Ruhe erste Bürgerpflicht sei, da sonst der Feind durch der Stimmen Gewalt angelockt würde.

Wir sind bereits im Begriff, unser Dach zu verlassen, da flammt es weit im Osten auf. Und im nächsten Au­genblick gibt es ein Krachen, als ob schwere Geschütze auf einmal losgegangen wären. Der Menge da unten bemächtigt sich die Panik. Wäre sie oben bei uns. so hätte sie dem fernen Schauspiel mit der gleichen Gelassenheit wie wir selber zugesehen. So aber kannte sie die Tragweite der Katastrophe nicht, die sich mellenweit von uns abgespielt hatte. Wie ich später höre, hatten die meisten unten geglaubt, die Ex­plosion hätte in ziemlicher Nähe stallgesunden. Don Mi­nute zu Minute steigert sich dos Schreien der Rettung suchenden Masse. Die Keller waren vollgepfropft. Unbe­schreiblich groß ist die Menge derer, die nechdringen wollten.

Während die Hausbewohner in den Keller drängen, stehlen sich Burschen und Weiber ungehindert in die m» lafseneu Wohnräume und plündern nach Herzenslust. Nie­mand stört sie.

Nun hören wir die Abwehrgeschütze sich zu Wort melden. Ein Zeppelin muß also in der Nähe sein. Ein Tosen, Krachen, Pfeifen, als ob taufend Schlünde sich ge­öffnet hätten. Bald zuckt es im Oste«, bald im Nordwe- sten von London verräterisch auf. Wir merken, wir stehen «st am Anfang des Ereignisses. Es ist wenige Minuten nach 11 Uhr' London rührt sich. Sirenen erklingen, daß es einem durch Mark und Bein geht. Trompeten erschallen, als ob die Mauem von Jericho umzeblasen werden sollten. Wagen rasseln durch die finsteren St: aßen. Es können nur die Wagen der Feuerwehr sein. Dazwischen kracht es an verschiedenen Stellen, wie wenn Explosionen ganze Häuser- »iertel weggeräumt hätten. Dort, wo der Trasalgare Square sich hivzieht, züngeln rote Flammen zum Himmel empor. Der Brandherd mag drei Kilometer > on unserem Standort entfernt sein. Der Donner der Geschütze mischt sich in da» Geräusch der näher und näher kommendrn Motore von den Luftschiffen. Noch kann das bloße Auge die letzteren nicht erfassen. Aber wir merken, sie haben sich die Flammen zu Leuchtsignalen gesucht, die ihnen den Weg über London weisen sollen. Kaum ein Kilometer von der Brandstätte entfernt, fallen neue Bomben aus der Lust, und schon zün­geln aus dicken Rauchwolken gierige Flammen in die Höhe. Wenige Minuten und wir blicken in ein wahres Feuermeer. Das Straßengeiöse nimmt zu. Die geschäftige Oxsordstreet scheint mitten in der Nacht zum Leben am Tage erwacht zu sein. Noch ist sie verdunkelt, aber aus einer ihrer Ne­benstraßen zischen Feuergarben auf. Es ist merkwürdig, noch immer können die Augen keinen Zeppelin erblicken. Und doch sind sie da. Man hört deutlich, als ob sie jetzt über uns schwebten, ihr Surre«. Der Spektakel der Ge­schütze. die den Feind aus der Lust herunterholen sollen, wird immer größer. Man kann kaum noch das eigene Wort verstehen. In die Lust abgeschossene Kugeln fallen zurück aus unser Dach, und wir holten es arr der Zeit, unseren Beobachtungsplatz zu Serlaffen und uns in die un­heimliche Menge zu mischen.

Ein Beitrag zur russischen Offensive.

Berlin, 15. April. (WTB.) Nachstehender Befehl ist im Original bei einem gefangenen russischen Offizier ge­sunden worden. Er wurde vor Beginn der inzwischen ge­scheiterten letzten russischen Offensive erlassen und ist ein neuer Beweis dafür, welche Mittel die russische Führung anwenden muß, um die Infanterie an den Feind heranzu­dringen.

Telegramm.

An den Kommandeur des 27. Armeekorps.

Ausgenommen am 3. (16.) März 1916.

Dringend. Geheim.

Ich übergebe wörtlich ein Telegramm dev Komman­deurs II zur strikten Durchführung.

Budslaw, 2.40 morgens. Operativ. Ich befehle für die bevorstehende Operation folgendes zur Richtschnur zu «ehmen:

Erstens: Die artilleristische Vorbereitung sängt bei

Die Hkogesenrvacht.

Kin Kriegsrornan aus -er Gegenwart

von Anny Wothe. Nachdruck verboten

Amerikanisches Lop^rizbt 1914 b? Anny Wothe. Leipzig.

(Fortsetzung.)

Barenbusch wandte sich zu dem Grasen und Eoa Maria.

Wollen Sie mir jetzt noch einige nähere Erklärungen geben. Herr Gras?"

Die Gestalt des Grasen straffte sich.

Wie war der Plan ausgedacht?" fragte Barenbusch streng, aber ohne Härte.

Schloß Marbeck sollte die Zentralstation des franzö­sischen Nachrichtenbureaus sein. Don hier sollten alle Fäden, die sich durch das Elsaß spinnen, ausgehen, da man an­nahm, daß St. Denis unter der Maske meines Hauskaplans ganz sicher sein würde. Man wußte aber auch, daß gerade Schloß Marbeck als deutsche Boqesenwacht ausersehrn war, daß hier ein Uebersall seitens der Franzosen, wenn er glückte, unserer Sache große Dienste leisten würde."

Und wenn der Plan mißlang? W r es Ihnen denn s» sicher, daß die Franzosen bei diesem Uebersall dir Ober- Hand behalten würden?"

Der Graf deutele mit zitternder Hand aus Beate. Dieses Mädchen da hat den Hauptplan vereitelt, indem sie in der vergangenen Nacht die Franzosen nicht hersührte,

Tagesgrauen an der ganzen Front an und erreicht das verlangte Resultat so, daß die Infanterie lange vor Einbruch der Dunkelheit die erste Linie des Gegners nehmen kann.

Zweitens: Bet Beginn des Sturmes ist das Artillerie- feurr hinter die erste Linie der Schützengräben des Feindes zu verlegen. Es darf keine Pause im Artilleriefeuer ein- treten.

Drittens: Zwecks Zerstörung und Beseitigung der Hin­dernisse sind alle möglichen Mittel anzuwenden: Minen- weiser, Bombenwsrfer, Maschinengewehre, Handgranaten, Segeltuchmatten und gestreckte Pyroxitin-Sprengladungen.

Viertens: Möglichst nahe der vorderen Stellung sind Lager für Patronen, Draht, spanische Reiter. Säcke, Telephon- driihte usw. zu errichten.

Fünftens: Nach Einnahme der Gräben des Gegners dürfen sich die Angreifenden nicht aufhalten lasten. Ein Durchbruch verträgt keine Unterbrechung.

Sechstens: Die Artillerie hat alle Maßregeln zu treffen, damit ein Schießen aus eigene Truppen vermieden wird. Hierin liegt die ganze Stärke des Zusammenwirkens der Infanterie mit der Artillerie.

Siebentens: Den Truppen ist einzuprägen, daß die Reserven und die Artillerie auf sie das Feuer eröffnen, falls die Ängreisenden versuchen sollten, sich gefangen zu geben.

Achtens: Alle an den Fingern verwundeten und Selbst- oerstümme'ten sind in die Schlacht zurückzusühren.

Neuntens: Die Polizei hat sorgfältig auf alle rück­wärtigen Wege zu achten, damit kein gesunder Mann durch ihre Posten durchkommt.

Zehntens: Nach dem Empfang dieses ist alle» zweck­lose Schießen sowohl mit Gewehren als auch durch die Artillerie zu vermeiden. Man beschränke sich nur aus das Einschießen mit der Artillerie aus besonders wichtige und günstige Ziels.

Elstens: Jeder Kommandeur bis zum Abteilungsführrr einschließlich hat zwei bis drei Stellvertreter zu bestimmen.

Zwölftens: Jeder bis zum Soldaten muß seine Hand­lungsweise kennen.

Dreizehnten«: Befehlsänderungen sind zu vermeiden.

Vierzehnten«: Alle Uhren wüsten verglichen und ge­nau gestellt werden.

Fünfzehnten«: Die Verbindung nach rückwärts und in die Linie muß ständig überwacht »erden, besonder« mit den anderrn Truppen. Einer muß de« anderen helfen, ohne dies können wir nicht siegen.

Sechzehnten«: Ueberall muß man die Augen haben; es treten dann weniger Ueberroschungen ein.

Siebzehnten«: Jeder muß Reserven haben, aber mit­wirkende und nicht nur dastehende.

Achzehntens: Immer vor Augen haben: wer mit seinen Patronen und Geschossen nicht Haus hält, macht Bankerott.

Neunzehr.tens: Versehen nicht fürchten. Ein Fehler ist nur dann kränkend, wenn er unnütz gemacht wird.

Zwanzigstens: Wenn Blui fließt, muß man die Tinten­fässer schließen. Außer Meldungen und Befehlen keine andere Schreiberei."

1309.

Ragusa.

Für die Richtigkeit: Stabskapitän Martschenko.

Die Verluste unter den franz. Einwohner«.

Berlin, 15. April. WTB. Im Monat März 1916 haben unsere Gegner im Westen durch das Feuer ihrer Artillerie und die Bomben ihrer Flieger unter den fried­lichen Landeseinwohnern folgende Verluste verursacht: Tot: 11 Männer, 17 Frauen. 16 Kinder, zusammen 44 Per­sonen; verwundet: 28 Männer, 54 Frauen, 38 Kinder, zusammen: 120 Personen; im ganzen 164 Personen. Bon den Verwundeten sind nachträglich ihren Verletzungen erlegen: 4 Männer, eine Frau, ein Kind. Die Gesamt­zahl der seit dem September 1915 festgestellten Opfer der feindlichen Beschießung unter den Bewohnern des eigenen oder verbündeten Landes erhöht sich damit aus 1207 Per­sonen.

die noch zur Verstärkung hier erwartet wurden. Wären sie angelangt, so hätte keiner von Ihnen mehr die Sonne gesehen."

Herbe i und Gras Zadeck erschienen jetzt in der Tür. Melde gehorsamst, Herr Hauptmann," berichtete Herbert, die Hand an den Helm gelegt,daß die Franzosen geschla­gen find. Was nicht tot ist, hat die Waffen gestreckt. U.,scre Verluste sind nur gering. Einige leicht, und einer hier schwer verwundet."

Nun bebte doch die junge Stimme, als zwei Soldaten Hans Heinrich in den Hos trugen. Eva Maria zuckte zu­sammen. als das blasse Gesicht des jungen Bruders ihr so geisterhaft enigegenflarrte. Gisela weinte laut aus.

Im nächsten Augenblick knieten die Mädchen dem Bruder zur Sette, besten bleiches Haupt Herbert mit unend- sicher Liebe in den Armen hielt.

Der alte Gras hatte einen Augenblick fassungslos auf das bleiche Antlitz seines Sohnes gestarrt.Lebt er?" fragte er dann mit irrem Blick,lebt er?"

Auch Barenbusch war erschüttert hinzugetreten.Noch atmet er, noch dürfen wir hoffen."

Der alte Graf schüttelte wild da« Haupl mit dem grauen Haar, das ihm wirr um die Stirne fiel.

Nein, Ihr wollt mich trösten. Ich soll hoffen, ich, der Mörder meines Jungen ? Spell mir doch ins Gesicht, daß ich, der sch Deutschland geliebt habe, und in besten Schutz ich an der Sette der blonden Mutter dieses Iungens so glücklich war. es beinahe verraten hätte. Um nichts, um ein Phantom, das ich für Vaterlandsliebe hielt, gab ich

Ubootsarbeit.

Deutsche Unterseeboote haben weiterhin folgende Schiffe torpediert und versenkt:

das sranz. SegelschiffBinicoise"

SchiffSt. Marie"

der norm. DampferPusnaniaff"

brtt.Fairporl" (3638 To.).

Der britische DampferShenandoah" (3886 Tonnen) ist aus eine Mine gelaufen und gesunken.

Sonnm m der jMenischeii Kmmer.

In der italienischen Kammer hat am Freitag die Be­ratung des Etats des Ministeriums des Aeußern begonnen. Sechs Redner haben über nebensächliche Fragen, wie die italienischen Konsulate im Auslande, die italienische Aus­wanderung. die gegen die Schädigung italienischer Staats­angehörigen und ihres Besitzes in Italien zu ergreifenden Bergeltungsmaßregeln usw. gesprochen. Nur der Abgeord­nete de Casora streifte das weitere Gebiet der auswärtigen Politik mit einer schwachen Kritik des Verhaltens Italiens auf dem Balkan während der kritischen Periode, die mit dem Bündnis Bulgariens mit den Mittelmächten endigte. Alles Interesse war auf die Erklärungen gerichtet, die Son- nino über die auswärtige Politik Italiens abgeben sollte. Die so sehnlichst erwartete

Rede S»««i«os

erfolgte am Sonntag. Sonnino erklärte: Ich bitte die Kammer, einen raschen Blick aus die Tätigkeit der Regie­rung in den verschiedenen internationalen Fragen der letzten Monate werfen zu wollen, um sich bester über die Art klar werden zu können, wie die Regierung die Absichten der Kammer bei Ausführung des weitreichenden Auftrags aus­gelegt hat, den die Kammer am 2. Dezember erteilt bat und um bester beurteilen zu können, ob die Regierung ihr Vertrauen weiter verdient. In der Sitzung am 1. Dezember haben wir nach einem Rückblick auf die Bemühungen der Regierung um die Werteidignng der ZlnabHärrgigkeil Serbiens schon vor unserer Teilnahme am Kriege dem Parlament unsere Absicht mitgeteilt, alles uns Mögliche zur Unterstützung der Armee König Peters zu tun. indem wir im Einverständnis mit unseren Alliierten die Versorgung mit Lebensmitteln und Munition sicherten und ihr« Kon­zentration erleichterten. In Erwartung der Zeit für die Revanche war es damals nicht angebracht, die Einzelheiten unserer Aktion zu erörtern, weil diese auch von dem Aus­gang der Operationen auf dem Balkan abhängen mußten. Bekanntlich ist seitdem beschlossen worden, di? serbischen Truppen nach Korfu zu bringen und dort zu sammeln, nach­dem sie sich nach einem Kamps gegen zwei an Zahl sehr über­legene feindliche Armeen nach Montenegro und Albanien zurückgezogen hatten. Da ein Widerstand der serbischen Armee in Skutäri oder in Albanien als unmöglich erkannt wurde, war es durchaus nötig und wichtig, ihre Einschlie­ßung und Ilevergabe zu verhindern.

Die erste schwere Aufgabe war die Miederversorgnng der Armee mit Kriegsmaterial und Lebensmitteln. Hier­mit wurde die italienische Marine mit einigen Schiffen der verbündeten Flotten beauftragt. Zunächst wählte man einen Weg, der allerdings von Schwierigkeiten strotzte, den über San Giovanni di Medua, und die Landung von Material dauerte dort an, bis der Köniq von Montenegro mit seiner Regierung und dem diplomatischen Korps jene Gegend in­folge des Vormarsches des Feindes verließ. Die weitere» Transporte und Landungen von Material gingen über Durazzo. Das gesamte verschiffte und gelandete Material betrug 6900 Tonnen tu San Giovanni die Medua und 30000 Tonnen in den anderen albanischen Häfen, wofür ungefähr 100 Dampfer verwendet wurden.

Ein noch schwieligeres Unternehmen war die Ein­schiffung «vd der Transport der serbische« Armee, die ein neues ruhmreiches Blatt aus der Ehrentafel unserer Marine bilden. Außerdem wurden viele lausende von Flüchtlingen, Frauen und Kinder, unterstützt und neben der serbischen Armee von San Giovanni die Medua, Durazzo

das Glück meiner Kinder preis, und aus Feigheit! Got straft mich schwer, aber gerecht! Er straft micy da, wo ich am schwersten gesündigt habe. Nie habe ich ernstlich daran gedacht, daß meine Söhne ein Opfer ihres Vaters und dieses Mannes" er zeigte auf St. Denisda werden könnten: Und doch ist es geschehen. Da liegt mein Jüng­ster, mein Herzensjunge, von des eigenen Vaters Hand er­schlagen, stumm und bleich vor mir. Erschlagen sage ich Euch!" schrie er, wild um sich blickend.

Hier diese Hand, wie ist sie so blusig rot. von de« Blut des eigenen Kindes. Hörst du mich, Hans Hein- rich", sprach er weich, sich tief zu dem leblos Daliegenden hinabbeugend,hörst du mich? Sieh, mit deinem Herzblut, das ich fließen sehe, da brechen ja alle allen wundersamen Quellen meines Herzens wieder aus. Deutschland, Deutsch­land, Junge, ich fühle es ja mit jauchzendem Glück in allem Leid, ist mein Vaterland! Wie habe ich alle Tage gekämpft und gerungen, wie hat es mich gedrängt, mich diesem Tap­feren" er blickte auf Barenbusch .anzuvertrauen, weil ich fühlte, daß ich, trotzdem Frankreich einst mein Vaterland gewesen, doch in meinem Fühlen und Denken deutsch ge- worden bin. Und als ich endlich in letzter Minute den Mut fand, da war es zu spät, dein Leben zu retten, mein armer Junge, wenn es auch gelang, das Unheil von deinen Kameraden abzuwsnden; du aber. Hans Heinrich, du muß­test für deinen sündigen Vater büßen, du. der jüngste und schönste meiner Kinder, du, voll Jugendlich, das ganze Leben vor dir, ein Lebe« voller Rosen!"

Fortsetzung folgt.