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^»L 70. Amis- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 6 S. Iahrgavg.

Erscheint Di-nzlag, D-nn-rSI«!, und Samstag. Die EinrückangSgebühr beträgt tm Bezirk und nächster Um­gebung S Psg. die ,-seite. saust ,2 Psg.

Donnerstag,

den 19. Juni 1890.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt »0 Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch d'e Post bezogen Mk- 1. 15, sonst i« ganz Württemberg Mk. 1..

Amtliche Bekanntmachungen.

An die Gemeindebehörden.

Damit die Uebernahme der Nachbarschaftsstraßen in die Verwaltung der Amtskörperschaft ungehindert vor sich gehen kann, sind alle Weggrenzsteine, nötigen­falls unter Beiziehung eines Geometers, aufzudecken und mit einem Kalkanstrich zu versehen.

Bis 5. Juli d. I. ist Vollzugsbericht zu er­statten.

Calw, den 16. Juni 1890.

K. Oberamt.

Supper.

Arbeitrr-Ansstande.

8.6.-L. Erfahrungsgemäß entstehen die allermei­sten Streiks immer nur dann, wenn die betreffende Jn- dustriebranche mit Aufträgen überhäuft ist, wenn also die Arbeiter Grund zu der Annahme zu haben glauben, oaß die Arbeitgeber einen größeren Gewinn erzielen, an welchem die Arbeiter ihren Anteil haben wollen, und wenn sie gleichzeitig hoffen dürfen, nicht nur durch ihre Arbeitsniederlegung den Arbeitgeber in große Verlegenheit zu bringen, sondern auch den Zuzug fremder Arbeitskräfte nicht fürchten zu müssen. Füh­len dagegen die Arbeiter, daß der Arbeitgeber nur mit größter Mühe sein Geschäft weiterzuführen ver­mag, oder gar Verluste trägt, nur um keine Ent­lassungen vornehmen zu müssen, dann fällt es keinem Arbeiter ein, in eine Streikbewegung einzutreten, es sei denn, daß die Lohnverhältnisse oder die Behand­lung seitens der Vorgesetzten wirklich unerträglich geworden sind, was verhältnismäßig nur selten vor­kommt. Die meisten Streiks entstehen, weil eben die Arbeitgeber ihre an sich auskömmliche Lage verbessern

wollen, oder weil sie sich mit aemaßregelten einzelnen Arbeitsgenossen solidarisch erklären. Häufig genug würde es den betreffenden Arbeitern selbst gar nicht einfallen, in eine Ausstandsbewegung einzutreten, wenn sie nicht durch Agitatoren dazu aufgereizt würden. Letztere verstehen es meisterhaft, die m fast jeder Menschenbrnst wohnende Sehnsucht nach etwas Besserem zur vollen Unzufriedenheit anzufachen und den gläubig lauschenden Zuhörern die Macht der vereinigten Ar­beiter über das Kapital in den glänzendsten Farben zu schildern.

Fachvereine werden deshalb durch die sozialist­ischen Wortführer überall empfohlen und ins Leben gerufen. Diese sollen mehrfache Zwecke erfüllen und erfüllen sie auch in der Thät. Zunächst sollen sie bei etwaigen einmütigen Forderungen den Arbeitgebern der betreffenden Industriezweige imponieren, ferner die etwa im Ausstand befindlichen Arbeiter der gleichen Branche in anderen Städten unterstützen und so durch ihr Zusammenhalten in ganz Deutschland lokale Streiks nicht blos finanziell unterstützen, sondern auch dadurch um so wirksamer gestalten, als sie jeden Zuzug von tüchtigen Arbeitern an die Strerkorte fernhalten.

In allen denjenigen Erwcrbsorten, wo gut ein­geschulte Arbeiter unbedingt nötig sind, wird ein sol­cher Fachverein, der übrigens, um mit Erfolg auf- treten zu können, womöglich alle, oder doch weitaus die meisten Arbeiter der gleichen Branche umfassen muß, allerdings Erfolge erzielen können. Aber auch hier nur unter gewissen Voraussetzungen, die weiter unten beleuchtet werden sollen. Die Fachvereine bieten einzelnenFührern" auch noch recht angenehme gut bezahlte Stellen. Es giebt ehemalige Schreiner, Buch­binder u. s. w., die auf diese nicht nur ihr eigenes Handwerkszeug an den Nagel hängen, sondern sich auch noch einen Privatsekretär halten, ganz nach Art der hohen Herren von der Geburts- oder Geldaristokratie.

Vor der großen Oeffentlichkeit geben sich dieseHerren" stets als Arbeiter aus, in Wirklichkeit aber äffen sie den ihnen so verhaßtenGeldprotzen" nach, ent­sprechend dem bekannten Schiller'schen Vers:

Wie er räuspert, wie er spuckt.

Habt ihr glücklich nachgeguckt.

Kommt es irgendwo zu einem Arbeitsausstand, so müssen zunächst die Mitglieder der betreffenden Fachvereine sich eine Steuer auferlegen und die streik­endenKollegen" unterstützen.

Schon diese Steuerfähigkeit weist darauf hin, daß die Behauptung der Sozialistenführer über die Hungerlöhne" der Arbeiter, vielfach zu weit geht. Ueberhaupt wird über die Hungerlöhne am meisten hinter den Wirtstischen raisoniert und am lautesten bei gemeinsamen Sonntagsausflügen oder speziellen Arbeiterfeiertagenreferiert". Freilich wenn an gar zu vielen Orten die Ausstände gleichzeitig begonnen werden, so daß die Streikunterstützungsgelder sich an all zuviele Orte zersplittern müssen oder wenn es gar den Arbeitgebern gelingt, entweder mit angesammelten Vorräten an Waren sich längere Zeit zu behelfen, oder gar fremde Arbeiter (Nichtverbandsmitglieder) zu bekommen, dann geht der Schuß manchmalnach hinten los", dem Schützen ins Gesicht, d. h. die Streikenden müssen, nachdem sie einige Wochen ohne Verdienst, von Schulden machen und von dem Erlös aus versetzten oder verkauften Möbeln, Betten u. s. w. gelebt haben, die Arbeit unter den alten Bedingungen wieder aufnehmen und dabei noch froh sein, wenn sie überhaupt noch ausgenommen werden. Sämtliche Streiks in Oesterreich speziell in Böhmen und Mähren sind ausnahmslos verkracht. Die Schraubenfa^on- dreher in Berlin veröffentlichten Ende Mai einen Aufruf, worin es heißt:Wie Ihr schon alle wißt, ist durch den Jndifferentismus eines größeren Teils der eigenen Kollegen der Schraubenfa^ondreher ins

Zeuilleton

Das Totenschiff ---- ----

Eine seltsame Erzählung.

Bericht über eine Kreuz- und Querfahrt auf jenemDer fliegende Holländer" genannten Seegespenst; gesammelt aus den Papieren des seligen Obermatrosen Geoffroy Fenton aus Poplar

von W. Klark Wusse kl,

Verfasser desWrack des GroSvenor* re.

Autorisierte deutsche llebertragung von Hermann Rößner.

(Fortsetzung.)

Viertes Kapitel.

Wir werde« verfolgt und veinahe gekapert.

Wir sprachen während der nächsten Tage gelegentlich vom Phantomschiff und zu meiner Ueberraschung brachte der Kapitän eines Tages eine alte Scharteke über Magie und Zauberei herbei, die er mit einer etwas sonderbaren Büchersammlung in seiner Kabine hatte und nun bei seinen Argumenten und Schlüffen zu Rate zog. Doch erwähnte er diesen Gegenstand niemals in Gegenwart des ersten Steuermannes, eines schlichten, biederen Menschen, der auch nicht den geringsten Anstrich von phan­tastischem Wesen an sich hatte, an solchen faden und düsteren Ideen schwerlich Ge­schmack fand und gewiß nicht an die über den Holländer erzählten Geschichten glaubte.

So waren wir denn nur unser zwei, der Kapitän und ich, die diesen Feder­ball der Einbildung hin und her fliegen ließen, und daraus folgte es ganz natürlich, daß er sehr bald zu Boden fiel, und das vielleicht umso schneller, als uns am Sonn­tag nach dem Zusammentreffen mit der Schnaue ein Stück Arbeit zu Teil wurde, das hart und prosaisch genug war, um alle Ideen über Visionen und Zauberei aus unfern Köpfen zu treiben.

Es war zehn Uhr Morgens, als ein Segel über Backbord in Sicht gemeldet wurde. Wir beachteten cs anfangs nur wenig. Da es Sabdathtag und noch dazu ein warmer, freundlicher Morgen war, so lungerten unsere Leute rauchend und schwatzend aus Deck umher.

Binnen kurzem gewahrten wir. daß das Schiff östlich von uns mit allen Kräften sein Steuer gebrauchte, und sobald das Sichtbarwerden seiner einzelnen Segel uns dessen sicher machte, lockeite es seine Backbordketten, um.uns einzuholen, und holte seine Boleine so plötzlich, daß seine Absicht, mit uns zu sprechen, nicht mehr bezweifelt werden konnte.

Wir hißten die englische Flagge und warteten einen Augenblick, währenddessen wir es mit einer Aufmerksamkeit betrachteten, daß unsere Augen fast das Schielen lernten. Doch sobald der Kapitän sah. daß es keine Farben zeigte und ein großes Fahrzeug war, gab er Befehl. daS Steuer für einen Schnelllauf bereit zu halten.

Kaum hatten wir jedoch unsere Raaen gebraßt, als der Bursche Himer uns das Gleiche that und sowohl untere als auch obere Segel mit einer Schnelligkeit hißte, daß wir bald überzeugt waren, es mit einem Kriegsschiff, augenscheinlich Linienschiff, zu thun zu haben. Diese Erkenntnis, im Verein mit der Vermutung, daß es ein Holländer sei, genügte, uns Alle mit Besorgnis zu erfüllen. Es war nicht wahrscheinlich daß unsere kleine Besatzung es mit den disciplinierten Schaaren eine- Zwei- oder Dreideckers ausnehmen könnte, nicht einmal, wenn cS ein Spanier sein sollte. Wir besaßen zu wenig Geschütze, um uns gegen ihre Batterien zu halten, die schwer genug waren, uns in Atome zu zerschießen. So blieb uns denn nichts übrig als die Flucht. Wie soeben losgekoppelte Jagdhunde sprangen wir an's Werk, legten unser Fahrzeug für einen Moment bewegungslos vor den Wind, hißten unsere Leesegel auf beiden Seiten, weichten alle Segel gehörig mit Wasser ein, um uns die von der Näffe genebene Schwere ,i, Nutze,u ma^-m und den in den Mastkörben und auf den Kreuzarmen ausgestellten Mannschaften s ickten wir rvaffergefüllte Kübel empor, mit denen 'i- dj, Segelgewandung fortwährend tränkten, vis sie von dem unS verfolgende' .-ich ff -'s so schwarz wie ein Beegm^nntzkittel auSgeschaut haben müssen.