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desausschusses, Wahl der Preßorgane rc. Dann war Festessen im Schwarzwaldhotel und abends Festbankett und Ball m der schön geschmückten Turnhalle, ca. 300 Personen waren anwesend. Heute wurde bei herrlichstem Wetter in 40 Wagen eine Fahrt auf den Kniebis und nach Rippoldsau gemacht. Allgemein war beflaggt worden.
Kirchheim u./T., 10. Juni. Der Heuer am Montag 23. Juni hier beginnende Wollmarkt, bekanntlich der bedeutendste Süddeutschlands, wird voraussichtlich seinen Norgängern der letzten Jahre an Frequenz wenig nachstehen, insofern bis heute 5000 bis 6000 Zentner Schäferwolle lagern. Die Zufuhr dauert ununterbrochen fort; Handelswolle ist noch wenig angemeldet. Die bis jetzt eingebrachte Wolle zeigt durchgängig eine schöne weiße Wäsche und läßt bezüglich der Trockenheit nichts zu wünschen übrig, wie dies auch bei dem vorherrschend guten Wetter während der Schaswasch und Schur nicht anders zu erwarten ist. Einen Ausfall für die Schäfer bildet das leichte Schurgewicht, eine Folge des im Vorjahr weniger gut geratenen Futters.
Oberndorf, 9. Juni. Am gestrigen Sonntag gründeten auf Einladung des Radfahrer-Vereins Tuttlingen in Rottweil versammelte zahlreiche Radfahrer des oberen württembergischen und badischen Schwarzwaldes eine Vereinigung, deren Hauptzweck sein soll, aus gemeinen Mitteln Rennen abzuhalten, um dadurch den als so sehr gesund anerkannten Sport des Radfahrens zu fördern und die Radfahrer des Schwarzwaldes einander näher zu bringen. Die Vereinigung erhielt den Namen „Schwarzwälder Radfahrer-Verband".
Heidenheim, 11. Juni. Bei Brenz fand man im Staatswald Grube ein menschliches Skelett, bekleidet mit Rock, Hose, Weste und Stiefeln vor, auch Hut, Stock und Ueberzieher lagen in der Nähe. Die Kleider waren in halbverfaultem Zustande. An der Tanne, unter welcher das Skelett lag, sah man am untersten starken Ast ein angeknüpftes Halstuch, was auf Tod durch Erhängen schließen läßt. Die Vermutung liegt nahe, daß der Verlebte ein vor '/« Jahren verschwundener Mann von Heldenfingen ist.
Ulm, 11. Juni. Heute vormittag fand auf dem Exerzierplatz in der Friedrichsau die Parade der hiesigen Garnison vor Seiner Majestät dem König statt. Allerhöchstderselbe war mit Gefolge um 9 Uhr 10 Min. mittelst Sonderzugs hier eingetroffen und auf dem Bahnhof, auf welchen, sonst kein Empfang stattfand, durch Se. Königl. Hoh. den Prim zen Leopold von Bayern, kommandierenden General des 1. Bayer. Armeekorps, aufs herzlichste begrüßt worden. Unter lebhaften Hochrufen der Einwohnerschaft bestiegen Seine Majestät mit dem Prinzen Leopold den bereit stehenden Wagen und fuhren unter Glockengeläute durch die reich geflaggte Stadt (Olgastraße) in die Friedrichsau, in welcher die Truppen unter dem Kommando des Generallieutenants von Haldenwang in Parade-Aufstellung in 2 Treffen standen. Die bis zum Schluß voin Wetter begünstigte Parade — nur auf dem Heimmarsche wurden die Truppen von, Regen überrascht — verlief glänzend; das Dragoner-Regiment Nr. 26 wurde Seiner Majestät sowohl im Schritt, als beim zweiten Defilieren im Trab durch den Regimentschef Prinzen Wilhelm von Württemberg vorgeführt. Nach be
endigter Parade nahm Seine Majestät die Meldungen der Offiziere entgegen und fuhr sodann in den „Kronprinzen", in welchem ein Diner stattfand, zu dem auch Regierungspräsident von Lamparter und Oberbürgermeister von Heim geladen waren. Während des Diners spielte die Musik des Feldarttllerie-Regi- ments König Karl (1. Württ.) Nr. 13. Um 1 Uhr 30 Min. fuhren Seine Majestät wieder nach Stuttgart zurück. Oberbürgermeister v. Heim hatte sich zur Verabschiedung auf dem Bahnhof eingefunden und brachte bei der Abfahrt des Zuges ein mit Begeisterung aufgenommenes Hoch auf Seine Majestät aus.
Tuttlingen, 10. Juni. Herr Adolf Schad hier erhielt auf der landwirtschaftlichen Ausstellung in Straßburg von seinen ausgestellten 5 Paar Tauben vier Preise. — Als Seltenheit dürste, namentlich für Bienenzüchter, der Erwähnung wett sein, daß Hr. Adolf Schad von 2 vorjährigen Bienenstöcken heute den neunten Schwarm erhalten hat, also seine 2 Bienenvölker sich auf 11 vermehrt haben.
Gerabronn, 8. Juni. Aus einer Stadt an der oberen Jagst machte in der Vorwoche ein älterer Privatmann eine Reise an den Starnberger See und die bayerischen Alpen; von da aus sandte er den Seinen noch einen Brief. Seitdem ist der Mann spurlos verschwunden und alles Forschen nach seinem Verbleib war bis jetzt ohne Erfolg.
— Seltene Rüstigkeit. Als Kuriosum entnehmen wir der „Jagstztg." folgende Mitteilung „von der Tauber". Vor dem Amtsgericht in M. standen dieser Tage 2 Greise im Alter von 89 und 92 Jahren, angeklaat des unbefugten Wilderns. Das Resultat der Verhandlung endete mit Freisprechung. Bewunderung verdient die Rüstigkeit dieser Greise, welche den Weg von ihrem Heimatort bis zu der nächsten Bahnstation W., 24. bezw. 30 Kilometer, zu Fuß zurückgelegt haben.
Mannheim, 11. Juni. Ein schweres Unglück ereignete sich gestern Hierselbst dadurch, daß das 3 Jahre alte Töchterchen des Johann Schalk von der elterlichen Wohnung aus beim Herannahen eines Zuges auf der Mannheim-Weinheimer Nebenbahn zwischen die Geleise sprang, von der Maschine erfaßt und 10 Meter weit geschleift wurde. Dem Kinde wurde der Leib vollständig aufgerissen, so daß die Gedärme heraustraten. Außerdem wurde ihm ein Bein abgefahren. Das Kind war sofort eine Leiche.
Im Bahnzug gestorben. Mit dem aus Frankfurt a. Ai. in Berlin eingelaufenen Schnellzuge hatte sich ein Passagier aus Ems befunden. Er hatte bis zum Schlesischen Bahnhof mitfahren wollen, um gleich Anschluß an den nach seiner Heimat Schlesien abgehenden Zug zu haben. Den Mitreisenden Passagieren hatte er berichtet, daß er der Schützenwirt aus Landshut wäre und daß er früher, als er eigentlich beabsichtigt, nach Hause zurückkeyre, da ihn eine unerklärliche Sehnsucht nach seiner Familie ergriffen habe. Gleich nach der Ausfahrt auf Bahnhof Friedrichsstraße sagte der Herr, daß ihm plötzlich so unwohl geworden. Er lehnte sich zurück, schloß die Augen und mit einem tiefen Seufzer sank er zum Entsetzen der Mitreisenden leblos von der Bank. Ein Herzschlag hatte den etwa in den. Vierzigern stehenden Mann getroffen. Auf Bahnhof Alexanderplatz ward der Entseelte mittelst Fahrstuhles vom Bahn
hof geschafft und in ein Stationszimmer getragen. Die telegraphisch sofort benachrichtigten Angehörigen wollten ihn gestern Mittag aus der Morgne, wohin er später gebracht wurde, nach der Heimat abholen..
Köln, 11. Juni. Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich heute Nachmittag am Hansaring. An der Haupteinfahrtsweiche nach dem Zentral- bahnhof war der Ingenieur Schäfer von, technischen Bureau des Betriebsamts linksrheinig damit beschäftigt,, eine Weiche auszumessen. Als nun ein vom Bahnhof nach dem Wagenschuppen fahrender Zentralwagenzug die Weiche aus der Schäfer stand, passieren mußte,, sprang dieser zur Seite auf das Nebengeleise. In demselben Augenblick brauste der 4 Uhr 45 Min. fällige Vlissinger Schnellzug auf diesem Geleise heran. Ehe Schäfer noch zur Sette springen konnte, hatte ihn die Lokomotive erfaßt und zwischen die Schienen geworfen. Der Zug brauste über den Unglücklichen dahin. Der Kopf ward ihm sofort vollständig vom Rumpfe getrennt. Die schrecklich verstümmelte Leiche des geachteten Beamten wurde nach dem Leichenschauhause gebracht. Der Fall ist um so trauriger, als der Verunglückte erst seit 14 Tagen verheiratet war.
München, 11. Juni. Vergangene Nacht ließ sich in der Nähe der Stadt eine hiesige Aufsehersfrau mit zwei Kindern von 5 und 6 Jahren vom Salzburger Schnellzug überfahren. Die schrecklich verstümmelten Leichen wurden heute morgen gefunden. Man nimmt geistige Störung an.
Spandau, 11. Juni. Bei der Dampferfahrt von Charlottenburg nach Potsdam wurde die kaiserliche Nacht „Alexandra", mit dem Kaiser, dem Kronprinz von Italien und Gefolge an Bord, von den Forts der Festung durch Salutschüsse begrüßt. Die ganze Garnison hatte an den Ufern der Hasel Paradeaufstellung genommen; eine zahllose Menschenmenge begrüßte die hohen Herrschaften mit enthusiastischen Hochrufen.
— Die „Mg. Ztg." erfährt über eine Fraktionssitzung ves Zentrums, in welcher über die Militärvorlage beraten wurde: Die preußischen Mitglieder befürworten zuineist die Annahme der Vorlage, während die süddeutschen Mitglieder sich dagegen aussprechen, wenn nicht die zweijährige Dienstzeit als Kompensation in Aussicht gestellt werde. Windt- horst plaidierte für die Annahme und machte die Mitteilung, daß die verb. Regierungen, falls die Militärvorlage abgelehnt würde, auf alle Fälle zur Auflösung des Reichstages schreiten würden. Ein Einverständnis wurde nicht erzielt und ein bindender Fraktionsbeschluß nicht gefaßt. Im Plenum soll Frhr. v. Huene die Abstimmung der Freunde der Vorlage, Abg. Gröber das Votum der Gegner begründen.
Berlin, 12. Juni. Die erste deutsche allgemeine Pferdeausstellung wurde heute morgen durch Prinz Leopold in Anwesenheit des Ministers v. Lucius rc. eröffnet. Der Kaiser wir d am Samstag die Ausstellung besuch en.
Gottesdienst
am Sonntag, den 15. Juni.
Vom Turme: Nro. 309. Vormittags-Predigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. Bibelstunde um 2 Uhr im Vereinshaus: Herr Helfer Eytel.
Rum und Wasser schlürfend, allein in der Kajüte, bereit, zu Bett zu gehen, sobald ich meine Dosis ausgetrunken. Die Kajüte hatte ein düsteres Aussehen; nur eine einzige Lampe hing vom Mittelbalken herab und das allgemeine Dunkel ward durch die schwärzliche, einförmige Walnußfarbe der Wandverkleidungen noch vermehrt.
Plötzlich trat Kapitän Skevington in die Kajüte.
Ich leerte mein GlaS und stand auf, um mich zurückzuziehen.
„Warten Sie einen Augenblick, Fenton," sagte er. — „Was haben Sie getrunken?"
Ich sagte es ihm.
„Ein Tropfen mehr wird Ihnen nichts schaden," versetzte er. „Sie haben noch vier Stunden vor sich, es auszuschlafen." Dabei rief er seinem Burschen zu, ihm eine Flasche Brandy aus seiner Kabine zu bringen. Er ersuchte mich, mir selbst einzuschenken, währmd er sich eine Pfeife Tabak anzündete; hierauf äußerte er: „Der Master der Schnaue, die wir heute trafen, warnt uns, scharf nach den Holländern auszulugen. Er erzählte mir, daß er gestern ein amerikanisches Schiff sprach, dem das Mehl ausgegangen war, und von dem Janker erfuhr — obgleich ich nicht weiß, wie Jonathan zu der Nachricht kam — daß ein holländisches Geschwader unter Befehl des Admirals Lukas nach dem Kap unterwegs sei, und darunter die Dortrecht mit 66 Kanonen und zwei Fregatten mit je 40 Geschützen."
Darauf schmauchte er eine Zeitlang mit düsterer Miene und in tiefem Schweigen, als ob er meine Anwesenheit ganz vergessen hätte; dann, mich fest anblickend, begann er von neuem: „Ich meine, Sie haben zu Ihrer Zell so Manches gelesen, Fenton; hat Sie dabei Ihre Lesewut vielleicht einmal auf das Gebiet der Magie, der Teufels- und Schwarzkunst und ähnlichen Zeuges geführt?"
Er fragte mich dies mit einem seltsam-ernsten Ausdruck in den Augen, so daß ich eS für'S Beste hielt, ihm ebenso ernst zu antworten. Ich sei bei meiner Lektüre wohl auf solche Dinge gestoßen; sie hätten jedoch meine Aufmerksamkett zu
wenig gefesselt, als daß ich darüber urteilen oder auch nur eine bestimmte Meinung, äußern könnte.
„Ich erinnere mich aus meiner Knabenzeit," sagte er, ohne meine Antwort zu beachten, „wie ich eine alte mit meiner Mutter verwandte Dame von einem Kunststück erzählen hotte, das früher öfters ausgefühtt und auch steif und fest geglaubt wurde: eine Person stand nämlich an einem Grabe, rief den Toten an und bekam Antwort."
Ich lächelte und dachte, daß Solches nur eine alte Frau schwatzen könne.
„Halt, lachen Sie nicht!" rief er, doch ohne Erregung. „Sie sagte, es sei für einen Schwarzkünstler etwas Alltägliches, so zu rufen und Erwiderung zu bekommen, aber sie meinte auch, daß diese Antworten nicht von dem Verstorbenen herrührten, denn die unsterbliche Seele könne den in Staub zerfallenden Körper nicht mehr bewohnen, so daß die anscheinend von ihnen ausgehenden Stimmen vermutlich vom Teufel herrühren dürften."
„Warum denn aber vom Teufel?" fragte ich.
„Weil er sich ergötzt an jedwedem, das unnatürlich ist und das harmonische Gefüge des Universums schädigt."
„Das scheint ein guter Grund zu sein, Herr," erwiderte ich immer noch lächelnd.
„Ader," fuhr er fort, „angenommen den Fall jetzt lebender Menschen, die doch dem Naturgesetz gemäß längst hätten gestorben sein sollen, würden Sie behaupten, daß sie existieren wie ein angerufener Leichnam, d. h. durch den Willen und die Stimme des Teufels, oder daß sie denselben Seelen folgen, die in ihnen wohnten, als sie den ersten Schrei in diesem Leben von sich gaben?"
„Warum nicht, Herr?" antwortete ich; „da die Seele unsterblich ist, so ist kein Grund vorhanden, warum sie nicht fortfahren sollte, den Staub, zu dem sie gehört, zu bewohnen, so lange dieser Staub die Beschaffenheit hat, daß er von ihr bewegt und beherrscht werden kann."
(Fortsetzung folgt.)