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Schwäb. Landwirt.
Diens'ag, den 2!. April
1914
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Amt
Nagold, 2l. April 1914.
* Tagesordnung für die öffentliche Sitzung der bürgerl.Kollegien am 22. April 1914 von voirn. 8 Uhr ab:
1. ) Ausbau der Schillerstraße.
2. ) Neuherstellung des Gänsegartens.
3) Wiederinstandsetzung des Emmingerwegs.
4. ) Feuerwehrsachen.
5. ) Sonstiges.
Freiwillige Feuerwehr. Bei der gestern abend in der Köhlerei adgehaltenen Korpsversammlung eröfsnete Kommandant Gabel die Versammlung und begrüßte die Erschienenen. Er teilte mit, daß die Zahl der Mitglieder 229 beträgt, eine Zahl, die seit Bestehen der Freiw. Feuerwehr noch nie erreicht wurde. Es freue ihn das darin zum Ausdruck kommende große Interesse an der idea'en Sache. Hierauf gab Kassler Konditor Gauß den Kassenbericht. Darnach betragen die Einnahmen 217 -4k, die Ausgaben 262 -4k. Vermögen 644.75 ^k. Dem Kassier wurde Entlastung erteilt und für seine Mühe gedankt. Einen ausführlichen Geschäftsbericht gab Schriftführer Kon- ditor Strenger: auch ihm wurde gedankt. Zum Punkt Festsetzung des Uebungsplans brachte Kommandant Gabel den Antrag ein sämil. Hebungen wieder Sonntags abzuhalten. Hierüber entspann sich eine lebhafte Aussprache, wobei von verschiedenen anderen Seiten gewünscht wurde, die Schulübungen Werktags, die Gesamtübungen Sonntags abzuhalten. Durch Abstimmung wurde letzteres beschlossen. Unter „Sonstiges" fiel ein mit Beifall ausgenommener Vortrag auf Grund eines Aufsatzes in der Feuerwehr- Zeitung von Leutnant Möbelsabrikant Schnepf über Aufgaben, Ausbildung und Verhalten der Führer und Mannschaften bei den Uebungen und bei Brandfällen. Wir hoffen, daß die auch von anderer Seite dazu gemachten beherzigenswerten Aueführungcn ihren Zweck erreichen. Es wurde noch über verschiedene andere Minderwichtige Punkte debattiert, bis Kommandant Gabel um ^11 Uhr die Versammlung schließen konnte. Die Versammlung war von ca 50 Mann besucht.
Das eigene Heim. In der heutigen Zeit, wo die Wohnungen immer teurer werden und die Schwierigkeit, eine passende Wohnung zu finden, immer größer, besonder» dann, wenn eine auch nur kleine Kinderschar vorhanden ist. kann man nicht genug immer wieder auf die großen Vorteile des eigenen Heims aus der eigenen Scholle Hinweisen, das der Familie eine sichere Stätte bietet, dem Vater Ruhe noch schwerer Arbeit, der Mutter ein Mittel, durch die Bearbeitung des Gartens ihre Ausgaben für den Haushalt sehr bedeutend zu verringern, den Kindern einen gesunden Tummelplatz für ihre Spiele, von
dem sie eine Erinnerung für das ganze Leben mitnehmen — „unser Garten". — Die Scholle muß möglichst groß sein, wenn irgend möglich nicht kleiner als 1250 Quadratmeter. Daraus läßt sich mit Leichtigkeit der gesamte Kartoffelbedarf für eine Familie bis zehn Köpfen und der Gemüscbedarf sür das ganze Jahr ziehen, sie gibt gesundes Obst aller Art in Fülle sür geringes Geld und ermöglicht eine kleine Viehhaltung, die gesundes Fleisch für den halben Preis liefert. Das Haus muß möglichst klein sein, ein freistehendes Einfamilienhaus, daraus berechnet, daß die Kinder auch einmal das Elternhaus verlassen : lieber sich in den ersten Jahren etwas zusammendrängen, das licht- und lustumslutete Einfamilienhaus läßt das wohl zu. — E; ist falsch, wenn man glaubt, ein Zweifamilienhaus wäre leichter zu halten, weil der Mieter mithilst, die Zinsen zu bezahlen. Das ist ein Irrtum, der mit schwerem Lehrgeld bezahlt werden muß. Für den ernst strebenden Mann ist es möglich, sich und seiner Familie eine solche Heimstätte zu schaffen. Er muß nur mit aller Energie daraufhin arbenen und sich durch Mißerfolge nicht gleich abschrecken lassen. Am leichtesten wird das Ziel erreicht, wenn sich zehn Gleichgesinnte zusammenfinden und einen kleinen Bauverein bilden. Dadurch wird das Bauen billiger und auch das Kapital leichter beschafft. Der im Jahre 1885 von dem verstorbenen Pastor D. o. Bodel- schwingh gegründete Deutsche Verein Arbetterheim in Bethel betBielefeld, erteilt jedem Ansiedlungs- lustigen kostenlos Rat und Auskunft. —
r Künftige Befreiung der Landschaft von Lei- tnngsmaften. Die erschreckend große Zahl von Leitung-- masten, die immer mehr in Linien aller Art über die Hochflächen und durch die Täler ziehen, hat bei jedem Naturfreund schon längst Mißfallen erregt. Wie nun der Geschäftsführer des Landesousschrisses für Natw- und Heimatschutz Professor Dr. Eifert in einer Sitzung düses Ausschußes mitteilte, wird bet Stuttgart jetzt sür den Bau eines Erholungsheims eine unterirdische Kabellegung zur Durchführung gebracht. Natürlich ist diese Art der Strom leb ung, bei der die Ständer in der Landschaft fortfallen, ungleich teurer. Wie jedoch die Techniker versichern, wird die Fernleitung im Boden die der Zukunft sein, weil die bisher entgegen- stehenden Hindernisse vcn der Technik immehr mehr überwunden werden. Wir würden uns also in einer Zeit des Ueberganasstadiüms befinden und die Zukunft würde keine Entstellung der Landschaft mehr bringen, wie dies jetzt mehr oder weniger vielfach der Fall ist.
r Schwäbischer Gebeuktag. Am 25. April 1525 wurde Kloster Hirsau von den aufrührerischen Bauern erstürmt, die ihm einen Schaden von 16000 fl. zusügten.
-l- Alteusteig, 19. April. Der Schworzwolddienen- züchteroerein hielt heute hier bet A. Luz seine Frühjahrs- Versammlung ab, die gut besucht war. Nach kurzer Be
grüßung durch den Vorstand, Houptlehrer Küchele von bier, hielt Haupllehrer Wurster von Ettmannsweiler einen Vortrag: Wie erziele ich im Frühjahr starke Völker? an den sich eine lebhafte Debatte anschloß. Die Frage wegen gemeinschaftlichen Bezugs von vergälltem Zucker wurde geregelt, die Rechnung von 1913 geprüft und dann Forstwart Mack hier zum Rechner gewählt, da der bisherige Rechner, Hauptlehrer Beiz von Altensteig-Dorf, um Wahl eines andern Rechners ersuchte. Der Vorsitzende wies dann auf die Honiosabrikation hin, die ihre Produttte meist als „Honig" mit irgend einem Vorwort auf den Markt werfe, scheinbar billig, aber in Wirklichkeit viel zu teuer und empfahl die Verwendung der Etiketten usw., welche der württ. Landesveretn für Bienenzucht seinen Mitgliedern als Garantiescheine sür echten, reinen Bienen-Echleuderhonig empfiehlt. Sämtliche Mitglieder verpflichteten sich, von den Etiketten Gebrauch zu machen. Mit dem Wunsch, das Jahr 1914 möge die leeren Honigtonnen der Imker wieder einmal füllen, trennte man sich und beauftragte den Vorstand und Ausschuß, für Schutz des reinen Honigs und dadurch sür Hebung der Bienenzucht energisch einzutreten.
-1 Altensteig, 19 April. Die Krankenhoussrage, welche hier schon so viel Staub aufwirbclte, ist endlich gestern in einer gemeinschaftlichen Sitzung der bürgerlichen Kollegien entschieden worden. Die Notwendigkeit des Baues war allerdings schon längst anerkannt, ebenso war man allgemein der Ansicht, daß etwas Rechtes erstellt werden müsse. Es war deshalb eine Kommission gewählt worden, die mehrere neuerbaute Krankenhäuser (in Sulz a. N, Neuenbürg u. a.) besichtigte. Jetzt ist auch die Platzfrage geregelt. Mit Stimmenmehrheit wurde das Projekt in der Weihergaffe, wo die Siadt eigenen Grund und Boden besitzt, angenommen gegen das andere aus der Höhe Zumweiler zu. Entscheidend fürs erstere war vor allem der Umstand, daß dabei das Krankenhaus Anschluß an die Wasserleitung bekommen kann. Beim Plan auf der Höhe wäre die Erstellung einer besonderen Wasserleitung nötig geworden, was die ohnehin beträchtlichen Ausgaben noch vermehrt und zugleick auch die jährlichen Unterhaltungskosten vergrößert hätte. Die Erstellung des Krankenhauses macht auch einen Straßenbau mit über 10000 >k Kostenooranschlag nötig.
" Die Hauptversammlung des landwirtschastl. Bezirksvereius Nagold am letzten Sonntag-Nachmittag im Gasthaus zum Hirsch in Haiterbach war von über 150 Landwirten besucht. Noch den Begrüßungsworien de» Bereinsvorstands Herrn Oberomimann Kommerell von Nagold hielt der Vorstand der K. Kulturinspektion in Reutlingen Herr Baurat Rtekert einen sehr interessanten Bortrag über dos Feldbereinigungswesen. Der Redner schilderte in leicht verständlicher Weise die großen Vorteile einer Feldbereinigung. erläuterte an der Hand ousgehängter Pläne die Art des Verfahrens, teilte die während seine
Sankt Urbans Krug.
Ein Schwank aus dem Bagantenleben des 16. Jahrhunderts.
Don Hermann Kurz.
„Seit man über den Glauben zu streiten angesangen har", begann der Weitzkopf unter zustimmrnden Seufzern feinet beiden Gesellen, „wollen die Leute gar nichts mehr glauben, die Altgläubigen so wenig als die Lutherischen, und sür uns arme» fahrendes Volk sind unsere besten Künste brotlos geworden. Drum Hab' ich mich auf einige Zeit in den Landsknechtsorden b'geben, dec das Fasten den Mönchen überläßt, wenn er nämlich einen guten Kriegsherrn hat. Im April Hab' ich bet Mühlberg dem Kaiser helfen den Kurfürsten sangen. — Haben immer gemeint, wir werden auch einmal einen Fürsten köpfen sehen, ist aber nichts daraus geworden. Da sind wir in den sächsischen Landen herumgelegen und hat uns der Bauer müssen zu essen und zu trinken gebe». Draus ist aber der Kaiser im Sommer gar stattlich zu Roß und zu Fuß gen Augsburg gezogen, wo er jetzt einen eisernen Reichstag hält. Die Zeit wird'« weisen, was er ihnen einzudrocken gedenkt: es muß eine heiße Suppe sein, denn er hat den Reichstag mit seinen Spaniern und Italienern wie mit einer Mauer umlegt. Die sind dort Hahn im Korb, den Deutschen traut " nicht recht. Unterwegs war das anders, da haben die Spanier Haar lassen müssen, so oft wir an sie gerieten. Beim Marsch auf Augsburg — ich glaub' wegen eines Joffes, das ein Deutscher einem Spanier genommen — hat ein mörderischer Handel angesponnen. Da haben Deutsche und Spanier aufeinander gehauen wid ge'chossen, daß es nicht mehr anders als wie eine Schlacht anzusehen war.
Der Kaiser schickt einen Haupimann — noch seh' ich ihn, wie er im goldenen Harnisch über ein Brücklein gegen uns reitet und sein andalusischer Hengst unter ihm tanzt — mich verdroß der Don mit seinem hochmütigen Gesicht, flugs pflanz' ich mein Hackenrohr auf, und bauz, kugeln Roß und Mann miteinander vom Brücklein ins Wasser hinab. Nun schickt der Kaiser seinen Bruder, den römischen König, weil der Streit immer ernstlicher worden ist. Der hat auch einen Schuß bekommen und ist wund aus dem Getümmel sortgedracht worden. Zuletzt ist der Kaiser selber kommen und hat uns die besten Worte gegeben. „Wir Deutsche", sagte er in seinem gebrochenen Deutsch, „wüßten ja, daß er uis vor allen seinen andern Völkern lieb und wert halte und mit unserer Hilfe allein sein Höchstes aus- richten könne." Aber all sein Bitten um Frieden hat nichts geholfen, bis er uns Genugtuung gab und ein paar Dutzend von seinen Spaniern henken ließ. Dann zog er ganz still mit uns weiter, als ob er kein Wässerlein trüben wollte, denn er geht leis und tritt hart. Wie er aber in Augsburg angekommen war, ließ er gleich Galgen und Rad aufrichten und die Rädelsführer beim Kopf nehmen. Freunde zu haben, ist immer gut. Eine Dirne, der ein kaiserlicher Trabant am Gürtel hing, gab mir Wind von den Dingen, die da kommen sollten, und zeigte mir einen heimlichen Ausgang aus der geschlossenen Stadt. Meine Pluderhosen habe ich dahinten gelassen, bin in wackern Tagreisen durch mancher Herrn Länder durchgestrichen und wenn ich an einem Galgen oorbeikomwe, so denke ich: die Augsburger tun's den Nürnberger» nicht zuvor. Nun will ich vollends über den Rhein, aber Straßbura soll mic weit abseiten bleiben, denn diese Neustädte sind des Kaisers Hände, denen er nur zu winken braucht, wenn er einen am
Fittich fassen will. Dem jungen König von Frankreich lauf ich zu —
Der legt ein' g'waltigen Hausen ins Feld Es soll kein Landsknecht trauern um Geld Er will uns ehrlich lohnen Mit Stübern und Sonnenkronen."
Er sang dies bereits ins Freie hinaus, denn soeben öffnete sich vor ihnen da» Felsenior der Hölle, und sie schritten aus der Schlucht in die schöne Tolebene, die das Himmelreich geheißen ist. Eine offene, lachende Gegend, die das Herz weit und leicht macht beim Herauskommen aus der düsteren Enge, lag im sonnigen Grün vor ihnen, anmutige Höhen zogen nach dem Rhein hinaus; in geringer Gn sernung winkte Frriburg, dessen Münfterspitze über eine Anhöhe herübersah, und im fernen Hintergründe dämmerte der blaue Zug der Vogesen.
So wenig unser Kleeblatt ein bewußtrs Ar ge für dieses Landschaftsgemälde hatte, so nahm es den Anblick doch mit unwillkürlichem Wohlbehagen in sich auf. Der Weißkopf zumal, der hier im Freien keine lauernde Gefahr mehr fürchtete, überließ sich dem Gefühle der Ruhe, das die hellere Umgebung vor allem den Wanderern ein- flöste. Er warf sich in den Schalten einer Linde, unter welcher ein Quell durch Steindrucken nach dem Flüßchen sickerte. „Hier ist gut wohnen", sagte er, die Hammelskeule neben sich legend. „Seid ihr nicht auch müde?"
Der Schwarze stellte die Flasche sorgfältig in das Wasser, warf sich neben ihn und begann zur Antwort mächtig zu gähnen, worauf der Kleine dem Beispiel der beiden andern folgte und sich ebenfalls seiner Last entledigend, den Kopf im Grase begrub.
(Fortsetzung folgt.)