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zum Bewußtsein erwacht, daß auch sie, daß der Ein­zelne, der ja nur ein Teil der Gesamtheit, berufen, sein« bessernde Hand an vorhandene Mißstände zu legen. Mit dem Jahre 1891 tritt es aber in die Erscheinung, daß es mit dem laisosr Kurs nicht mehr gethan ist, daß Staat und Gesellschaft alle Kräfte anzuspannen haben, um.berechtigten Klagen abzuhelfen, damit nicht unberechtigte Unzufriedenheit staatszer­störende Elemente entfessle. Nach wie vor muß der Kampf ums Dasein gekämpft werden; denn kein Leben ohne Arbeit, kein Sjpg ohne Kampf, kein Fortschritt ohne Entfaltung der verschiedenartigsten Kräfte. Aber mehr und mehr ringt sich bei allen rechtlich und ge­sund Denkenden, und sie sind nun schon die Mehr­heit, die Ueberzeuaung durch, daß die ernste und strenge Arbeit des Tages auch des Lohnes am Abend wert ist, daß der Kampf ums Dasein auch zum menschenwürdigen Dasein führen soll. Unmöglich ist es alle Not und alles Elend aus der Welt zu schaffen und noch unmöglicher, die Utopie des gleichen Wohl­lebens aller zu verwirklichen, aber die Pflicht, die einfache Menschenpflicht, der Not und dem Elend zu steuern, wo es mahnend vor Augen tritt, wird heut­zutage von Staat und Gesellschaft anerkannt und nicht minder die Pflicht, die Arbeit nach ihrem Werte zu entschädigen. Und je mehr diese Ideen in die That umgesetzt werden, desto mehr wird begründete Unzufriedenheit schwinden und gemachter der Boden entzogen werden. Vom Zukunfsschleier verhüllt ist noch das letzte Dezennium des neunzehnten Jahrhun­derts. Doch fast scheint es, als ob dieser wallende Schleier der Zukunft noch Gewaltiges berge, als ob das letzte Jahrzehnt des Jahrhunderts noch hohe An­sprüche an Menschengeist und Menschenfähigkeit stellen wolle im Dienste des allgemeinen menschlichen Fort­schrittes und dessen, was wir das Glück auf Erden nennen.

Vom großen Ganzen, von der Allgemeinheit wendet sich zum Jahresschluß und Jahresanfang der Blick dem kleineren Kreise zu, dem Hause und der Familie, der wir selbst angehören, für die wir arbeiten und schaffen, wirken und streben. Und da ist es wohl im Allgemeinen ein Gefühl des Dankes und zumteil wenigstens der Zufriedenheit, das uns durchzieht, ein Gefühl des Dankes für manche schöne und glücklich verlebte Stunde und der Zufriedenheit, daß wir das" neue Jahr im Freundeskreise in Frohsinn und Heiter­keit beginnen dürfen. Denn was wir auch Schmerz­liches im Laufe des vergangenen Jahres erleben mußten, und so ungeheuerlich es Ms auch oft in der Stunde der Not erschien, wenn wir Rückblick hal­ten, dann sind es gerade die wenigen Stunden des Glückes, die leuchtend und unverblaßt aus dem Rahmen der Jahresereiznisse hervortreten. Und mit Ihnen erscheint zur Jahreswende die Hoffnung, die liebliche Himmelstochter, und mit ihr vereint der Wunsch, der die bunten Bilder zukünftiger Tage uns vorzaubert. Die Hoffnung, daß wenigstens ein Teil der Wünsche, die an das neue Jahr gestellt werden, in Erfüllung gehen mögen, stimmt die Menschen versöhnlicher und milder und sie wünschen sich gegenseitig alles Gute und am Neujahr wohl mit mehr Aufrichtigkeit, denn sonst.

Wir haben unfern Lesern, auch in unserem eigenen Interesse, immer stets das Beste gewünscht. Heute aber am Neujahrstage, wo alle ihre Wünsche

darbringen und alle freudiger und hoffnungsvoller gestimmt sind, wollen wir dieselben in die Worte zusammenfassen: Möge einem Jeden wenigstens ein Teil dessen im Laufe des Jahres in Erfüllung gehen, was er erhofft und erstrebt hat! Möge einem Jeden die Kraft und Energie und vor allem das höchste Gut; die Gesundheit erhalten bleiben, daß er weiter streben und schaffen kann für sich und seine Mitmenschen. In diesem Sinne allen

Ein fröhliches neues Jahr!

Deutsches Reich.

Nach dem Wolff'schen Bureau wird der Kaiser am Neujahrstage nach dem Gottesdienst in der Schloßkapelle eine große Gratulationscour im Weißen Saale abhalten, an welcher die Mitglieder des Bundesrats, die Prinzen aus souveränen Häusern, die Generalfeldmarschälle, die Ritter des Schwarzen Adlerordens, die Häupter fürstlicher und ehemals reichsständischer gräflicher Familien, die Staatsminister, die Präsidien des Reichstags und des Landtags, die Wirkliche Geheimen Räte und die Räte erster Klasse teilnehmen.

Berlin, 30. Dez. DerReichsanzeiger" teilt einen Bericht des Reichskommissars, Major v. Wiß- mann, über die Expedition Emin Paschas mit, in welchem der Marsch Emin's zum Victoria- Nyanza als übereilt und entgegen den gegebenen Di- rectiven bezeichnet wird. Die Flaggenhissung in Ta- bora wäre erst opportun gewesen, wenn mit einer den Arabern imponierenden Macht eine dauernde Be­setzung hätte erfolgen können. Bei einem Kampf mit den Wangonis kam Lieutenant Langheld in einen Hinterhalt, schlug sich aber mit einem Verlust von drei Toten und mehreren Verwundeten heraus. Ein Bericht Stokes' an Wißmann erklärt sich gegen den Vertrag Emin's mit den Arabern von Unyanyembe und gegen das sofortige feindliche Auf­treten gegen die Wangonis, deren Austreibung übrigens unumgänglich notwendig sei. Emin habe Stokes' friedliche Pläne -vollständig über den Hausen geworfen, daher sende Stokes seine Resignation ein. Ein Schrei­ben von Major v. Wißmann an Emin Pascha spricht sich gegen die erfolgte Flaggenhissung in Tabora, gegen die Besetzung von Urambo und die dortige Intervention aus, trägt Emin auf, keine weiteren Warenaufnahmen im Innern zu machen und ein stetes Einvernehmen mit Stokes zu erhalten. Wißmann ersucht schließlich Emin, nach Durchführung seiner Instruktion so schnell als möglich zur Küste zu kom­men, da eingreifende Aenderungen in der Verwaltung des Reichskommissariats vorgesehen seien. Der Reichsanzeiger" bemerkt, Major Wißmann sei tele­graphisch angewiesen worden, die Berichte Emin's ein­zusenden, welche weder im Original, noch abschriftlich beilagen.

Herr Hofprediger Stöcker hielt am letz­ten Sonntage im Berliner Dome seine Abschieds- predigt. Das Gotteshaus war dicht gefüllt, die Hofloge bezeichnender Weise leer. Der Geistliche hob in seiner Predigt u. a. hervor, daß er nicht fragen wolle, warum er von seiner Gemeinde scheiden müsse, er sage einfach:Gott befohlen." Weiter hob Herr Stöcker hervor, es sei ganz unberechtigt, zu sagen, die

fühlen würde, dem ein Schatz gezeigt wird, für den der Besitzer seine Seele dem Teufel verkauft hat.

Glauben Sie es denn jetzt, Sie ungläubiger Thomas ?" srug Kapitän Thunder-

S'ist wunderbar! wunderbar!" rief der Holländer.Sie segeln wohl mit Toonder nach der Heimat, Herr Fenton?"

Nein," versetzte Thunder.Es thut mir leid aber ich darf nicht wagen, ihn mitzunehmen. Die Schiffsmannschaft hat etwas von den Erlebnissen unseres Freundes hier gewittert und würde sich weigern, in seiner Gesellschaft zu reisen, und wenn man ihr den zehnfachen Wert aller im Bauche des Totenschiffes aufge­stapelten Schätze böte."

Ich kann es ihnen nicht verdenken," sagte Fenton mit einem melancholischen Lächeln.

Der Kapitän faßte den Agenten am Arme:Was ich Herrn Fenton vorge­schlagen habe, Mynheer Van Stadens, ist Folgendes: Sie sind ein Ehrenmann und werden darauf sehen, daß diesem armen Herrn sein Recht nicht geschmälert wird"

Sehr wohl!" ließ sich Van Stadens dazwischen vernehmen.

Es ist am besten, diese Gegenstände zu verkaufen," fuhr Thunder fort.

Alle außer dem Diamantring," unterbrach ihn Fenton.

Ja, alle außer dem Diamantring," sagte der Kapitän.Niemand braucht ihre Herkunft zu erfahren und keine Silbe von Herrn Fenton's Erlebnissen darf hier in die Oeffentlichkeit dringen, sonst würde er schwerlich ein Schiff finden, das sich bereit zeigte, ihn mit nach Hause zu nehmen."

Van Stadens wandte sich an Fenton und äußerte sich auf Holländisch:Ich will Ihnen diese Sachen abkaufen. Ihr Wert soll zu unserer beiderseitigen Zu­friedenheit festgesetzt werden. Unterdessen steP ein Zimmer in meinem Hause, ja «ein Heim selbst, zu Ihrer Verfügung. Bleiben Sie einige Zeit hier, bis Sie wieder zu Kräften gekommen find, und dann will ich Ihnen eine freie Ueberfahrt nach

Hofprediger in Berlin hätten sich zu einer Partei zu- sammengethan, welche herrschsüchtige Ziele verfolgt. Mit warmen Wünschen für seine bisherige Gemeinde schloß Herr Stöcker seine Rede und spendete dann zum letztenmal« das Abendmahl.

Tages-Uenigkeiten.

fAmtlichesj. Durch Beschluß der K. Regier­ung für den Schwarzwaldkreis vom 29. Dezember 1890 ist der Holzhauer jung Ulrich Erlenmaier in Ottenbronn OA. Calw, zum Schultheißen dieser Gemeinde ernannt worden.

8. Etwas verspätet, aber doch noch von In­teresse dürfte den Lesern des Wochenblattes sein, daß wir in unserem hochgelegenen Schwarzwaldorte Breitenberg uns im verflossenen Jahre eines noch nie erlebten Obstsegens erfreuen durften. Es wurden 111200 Ctr. Obst verkauft und heute noch können etwa 200 Simri gebrochenes Obst bei uns abgegeben werden.

Eßlingen, 30. Dez. In verflossener Nacht ist im Gebäude des K. Landllehrbezirks-Kommandos Ottolienstr. 13 unter der Wohnung des Bezirksfeld­webels Rieger in einem Holzstall Feuer gelegt worden. Dasselbe ist noch rechtzeitig entdeckt urd von der Mannschaft gelöscht worden. Mehrere Holzscheiter sind stark verkohlt.

Plochingen, 28. Dez. Der 29 Jahre alte, verheiratete, von hier gebürtige Friedrich Maier, Sohn des Oekonomiepflegers Maier hier, welcher als Stations­wärter in Obertürkheim angestellt ist, glitt gestern Abend bei Ausübung seiner Berufspflicht auf dem Bahngeleise aus und es wurden ihm von dem um 5 Uhr 28 Min. dort Ankommenden Zuge beide Beine, sowie ein Arm abgedrückt. Der Verunglückte wurde- nach Eßlingen übergeführt, wo man aber im Spital keinen Platz für ihn hatte, weshalb er in das Katharinen­hospital in Stuttgart gebracht wurde, wo er nachts 1 Uhr starb.

Geislingen, 29. Dez. Im Filskanal bei Kuchen fand der Wasserbesorger der Süddeutschen Baumwollenindustrie vergangenen Sonntag eine Partie vergoldeter Löffel, die durch einen ungetreuen Arbeiter der Geislinger Metallwarenfabrik auf die Seite ge­schafft und hier eingeworfen wurden. Der betreffende Mann konnte festgestellt werden, und er sieht nun seiner Entlassung entgegen.

Ulm, 29. Dez. Zugmeister Ruff von Aalen fiel während der Fahrt des 6 Uhr 25 von Ulm nach Aalen abqehenden Personenzuqs zwischen die Räder und blieb sofort tot.

Winterlingen, 29. Dez. Eine beklagens­werte Blutthat hat sich gestern Abend gegen 10 Uhr in unserem Orte ereignet. Der Sohn eines hies. Bürgers hatte im elterlichen Hause Streit mit seinen Eltern angefangen und begann im Zorn die Möbel und sonstige Gegenstände im Zimmer zu zertrümmern. Der Vater, der seinen Sohn nicht zur Ruhe bringen konnte, rief den Polizeidiener zur Hilfe, und als die­ser durch die Hausthüre trat, erhielt er von dem Sohn einen Stich, der ihn in die Brust traf und da das Herz verletzt wurde, den Tod fast unmittelbar herbeiführte. Eine Nachschrift meldet: Der Thäter, der etwa 18jährige, erst kürzlich aus einer Strafan-

Amsterdam in der Sue Blinjoe, einem Ostindienfahrer, verschaffen, der gegen Ende dieses Monats hier fällig wird."

Sie gaben einander darauf die Hand und eine halbe Stunde später hatte Fenton von Kapitän Thunder und dessen Schiff Abschied genommen.

Der gastfreundschastliche, aber verschmitzte Holländer zahlte an Fenton für die Vanderdecken -Reliquien bare achthundert Dollars und verkaufte dieselben, sobald jener abgereist war, für dreitausend Dukaten, nachdem er außerdem noch achthundert Dollars aus einer öffentlichen Ausstellung derselben gelöst hatte.

Die schließliche glückliche Ankunft Geofftoy Fenton's in Europa kann aus dieser seiner Erzählung gefolgert werden. Unumgängliche Notwendigkeit warf ihn bald seinem alten Beruf wieder in die Arme und er setzte das Scehandwerk, in dem er nach und nach verlchiedentliche wichtige Kommandos einnahm, bis zu seinem sechzigsten Lebensjahre fort. Unter seinen hinterlafsenen Papieren befindet sich eine interessante Notiz in Bezug auf das Schicksal derjenigen Schiffe, die während der Zeit, in welcher diese Geschichte spielt, mit dem Totenschiff in nähere oder fernere Berührung kamen. Von der Plymouth-Schnaue wurde, nachdem sie den Sarace» gesprochen, nie wieder etwas gehört oder gesehen. Der Saracen ging an einer der Inseln deS Chagos Archipels zu Grunde, seine Besatzung rettete sich jedoch bis auf den letzten Mann durch die Boote. Der Centaur wurde drei Tage nach seinem Abenteuer mit dem Totenschiff in einem Orkane gänzlich entmastet und kämpfte sich in sinkendem Zustande bis nach Simonsbai durch. Das Geschick des französischen Korsaren ist nicht bekannt geworden jedoch dieMarie und Jakob" erreichte nach einer ereignißlosen Reise wohlbehalten die Themse.

Ende.