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deutsche Reich aufzunehmen. Stadtpfarrer Hetterich verbreitete sich noch weiter über die Frage der Wiederzulassung des Jesuitenordens in Deutschland und dankte dem Redner für seine äußerst interessanten Ausführungen, indem er ein Hoch auf ihn ausbrachte.
Weil im Dorf, 8. Dez. Heute wurde im sogenannten Föhrichswald hier große Hofjagd gehalten, wobei sich 18 Jäger und 30 Treiber beteiligten. Die Gesamtstrecke ergab: 2 Nehböcke, 3 Füchse, 1 Fasanenhahn und 45 Hasen. Auch Se. Hoh. Prinz Herrmann zu Sachsen-Weimar beteiligte sich bei dieser Jagd.
Zuffenhausen, 7. Dez. Heute früh nach 12 Uhr war in der Scheuer des Weingärtners Beck in der Langenstraße Feuer ausgebrochen, durch welches dieselbe gänzlich in Asche gelegt wurde. Die Feuerwehr war rasch zur Stelle, mußte sich aber auf die Rettung der dort in dichter Reihe stehenden benachbarten Scheuern und Wohnhäuser beschränken, was derselben auch glücklich gelang. In der abgebrannten Scheuer haben 3 Familien ihren Erntesegen untergebracht. Es wird Brandstiftung vermutet.
Stuttgart, 8. Dez. (Hopfenmarkt.) Eine Besserung scheint in diesem Jahre im Hopfengeschäft nicht mehr zur Geltung kommen zu wollen; auch heute war der Verkauf schleppend bei immer mehr gedrückten Preisen. Wir notieren für la. 150—170-^l, Mtttelware 120—140 geringe 90—110 —
Schluß des Marktes.
Vaihingen a. E. vr. meä. Fischer dahier hat an einem 11jährigen Sohne eines Einwohners der benachbarten Gemeinde Enzweihingen eine Operation an Diphteritis im Bezirkskrankenhaus vorgenommen, die als erfolgreich zu betrachten ist, nachdem inzwischen 20 Tagen verlaufen sind und der Knabe sich wohl befindet. Voriges Jahr hat ein Knabe der Gemeinde Roswang die Operation an derselben Krankheit ebenfalls überstanden und befindet sich wohl und munter.
Tübingen. In den Universitäts-Kliniken werden die Versuche mit Kochscher Flüssigkeit fortgesetzt. In der medizinischen Klinik werden die Einspritzungen seit 14 Tagen angewendet und zwar hauptsächlich bei Schwindsüchtigen jeden Grades; jedoch muß vorerst die Anzahl der Kranken beschränkt werden. Bisher sind 26 Kranke mit Einspritzungen behandelt worden. Um Anhaltspunkte über die Wirkung der Einspritzungen zu erhalten, müssen nach denselben die Reaktionserscheinungen besonders sorgfältig beobachtet werden. Bei den Lungenkranken wird mit der Dosis von 1—2 mxr. begonnen und je nach dem Grad des Reaktionsfiebers und der Allgemeinerscheinungen in Zwischenräumen von mehreren Tagen mit langsam steigender Dosis fortgefahren. Die Reaktionserscheinungen stellen sich in der von Koch angegebenen Weise ein; doch sind in den einzelnen Fällen je nach den besonderen Umständen mancherlei Verschiedenheiten zu beobachten. Ein Urteil über die Heilwirkung der Injektionen bei Lungenschwindsucht läßt sich noch nicht abgeben, da die Zeit der Beobachtung zu kurz ist; es dürfte wohl erst nach Wochen und Monaten möglich sein, eine zusammenfassende Veröffentlichung über die Heilwirkung des Mittels zu machen. Beide Kliniken
werden täglich von zahlreichen Aerzten des Landes besucht, denen das Verfahren und die Einwirkung der Injektionen an den verschiedensten Fällen bereitwilligst vorgezeigt wird.
Tübingen, 7. Dezbr. In der Augenklinik befand sich der verheiratete S. aus Altheim, O.A. Rottweil, welcher, fast blind vor einigen Tagen glücklich operiert wurde. Der Patient, an welchem man außerdem Anfälle von Geistesstörung bemerkte, wurde sorglich überwacht, und als er auf den Abort verlangte, gab man ihm einen Wärter mit. Dieser, vor der Thüre harrend, bemerkte ein ungewöhnliches Geräusch und sah beim Oeffnen derselben gerade die Füße des Kranken an dem engen Fenster verschwinden, durch welches sich derselbe gezwängt und hinabgestürzt hatte. Der Unglückliche hatte durch den Sturz den Fuß mehrfach gebrochen und sich innere Verletzungen zugezogen, an welchen er noch am gleichen Tage starb.
Ellwangen, 7. Dez. Der Rückgang der hiesigen Bevölkerung um beinahe 100 Seelen, den die Volkszählung gegen 1885 ergeben hat, hat seinen Grund in dem auffallenden Mißverhältnis der Geburten zu den Sterbfällen in den Jahren 1886/90. Während in den Jahren 1881 bis 1885 der Jahresdurchschnitt 117 Geburten und 115 Sterbfälle ergab, ergiebt der Durchschnitt der letzten fünf Jahre: 120 Sterbfälle und nur 89 Geburten.
Giengen, 3. Dez. Ein Bauer von Bechingen hatte gestern eine fette Kuh auf dem Markte, konnte sie aber nicht verkaufen. Er schlug das Tier dann im Wirtshaus los an einen Schuhfabrikanten um 100 Paar Schuhe, wobei er sich vie Auswahl unter 1000 Paaren vorbehielt. Er wird sich aber doch etwas täuschen, denn er hat nicht anbedungen, daß es Lederschuhe sein müssen.
Aalen, 6. Dez. In Wasseralfingen ist seit dem 1. Dez. der neuerbaute Hochofen wieder im Gang und das k. Hüttenwerk wieder in vollem Betrieb.
Ulm, 7. Dezbr. Die auf heute nachmittag 4 Uhr in die Tuchhalle einberufene öffentliche Versammlung in Sachen der Jesuitenfrage war von etwa 1400 Personen besucht. Landgerichtspräsident a. D. von Schad eröffnet« die Versammlung und betonte, daß, nachdem eine der beim Katholikentag gefaßten Resolutionen auf Zurückberufung des Jesuiten- Ordens nach Deutschland laute, es Sache der protestantischen Bevölkerung sei, gegen diese Zurückberufung zu protestieren. Als weitere Redner traten auf Pfarrer Eisele aus Neipperg und Pfarrer Weitbrecht aus Mähringen, die die Geschichte und die Grundsätze des Jesuitenordens nach verschiedenen Richtungen beleuchteten. Schließlich forderte Herr von Schad noch die Anwesenden auf, die aufgelegte Anti-Jesuiten- Petition zu unterzeichnen, was zahlreich geschah.
' Ulm, 8. Dez. Heute wurde ein nobel auftretender Schwindler, der Lithographengehilfe Klöp- fer aus Mehring bei Friedberg, durch die hiesige Kriminalpolizei in das Gerichtsgefängnis eingeliefert. Er hatte sich unter dem Namen eines Fabrikanten von Kaiser aus Dresden oder Kgl. bayr. Lieutenants a. D. von Kaiser aus München in zwei hiesigen
Gasthöfen eingemietet und flott gelebt, vergaß aber jedesmal vor seiner Entfernung, die vorher kathegorisch verlangte Hotelrechnung zu bezahlen. Auch in Offizierskreise hatte sich der Schwindler einzudrängen verstanden. In Neu-Ulm hatte er sich eine elegante Privatwohnung gemietet. Der Verhaftete war voller Ungeziefer.
»Eingesandt."
Ueber die Bedeutung der Militärdieust- Versicheruug für unsere Landwirte und Gewerbtrribenden.
Die allgemeine Wehrpflicht legt allen Familien mit Söhnen, während und nach der Militärzeit derselben, große Geldopfer auf. Durch Vereinigung vieler Tausend Eltern lassen sich diese Kosten aber wesentlich vermindern. Ein solcher Verein ist die Deutsche Militärdienst-Versicherungsanstalt in Hannover, welche 1878 eröffnet, jetzt schon ca. 130000 Mitglieder, darunter 10000 in Württemberg, zählt, und ein Vermögen von 30 Millionen Mark besitzt, wobei 1092 000 Dividenden- und Jn- validenfonds.
Besonders für Landwirte und Gewerbetreibende ist die Beteiligung an dieser Anstalt empfehlenswert, denn die Verschiedenheit der Prämienzahlung gestattet einerseits die Ueberschüsse guter Jahre zu größeren Prämienzahlungen zu verwenden, während andererseits die Leichtigkeit und Billigkeit der Stundungen in schlechten Jahren das Verfallen der Policen und gezahlten Einlagen verhindert.
Die Deutsche M.-D.-V.-A. ist ferner kein Aktien-Unternehmen, sondern eine gemeinnützige Gesellschaft aus Gegenseitigkeit; die bedeutenden Ueberschüsse derselben kommen daher nicht Aktionären, sondern den Versicherten zu gut.
Durch diese Vorzüge, und weil bei Nichteinstellung oder Ableben der versicherten Knaben "/» dev Einlagen zuzüglich Dividenden zurückgezahlt werden, eignet sich die Deutsche Militärdienst-Versicherungs- Anstalt in vielen Fällen besser für alle Väter kleiner Söhne als Sparkasse oder Lebensversicherung. Viele versichern deshalb nicht nur kleinere Beträge, sondern. 2—5000 -A, um eventuell auch den Lohn des Stellvertreters im Gewerbe aus der Versicherungssumme zahlen zu können oder um gleichzeitig sich in dieser günstigen Weise ein Bc»kapital zwecks Erleichterung, der späteren Erbteilung zu sparen und den Verbleib des Gutes in der Familie zu ermöglichen.
Jedem Vater eines kräftigen Buben ist daher anzuraten, sich seinen Mitteln entsprechend an dieser nützlichen Anstalt zu beteiligen, zumal die Sicherheit derselben durch die Oberaufsicht der K. Staatsregierung, die sehr große Beteiligung und die Billigkeit^der Verwaltung gewährleistet ist.
Ein altes Mitglied.
Anmerkung. Die Deutsche Militärdicnst-Ver- sicherungs-Anstalt erzielte im vergangenen Jahr einen Zugang von fast 28 Millionen Mark, dieselbe bietet infolge ihres Geschäftsumfanges die meisten Vorteile und darf daher nicht mit anderen M.-D.-V.-A. verwechselt werden. — Subdirektor für Württemberg ist Herr Mktor Hützlaff in Stuttgart.
stieg, wmf ich erst emen schnellen Rundblick über das Deck, konnte jedoch außer den Männern an du Pumpe nichts sehen ol» em oder zwei sich in der Ferne am Steuerrade bewegende Schalten. Ich zog d e Prrvianlsäckchen unter den. Beite hervor; das kleinste von den dreien paßte gerade in meinen Hut, den ich aus den Kopf stülpte, die beiden anderen zwängte ich in die Rocktaschen, die äuß-rst weit und geräumig waren. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des in die linke Tascbe gestopften Vackets lugte zwar verräterisch daraus hervor, und auch die Spitze des anderen war sichtbar, doch ick bedeckte sie, so gut es eben ging, dadurch, daß ich di« Arme darüber hielt, und transportierte sie auf diese.Weise nach der Kajüte, die ich vor meinem Eintrüt durch die Thür vorsichtig überschaut«, um mich sogleich zu übrzeugen, daß die Luft rein war.
Jmogene verbarg sie sosoit in ihrem Zimmer und kehrte dann zurück. Kaum hatte sie ihren S>tz wieder eingenommen, als Vanderdeck-n eintrat. Er kam an den Tisch heran, blickte sich einen Moment um und frug:
„Jmogene, wo ist Prius?" '
„Ich habe ihn nicht gesehen," antwortete diese.
Er schritt nach dcr Thür und rief nach ihm, worauf u zu seinem Stuhle ging und sich niederließ, ohne jedoch ein Wort zu sprechen, bis POus erschien.
„Macke das Abendessen fertig," befahl er demselben, „und braue eine Bowle Brandypunsch. Meine Glieder schmerzen. Ich bin zu lange auf den Beinen gewesen."
Ermutigt dadurch, daß er selbst das Schweigen brach, redete ich ihn an, indem ich sagte: „Mynheer Vanderdecken, darf ich fragen, ob Sie heute Nacht zu kielholen beabsichtigen?"
Stirnrunz.lnd must-rte er mich mit ei em höchst uns-rundlichen Bl-ck und entgegnet« argwöhnisch : „Aus welchem Grunde wollen Sie denn das wissen?"
„Weil ich eine Gunst von Ihnen erbitten möchte, Herr: Meine Koje liegt in unmittelbarer Nähe der Pumpe; da» Lärmen und Stampfen dieser Maschine ist im höchsten Grade störend, und darum möchte ich Sie um die Erlaubnis bitten, für heute Nacht diese Bank hier als mein Schlaflager benutzen zu düften, daS heißt, im
Falle, daß Sie nicht daS Leck auszubessern gedenken und so weiteres Pumpen unnötig machen."
Er sann eine Weile rach und sah mich dabei streng UI d forschend an; aber es war nicht gut möglich, in meiner Bitte Grund zum Argwohn zu finde». Er antwortete: „Ich beabsichtige nicht, zu kielholen. Die Wetleraussichttn sind d e denkbar besten, und di« Leute sollen ihre Nachtruhe haben; sie werden dann morgen umso frischer und munterer bei der Arbeit sein. Da infolgedessen die Pumpe im Ganae bleiben muß, so ist Ihre Bitte nicht mehr als billig. Sie können daher diese Kajüte als Schlafzimmer benutzen und Prius mag Ihnen einen meiner Mäntel geben, um Ihr Lager etwas weicher zu machen."
Ich dankte ihm durch eine tiefe Verbeugung, wenn ich auch im Geheimen von seiner Höflichkeit kaum mehr berührt wurde als ein zum Tode verurteilter Mensch von den Aufmerksamkeiten seines Kerkermeisters oder den Liebenswürdigkeiien seines Henkels-
Prius deckte den Tisch für die Abendmahlzeit und stellte dann eine Bowle dampfenden Punsche» vor den Kapitän. Bald darauf traten auch Van Vogelaar und ArentS ein. Unsere Gesellschaft war jetzt vollzählig versammelt und wir begannen. Ich sagte: „Meine Herren, Sie werden der Neugier eines englischen Matrosen der mit der Disziplin und den Bestimmungen auf holländischen Schiffen nur wenig vertraut ist, verzeihen, wenn er sich eine darauf bezügliche Frage erlaubt Wie sind in einem Hafen — wie wir jr in gewissem Sinne sitzt in einem solchen- sind — die verschiedenen Wachen unter Ihnen verteilt, Mynheer Vand.rdecken?"
Als Jmogene verriet, wo ich hinauswollte, kam sie mir zu Hilfe und sagte- auf Holländisch: „Man beobachtet denselben Brauch, den unsere Landsleute haben„ Herr Fenton."
,O, dann hat der Kommandant die Wache bis Mitternacht und die Steuerleute zusammen b,S Sonnenaufgang," äußerte ich, nachlässig sprechend, in der Hoffnung, ihnen dadurch irgend eine Auskunft zu entlocken — „Nein." unterbrach mich Arents, „bei uns übernimmt der Kapitän keine Wache. Die Steuerleute nehmen auf See das Deck allein: ich bis Mitternacht, Van Vogelaar bis vier Uhr, und- dann ich wieder." (Foets- folgt.)