei 15 Grad Kälte die vorhanden gewesenen Lücken gleichsfalls zugefroren sind. Oberhalb der Petersaue wurde der erste Uebergang angelegt, auch unterhalb der Straßenbrücke wagen sich schon zahlreiche Personen über das Eis, obwohl dasselbe noch ziemlich dünn ist. Weiter abwärts bei Budenheim u. s. w. ist dabei keine Gefahr mehr, ebensowenig zu Hochheim a. Bl. Ein Teil der in Kastel garnisonierten Pioniere ist marschbereit, um im Falle des Losbrechens des Rheineises, woran vorerst freilich nicht zu denken ist, an die gefährdetsten Punkte bei Lorch-Bacharach-St. Goar zur Hilfeleistung abzurücken. Als Vorübung wurde bereits eine Sprengung am Eis bei Kastel vorgenommen. Zur Feier des Zufrierens des Rheines hatte man zu Kastel gestern Abend am Ufer ein
Freudenfeuer angezündet und jetzt sind dort alle Hände thätig, um das traditionelle Kasteler Gebäck bei zugefrorenem Rheine, die „Bubenschenkel", in Masse zu bereiten. Diese werden von den Eispilgern, in Schnüre gefaßt, über den Rhein getragen. Der Schlepper „Biene II." hat heute in das Eis zwischen hier und Kastel eine Fahrrinne gebrochen, durch welche die Trajektschiffe aufs neue verkehren, so lange es noch geht.
Wiesbaden, 17. Jan. Ein zahlreiches Publikum benutzte nach dem „Rh. K." zufolge gestern nachmittag die Dampfbahnzüge nach Bibrich, um sich dort den zugefrorenen Rhein anzusehen. Fast jeder der fahrplanmäßigen Züge und der eingelegten Ertra- züge war überfüllt. Die Eisdecke des Rheines ist bei Biebrich noch ziemlich dünn, gleichwohl unternahm es gestern Mittag ein Bibricher Schiffer, dem sofort sechs fremde folgten, vom Gasthofe zur Krone aus nach dem anderen Ufer des Stromes zu gehen. Polizei, die am Ufer aufgestellt war, sah gestern darauf, daß nicht weitere Personen sich auf das Eis wagten.
Hamburg, 16. Jan. Die „Börsenhalle" schreibt: Infolge des strengen Frostes in der vergangenen Nacht ist der Verkehr für größere Dampfer auf der Elbe wieder sehr gefährlich. Mehrere heute abgegangene Postdampfer sind bereits bei Blankenese festgeraten. Bei Cuxhaven treiben mehrere Dampfer im Eise, drei große Segelschiffe sind bereits verloren. Die Aussichten auf einen Umschlag des Wetters sind wenig günstig.
Wien, 15. Jan. Ein von Ungarn kommender, im Schnee längere Zeit stecken gebliebener Güterzug brachte viel erfrorenes Vieh; ein Teil der mit diesem Zuge angelangten Ochsen und Schweine mußten dem Wasenmeister übergeben werden; was noch zu retten war, hatte entsetzlich durch die Kälte gelitten. — Immer weiter und weiter baut der Eisstoß in der Donau fort, man wird Heuer um großes Unglück zu verhüten, die gewaltigen Eismassen wohl durch Sprengen mit Dynamit entfernen müssen. Auch die verschiedenen Donaubrücken sind vom nächsten Eisgänge nicht wenig bedroht, man trifft deshalb jetzt schon Vorkehrungen für deren Schutz.
vermischtes.
— Die Koch'sche Lymphe wird nach der Nationalzeitung nun bald an die Apotheken abgegeben werden.
— Der automatische Gruß ist das neueste Produkt der Pankee-Phantasie. Den Herren, welche sich so oft über die lästige wie gesundheitsschädliche Art des Grüßens beklagt haben, soll jetzt geholfen werden: ein Amerikaner in Newyork hat die Erfindung gemacht, diese Höflichkeitsform des Hut- abnehmens in automatischer Weise nachzubilden. Begegnet man einem Bekannten, der des Grußes teilhaftig werden soll, so braucht man nur an einer dünnen, an der Seite herunterhängenden Schnur zu ziehen: sofort öffnet sich eine Klappe am Hut und ein Gentleman erscheint, welcher sich grüßend verneigt. In Newyork haben diese Art Hüte bereits große Verbreitung gefunden! ?
„Still — es ist unrecht, einen solchen Wunsch zu äußern," sagte Herr Wapping ernst, „wer weiß, welches Glück Ihnen noch Vorbehalten ist."
Der schmächtige Mann schüttelte schmerzlich lächelnd den Kopf und strich die dünnen, rötlich-blonden Haare aus der Stirn. Dunkle Brillengläser schützten die Augen, die einen unendlich traurigen Ausdruck hatten, und der ziemlich verwildert aussehende rötliche Bart zeigte hie und da schon graue Fäden.
„Ich habe Ihnen schon oft gesagt, Sie müßten sich mehr Schlaf gönnen, Matthias," sagte Herr Wapping jetzt, indem er einen mitleidigen Blick auf seinen Gefährten warf; „wenn Sie so beständig auf und abgehen, wird Ihr Husten nur schlimmer und —"
„Ach, wenn er doch ein Ende machte," unterbrach Matthias den alten Herrn mit zitternder Stimme, „seit Jahren ist mir das Leben zur Last, und eS kann keine Sünde sein, dies elende Dasein zu verwünschen."
Das plötzlich überkochende Wasser verhinderte den alten Herrn, den Worten des Kranken durch einen Scherz, wie er es gewohnt war, zu begegnen; er nahm den Kessel von der Glut, füllte die Gläser bis zum Rande und sagte freundlich:
„Trinken Sie, Matthias — wohl bekomm's Ihnen."
„Tausend Dank, Herr Wapping", murmelte der Kranke, indem er das Glas andieLippensetzteundmit sichtlichem Behagen von der wohlschmeckenden Mischung trank.
„Halt, Matthias — erst noch eine Gewifsensfrage", rief Herr Wapping plötzlich, indem er sich vor die Stirn schlug, wie Jemand, der etwas Wichtiges vergessen hat, „haben Sie heute Nacht gespeist? Nein — natürlich nicht — ich kann mir's schon denken — wenn Sie husten, vergeht Ihnen der Appetit. Aber jetzt, da der Husten Sie in Ruhe läßt, wird's schon gehen — nur einen Augenblick Geduld."
Der Wandschrank schien geradezu unerschöpflich zu sein; Herr Wapping brachte aus der Tiefe desselben nach einander eine kleine Schüssel, auf welcher sich ein kaltes, gebratenes Huhn befand, Weißbrot, Teller, Messer und Gabel zum Vorschein und stellte Alles auf ein kleines Tischchen, welches er seinem Gaste hinschob.
„So — keine Wiederrede", sagte er mit angenommener Strenge, „wenn Sie arbeiten, müssen Sie auch essen."
Mathias mußte sich seine Brills abnehmen, um sich die Augen zu wischen, iknd nartdem er einen Blick inniger Dankbarkeit auf Herrn Wapping geworfen, sprach er den aufgestellten Spisen tüchtig zu. Endlich schob er den Teller zurück, murmelte ein halb ersticktes: „Gott vergelt's, Herr Wapping", und schlürfte mit Behagen d ir belebenden Trank.
„Haben Sie eben Arbeit, Matthias?" fragte Herr Wapping nach einer Weile.
„Leider nein", lautete die traurige Antwort.
„Nun, dann kann ich Ihnen helfen — wenn Sie morgen wohl genug sind, gebe ich Ihnen einige Schreibereien."
„O, wie dankbar werde ich Ihnen dafür sein", sagte Matthias leise, indem er Herrn Wapping's Hand erfaßte und le se drückte.
„Haben Sie denn gar keine Freunde und Verwandte, die sich Ihrer an- nehmen könnten, Matthias?" fragte der alte Herr ernsthaft. „Sie wüßten beständige Pflege haben rin>> die kann ich Ihnen beim besten Willen nicht verschaffen — dazu bedarf cs weiblicher Hände."
„Ich stehe ganz allein in der Welt", murmelte Matthias. „Ich lebe einsam und werde auch einsam sterben."
„Wie ost muß ich Sie daran erinnern, daß ich es nicht leiden mag, wenn Sie vom Sterben sprechen," schalt Herr Wapping.
„Ich werde mich bemühen, nicht mehr vom Sterben zu sprechen", flüsterte Matthias, die Hand des Advokaten dankbar drückend; dann schob er seinen Lehnstuhl tiefer in den Schatten des Kamins, und die Arme auf der Brust verschränkend, sagte er:
„Jetzt fühle ich mich bedeutend wohler, Herr Wapping, dank Ihrer Menschenfreundlichkeit — wenn mich die Verzweiflung noch nicht erfaßt hat, so ist es einzig und allein Ihr Verdienst."
„Ach, Unsinn," brummte der Advokat, indem er sich mit dem F uer zu schaffen machte, um seine Rührung zu verbergen.
(Fortsetzung folgt.)