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Fernsprecher Nr. 29.

89. Jahrgang.

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Fllustr. Sonntagsblau und

Schwäb. Landwirt.

Freitag, den 16. Juli

191S

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Amtliche VekmnNachMgett f. 3. Sette.

Der Erfolg in den Argonnen. Neue Siege im Osten. Einnahme von Prasznisz.

WTB. Großes Hauptquartier, 15. Juli. Amtlich. (Tel.)

Westlicher Kriegsschauplatz:

In Südflanderr sprengte» wir gestern westlich von Wytschaste mit gutem Erfolge Minen.

In der Gegend wn Eonchez griffen die Franzosen zum Teil mit stärkerer Kräften an verschiedenen Stellen an. Sie wurden überall zirnckgeschlagen.

Nordwestlich des Gehöfts Bean-Tejonr in der Champagne kam ein feindlicher Handgranatenangriff infolge unseres Minerfeuers nicht znr Durchführung.

Die Franzose« machten gestern bis in die Nacht hinein wiederholt Besuche, die von uns eroberten Stellungen im Argnrueuwald znrückznerober«. Trotz Einsatzes großer Muntionsmengen und starker aufs neue herangeführter Kräfte brachen sich ihre Angriffe an der unerschütterlichen bensche» Front. An vielen Stellen kam es zu erbitteren Handgranaten- und Rah- kämpfen. Mit «nKwöhulich hohe» Verluste» be­zahlte der Gegner sine ergebnislosen Anstrengungen Die Zahl der franzifische« Gefangenen hat sich auf «8 Offiziere und 3888 Man« erhöht. Der Erfolg unserer Truppen ist rmso bemerkenswerter, als nach übereinstimmenden Geangenenaussagen die Franzosen für den 14. Juli, dem Dg ihres Nationalfestes, eine» große» Angriff gegen unsre Argonneufront vorbereitet hatten. Auch östlich der Argonnen herrschte gestern er­höhte Gefechtstätiskeit. Im Walde von Malaneourt wurden Angriffsvernche des Feindes durch unser Feuer verhindert.

Im Priesterwade brach ei« franzöfischer Bor- stoß verlustreich vo unserer Front zusammen.

Ein fraNzösischs Flugzeug wurde beim Ueberfliegen unserer Stellung bei Eonchez getroffen und fiel bren-

Auf en Soldatengrab.

Deine Hellen Aqen sind zugetan,

Dir brach die Ächt herein,

Dir brach der nue Weltengang schon an.

Doch du bist min,

Ob auch die Snne mir noch Mittag lacht.

Und ich bin dei

Und folge dir, »enn meine Zeit vollbracht,

In deine Nacht

Und aus dem tchoß,

Der dich und mH verschlang,

Wächst neu und groß In ewigem Lebnsdrang Der alten Heimt Geist empor.

Die Jugend wadelt licht in weiten Räumen

Und hört der A>nen Chor

Aus dunkelm Lrell im heiligen Berge träumen.

Hermann Hesse.

Die Kämpf! der Würtlemberger in Len Argonnen.

Wie die Berichte unserer Heeresleitung mitteilten, haben die württembergischen Truppen in den Argonnen sich von neuem hervorgetan. VasUlmer Taglatt" veröffentlicht hierüber mit Genehmigung des Ulmer Gouvernements den

uend in die feindliche Linie nieder. Ein zweites wurde bei Henin-Lietard heruutergeschosse«; Führer und Be­obachter fielen verwundet in unsere Hand.

Oeftlicher Kriegsschauplatz.

In kleinen Gefechte» an der Windau, abwärts von Knrschany, wurden 2 Offiziere und 425 Mau« zu Gefangenen gemacht. Südlich des Rjemen in der Gegend von Kalvarja eroberte« unsere Truppen bei Franziskowo und Osowa mehrere russische Vor­stellungen und behauptete» sie gegen heftige Ge­genangriffe. Nordöstlich von Suwalki wurden die Höhe« vo« Olseanka von uns gestürmt, SV« Russen gefangen genommen und 2 Maschinengewehre er­beutet. Südwestlich von Köln» »ahme» wir das Dorf Krusza, sowie feindliche Stellungen südlich und östlich dieses Dorfes und südlich der Linie TartakLip- niki. Weitere 2400 Gefangene und 8 Maschinen­gewehre fielen in unsere Hand.

Die Kämpfe in der Gegend von Prasznisz wurden erfolgreich fortgeiührt. Mehrere feindliche Linien wurden vo« «ns genommen und die in den letzten Februarlagen heißnmstrittene und von den Russen stark ansgebante Stobt Prasznisz selbst vo» «ns besetzt.

Südöstlicher Kriegsschauplatz:

Die Lage ist im allgemeine» «»verändert.

Oberste Heeresleitung.

Der 14. Juli ist bisher immer mit großem Pomp zur Erinnerung an die Erstürmung der Basttlle im Jahre 1789 als Nationalfest gefeiert worden. Das geliebte Schauspiel der großen Parade auf dem Rennplatz von Longchamps ist dem blutigen Kämpfen aus den Schlachtfeldern gewichen. An das.Daterlandsgesühl appellierend, hatte nun die sranz. Heeresleitung gehofft, an diesem mit einem großen Durchbruchs­versuch mehr Erfolg zu erzielen, als bisher. Das Resultat war ein negatives. Die deutschen Truppen kamen dem großen Angriff zuvor und hatten den Sieg auf ihrer Seite : 68 Offiziere und 3688 Mann sind der zahlenmäßige Erfolg. Die Bedeutung des Sieges dürfte wohl in der Hauptsache mit aus der moralischen Seite liegen.

Du sollst Verleumdung gewissenhaft meiden und törichten Klatsch nicht weitertragen.

Bericht eines höheren Offiziers, aus dem folgendes mitgeieilt sei: Schon Anfang Juni war ein Angriff ans die französi­schen Stellungen bezw. stark befestigten Gräben Bagatelle. Central und Cimietre geplant, und den ganzen Monat über wurden Vorbereitungen getroffen. Früh 5.15 Uhr am 30. Juni begann das Artillerteseuer auf die französischen Stel­lungen, das durch schwere Kaliber und schwere Minenwerfer unterstützt wurde und bis 845 Uhr vormittags dauerte. Mit einem Schlag wurde dann das Feuer auf die rück­wärtigen feindlichen Gräben gerichtet, während unsere Sturm- Kolonnen mit Handgranaten und Bajonett gegen die vor­dersten französischen Gräben vorgingen. Da dieser verschüt. tet vorgefunden wurde, ging es gegen die zweite Stellung vor. Die Franzosen wurden dort vollkommen überrascht, und es kam im Graben zum Handgemenge. Die Franzosen ergaben sich in Hellen Haufen. Unterdessen war die zweite Welle dek Stürmenden herangekommen, und es wurde sofort daran gegangen, die gewonnene Stellung zur Verteidigung herzurichten. Die deutschen Verluste waren nur gering. Die gefangenen Franzosen erweckten im allge­meinen einen günstigen Eindruck. Der Anzva war säst neu, das Schuhwerk gut. Biele hatten noch rote Hofen, darüber aber blaue gezogen. Die hellblaue Farbe der neuen Feld­uniform sieht gut aus. Aus den Antworten der befragten Offiziere, Unterosfiziere und Mannschaften ging hervor, daß sie froh waren, der Hölle des Artilleriefeuers entronnen zu sein. Sie halten zwei Tage nichts Warmes zu essen be­kommen und sahen mit Erstaunen auf die Züge mit Limo­nade und Brot, die an unsere vorderste Linie abgingen.

Wieder erwachendes Volkstum.

Im alten Flandern ist jahrhundertelang das germanische Flämentum unterdrückt worden. Französische Sprache und französische Sitte drang »naufhaltsam vor, und alle Hoch­burgen einer deutschen Kultur fielen diesem Stegeszug zum Opfer. Vergessen wir nicht, daß gerade von Flandern aus zu Zeiten des Kaisers Maximilian unablässig deutsches Leben in alle Teile Germaniens, sogar bis zur Weichsel, floß. Mit der Trennung des alten Flanderns von den protestan­tischen Niederlanden wurde plötzlich die deutsche Kultur ver­nichtet. Während alle Städte französisch wurden, blieb der Bauer allein flämisch. Die Fraozöslinge waren cs, die, nachdem der Wiener Kongreß das heutige Belgien mit Holland vereinigte, die katholischen Flämen gegen die evan­gelischen Holländer hetzten. Leider mußten sie den Sieg daoontragen, denn feit 1830 ist Belgien ein selbständiges Königreich. Das französische Wallonentum herrschte und Belgien war im Grunde genommen ein französisch verwal­teter Staat.

Die herrschenden Französlinge suchten nun den Sieg auf der ganzen Linie zu vervollständigen, indem sie alle Brücken von der deutschen Kultur zum Flämentum abbra­chen, wie sie in gleicher Weise auch vom Holländischen ab­gesperrt wurden. Der Erfolg blieb natürlich nicht aus. Heute ist den Flämen das Deutschtum vollständig fremd geworden, und es ist kein Wunder, wenn sie uns gleich mißtrauisch beobachten wie die Franzosen. Besonders wenig wurden sie von der Entwicklung der deutschen Sprache be­rührt. Die flämische Sprache, die nun dem französischen Einfluß unmittelbar ausgesetzt war. ist losgelöst worden von der großen deutschen Külturmacht. Dadurch, daß die In­telligenz des Landes französisch wurde, und daß die Dichter des Landes sich der französischen Sprache bedienten, waren dem französischen Einfluß neue Wege geebnet. Die flämische Sprache verkümmerte, da ihr der belebende Zufluß, der nur von der deutschen Kultur ausgehen konnte, abgeschnitten war.

Die Führer der Flämen wußten, daß allein die Stär­kung des kulturellen Niveaus des Flämentums zum Siege verhelfen könnt«. Das vorläufige Ziel, die mühsam er­strittene politische Gleichberechtigung, hatten sie erreicht, und so versuchten sie auf dieser Grundlage weilerzubauen. Sie begannen mit einer umfangreichen Propaganda für die Schaffung einer flämischen Landesunioersität und erreichten damit, daß die Ausschüße der belgischen Kammer einen Antrag angenommen haben, der dahin geht, die Landes- Universität Gent in eine flämische umzuwandeln. Für das Deutschtum entwickrlien sich neue Perspektiven. Boraus­schauend sahen wir ein altes deutsches Kulturvolk zu einer

Uebcr die Lage im Osten waren die Gefangenen alle unterrichtet; sie wußten auch den Fall von Lemberg, erklär­ten die Sachlage aber für einen strategischen Rückzug. Alle Aussagen über England zeigten einen auffälligen Haß gegen diesen Bundesgenossen, und je­der Franzose wußte, daß die Engländer nur 55 km der Front besetzt hielten. Alle waren auch davon überzeugt, daß die Engländer nur mit Waffengewalt aus Calais ver­trieben werden müßten. Ueber die Italiener gingen sie leichtem Schmunzeln und Achselzucken zur Tagesordnung über. Mehrfach fragten Leute, ob es war sei, daß sie nun, wie die französischen Offiziere ihnen gesagt hätten, erschaffen würden. Die Verluste ihrer Toten gaben sie sehr hoch an und sie sagten, die Regimenter wären in den Argonnen, der Hölle von Berdun, am Ende ihrer Kraft.

Die Nacht und der 1. Juli verliefen ruhig und würben von unseren Truppen zum Ausbauen der neuen Stellung benützt. Eine am Morgen des 1. Juli im Dioisionsgesechts- stand abgehaltene große Versammlung aller Kontingente und Waffen machte mit einer neuen schwierigen Aufgabe bekannt. Da es der Nachbarbrigade wegen der starken Drahthinderniff nicht gelungen war, nach Ueberwindung des ersten französischen Grabens auch den zweiten, Grü­ner Graben genannt, zu nehmen, war dieser Brigade die Aufgabe gestellt, den Grünen Graben von vorne auzu- greifen, während zwei Bataillone Korpsreseroe im Schutze der Grenadiere diesen Graben vom Rücken her zu nehmen hatten. Bi» nachmittags 5 Uhr war Zeit zu Borbereitungen. Artillerie und Minenwerfer standen ausgiebig zur Verfügung.