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von einem Paffagier darauf aufmersam gemacht, daß ihm am hintern Rockknopf eine goldene Uhr mit gol­dener Kette hing. Dem Kondukteur wurde es sofort klar, daß ein Herr, der vorher vom Wagen abge­sprungen war, mit seiner Uhrkette an seinem Rock­knopfe hängen geblieben sein mußte. Er übergab Uhr und Kette der Polizei, wo sich der Verlierer auch einstellte und gestern dem Kondukteur zehn Mark Trinkgeld überreichte.

Aus dem Schönbuch, 5. Aug. Auf den Jagdgebieten Sr. K. Hoh. des Prinzen Wilhelm wird in diesen Tagen seit längerer Zeit zum ersten­mal wieder eine Sommerjagd auf Hochwild gehalten, zu welcher mit dem Hofmarschall Frhr. v. Plato, der K. Hofjägermeister Frhr. v. Neurath und eine An­zahl Kavalliere eingetroffen sind. Die gestern im Revier Weil stattgehabte Hofjagd ergab eine selten schöne Strecke. Gleich im ersten Trieb kam eine An­zahl Hochwild zum Schuß, worunter ein prächtiger Sechzehnender, der ein selten schönes Geweih aufge­setzt hatte, gleich darauf ein noch stattlicherer Vierzehn­ender, Ersterer wog aufgebrochen mit Geweih 264,letzterer 280 Pfund. Außerdem wurden einige Rehböcke ge­schossen. Von den Treibern wurde auch ein seit ein­igen Tagen verendeter Zwölfenderhirsch gefunden, vessen Geweih an Schwere dem Sechzehnender nahe kommt und dessen Fleischgewicht dem andern gleich­geschätzt wurde. Derselbe wurde wobl auf einer an­grenzenden Jagd angeschossen und leider nicht Hu wei­terer Verfolgung angemeldet, so daß er elend ver­enden mußte.

Unterdigisheim, Bal. 7. Aug. Hatte die hie­sige Gemeinde sich nach dem Hagelschaden jvom 4. Juli d. I. mit der Hoffnung in etwas getröstet, daß durch den schönen Stand der damals unbeschädigten Halm­früchte doch noch mancher Not vorgebeugt werden könne, so stehen wir heute vor einem neuen, schweren Schicksalsschlag, welcher jene Hoffnungen zu Nichte machte. Am Dienstag abend 5 Uhr zog ein unheil­bringendes Gewitter über unsere Markung, die Hagel­körner fielen teilweise groß und in rercher Menge, so daß unser Sommerösch fast total vernichtet und auch das Dinkelfeld schwerer getroffen ist als das erstemal.

Oehringen, 7. Aug. Gestern Nacht von 810 Uhr goß der Regen in Strömen, die Regen­fälle wiederholten sich heute Mittag von '/ü1 Uhr an in noch höherem Maße unter heftigen Blitz- und Donnerschlägen bei einer Temperatur von 20 Grad. Heute früh wurde bei Ulrichsberg, 2 Kilometer von Kupferzell, der Leichnahm eines 52 Jahre alten Bauern von Füßbach aus der hochgehenden Kupfer gezogen. Der Bann war in Geschäften zu Kupfer­zell gewesen, gestern Nacht 9 Uhr heimwärts gegangen und ohne Zweifel in der finsteren Regennacht der Kupfer zu nahe gekommen.

Münsingen, 7. Aug. Unsere Feuerwehr kam von dem Brandplatz in Döttingen erst gegen 3 Uhr heute inorgen hierher zurück. Lammwirt Stefan Münzing ist als der Brandstiftung verdächtig in Haft genommen. Er ist nun das drittemal wegen Brand­stiftung in Untersuchung; in den beiden ersten Fällen wurde er, letztmals nach einjähriger Haft, freige­sprochen.

Ulm, 7. Aug. Die hiesige Militärverwaltung

hat zu den Maffenquartieren beim Landesturnfest in Gmünd 800 Teppiche und Leintücher abgegeben. Seit einiger Zeit sind falsche Fünfmarkstücke hier im Umlauf. Dieselben tragen das Bildnis des Großherzogs von Baden und die Jahreszahl 1876. Sie sind von den echten Stücken leicht durch chr dunk­leres Aussehen und den matten Glanz, sowie durch das seifige fette Anfühlen zu unterscheiden und sind auch etwas leichter als die echten. Die Falsifikate sind verhältnismäßig gut geprägt. Die Umschrift Gott mit uns" ist dagegen mit schmaleren Lettern und durch Gravieren hergestellt.

Tuttlingen, 6. Aug. Daß bei einer Trau­ung eines der Brautleute auf die verhängnisvolle Frage mitNein" antwortet, dürfte wohl zu den Seltenheiten gehören. In den letzten Tagen kam aber dieser Fall hier doch vor. Ein hiesiges Frauenzimmer wollte einen Eisenbahnarbeiter heirathen. Die Zivil- Trauung war auf letzten Sonntag morgen festgesetzt. Vor dem Standesamt erschien aber nur die Braut, während der Bräutigam ausblieb. Als der Standes­beamte ihn hatte holen lassen und die Frage an ihn gerichtet wurde, ob er die hier Anwesende als Ehe­gattin annehmen wolle, antwortete er mitNein!" Um den Grund dieser seltsamen Antwort befragt, er­widerte er: er habe sich anders besonnen, die Sache habe ihn wieder gereut. Die verschmähte Braut mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Augsburg, 7. Aug. Wie kürzlich schon mitgeteilt, ist die Wälder verheerende Nonne auch in den schwäbischen Forsten, darunter in den umfang­reichen städtischen Stiftungswaldungen, aufgetreten. Hierüber, sowie über die gegen deren Weiterverbreit­ung getroffenen Maßregeln hat der städtische Forst­rat Ganghofer, ein Bruder des bayr. Ministerial­rates und obersten Leiters des bayr. Forstwesens, an den Magistrat und das Kollegium der Gemeindebe­vollmächtigten Bericht erstattet. Derselbe hat auch von den umfangreichen Vertilgungsmaßregeln im Ebersberger Parke, in den Waldungen bei Kirchseeon Einsicht genommen, und es ist von besonderem Inte­resse, wie dieser erfahrene Forstmann hierüber urteilt. Derselbe kam nämlich zu der Ueberzeugung, daß solch massenhaftem Auftreten der Nonne gegenüber auch die allerbesten Vertilgungsmittel machtlos sind. Man sah Hunderttausende von Faltern pro Hektar. Was helfe da einExhaustor", der im Stande ist, in einer Nacht 100200,000 Stücke zu vertilgen: die Falter von 1Ich- Hektar, während 1000 Hektar und mehr in solcher Weise heimgesucht sind. Noch weniger Ab­hilfe gewähren nach Ansicht des Forstrats andere vorgeschlagene Maßregeln. Leider widerspreche die bisherige Erfahrung auch den von Württemberg aus gemachten Mitteilungen wegen Wiederausschlagens und Fortgedeihens der abgefressenen Bäume vollstän­dig. Die Erfahrungen früherer Verheerungen hätten ergeben, daß alle kahlgefressenen Bäume dürr wurden, daß alle Stämme, welche wenigstens "/»der Benadlung verloren hatten, bis zu '/-o bei Eintritt des nächsten Winters, bis zum nächsten Frühjahr, '/-» in den nächsten 2 Jahren eingingen und °/s in der nachfol­genden Zeit von Borken- und Bastkäfern vernichtet wurden.

Die Polit. Nachr. berichten über einen recht

ergötzlichen Zwischenfall, der sich während der Fahrt des Kaisers vom Nordbahnhof zum Palais in Ostende ereignete. Gegenüber der Rampe des Flan- dres eilte eine Dame in großer Toilette auf den in vollem Trabe dahinfahrenden Wagen zu, erhob ein mächtiges Paket, das sie mit beiden Händen festhielt und warf es "dem Kaiser gerade in den Schooß. Allgemeines Aufsehen! Ein mit gezogenem Säbel den Zug eskordierender Offiziere will sich schon auf die Verwegene stürzen, der er, Gott weiß, was für Absichten zutraut, als das Paket aufgeht und eine wahre Lawine von Rosen in und über den Wagen sich ergießt.

Vermischtes.

Heber eine merkwürdige Erb­schaft, welche gegenwärtig in Fürstenwalde großes Aufsehen erregt und daselbst das allgemeine Stadtgespräch bilden soll, wird Folgendes berichtet: Ein verarmter Edelmann, der seit einer Reihe von Jahren als Hausknecht im Dienst stand, ist jetzt, nach­dem er seit Jahresfrist von einem schlesischen Gerichte vergeblich gesucht worden war, von demselben ermittelt und benachrichtigt worden, daß ihm aus der Nachlaß­masse eines entfernten Verwandten eine Erbschaft von 200 000 Thalern zugefallen sei. Der Edelmann war ein tüchtiger und fleißiger Haüsknecht, dem nun all­seitig sein Glück gegönnt wird.

Flüchtige Samoaner. Vor Kurzem wurde gemeldet, daß zwei Samoaner, welche zu der in Ber­lin aufgetretenen Truppe gehörten, ihremImpre­sario" entflohen seien. Die Beiden, welche eine Zeit lang im Hause emes Charlottenburger Rentiers gast­liche Aufnahme gefunden, wurden am Donnerstag durch einen Berliner Criminalbeamten nach Bremen geschafft, um von dort aus auf einem deutschen Post­dampfer ihrer Heimat überführt zu werden. Die beiden Südsee-Jnsulaner scheinen übrigens mit Geld­mitteln gut versehen zu sein, denn sie gaben ihren vielen Berliner Bekannten undFreundinnen" in einem besseren Hotel ein Abschieds-Souper, bei wel­chem es sehr flott hergegangen und schließlich sehr vielSekt" geflossen sein soll. Der eine der Samoaner erklärte seinen Freunden bei diesem Fest, dessen Kosten er sofort deckte, daß er der Sohn eines in Apia wohnenden Kopra-Händlers sei, daß sein Vater, ein echter Samoaner, sehr wohlhabend sei und daß er es eigentlich gar nicht nötig habe, sich alsWilder" um des lieben Geldes halberschaustellen" zu lassen; seinein Landsmanne gehe es genau ebenso, und hätte dieser Umstand namentlich sie" bewogen, von ihrem amerikanischen Manager zu entfliehen.

Ein böses Examen. Ein junger Grieche, der in Tübingen Philologie studierte, war unlängst im Doktorexamen durchgefallen. Unter anderem hatte er auf die Frage, wer Pindar gewesen sei, geant­wortet:Ein griechischer Komiker," und auf eine andere Frage, in welcher Form das antiquarische Werk des Athenäus geschrieben sei:In Oktav." Allgemeine Heiterkeit der Professoren. Als er am nächsten Tage einem seiner Lehrer einen Besuch ab­stattete und bedauert wurde, sagte er mit kläglicher Miene:Ist aber auch ein zu starkes Aufgab: ein armer Grieche gegen drei deutsche Professoren."

schaft passierte, sich wie ein am reinen, unbedeckten Himmel austauchendes und wieder verschwindendes Wölkchen beinahe ebenso schnell verflüchtigte als es geschehen war, so daß Veränderungen, die uns gewöhnlichen Menschen das Dahinschwinden der Zeit anzeigen würden, Veränderungen zum Beispiel in der Ausrüstung und Form ihm begegnender Schiffe, oder in dem zum Weibe Heranwachsenden, von ihm ge­retteten Mädchen, für ihn und seine Leute ebenso nichtssagend und jeder Bedeutung bar waren als für Menschen ohne Gedächtnis. Und doch war es augenscheinlich zum Fluche gehörig, daß er sich statt dessen umso deutlicher und unverlöschlicher an sein Haus, seine Familie, Amsterdam, an Politik, die Kriege seiner Zeit und Aehnliches erinnern sollte, denn wenn auch diese Fähigkeit in ihm erstorben wäre, dann würde er ohne jene Sehnsucht nach der Heimat sich in nichts von einem nur äußerlich belebten Leichnam unterschieden haben.

Giebt es an der Küste östlich vom Kap eine gute, zum Kielholen geeignete Stelle?" fragte ich, begierig, alles auf das äußere und innere Leben dieses wunder­samen Fahrzeuges Bezügliche zu sammeln, ohne jedoch zu neugierig zu erscheinen.

Er antwortete:Ja, eine gute Stelle ist vorhanden; es ist in einer Bucht, ich kenne zwar ihren Namen nicht, aber man kann sie leicht an den eigentümlich ge­formten Bergen in ihrem Hintergründe erkennen. Wenn sie jemals in diesen Ge­wässern schiffen und des Kielholens bedürftig sein sollten, so wählen Sie nur diesen Ort, denn abgesehen davon, daß man daselbst in günstiger Jahreszeit zur Erfrischung der Schiffsmannschaft und willkommenen Vermehrung des Schiffsproviants Früchte, wie Orangen, Pflaumen, wilde Aprikosen, Citronen, Paradiesfeigen, ferner Fische, wie Kabeljau, Rothaugen, Seebarben und schließlich Leckerbissen und Delikatessen wie Kiebitze. Rebhühner, Perlhühner, Trappen und so weiter in Hülle und Fülle antrifft, giebt es dort auch Salzquellen, deren Wasser, wenn eingekocht, so viel Salz liefert, als man nur immer zum Einsalzen braucht, und dann endlich noch etwas, was jedem Seemann zu wissen nützlich ist, nämlich daß man am Ufer zerjtreut eine

Art Munjack finden kann, d.r, mit Sand gekocht, mit Oel gemischt und so zur Theerung von Nähten verwandt, dem Pech nicht» nachgiebt."

So! dachte ich. dorthin also steuern sie ihr Schiff, wenn cs des Vierens be­darf oder wenn der Mundvorrat zu Neige geht! Mit Kalfatwerg, von altem Tau­werk genommen, wie er es auf verlassenen Schiffen erbeutete, und mit Munjack, wie er ihn soeben beschrieben, konnte es ihm nicht schwer fallen, das Gerüst des alten Schiffes zusammenzuhalten, umsomehr als die übernatürlichen Kräfte, die seinem eigenen Leben innewohnten, auch von seinem Fahrzeug geteilt wurden, so daß die Planken feststanden, wie die Haut in seinem Gesicht zu ihm hielt, wiewohl jenes ganz ebenso der Reparatur als er selber der Speise und des Trankes bedurfte-

Wenn man," fuhr er fort,die Paradiesfeige trocken werden läßt, kann man sie zu einem ausgezeichneten Mehl zerstoßen; die Kuchen, welche wir zum Frühstück hatten, waren aus Feigenmehl gebacken."

Es ist wunderbar," rief ich aus,wie der Seemann den Ozean und das ihn umgrenzende Land zu zwingen weiß, ihm seine Bedürfnisse zu verschaffen."

Jawohl, versetzte er,es ist so, wie Sie sagen. Aber gerade in dieser Be­ziehung werden die holländischen Matrosen von keinen anderen übertroffen."

Es schien, als ob er weiter sprechen wollte, aber als ich ausblickte, um ja keinS seiner Worte zu verlieren, gewahrte ich, daß mit dem ganzen Manne mit einer er­schreckenden Plötzlichkeit eine seltsame Veränderung vor sich ging. Er rührte kein Glied und' starrte leewärts auf die See hinaus. Seine Züge waren wie festgcbannt und nicht die geringste Bewegung an ihm bemerkbar, außer daß sein langer Bart im Winde flatterte. Er schien einer Art Paroxysmus verfallen zu sein, nur daß in seinen wunderbar glänzenden Augen ein reges Leben herrschte und sie wie ange­wurzelt auf einer Stelle hafteten, als wenn er ein Gespenst schaue. Schaudernd zog ich mich unwillkürlich von ihm zurück, denn sein Anblick war die gräßlichste aller mir seither gewordenen Offenbarungen seiner widernatürlichen und unirdischen Ex stenz.

(Fortsetzung folgt.)