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SO. Jahrgang.

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195

Dienstag, den 22. August

1916

MsWtende MmffWe.

Amtliches.

Kgt. Kberarnt NergoLd.

Zuweisung von Melasse, Melassefutter ««- ge­trocknete« Znckerschuitzel«.

Da in manchen Gemeinden Nachfrage nach Roh- Melasfe, Häckselmelasse, Torfmelasse und getrockneten Zuckerschnitzeln besteht, werden dis Herren Ortsvorsteher veranlaßt, Bestellungen entgegenzunehmen und dem Oberamt spätestens bis IS. September ds. I. oorzulegen.

Den 19. August 1916. I. B.

Ernst Reg.-Assesor.

Warum wir noch Kämpfen?

Bon Friedrich Naumann.

Als der Krieg anfing, war jedermann überzeugt, daß jetzt gekämpft werden müßte, denn wie sollten wir es uns gefallen lassen, daß die anderen Völker uns zerreißen! Da begriff jeder, daß hier eine Not oorlag, wie wenn eine Ueberschwemmung oder ein Brand uns bedroht. Heute aber gibt es genug Leute, die nicht mehr richtig wissen, warum wir noch Kämpfen. Es gibt sie tatsächlich?

Es war kürzlich ein Soldat bei mir, der erst nachträg­lich in den Landsturm hineingenommen wurde und der nun als erwachsener Mann dir Ausbildungszeit in der Kaserne durchgemacht hat. Ich kenne ihn gut und weiß, daß er schon durch seinen Beruf Verständnis für die Denkart des rinfachen Volkes hat. Er sagte zu mir: «Es muß den Leuten ganz einfach und verständlich oorgetragen werden, warum wir noch Kämpfen, weil sie es nicht wissen! Ich antwortete, daß zwei Jahrs doch wahrhaftig genügen, um es dem schlichtesten Gehirne klarzumachen. Er aber erwiderte: ,Bor zwei Jahren haben es alle diese Leute gewußt, aber da sie nur unregelmäßige Zeitungsleser sind, wenige geogrsphische Kenntnisse besitzen und übsrhauvt nicht am geschichtliches Denken eingestellt sind, so haben sie auch damals schon mehr den Gesamleindruck alr die einzelnen Vorkommnisse erfaßt. Inzwischen ist ihnen das alles wie­der flüssig geworden, urdeutlich und sie stehen den Opfern des langen Krieges innerlich hilflos gegenüber. Dadurch auch wird bis in die Armee hinein die Agitation im Sinne Liebknechts ermöglicht."

Ich srug weiter bei Männern und Frauen, die durch beständige Berührung etwas »om Denken der kleineren Leute kennen, und hörte etwa folgendes: Zwei Jahre sind für das Gedächtnis eine lange Zeit, besonders wenn in ihnen so vielerlei durchzemachl und erfahren wird! Damals

Sommerfchrvüle.

Es gibt so heiße Sommerlage,

Wo alle Wünsche stille stehn.

Wo müde, ohne Dank und Frage,

Die Menschen ihre Straße gehn.

Im Garten starben längst die Lieder,

Kein Ruf ertönt, kein Sang erschallt,

Dis Zweige hängen tief hernieder,

Und nur der Kuckuck lärmt im Wald.

Dich rührt», dmchschreiletst du die Stille,

Indes dein Auge ängstlich wacht.

Als ob sich ein Geschick erfülle.

Ein Golgatha: «Es rst vollbracht!"

Drum hörst du keine Sichel klingen.

Drum ist es still umher und tot,

Bis sich die Nacht auf dunkeln Schwingen Herüberwagt durchs Abendrot.

_ Martin Boelttz.

Ariegsernle.

Bon vr. o. Campe-Hildesheim, Mitglied des Hauses der Abgeordneten.

Als Feindestücke uns vor zwei Jahren im Ernlemond gerade den Frieden stahl, da war auch das unsere Not.

wußte man noch gar nicht, was eigentlich der Krieg sei, man war aber bereit, ihn zu führen. Inzwischen ist im Felde der Tod und in der Heimat das Entbehren größer geworden, als es sich die Einbildungskraft vorher vorgestellt hat. Dadurch entsteht leicht der Eindruck, man sei in etwas hineingezogen worden, was man eigentlich nicht gewollt habe. Die Notwendigkeit des Geschehens wird in Frage gestellt, und die Sehnsucht nach Aufhören der ungewohnten Zustände macht die Augen trübe gegenüber ihrer Unvermeidlichkeit. Dazu tritt dann das alte und ewige Mißtrauen der Kleinen gegen die Großen, und es heißt: Die da oben brauch?n den Krieg, darum müssen wir ihn aushalten!

Wie wunderlich stellt sich bisweilen schon der Kriegs­anfang in den Köpfen dar! Aus der einfachen Tatsache, daß das Ultimatum an Serbien von Oesterreich aus abge­sendet wurde und daß die formellen Kriegserklärungen von uns aus an Nußland und Frankreich abgegangen sind, wird geschloffen, daß wir den Krieg herbeigeführt hätten. Was Anfang August 1914 jedermann wußte, daß die Kriegserklärungen nur eine Folge der auf uns eindringen­den Bedrohungen und Mobilmachungen waren, das versinkt, und nur der formale Vorgang bleibt übrig. Daran knüpft dann eine gewissenlose Agittererei an uns verleumdet das eigene Volk, al» ob wir die Friedensstörer gewesen seien. Man hat Flugblätter gesehen, in denen so gesprochen wird, als ob es von unserer Regierung abhinge, ob sie morgen Friede haben wolle oder nicht. Ihr wird die Last der Kriegsnöte zugeschoben. Sicherlich wird dies« häßliche Ent­stellung nur von wenigen wirklich geglaubt, aber es bleibt doch etwas hängen, als ob die deutsche Regierung im Grunde gerade so viel Schuld hätte wie die englische oder russische, und ein dumpfes Gefühl verbreitet sich, daß ave Völker unter den Fehlern und Sünden ihrer Regierenden zu vielen Leiden verurteilt seien.

Dazu kommt noch ein weiteres Stück. Dadurch, daß unsere Siege von uns etwas stark begrüßt und gefeiert worden sind, verloren viele Menschen, deren Zisfernkennt- niffe schwach sind, das Gefühl dafür, daß es trotzdem noch große russische, englische, französische, italienische Armeebestände gibt. Wenn nun jetzt nach zwei Jahren noch immer die allerschwe-sten Anstrengungen gemacht werden wüsten, so ist das wie gegen die^ Abrede^ Man glaubt nicht mehr recht, daß die jetzigen Kämpfe unvermeidliche Berteidi - gungskämpfe sind, sondern hat die trübe Vermutung, daß über das Notwendige hinaus Eroberungspolitik ge­trieben werden soll. Dabei geht eine ge.adtzu verhängnis­volle Wirkung von gewisse r eroberungsbegierigen Schrift­stücken großer Verbände und privater Personen aus, von deren Inhalt in die breite Menge des Volkes zwar nur

wie wir den Segen da draußen in Feld und Flur ein- heimsen sollten. Die die Sichel just schwangen, griffen zum Schwert nun. Die die vermische Scholle sonst pflegten, überrannten draußen jetzt Feindesland. Was die Männer stets getan, nun tatens die Weiber. Greise und Kinder sprangen ein. Und Grntesonne wie kaum je half und seg­nete. Wir zagten, aber es ging, ging über Erwarten gut daheim. Kriegs- wie Friedensarbeit gelang gar wunder­bar. Das war uns Siegesbürgschaft noch heute. Das waren jene herrlich großen unvergeßlichen Augustlage. Das war der Erntemond 1914.

Es kam der Herbst, das Frühjahr. Wir ahnten gar bald, worauf sie es abgesehen. Ihre Waffen so steglos. Hunger erkürten sie sich als Bundesgenoffen. Wir pfleg­ten die Schölls.

Dem dunklen Schoß der heil'gen Erde vertrauten wir der Hände Tat, vertraut der Sämann seine Saat und hofft, daß sie erkeimen werde zum Segen nach des Himmels Rai.

Mit dem, was Heimaiboden uns gab, wurden wir Herr des neuen Feindes, Herr des Hungers. Nun ja, Mutter Elde gab nicht so reichlich, wie wir erhofften. Die Sonne sengte und brannte, verbrannte den Segen, der uns werden sollte. Aber dennoch, es war eben genug. Ihr Plan ward vereitelt. Es ward uns kein Uebermaß wir lernten Einschränkung, lernten Genügsamkeit schätzen, lern­ten Wohlleben und Uederfluß als nichtig erkennen. Es war eine Mißernte, wie seil Jahren nicht dennoch miß­

allgemeine Angaben gelangen, deren Vorhandensein aber, soviel ich erfahre, überall in jeder Kaserne, Werkstatt und Dorswirlschast bekannt ist. Die Folge dieser Eroberungs­literatur ist das Schwinden des einfachen Glauben» an den Verteidigungskrieg.

Worin zwar die Verteidigung besteht, ist dem weniger geschichtlich und geographisch gebildeten Durchschnittsbürger immer etwa« schwer zu verdeutlichen gewesen. Er nimmt die einmal vorhandenen Landesgrenzen wie ein ewiges Gesetz und versteift sich, auch wenn er sehr radikal sein will, auf konservativste Erhaltung dieser Zufallsgrenzen. Daß es irgendwo diesseits oder jenseits dieser geschichtlichen Grenzen etwas gibt, was man als natürliche Grenze be­zeichnen kann oder al« militärische Grenze, dafür fehlt die Anschauung. Man muß darum über diesen Punkt beson­dere Aufklärungen geben und soll nicht wegen der schädli­chen Uebertreibungen das Wahre an den Grenzbesprechungrn verkümmern lasten. Bon Eroberungskrieg kann erst dann gesprochen werden, wenn fremde und für den Grenzschutz nicht nötige Landesteile verlangt werden.

Daß wir den Krieg durch die Tapferkeit unserer Trup­pen im Feindeslande führen, ist ein großes Glück. Jeder Krieg wird entweder aus eigenem oder aus fremdem Boden geführt, und die Erzählungen der beurlaubten oder heimgekehrten Krieger pflegen besonders bei der Ruinierung der Kampfgebiete zu verweilen. Darauf muß hingewiesen werden: die Verlegung des Krieges ins feindliche Land ist ein gewaltiger Schutz für unsere Volksgenossen. Auch ist die Besetzung von Landesteilen in feindlichen Staaten unbedingt nötig, weil auch die Feirffre vieles Land von uns und unseren Bundesgenoffen besetzt haben: Kolonien, asiatische Türkei. Ostgalizien und auch ein Stück in den Vogesen.

Das alles aber sind nur Vorfragen zur Hauptfrage selbst: Warum wild noch gekämpft? Nicht, weil wir oder unsere Regierung oder eine Kriegspartei oder einige Verbände es wollen, Indern weil uns-sre Gegnern och immer, genau so wie vor zwei Jahren, uns angreifen und zerdrücken wollen. Dieser Satz ist die einfache Wahrheit und ist heute ebenso richtig, wie er jemals gewesen ist. Die Gegner haben den Krieg ge­macht und machen ihn noch heute. Das ist es, was dem Bolksoerständnis nicht recht einleuchtet, denn in der Bolks- masse fehlt naturgemäß eine genauere Vorstellung vom in­neren Wesen fremder Völker. Man läßt sich von den Soldaten erzählen, daß die Bewohner der besetzten Land- gebiete zwar arm und schmutzig, aber sehr sriedebedürftig sind, man sieht die russischen oder srattzösischen Gefangenen und glaubt nicht, daß sie den Weltkrieg wollen, man hat auch ein dunkles; aber richtiges Gefühl dafür, daß in allen

lang die Aushungerung. Und da« war gut so. Wir wiffen's jetzt: Ihr Teufelsplan wird auch 1916, wird, wenn sie die Kriegssurie noch weiter durch die Völker Hetzen, auch fernerhin zuschanden. Das wurde uns zur Gewißheit. Das stählt unser Durchhallen und Siegen, wenn'« sein muß, noch weitere Jahre. Das ist der Segen der Mißernte 1914.

UndMn, was wird der Emtemond uns heute bringen? Werden wir unsere Speicher wirklich vom Segen gebogen sehen? Werden wir jubeln dürfen?

Da strömt herbei unendliche Habe.

es füllt sich der Speicher mit köstlicher Gabe.

Werden wir dankerfüllt und siegessicher einen Wagen nach dem andern schwerbeladen heimfahren sehen?

Die Fluren waren so voller Segen. Wir hofften freudig. Der Juni trog. Kälte ließ nicht ruhen. Doch wir bangten nicht. Auch der Juli hielt nicht, was er sollte. Sonne schien uns nicht. Doch wir hofften von einem Tag zum andern. Nun d ach sie hervor. Nun will sie Segen reisen und bergen Helsen.

Und so weit das Auge blicket, wogt es wie ein goldener Wald.

Wird sie weiter helfen? Werden uns diese Ernte­wochen tötende Kälte und Nässe statt lebenspendender Wär­me geben. Wir wiffen es nicht, aber wir hoffen. Doch so oder so: Kommt der Segen, so ist der Hungerseind be­zwungen. Verhüllt uns die Erntesonne ihr Antlitz, platzt Hagel und Regen hinein, so soll uns auch das nur stählen. Wir werden dem Böden trotz Tücke der Natur dann abrin-