Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier mit Trägerlohn 1.35 im Bezirks, und 10 Lm.-Berkehr 1.40 im übrigen Württemberg 1.50 ^». Monats-Abonnements nach Verhältnis.

Dkl GkMjWkl.

Anzeigen-Gebühr für die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 /H, bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

«I». md" " " stk dt» Odumls-Sejirk Nqck.

Beilagen: Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Fernsprecher Nr. 29.

88. Jahrgang. Postscheckkonto Nr. 5113 Stuttgart Schwäd. Landwirt.

^ 129

Wichtiges vom Tage.

Bei der Beratung des städtischen Haushaltsetats genehmigten unsere Stadtväter denselben und beschlossen den Abmangel von etwa 61000 -6 durch eine Kataster­umlage von 7,4 °/o (7,5 o/g) und eine Gemeindeein- kommensteuer von 52°/o (50°/g) zu decken.

Der Verband Württ. Frauenoereine ist am Freitag in Stuttgart zusammengetreten.

Der sozialdemokratische Parteitag wird sich mit der Hofgängertaktik der Münchner Genossen befassen.

Die Einführung der gemeindlichen Arbeits­losenversicherung in Bayern ist gescheitert.

Der französische Oberkriegsrat verfügte eine Reserve- Mobilisierung bei fünf Armeekorps.

Ueber Durazzo wurde der Belagerungszustand verhängt.

Die mexikanische Dermittlungsaktion wird als zwecklos betrachtet. Die Auflösung der Friedens­konferenz in Niagarafalls steht bevor.

Der Wetterwart.

Sskttische Almscha«.

p Der Pfingstwoche scheint es endlich beschieden gewesen zu sein, den Auftakt zu der gewiß von vielen erwünschten politischen Sommerstille zu geben, wenigstens hat sich diese Woche fast allenthalben mit einer gleichmäßigen wohltuen, den Ruhe angelassen, wenn man den üblichen Weltradau in Albanien und Mexiko außer Betracht läßt. Nur ein kleine« Ereignis hat auch in unserem Württemberg« Lande hereingespieit. ohne freilich sonderlich viel Staub aufzu- wirbeln: die durch die Kreisregierung Ludwigsburg verfügte Auslösung der sozialdemokratischen Jugend- organtsatton Stuttgarts, die nachdem die An­gelegenheit die weitere Instanz des Berwalmngsgerichtshoss durchlaufen, wohl diejenige der anderen Organisationen im Lande nach sich ziehen wird. Die Auslegung, ob diese Organisationen politischen Charakter haben, kann man, wenn je noch ein Zweifel daran bestehen sollte, der Ent- scheidung der zuständigen Stellen überlassen.

Auf dem Gebiet der Reichspolitik herrscht vollständige Ruhe, dafür hat unser Nachbarland Frankreich den Vorzug, mit seiner diesmaligen Mtnisterkrtsis etwas mehr das Interesse auf sich zu ziehen, als es sonst der Fall zu sein pflegt. Man weiß ja. daß es sich bei den Regierungen in diesem Lande um die reine Purzelbaum­politik handelt, sie wechseln säst so regelmäßig wie der Mond, wenn auch in etwas größeren Zwischenräumen. Alle Minister stürze und Ministerdemtssionen aber sind auf die eine Linie zugeschnitten, daß für die Regierenden die Wünsche der politischen Parteien allzusehr, ja fast ausschließlich matz- gebend sind, und daß sich kein Kabinett, das sich dieser republikanischenMustereinrichtung" nicht zu fügen vermag ^ längere Dauer ist dies eben für keines möglich zu halten vermag. Nach den Wahlen, auf Grund deren die neue Kammer eben jetzt zusammengetreten ist, ließ die Regierung triumphierend verkünden, daß ihr diese eine sichere Mehrheit gebracht haben, d. h. eine Mehr- heit der Linken. Nun machte ihr aber, noch bevor die Geschäfte in Gang gekommen, eben diese Mehrheit derartige Schwierigkeiten, daß sie noch vor dem Kampfe die Flinte ins Korn warf und Reißaus nahm. Die republikanisch, sozialistische Gruppe sowohl, wie die Geeinigten Sozialisten, die miteinander da» Eine gemeinsam haben, daß sie dem Radikalismus in höchster Potenz huldigen, ohne deren Unterstützung aber ein Kabinett nicht lebensfähig ist. haben nämlich die von der französischen Presse nach den Wahlen ausgestellte Berechnung, daß diese eine überwältigende Mehr- heit für dar Dreijahrsgesetz ergeben haben, glatt über den Haufen geworfen, indem beide die Forderung der Rückkehr zur zweijährigen Dienstzeit erhoben. Darauf aber kann sich eine Regierung unter keinen Umständen einlassen, und auch der Präsident der französischen Republik hat just nach »or dem Zusammentritt der Kammer davon gesprochen, daß das Dreijahrsgesetz beibehalten werden müsse. Weil nun Aer, wie gesagt, die Regierung auf die Unterstützung dieser Linksgruppen angewiesen ist. hat sie es »orgezogen, dem unvermeidlichen Kanflikte gleich aus dem Wege zu gehen. Damit ist aber di« große Frage, wie sich nun die neue -Regierung verhalten soll, nicht gelöst, denn der gleiche Kon- l, lsstoff liegt natürlich auch für sie vor. Aber es ist nicht mese Frage allein, die vorerst mehr akademischen und par- ^agitatorischen Wert hat, deren praktische Durchführung

1914

die Förderung der gemeindlichen Arbeitsoermittelung. In der Kammer der Abgeordneten bedauerte man, mit Aus­nahme des Bundes der Landwirte, die Haltung der Reichs- räte. Fast einstimmig lehnte schließlich das Haus es ab, dem Beschluß der Kammer der Reichsräte beizutreten. Damit ist die Einführung der gemeindlichen Arbeitslosen­versicherung mit staatlichen Zuschüßen gescheitert.

Verlorener Bode«. Bon polnischen Blättern ver- öffentlichte Aufstellungen für das 1. Quartal 1914 ergeben, daß in diesem Zeiträume in der'Ostmark 8 deutsche Güter in polnische Hände übergegangen sind. Der Verlust an deutschem Boden wird auf über Million Mark Wert beziffert.

Aus Stadl und Land.

Nagold, S. Juni 1914.

Vom Rathaus. In der gestern abend ab chultenen Sitzung der bürgerlichen Kollegien wandte man sich dem Hauptetat zu, wobei die Gehälter der städtischen Be­amten geregelt wurden. Das Gehalt des Htlfspolizeisol- daten Günther für den Unfallmeldedienst wurde auf 500 das de» Stadtpflegedienerr auf 1000 festgesetzt. Für sämtliche Unterbeamte wurde folgende Gehaltvstassel vorge­sehen .6 1050, steigend von drei zu drei Jahren um 50 X aus 1200 -6. Das Gehalt des Amtsdieners wurde aus 1300 bei freier Wohnung festgesetzt. Auch das Gehalt des Farrenwärters wurde geregelt und wurde auf 550 festgesetzt. Lebhaft debattiert wurde über die Gehaltserhöh­ung des Stadlpflegers, dessen Gehalt schließlich auf 3400 erhöht wurde. Die Schulden der Stadt betragen etwa 300000 der Aufwand für Schulen 41511 -6. Bei den Beratung wurden verschiedene Aenderungen gemacht, sodatz die Zahlen des Abschlusses noch nicht genau festgesetzt werden konnten. Die Einnahmen betragen etwa 105459 (gegen 101527-6 im Vorjahre), die Ausgaben 166531-6 (gegen 161127 im Vorjahre). Der Abmangel b e- läuft sich auf etwa 61000 -6 gegen 59 600 -6 im Vorjahre. Gedeckt wird er durch eine Katasterumlage von 7,4°/o gegen 7,5°/» im Vorjahre und eine Ge­meinde,Einkommen st euer von 52 °/o gegen 50 °/» im Vorjahre. (Ausführlicher Bericht folgt in der nächsten Nummer.)

Souderzüge anläßlich des Reutlinger Kriegerbund­festes am 14. Juni s. im Handelsteil.

4. Staatslotterie. S. Klaffe. SS. (letzter) Zieh- «ngstag. Auf Württemberg gefallene Gewinne: 5000 -6 auf Nr. 176 804; 3000 -6 auf Nr. 31082. 187470, 189996; 1000 ^ auf Nr. 176 069, 177 573, 182 723, 184 432, 187 520, 217 762, 228 539, 233 329; 500 auf Nr. 174 283. 174 310, 175158, 175 212, 177 850, 228 500. Außerdem 144 Gewinne zu 240 (Ohne Gewähr).

Die Romaufortsetzung mußte heute wegen Raum­mangel weggelassen werden. Am Montag erscheint eine größere Fortsetzung. _

r Emmingen. Eine große Aufregung entstand im Ort, als ein Stromer ein zweijähriges Mädchen seinen Ge­schwistern aus dem Wagen nahm und mit dem Kinde auf dem Arm dem Walde zueiltc. Eine beherzte Frau riß dem Burschen das Kind aber weg und brachte es zurück. Der Kerl entkam.

An- de« Rachbarbezirken.

K Rotteubnrg. Als Pfleger für das Konservatorium und die Staatssammlung vaterländischer Kunst- und Alter­tumsdenkmale wurde neu bestellt : Generaloikar Dr. Eproll, Vorstand des Sülchgauer Altertumsvereins.

Calw. Das Ergebnis der Beratung des Hauptoor- anschlags für den Haushalt der Stadtgemeinde war, daß die Kollegien den Doranschl g für den Gemeindehaushalt mit 189 359 -a Einnahmen und 301 582 -6 Ausgaben genehmigten. Der 112 223 -6 betragende Abmangel wird durch eine Katasterumlage von 8.5°/», Erhebung einer Gemrtndeeinkommensteuer von 5 0°/» und Urbernahme einer 4148 ^ hohen Restsumme auf das Restvermögen gedeckt. Das Gaswerk kann von seinem Reingewinn 8000 -6 an die Stadtkass« abliefern; das vor zwei Jahren erstellte Elektrizität! werk hat einen Reingewinn von 11000 Mark abgeworsen.

e> Neuenbürg. Der Bezirksobst- und Gartenbau­verein will im Herbst, voraussichtlich am 20./21. September in Neuenbürg eine Ausstellung von Erzeugnissen des Obst­und Gartenbau« veranstalten.

r Neuenbürg. Im Krankenhaus starb das 1*/, Jahre alte Kind aus Gräfenhausen, das durch einen Hafen heißen Kaffees verbrüht worden war.

Samstag, dev 6. Juni

aber noch in weitester Ferne liegt, sondern noch eine, aller­dings nicht minder schwierige: die Frage der Steuerreform. Hier handelt es sich um grundlegende Aenderungen der Stcueroerhältniffe, die eben deswegen so schwerwiegend sind, weil für die Regierung, wie schon oben gesagt, der Zwang oorliegt, sich allzusehr nach den politischen Wünschen der Parteien zu richten, während doch hier in erster Linie die wirtschaftlichen Fragen in Betracht kommen. Und man wird es darum erleben, daß, wie das Kabinett Doumergue jetzt gegangen ist, über kurz oder lang auch sein Nachfolger, wie geartet und kautschukartig er auch sei. gegangen werden wird. Interessant immerhin wegen der Art und Weise, wie zerfahren ein Regime ist, in der die Politik des Brot­korbs und der politischen Macht so nackt und offenkundig getrieben wird wie in der Republik Frankreich.

Mit dem Wechselbalg Albanien ist es nun glück- lich soweit gekommen, daß sich das unglückselige Ländchen in zwei Lager zu spalten beginnt. Sprechen doch einzelne Meldungen bereit« von einer Partei des Fürsten und einer mohammedanischen Partei oder auch einer solchen Effad Paschas. Hat aber die Verwirrung bereits dahin geführt, so haben wir nichts anderes als einen albanischen Bürger­krieg, der. zuni Religionskrieg ausgeactet, noch bittere Episoden zeitigen dürste. Und wenn es soweit kommt, mag man sich nicht nur bei der ganzen ungeschickten Poli­tik der Mächte bedanken, die auf den unglückseligen Ge- danken verfallen sind, den Prinzen Wilhelm von Wied auf den wackelnden Fürstenthron zu setzen, ohne ihm in einer richtigen militärischen Macht den nötigen Halt zu geben, sondern man muß, nachdem der erste Fehler einmal gemacht war, vor allem bedauern, daß dieselben Mächte sich nicht dazu aufschwingen konnten, in der Stunde der Gefahr, die ein Blinder herauskonureu sah, sich wenigstens zu einer einheitlichen Aktion auszuschwtngen und durch ein internationales Truppenkotingent in genügender Stärke für Ausrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu sorgen, bis durch sachgemäße Unterhandlungen mit den in Betracht kommenden Faktoren die nötigsten Grundlagen für das Staatengebilde geschaffen waren. Aber nein, die leidige Eifersucht, die sich sogar auf dieVerbündeten" selbst er­streckt Italien und Oesterreich sehen sich trotz schöner Worte immer scheel an hat auch hier wieder die Ober­hand behalten.

Den Amerikanern ist für ihr sehr wenig gentlcmanliches Verhalten in der mexikanischen Frage bereits der Lohn geworden. Nachdem es endlich soweit gekommen, daß man mit dem widerspenstigen Huerta unterhandeln konnte, um die amerikanisch-mexikanischen Streitfragen zu lösen, mischen sich nun glücklich die von den Amerikanern verhätschelten, von ihnen eine Zeitlang auch tatkräftig un­terstützten Rebellen,Konstitutionalisten" sagen die Ameri­kaner, ein und verlangen, auch mit von der Partei zu sein. Das heißt, sie sagen den Amerikanern: halt, wir sind die Sieger, und wenn ihr über Fragen, die Mexiko berühren, verhandeln wollt, so wollen wir auch dabet sein, sonst küm­mern wir uns nicht um eure Abmachungen. Und damit ist der so zuversichtlich angekündigteFriede von Niagarafalls" wieder in die Ferne gerückt, es sei denn, daß Präsident Huerta den Amerikanern endlich den Gefallen tut und den schon so oft prophezeiten französischen Abschied nimmt.

Politisches.

Oberstleutnant von Winterfeldt, der bisherige Militärattache bei der deutschen Botschaft in Paris, dessen Wiederherstellung man in der Heimat mit so großer Sym­pathie verfolgt, ist unter Enthebung von seiner jetzigen Stellung als Abteilungschef in den Großen Generalslab berufen worden. Oberstleutnant von Winterfeldt ist heute noch nicht von den schweren Verletzungen, die er bei den französischen Manövern am 16. September 1913 erlitten hat, ganz wiederhergestellt.

Ei» Denkzettel. Der reichsländische Staatssekretär Gras o. Rödern hat, wie aus Straßburg gemeldet wird, den sozialdemokratischen Landtagsabgrordneten Schilling, der ihn wegen des Verbotes an die Schweizer Vereine beim Umzug sozialdemokratischer Arbeitergrsangvereine inter­pellieren wollte, nicht empfangen. Der Staatssekretär ließ dem Abgeordneten mitteilen, er könne ihn nicht empfangen, weil er am 8. April bei der Schließung des Landtages beim Kaiserhoch sitzen geblieben sei.

Scheitern der bayerischen Arbeitslasenverfiche- rnng. Von der Kammer der Reichrrät« war seinerzeit die Regierungsvorlage zur Einstellung von 75000 für jedes der beiden Budgetjahre zur Förderung der gemeind­lichen Arbeitslosenversicherung abgelehnt worden, dagegen hatte sie die gleiche Summe im Budget stehen taffen für