Bekanntmachung betreffend die Speisekartoffelversorgung.
Auf Grund des § 12 der Bundesratsoerordnung über die Bersorgunßsregelung vom 4. November 1915 (Reichs- Gesetzblatt S. 728) w rd verfügt :
§ 1. Im Oberamisbezirk Nogold dürfen Kartoffeln zur Weiiervrräußerung an or dere Personen a!s an die unmittelbaren Verbraucher, welche im Bezirk ansässig sind, nur durch die vom Oderami bestellten Aufkäufer erworben Werde«. Diese Vorschrift findet auf die Vermittler des Erwerbs von Kartoffeln zu dem genannten Zweck entsprich nde Anwendung.
§ 2. (1). Dke vom Oberami bestellten Aufkäufer
erhallen für ihre Person ei^en vom Oberamt ausgestellten
Ausweis.
(2) . Der Ausweis hat nur Gültigkeit für den Oberamtsbezirk. Er ist der Ausübung des Gew rbes mitzu« führen und aus Verlangen den Polizeiorganen und den Beauftragten des Oberamts oder Ortsvorslkhers vorzuzeigen.
(3) . Die Uebe.lassung des Ausweises an einen andern oder die Benützung eines aus einen andern ausgestellten Ausweises ist verboten.
§ 3. Die Bestellung zum Auskauf oder zur Auf- Kaufsoermittlung (!) kann jederzeit widerrufen «erden. Bei Widerruf der Bestellung ist der Ausweis dem Oberamt unverzüglich zurückzugeven.
§ 4. Name, Stand und Wohnort der nach 8 1 bestellten Aufkäufer werden im Bezirksamtsblatt bekannt gegeben. Dasselbe gilt für den Fall des Widerrufs der Bestellung.
8 5. (1) Dir bestellten Aufkäufer haben den Anweisungen und Anordnungen des Oderamts, insbesondere hinsichtlich der Auskaufs- und Abfatzorte und der Absatzstellen, des Wette Verkaufs, der Art und Zeit der Lieferung der Kartoffeln, der Buchführung und der Preise Folge zu leisten.
(2) Sie haben die von ihnen im Bezirk getätigten oder vermittelten Ankäufe von Kartofstln dem Oberamt unverzüglich onzuzeigen.
8 6 (1) Die Ausfuhr von Kartoffeln aus dem Oberamtsbezirk an einen und denselben Empfänger in Mengen von mehr als einem Zentner bedarf der schriftlichen Genehmigung des Oderamts. Der Bescheid über die erteilte Genehmigung ist bei der Beförderung der Kartoffeln bis zur Oderanttsgrenze miizusühren.
(2) . Kartoffeln in Mengen von mehr als einrm Zentner dürfen nur auf Grund von Versandpapieren (Frachtbriefen) zu? Eisendehnbesörderung aufgcgeben werden, welche vom Ooeramt abgestempelt sind. Sie sind zum Zweck der Abstempelung de Oberamt ausgesüllt »orzulegen.
(3) . Die Uebcrtragung der erteilten Aussuhrerlaubnis (Absatz 1) oder eines abgestempelten Bersandpapiero (Absatz 2) an einen andern oder die Benützung eine» übertragenen Ausfuhr- oder Bersandpapiers ist verboten.
8 7. Borstehende Anordnung tritt am 16. März 1916 in Kraft.
Zuwiderhandlungen gegen sie sind mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 ^ bedroht.
Nagold, den 15. März 1916. K. Obkramt.
Kommerell.
Die Herren Ortsvorsteher wollen vorstehende Anordnung alrbalo in der Gemeinde veröffentlichen und den betr. Händlern eröffnen.
Nagold, den 15. März 1916. K. Oberamt.
Kommerell.
Der amtliche Tagesbericht.
WTB. Großes Hauptquartier, 15. März. Amtlich. (Tel.)
Westlicher Kriegsschauplatz:
Bei Nenve Chapelle sprengten wir eine vorgeschobene englische Bertei-ignngsanlage «it ihrer Besatzung
f in die Luft. Die englische Artillerie richtete schwere- Feuer auf 8e«S. Die französische Artillerie war sehr tätig gegen unsere neue Stellung bei Billa- anx-Boi- und gegen verschiedene Abschnitte in der Champagne.
Links der Maas schoben schlesische Truppe« «it kräftige« Gchwnng ihre Linie« aus der Gegend westlich des Rabenwalde- auf die Höhe Toter Mann vor. SS Offiziere «nd über 1000 Man« vom Feinde würben ««verwundet gefangen. Viermal wiederholte Gegenangriffe brachten den Franzosen keinerlei Erfolg, wohl aber empfindliche Berlnste. Aus dem rechte« Maasufer und an den Osthängen der Cotes range« die beiderseitige» Artillerie« erbittert weiter. In den Bogesen und südlich davon unternahmen die Franzose» mehrere kleine Erknndnng-vorstötze, die abgewiesen würben.
Leutnant Leffers schoß nördlich ss» Bapanme lein vierte- feindliches Flngzeng, einen englische« Doppeldecker, ab. Bei Bimh, nordöstlich von Arras, unb bei Sivrh an der Maas, nordwestlich von Verdun, wurde je ei» französisches Flngzeng durch unsere Ad- Wehrgeschütze hernntergeholt. Ueber Hanmont. nörd- lich von Verdun, stürzte ein französische- Flngzeng nach Luftkamps ab. Seine Insaffen sind gefangen, die übr gen sind tri.
Oestlicher «ud Balkaukriegsschauplatz:
Die Lage ist unverändert.
Oberste Heeresleitung.
Der Reichstag und die Steuervorlageu.
Wie wir erfahren, ist eine definitive Stellungnahme der Parteien des Reichstages zu den neuen Steuer Vorlagen erst in den nächsten Tagen zu erwarten. Sie hängt von dem Verlauf der verschiedenen Feaktionssttzungen ab, die jetzt abgehalten werden. In der Sitzung der natiorwliibe- ralen Reichstagsfraktivn, die Montag mittag stattfand, sind, entscheidende Br schlösse in dieser Frage noch nicht gefaßt worden; es har sich vorläufig nur um Vorbesprechungen gehandelt zwecks Feststellung der in der Partei herrschenden Stimmung.
Bon besonderer Wichtigkeit erscheint gegenwärtig die Frage der formalen Behandlung der neuen Vorlagen. Es besteht der Wunsch, der Budgetkvmmission nicht die gesamten Steuervorlagen, sondern rur die Kriegsgewinnsteuer z»r Bearbeitung zu überweisen und für die Beratung der Tabak- struer und der Beckehrssteue.n besondere Kommissionen zu dllden. Durch eine solche Arbeitsteilung würde jedenfalls eine bedeutende und «U schenswerte Beschleunigung erzielt werden, während durch die Utberweisung der gesamten Vorlagen an d°e Budgetkommisston und die damit verbundene unvermeidliche Verzögerung das rechtzeitige Zustandekommen des ganzen Gesetzes unter Umständen in Frage gestellt werden könnte.
Es ist freilich elne Tatsache, daß sich auch jetzt noch innerhalb der verschiedenen bürgerlichen Parteien starke Widerstände gegen die neuen Steueroorlogcn überhaupt geltend machen. Unter d'esen Umständen erscheint es auch nicht ganz ausgeschlossen, daß der Reichejchatzsekretäc sich mit einer, von verschiedenen Setten gewünschten geringen Erhöhung der Sätze der Kriegsgewinnsteuer einverstanden erklären wird, aber es könnte sich dabei, wie gesagt, nur um ein sehr begrenztes Entgegenkommen handeln. Im übrigen steht es. soweit die bürgerlichen Parteien in Frage kommen, offenbar fest, daß die Stellungnahme für oder gegen die neuen Steuervorlagen keiner falls von einer einzelnen Fraktion aus e-folgen wird, sondern daß ihr Schicksal von den bürgerlichen Fraktionen en dloc entschieden werden dürfte. Dte Haltung der sozialdemokratischen Reicha- tagsslaktion bleibt dabei eine Sache für sich.
Der Prozeß gegen Jaurvs Mörder.
Der Prozeß gegen Billain, den Mörder des franzöfi- schen Abgeordneten Iaurss, ist abermals verschoben worden. Nach der „Köln. Ztg." str-d dis Gründe dieser neuerlichen Verschiebung politischer Art. Man will durch die Zeugenoerhöre dte Einigkeit nicht gefährden. Diese Gcfahr droht dadurch, daß Zeugen vorhanden sind, die über die Stellung IaurSs zum Kriegsausbruch und namentlich über sein« Auffassung der Verantwortlichkeit hierfür Aussagen beizu- bringen haben, die der hierüber ausgegebenen patriotischen Lesart schroff widersprechen.
So haben vertraute Freunde von Iamös, die die letzten Lage und Stunden mit ihm verbrachten, bereits vor der Oeffenliichkeit darüber berichtet, daß Iiurös in der Nacht vom 3l. Juli zum 1. August 1914 einen Artikel in der „Hnmanite" veröffentlichen wollte, der diese persönlichen Verantwortlichkeiten an dem geheimen Treiben «it Namensnennung fiftstellen und insbesondere die Rolle des russischen Botschafters Iswolski in Parts enthüllen wollte. Diese Absicht von James war den Kriegshetzern nicht unbekannt geblieben. Wenige Stunden vor ihrer Ausführung, am späten Abend des 3l. Juli, wurde er rücklings ermordet. Die französische Zensur hat dke Veröffentlichung dieser Auffassung und Absicht von James unterdrückt. Sie erschien deshalb in einem Schweizer Blatt. Für die gerichtliche Verhandlung über das Verbrechen wäre die zeugeneidliche Feststellung dieser Umstände nicht zu umgehe«, wenn man aus der BerhanRung nicht eine offen sichtliche Komödie machen will. Ihre Feststellung im Gerichtssaale aber und unter Lid paßt der französischen und russischen Regierung begreiflicherweise noch weit weniger als ihre Veröffentlichung in der französischen Presse.
Portugal und der Krieg.
GKG. Aus dem Haag meldet die „Franks. Ztg.": Reuter berichtet aus Washington, daß die portugiesische Gesandtschaft der Regierung mktteilte, Portugal habe de« Krieg begonnen auf Grund der Verpflichtung des Berirags von 1873.
Der Aufftaud in China.
Berlin, 14. März. WTB. Die chinesisch« Gesandtschaft hat aus Peking folgende Meldung erhalten: Eine Dratztmeldung aus der Provinz Hunan zufolge wurde, Nayang (in der Provinz Hunan) am 7. ds. Mts. von den Regierungstruppen zurückerodert Dte Aufständischen zogen sich nach Tungje» (in ders lben Provinz) zurück. Ferner wird aus Szelschuan gemeldrt: Die Regierungstrupperl nahmen Kiangan (Provinz Szetschurm) am 8. März wieder in Besitz und verfolgten die in der Richtung nach Poun- geng fliehenden Aufständischen 15 Li (7*/z Klm.) weit. Bei Kiklang (Provinz Szetfchuan) kämpften große Streitkräsie der Aufständischen mit den Regirrungstruppen. Letztere griffe» die Rebellen in der Nacht aus den 8. d. Mts. umsaffend an und zwangen sie zum Rückzug nach Lunschi.
Kieme vermischte Nachrichten.
Der Bund der Industriellen hat. im Einklang mit einem vom Verband Witttt. Industrieller im Noo. 1915 gefaßten Beschluß, folgende Entschließung angenommen: „Der Bund der Industriellen begrüßt die Bestrebungen, in dem Eisenbahn- und Btnnenschiffahrkswesen des Deutschen Reiches eine Einheit, vor allem des Betriebes herbeizuführen. Der Bund ist der Ueberzengung, daß diese Betriebseinheit dem deutschen Wirlschastsleden erhebliche Vorteile bieten könnte. Er ist daher bereit, diese Bestrebungen im Interesse der deutschen Industrie zu unterstützen."
Die Einberufung des Geburtsjahrganges 1898, der mit dem 1. Jan. 1915 landsturmpflichtig geworden ist. zur Musterung wurde in Ungarn vorgestern und wird in Oesterreich in einigen Tagen bekanntgemacht. Die Musterung findet in beiden Staaten der Monarchie zwischen dem 14. April und dem 3. Mai statt.
Auch in Frankreich wurden trotz der freien Zufrchr Kupfer, Messing und Bronze zu Kriegszwecken beschlagnahmt.
„Warum haben Sie sich nicht sofort an den Leutnant von Marbeck gewandt, der dort »den aus dem Paß die Wache hat. was Ihnen gewiß bekannt war."
Beate senkte verwirrt die Aggen. „Ich konnte nicht." stotterte sie, „ich habe ihm sehr, sehr weh getan, da mochte ich nichts von ihm erbitten."
„Aber das hat doch g-rmichts damit zu tun. Alle persönlichen Empfindungen müssen doch schwngen, wenn es sich um so ernste und wichtige Dinge handelt."
Die Schwestern legten beruhigend und tröstend ihre Arme um die bebende Mädchsngestalt.
„Sage di« Wahrheit, Beate.* flehte Eva Maria.
„Ts ist sehr auffällig." setzte Hauptmann von Baren- busch das Verhör fort, „daß Sie sich über die Mauer den Eingang verschafften, wenn Sie Hilfe suchten. Er ist ferne« auffällig, daß Sie allem Anschein nach bereits den Rückweg anqetreten halten, als der Schuß Pater Melchiors Sie traf. Sie hatten also gar nicht versucht, Hilfe zu erbitten."
„Doch," sagte Beate fest, „dort steht der Mann, von dem ich dte Hilfe erwartete, der mir diese Hilfe aber versagte."
Staunend blickten alle aus den Geistlichen, auf de« Beatens aurgestreckte Hand wies.
Er lächelte höhnisch „Das Rädchen ist nicht bet Sinnen, Herr Hauptmann. Sie sehen es ja selbst. Das ganze Haus ist voller Evldaten »nd sie will meine Hilfe erbeten haben. Was konnte ich, der Priester, ihr fein?"
Jortsetznng folgt.
Me Uogefenrvacht.
Kin Kriegs vornan aus der Gegenwart
von Anny Wolhe. Nachdruck verboten.
Amerikanisches «op^rixbl 1914 b? Anny Wothe, Leipzig.
(Fortsetzung.)
„Es bleibt nur merkwürdig. Hochwürden," bemerkte Obeileutnaitt Helmbrecht, der auch um Beate beschäftigt war. „daß der Schutz, der das junge Mädchen h'er nieder- streckte, von rückwärts kam, wie die Verwundung zeigt. Es war also ein Schuß ous dem Hinterhalt."
„Mein Herr!" entrüstete sich St. Denis gegen den Einwand des Offiziers. „Ich meine, das Klrtö, das ich trage, schließt einen so entehrenden Verdacht aus."
„Ganz recht, Hochwürden," bemerkte Barenbusch mit leisem Spott. „Ich darf aber wohl bitten, mir die Waffe auszuhändigen, mit der Sie diesem armen Geschöpf da dte Verwundung beibrachten."
Wortlos, aber mit stchilichem Widerstreben, reichte Marius dem Haupimaua dem Revolver.
Inzwischen hatten Eva Maria und Gisela Beate einen regelrechten Verband um den linken Arm gelegt und ihn in einer Schlinge geborgen. Jetzt erhob sich Beate, von den Freundinnen gestützt, mühsam von oer Bank. Sie öffnete ein paarmal den Mund, um zu reden, aber sie brachte kein Wort hervor. „Beruhigen Sie sich doch," mahnte Hauptmann von Barenbusch. „Es kann Ihnen wirklich nichts geschehen. Sie sind hier ganz sicher. Erklären Sie
uns lieber warum Sie nicht durch das Tor, an dem Wachtposten vorüber, sondern über die Mauer kamen, wenn Sie ins Schloß wollten."
„Ja, Beate, das mußt du sagen," ermunterte sie Gisela, und zu Helmbrecht fügte sie entsch ädigend hinzu: „Beate ist unsere Freundin. Wir sind als Kinder so oft über die Mauer geklettert, gelt, Beate?"
Beate nickte Gisela mit wehem Lächeln zu.
„Ja, daran dachte ich vorhin, als ich den Posten sah."
„Wolltest du zu mir, Beate?" fragte Goa Maria zärtlich. „Wolltest mir vielleicht Kunde von Herbert bringen?"
Das Försterkind schüttelte stumm den Kopf.
„Nimm dich in acht," flüsterte ihr der alte Graf drohend zu, „du gefährdest mein und meiner Kinder Leben. Wir find dir immer Wohltäter und Freunde gewesen. Vergiß das nicht!"
Er verstummte, denn Hauptmann von Barenbusch trat zwischen ihn und Beate.
„Ich bitte, das junge Mädchen hier nicht zu beeinflussen, Herr Graf", und zu Beate bemerkte er streng:
„Was hatten Sie des Nachts hier zu suchen- Antworten Eie der Wahrheit gemäß. Es ist Krtegszeit, da werden Sie wissen, daß es nichts zu spaßen gibt."
„Ich suchte Hilfe für meine Eltern," schluchzte Beate. „Die Franzosen haben meine Eltern — mein Bater ist der Förster auf Dreiste!» — gefesselt in den Stall geworfen, weil mein Bater sich weigerte, ihnen als Führer nach Marbeck zu dienen. Nicht für den Hauptweg, der ist ja wohl durch deutsche Soldaten besetzt."