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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw
65. Jahrgang.
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Erscheint DienS ta g , Donnerstag nnd Samstag. Die EinrückungSgebLhr beträgt iin Bezirk nnd nächster Umgebung S Psg. di- Zeile, sonst 12 Pig.
Dienstag, den 12. August 1890
Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt BO Pfg. und !! 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk. 1. 15, sonst iu ^ ganz Württemberg Ml. 1. 85.
Amtliche Wekanutmachungen.
Amtliche Bekanntmachung,
betreffend das Ergebnis der Farrenschau von 18 N 0 .
Bei Vornahme der ordentlichen Farrenschau im Monat Mai d. I. waren im Bezirk 107 Farren aufgestellt.
Davon stehen in Klasse I 44, in Klasse II 45, in Klasse III 17 und 1 ist unbrauchbar.
Für die einzelnen Gemeinden ergiebt sich hiebei nachstehende Klassifikation, wobei zu bemerken ist, daß in sämtlichen Gemeinden Zuchttiere vorhanden sind und daß in folgendem jede Klassenziffer sich je auf ein Tier bezieht.
Althengstett.
Simmozheim.
Deckenpfronn.
Gechingen.
Oberkollwangen.
Altburg, Ostelsheim.
Stammheim.
Bergorte.
Aaenbach, Zavelstein.
Auhhalden, Breitenberg, Dachtel, Hirsau, Holzbronu, Hornberg, Liebelsberg, Martinsmoos, Neubulach, Oberhaugstett, Oberkoll- bach, Oberreichenbach, Röthenbach.
Calw,'Liebenzell.
Möttlingen, Neuweiler, Sommen- hardt, Würzbach.
1. 3. Neuhengstett.
. 2. 2. Ilnterhaugstett, Zwerenberg.
2. Dennjächt, Emberg.
2. 2. 2. 3. Altbulach.
1 . 1 . 1 . 2 . 1 . 1 . 1 . 1. I. 1. 2. 2.
1 . 1 . 1 . 2 . 3 .
1 . 1 . 1. l. 2. 2.
1 . 1 . 2 . 2 . 2 . 3 .
1 . 1 . 2 . 3 .
1.
1 . 2 .
1 . 2 . 2 . 1. 2. 3.
2. 3. Ottenbronn, Speßhardt, Unter
reichenbach.
3. 3. Ernstmühl.
3. Monakam, Schmieh, Teinach. Calw, den 8. August 1890.
K. Oberamt.
Amtmann Bert sch, A.-V.
Die Ortsvorsteher
werden zur Erstattung der noch ausstehenden Berichte betreffend die auf den ersten Termin zu erledigenden Wegvlsitationsdefekte aufgefordert.
Calw, den 11. August 1890.
K. Oberamt.
Amtmann Bertsch, A.-V.
Deutsches Reich.
Berlin, 9. Aug. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht einen Erlaß des Kaisers an den Reichskanzler, datiert vom 9. d. M., in welchem bestimmt wird, daß bis zur verfassungsmäßigen Regelung der Verhältnisse Helgolands auf dem Wege der Reichsgesetzgebung die Regierung über die Insel im Namen des Kaisers auf Grund der bestehenden Gesetzgebung, unter Schonung der vorhandenen Verwaltungsorganisation durch den Reichskanzler geführt werde. Eine Bekanntmachung des Reichskanzlers besagt, daß auf Grund dieses Erlasses die Verwaltung Helgolands unter Oberleitung des Reichskanzlers einem Seeoffizier mit dem Titel „Gouverneur von Helgoland" und einem Zivilbeamten mit dem Titel „Kaiserlicher Kommissar für Helgoland" übertragen worden ist. Der Geschäftskreis des Gouverneurs und des Kommissars wird dahin abgegrenzt, daß dem ersteren die Verwaltung des Hafens, einschließlich der Hafenpolizei, der Seezeichen und des Leuchtfeuerwesens und aller sonstigen technischen Seesachen, dem Kommissar da
gegen die Zivilverwaltung, insbesondere die Verwaltung der kommunalen Angelegenheiten, der Polizei, der Kirchen und Schulen, der Domänen, der Steuer- und Zollsachen, der Seebadeanstalt und der Rechtspflege obliegt. Die Verwaltung und Rechtspflege wird bis auf weiteres nach den gegenwärtig auf Helgoland geltenden Rechtsnormen namens des Kaisers geführt. Die bisherige Zuständigkeit der Behörden bleibt übrigens unverändert. Zum Gouverneur wurde der Kapitän zur See Geisel er, zum Komissar der Geheime Regierungsrat Wermuth ernannt. Frkf. I.
Helgoland, 8. Aug. Alle Hände find mit der Ausschmückung der Insel beschäftigt. Zwischen der Brücke und dem Strandpavillon werden netzgeschmückte Boote mit Fischerabzeichen aufgestellt. Vor der Brücke und zwischen dem Konversationshaus errichtet man Ehrenpforten. Die Treppenstraße, die Treppe, Falm und der Weg bis zum Gouvernementsgebäude sind besonders reich geschmückt. Den Kaiser werden 16 Hclgoländetinnen in der Nationaltracht empfangen und ihm einen Blumenstrauß in de^ Helgoländer Farben überreichen, mit Blumenanker und Schlüssel als Emblemen. Wie es heißt, treffen zehn deutsche und vier österreichische Kriegsschiffe ein, deren Offizieren der Kaiser ein Frühstück gibt. — Der Aufenthalt Kaiser Wilhelms am Sonntag wird nach den bisherigen Bestimmungen nur zwei Stunden dauern. Der Kaiser wird im bisherigen Gouvernementsgebäude absteigen und dort eine Abordnung der eingeborenen Bevölkerung empfangen. — Bei der Uebergabe Helgolands wird das ganze Manövergeschwader zugegen sein und das 2. Seebataillon aus- geschifft werden. Letzteres wird an Bord des „Mars" übergeführt. — 150 englische Matrosen haben die Geschütze mühsam auf die „Calypso" geschafft. — Mittels Anschlags wird in Betreff ver Huldigungs- scyrift der Helgoländer an die Königin Viktoria von England aus einer Depesche des Staatssekretärs der Kolonien bekannt gemacht: Die Königin habe die
Jeuilleton.
Das Totenschiff
Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenem „Der fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar
von ZS. Klark Htussekk.
(Fortsetzung.)
Ist es denn erstaunlich, wenn ein Schiff, das Deutend über ein Jahrhundert früher als die Fahrzeuge des Anson'schen Geschwaders gebaut wurde, zu einer Zeit, ivo die Schiffsbaukunst noch im Argen lag, wo der Rumpf eines Schiffes an Größe einer mächtigen Burg gleichkam, wo alle Gegenstände des Takel- und Segelwerkes schwer und umfangreich waren — ich sage, ist es erstaunlich, daß dieser so konstruierte Holländer unfähig war, es erfolgreich mit einem Gegenwind aufzunehmen? Ich weise hierauf umso nachdrücklicher hin, als mir oftmals die Ansicht zu Ohren gekommen, daß, wenn Vanderdecken ein erfahrener Seemann wäre, er über einen Nordwester lachen würde, denn er brauchte nur südlich zu segeln, bis vielleicht zum fünfzigsten Grad, um so das Kap zu umgehen und den Atlantischen Ozean zu erreichen, wo ihn wahrscheinlich ein günstiger Südostpaffatwind heimwärts treiben würde. Aber dies läßt ganz und gar den Bannfluch außer Acht, sogar wenn das Schiff im Stande gewesen wäre, dichtgebraßt zu segeln.
Doch diese Abschweifung nur nebenbei. Da weder der Kapitän, noch der zweite Maat, noch der Mann am Steuer von meiner Gegenwart die geringste Notiz nahmen, schien es mir am ratsamsten, mich zu isolieren, bis cs Vanderdecken gefallen würde, mich anzureden. So placierte ich mich auf die windabgekehrte Seite des -HäuSchenS, wo ich mich vor dem Frühstück mit dem Kapitän unterhalten hatte, und
ließ meine Blicke über meine Umgebung schweifen. Es war ein so rauher Tag, daß ich mich kaum erinnerte, einen gleichen zuvor erlebt zu haben. Der Himmel hatte das Aussehen wässerigen Granits. In unaufhörlichem Donner wütete der Sturm durch das Takelwcrk und prallte kreischend und prasselnd an Seile und Taue. Nichts bot sich dem Auge dar, nur über der Windvierung auf der Luvseite wiegte sich eine Kaphenne leicht mit ausgespreizten Schwingen in der Luftströmung. Die Einsamkeit dieses Vogels machte den Anblick der sich überstürzenden, kämpfenden, schaumsprühenden Wellenberge und dumpfbrousenden Wellenthäler umso trostloser. Die gerefften unteren Segel, unter denen das Schiff lag. waren ganz durchnäßt von den über Deck spritzenden Stu'zwäffern, die, in gewaltigen, grünen, glitzernden Mafien an den Wetterbug schlagend, einen solchen dampfähnlich weißen Dunst von Wasserkrrfftallen am Vorderkastell erzeugten, daß man unwillkürlich meinte, das Schiff stehe in Flammen.
Am jenseitigen Deck waren einige Gestalten sichtbar, die sich bis an die Nasen vermummt hatten; jedoch schienen sie weder zusammen zu sprechen, noch irgendwelche Arbeit zu verrichten. Ihr Mienenausdruck glich auf ein Haar dem deS Kapitäns und der zwei Steuerleute. Es war ein großartiges, eindrucksvolles Bild, dieses sich emporbäumende und dann tief hinabsinkende Schiff, wie es sich halb in die Schauer des sprühenden Wellenschaumes einhüllte, den der Wind mit dem wilden, wahnsinnigen Geheul von hundert Tollhäusern zwischcn die Masten fegte. Die großen verbarrikadierten Tops, der Sprietsegeltopmast am Ende des Bugspriets — ein Klüverbaum fehlte ganz und gar — und die im lateinischen Styl gehaltene lange Raa am Besanmast offenbarten so klar und deutlich das wahre Alter dieses Fahrzeuges, daß bei seinem Anblick kein Matrose auch nur für einen Moment im Zweifel sein konnte, was für ein Schiff er vor sich hatte. Kein ihm ähnliches hat fett der Zeit Wilhelms III. den Ozean befahren und kein ihm ähnliches dürfte jemals wieder gesehen werden.
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