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Amts- und Anzeigeblcrtt für den Bezirk (Lalw

65. Jahrgang'

Erscheint Dienstag, Donnerstag und Samstag. Di- Sinrückungsgedühr beträgt im Bezirk und nächster Um­gebung s Pig- di- Aeilc, sonst 12 Pig.

Amtliche Bekanntmachungen.

Amtliche Kekarmtrttachimg,

betreffend den Ansbruch der Maul- und Klauenseuche.

In den Gemeinden Altbulach, Altheng- -stett, Dachtel, Hofstett (Gemeindebezirk Neu­weiler), Holzbronn, Neuhengstett, Oberhaug- -stett ist des Weitern die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.

Auf Grund des Erlasses des K. Ministeriums des Innern vom 9. Dezember 1889 hat das Oberamt rnit Beschluß vom 25. d. M. verfügt, daß das Durchtreiben von Schweineherden durch den Bezirk und der Hausierhandel mit Rind­vieh, Schafen und Schweinen in demselben dis auf Weiteres verboten ist.

Dieses Verbot wird hiemit im Bezirk öffent­lich bekannt gemacht.

Den Ortspolizeibehörden wird strenge Ueber- wachung der Einhaltung des Verbots mit der weiteren Weisung aufgegeben, etwaige Uebertretungen desselben .auf kürzestem Weg an das Oberamt zu berichten, und bis zum Eintreffen weiterer Verfügung des Ober- amts den Weitertransport der Tiere wirksam zu ver­hindern. »

Für die Dauer der Wirksamkeit dieses Verbots ergiebt sich von selbst das allgemeine Verbot der Ab­haltung von Vieh- und Schweinemärkten im Bezirk. Die Pferdemärkte werden von dem Verbot nicht be­rührt.

Calw, den 27. Okt. 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Dienstag, den 28. Oktober 1890.

Tages'Neuigkeiten.

sAmtliches aus dem Staatsanzeiger.) Nach einer Bekanntmachung des K. Ministeriums des Innern wurde u. A. eine öffentliche Belobung zuteil der Feuerwehr von Würzbach für mutvolle und auf­opfernde Thätigkeit daselbst am 20. Aug. d. I.

* Calw, 26. Okt. Zufolge der behördlichen Anordnung wurde in den hiesigen Schulen am Sams­tag unter Ausfall des regelmäßigen Unterrichts der 90. Geburtstag des Generalfeldmarschall Grafen v. Moltke festlich begangen. Das Reallyceum ver­sammelte seine Schüler morgens 10 Uhr im Hörsaale des Georgenäums. Eingeleitet wurde die schöne und würdige Feier durch den prächtigen ChoralLobe den Herren, den mächtigen König der Ehren." Hieran schloßen sich einige von Schülern verschiedener Klassen vorgetragene, auf den feierlichen Tag passende Dekla­mationen, worauf Hr. Rektor Dr. Weizsäcker die Festrede hielt. Ausgehend von der Ungewöhnlichkeit einer solchen Geburtstagsfeier, wies der Redner in wohldurchdachten und begeisterten Worten auf den Lebenslauf und das Charakterbild Moltke's hin, in­dem er zeigte, wie der hochgeseierte Stratege sich als einen der größten Feldherrn, als einen Meister der Wissenschaft, als einen edlen, frommen und anspruchs­losen Charakter und überhaupt als ganzer Mann be­wiesen habe. Begeistert stimmten die jugendlichen Kehlen und die zahlreiche Versammlung in das auf Moltke ausgebrachte Hoch ein. Mit dem Gesang des Vater­landsliedesIch Hab mich ergeben" fand die erhebende und für die Jugend so anregende und denkwürdige Feier ihren Abschluß. An den Generalfeldmarschall wurde nachstehendes Telegramm abgesandt: Die zur Feier des 90. Geburtstags vereinigten Lehrer und Schüler des Reallyceums in Calw bringen dem großen Siegeshelden ein dreifaches Hoch. Rektor Dr. Weiz­

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt IO Pfg. rin*» 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post biogen Mk. 1. 15, sonst in ganz Württemberg Mk. 1. 35.

säcker. Die Volksschule hielt ihre Moltkefeier im Saale des Vereinshauses. Die Feier bestand in Gesängen, Deklamationen und einer Festrede von Hrn. Helfer Eytel.

.'. Calw. Wohl selten ist in dem Saale des evang. Vereinshauses eine so gelungene Schul­feier abgehalten worden, wie dies letzten Samstag zu Ehren Moltke's der Fall war. Um 8 Uhr hatten sich sämtliche Lehrer der Volksschule mit ihren Schülern (mit Ausnahme der Jüngsten) eingefunden und die Feier begann mitLobe den Herren, den mächtigen König rc." und mit einem Gebet. Dann folgten patriotische Lieder, unterbrochen von einem Gedicht:Vater Moltke". Die Festrede des Orts­schulinspektors Ivar der Glanzpunkt des Ganzen und erfaßte jung und alt gleich mächtig, so daß der Ein­druck, den sämtliche Zuhörer empfingen, nicht so bald verwischen wird. Der Rede folgten noch abwechs­lungsweise Gesänge und Deklamationen und um '/-IO Uhr war die Feier zu Ende.

Calw, 27. Okt. Das gestern im Saale von Jul. Dreiß stattgehabte Konzert der Rauscher- 'schen österreichischen Mädchen-Kapelle hatte sich eines ungewöhnlich zahlreichen Besuches zu er­freuen, bot ja dieses Konzert etwas Eigenartiges in femer Zusammensetzung der Kapelle und in seinen Leistungen. Die jugendl. Damen traten im Kostüm der österreichischen Landesfarben (schwarz-gelb) auf und begannen ohne Zögern sofort mit der ersten Nummer. Die Dirigentin, Frln. Luise Rauscher, beherrschte ihr Instrument in vollendeter Weise und entwickelte eine geradezu erstaunliche technische Fertig­keit, verbunden mit reinen und wohlklingenden Tönen; ebenso hervorragend war die Ccllospielerin, Frln. Clupsa, welche bei energischer Bogenführung eine seltene Sicherheit bekundete. Das Zufammenspiel war flott und ganz exakt, so daß die Leistungen in jeder

Keuilleton.

Das Totenschiff.

Erricht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. Kkark Uussekk.

(Fortsetzung.)

Was sehen Sie denn, Arents?" fragte der Kapitän.

Ein Segel, Herr, das Herr Fenton soeben entdeckt hat."

Vanderdecksn ließ sich das Fernrohr geben, richtete es und überreichte es dann mir nach einer kurzen Ausschau. Die Atmosphäre war sehr klar, so daß die Linsen dieses Instruments zur weiteren Klärung nur wenig beitragen konnte. Indessen hielt ich um purer Höflichkeit willen eine längere Musterung und vermeinte die Segel­gewandung und das spitzköpfige Gaffeltopsegel eines SchoonerS zu unterscheiden, da die Segel den Schwingen eines Seevogels vergleichbar auf der rollenden Meeres­schwellung entlang glitten.

Wie steuert es, Mynheer?" fragte Vanderdecken, als ich das Teleskop an Arents zurückgab.

Nun," antwortete ich,wenn mich der Schnitt seiner Segel sonst nicht täuscht, -so ist es dicht gebraßt am Backbordhals und ftgelt auf uns zu in einer Weise, wie es eben nur ein Schooner vermag."

Wie nennen Sie es?" fragte er herrisch.

Einen Schooner, Herr!"

Ob chm derartig getakelte Schiffe seit ihrer Erfindung zu Augen gekommen, 'wußte ich nicht; doch war eS augenfcheinlich, daß das Wort Schooner für ihn jeden «Sinnes bar war.

Das.Auftauchen dieses bernsteinfarbigen Schatten« auf nnserer Leeseite hatte

Jmogenes Antlitz einen Ausdruck der Angst ausgeprägt. Mit offenem Munde und schnellen Atemzügen stand sie da und fixierte ihn. Als sie sich endlich herumwandte und bemerkte, daß meine Augen auf ihr ruhten, glitt ein schwaches Lächeln über ihr Gesicht und sie sagte in unserer Heimatssprache:Früher habe ich ein in Sicht kommendes fremdes Segel immer mit Entzücken als eine angenehme Unterbrechung der düsteren Eintönigkeit willkommen geheißen, aber Du Haft mich gelehrt, seinen Anblick jetzt zu fürchten."

Ich antwortete ihr, indem ich leicht und unbefangen sprach und meine Blicke auf das in der Ferne emportauchende Fahrzeug gerichtet hielt, als wenn wir über dasselbe wie von einem Gegenstände von untergeordnetem Interesse plauderten: Wenn unser Freund hier den Versuch machen sollte, mich dem Fremdling ohne Dich, mein Liebchen, zu übersenden, so werde ich dessen Besatzung anrufen und sie wissen lasten, welcher Art Schiff das ist, und ihnen Verderben und Untergang prophezeien, wenn sie gewillt sein sollten, mich an Bord zu nehmen."

Die Zeit verging schnell. Jmogene und ich standen fortwährend auf dem Auslug, höchstens daß wir einmal ein paar Schritte auf und ab wanderten, um uns durch diese Art Bewegung warm zu erhalten. Wie bei Gelegenheit unserer Ver­folgung von Seiten desCentaur", so hatte sich Vanderdecken auch jetzt wieder auf der Wetterseite aufgestellt und blickte starr und steif auf das sich vergrößernde Segel. Nur nach langen Zwischenpausen rief er Arents einige Worte zu, während dieser von Zeit zu Zeit durch das Fernrohr blickte, und zwar nicht weniger mechanisch als Vanderdeckens pfeifender Schäfer, wenn er feine Rohrflöte an den Mund setzte.

Bald nach fechS Uhr gesellten sich Van Vogelaar und der Bootsmann Jan» zu ihnen, und da standm sie nun festgebannt und bildeten eine unheimliche, gräßlich« Gruppe. Da« SchiffSvolk dagegen hatte sich zum Teil auf den Spieren niederge­laffen oder lehnte sich über da« Geländer hinaus oder stand mit den Segeltüchern zugekehrten Rücken auf einer unteren Webelien, und nur ihr Standort deutete einiger­maßen Interesse und Auflegung an, denn ihre Gesichter zeigten nur ein ausdrucks­lose« Glimmern und Flimmern, und um da« in ihren Augen brennende wilde Feuer erkennen zu lassen, warm sie zu wett von un» entfernt.