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^ 54. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk (Lalw. 63. Jahrgang.

Erscheint Di en S t a g , Donnerstag und Samstag.!! Die Änrückungsgebühr beträgt irn Bezirk und nächster Um- >- gebung S Pfg. die Zeile, sonst 12 Psg.

Samstag, den 10. Mai 1890.

NbrnnementspreiS vierteljährlich in der Stadt BO Pfg. und 20 Pfg. Trägerlohn, durch d e Post byogen Mk. 1. 15, sonst i» ganz Württemberg Mk. 1. S5.

Amtliche Bekanntmachung,

betreffend die Aufzeichnung von Hagelfällen.

Die Ortsvorsteher erhalten die Weisung, den­jenigen Personen, welche zufolge oberamtl. Erlasses vom 2. Juli 1889 in Nro. 78 Calw. Wochenblatt für Vornahme der Aufzeichnung von Hagelfällen aufgestellt wurden, zu eröffnen, daß nach Erlaß des .K. statistischen Landesamts vom 1. Mai d. I. diese Aufzeichnungen in gleicher Weise auch im laufenden Jahr stattzufinden haben, und zwar über alle Hagel- fälle, gleichviel, ob durch dieselben Schaden angerichtet wurde oder nicht. Die für die Aufzeichnung zu ver­wendenden Fragebögen können, soweit solche nicht mehr vorhanden sein sollten, vom Oberamt bezogen , werden.

Calw, den 8. Mai 1890.

K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Deutsches Reich.

Der neue Reichstag. Unter sehr günstigen Auspizien wurde die erste Sitzung des Reichs­tags eröffnet. Das Haus war bis in die äußersten Ecken besetzt, die Mitglieder waren fast vollzählig er­schienen, und wir können uns kaum entsinnen, selbst bei sehr wichtigen Abstimmungen die Bänke so lücken­los gesehen zu haben. Das läßt einen erwünschten Schluß auf den Gesundheitszustand der Mitglieder zu, und es ist nicht zu befürchten, daß sich wieder die so oft beklagte Beschlußunfähigkeit in den ferneren Sitz- ^ ungen der Session Herausstellen wird. Die Stimmung war eine rechtanimierte", und lange vor Eröffnung der Sitzung um 2W Uhr bildeten sich plau­dernde Gruppen, welche Begrüßungen austauschten. In freundlichster Weise sah man die Abgeordneten der entgegengesetzten Parteien mit einander verkehren. -Graf Moltke, welcher als Alterspräsident die Sitz­ung eröffnete, legitimierte sich mit prächtig klarer Stimme, indem er sein Geburtsjahr, 1800, angab, und seine Frage, ob ein älterer Abgeordneter anwesend sei, rief lebhafte Heiterkeit hervor. Mit Sicher­heit waltete der greise Marschall-Präsident seines Amtes und strafte seinen Taufschein Lügen. Aller­dings wurde Graf Moltke durch den allzeit geschäf- tigten Direktor bei dem Reichstage, Geheimrat K n a cks. unterstützt. Das Haus selbst kam auch den ständigen Besuchern der Tribünen, den Journalisten, gar sehr verändert vor. Es gab sehr viele neue, ganz unbe­kannte Gesichter, und der Plan, welcher über die Namen und den Platz sämtlicher Abgeordneten Aus­künfte tziebt, wird erst in einigen Tagen fertig ge­stellt sem. Frkf. I.

Die Volkspartei, unterstützt von den Freisinnigen, beantragt, die Reichsregierung aufzu­fordern, im nächsten Jahre einen Gesetzentwurf, der die zweijährige Dienstzeit bei der Infanterie einführt, vorzulegen.

Die Sozialdemokraten beantragen, den Zolltarif dahin abzuändern, daß Getreide, Materialwaren, Butter, Fleisch, Fleischextrakt, Ge­flügel, Fische, Häringe, Mühlenfabrikate, Schmalz, Oel, Zug- und Schlachtvieh, Eier zollfrei sein sollen. Ferner hat die sozialdemokratische Fraktion im Reichs­tage eine Novelle zum Unfallversicherungs­gesetz eingebracht.

Einem Telegramm derKöln. Ztg." aus Sansibar zufolge wurde Kilwa heute von den Arabern geräumt, nachdem es von den deutschen Schiffen beschossen ward und durch Major Wiß-

mann, der auf dem Anmarsch bereits siegreiche Kämpfe bestanden, von «Süden aus angegriffen. Zwei Schwarze sind gefallen. Das Wetter ist entsetzlich; das DepeschenbootMa" wird vermißt; die Ver­folgung beginnt morgen.

Betreffs einer Heirat zwischen dem russischen Thronfolger und der Prin­zessin Margarethe von Preußen sind, so wird berichtet, seit geraumer Zeit widersprechende Ge­rüchte im Umlauf. Das Haupthindernis für ein solches Eheprojekt bildet die Verschiedenheit der Konfession der kontrahierenden Parteien. Wie der Petersburger Korrespondent derDaily News" mitzuteilen in der Lage ist, hat ein höchst herzlicher Briefwechsel zwischen dem Zaren und dem Kaiser Wilhelm über den Gegen­stand stattgefunden. Gleichwohl wird in russischen Hofkreisen behauptet, der Kaiser werde seiner Schwester nicht erlauben, vor ihrer Verheiratung ihren Glauben zu wechseln. Es werde ihm indes kein Recht über die Prinzessin nach ihrer Verheiratung mit dem russischen Thronfolger zustehen, und wahrscheinlich werde sie alsdann zur griechischen Kirche übertreten. In Petersburg wird auch erwartet, daß die Kaiserin Friedrich diesen Sommer die russische Hauptstadt be­suchen werde.

Tages-Ueuigkeiten.

* Calw, 9. Mai. Gestern abend nach 5 Uhr hatten wir hier in diesem Jahr das erste schwere Gewitter. Dasselbe zog, begleitet von grellzuckenden Blizen und unter gewaltigen Donnerschlägen von Westen nach Osten und brachte reichlichen Niederschlag mit sich, so daß Felder, Wiesen und Bäume erwünschten Regen erhielten. Der Stand der Feldfrüchte und Obstbäume ist nach übereinstimmenden Berichten sowohl auf der Wald- als auf der Gäuseite des Bezirks im allgemeinen ein sehr guter und berechtigt bis jetzt zu den schönsten Hoffnungen. Mögen diese nicht zu Schanden werden!

Der Georgenäumsgarten hat einen neuen Schmuck erhalten. Das alte Bassin mit dem einfachen Springbrunnen ist durch ein neues ersetzt worden. In der Mitte desselben steht auf einem Postament ein großer gegossener Fischreiher, der einen Fisch verschluckt, aus dessen Mund ein garbenähnlicher Strahl emporschießt. Die ganze Anlage macht den den freundlichsten Eindruck. Der Garten, wie auch der anstoßende Stadtgarten ist gegenwärtig von Spazier­gängern, welche sich an der herrlich aufgeschlossenen Natu^ erfreuen, sehr belebt.

Neuweiler- 7. Mai. Heute nachmittag gerieten 2 Männer, David Lörcher, Bauer hier und besten Bruder Lorenz Lörcher von Breitenberg mit 2 Calmbacher Metzgern in Wortwechsel; einer der Metzger zog das Messer und erstach die beiden Brüder Lörcher auf der Höhe der Bernecker Staige. Beide Getöteten hinterlassen zahlreiche Familien. Der Schmerz und die Aufregung in beiden Gemeinden ist groß. Die Thäter sind bereits verhaftet und in Sicherheit gebracht.

Derselbe Fall wird von Altensteig wie folgt berichtet: Zwei Brüder, Lorenz Lörcher und David Lörcher von Breitenberg und Neuweiler, O.A. Calw, gingen heute nachmittag vom hiesigen Vieh­markt nach Haus. Auf der Höhe zwischen Berneck und Gaugenwald im Staatswald Neubann wurden sie von 2 jungen Metzgern aus Calmbach, welche eine Kuh führten, eingeholt, wobei sich ein Streit ent­spannen haben muß. Der eine Bruder, welcher mit

einem andern Mann etwas vorausging, wurde zu Hilfe gerufen. Als der Begleiter desselben später ebenfalls zurückging, um nachzusehen, was es gäbe, fand er, daß beide Brüder erstochen waren. Die beiden Metzger setzten ihren Weg fort und konnten erst später verfolgt werden. Die That geschah mit einem breiten Metzgermesser und muß von einem und demselben Thäter herrühren, da beide unterhalb des Halses an derselben Stelle abwärts gegen die Brust gestochen sind. Spuren eines langen Kampfes wurden nicht bemerkt. Die Getöteten sind Männer im Alter von 4043 Jahren und Familienväter, dieselben sind als solid und nüchtern bekannt.

Nachträglich erfahren wir von zuverlässiger Seite hierüber noch folgendes: Die beiden Getöteten sind die Brüder Lorenz und David Lörcher, erste- rer in Breitenberg ansässig, hinterläßt Frau und 4 Kinder, letzterer in Neuweiler wohnhaft, hinterläßt eine Wittwe mit 10 Kindern. Der Mörder der bei­den Familienväter ist der Metzgermeister Frank von Calmbach, lieber die bereits stattgehabte Scetion ist noch nichts bekannt, doch konnte schon äußerlich festgestellt werden, daß der Thäter bei beiden mit sicher und kräftig von oben in die Brust geführtem Stoß die Zweigung der Halsschlagadern abgeschnitten hat. Der That ging eine Schlägerei voraus. Frank, welcher sich bald verfolgt sah, suchte sich zu flüchten, wurde jedoch auf Neuweiler Markung eingeholt und befindet sich jetzt in Nagold in Haft. Bei seiner -Festnahme hatte er das Messer noch offen in der Tasche und dessen Griff fest in der Hand.

Untertürkheim, 7. Mai. Die herrliche Frühjahrswitterung ist für die Entwicklung aller Gewächse sehr günstig. In Folge der wohlthätigen Niederschläge erholten sich die teilweise etwas dünnen Wintersaaten; Gras, Klee und Gemüse, worunter in erster Linie die beliebten hiesigen Spargeln, gedeihen aufs Veste. Die Obstbäume berechtigten zu den schönsten Hoffnungen; Kirsch- und Birnbäume haben teilweise schon Früchte angesetzt und auch viele Aepfel- bäume stehen schon in reichem Blütenschmuck da. In den Weinbergen haben zwar durch die kalten Nächte der letzten Wochen manche Augen Schaden genommen, doch dürften sich diese Nachteile bei guter Witterung und günstiger Blüte wieder ausgleichen.

Plochingen, 5. Mai. Ein reicher Kindersegen ist einer hiesigen Familie beschert worden, indem am Samstag der Storch den sechs seither in der Familie vorhandenen Brüdern noch zwei weitere Brüderchen und ein Schwesterchen ge­bracht hat. Sämtliche neun Kinder, auch die neu angekommeneu Drillinge, befinden sich wohl und ge­sund.

Reutlingen, 7. Mai. In einer der ver­gangenen Nächte war in der Wirtschaft zur Post hier durchs Fenster eingestiegen und Diebstahl verübt worden. Der Dieb hatte sich zunächst am Bier gelabt, auch dem Schinken und Käs zugesprochen und entfernte sich dann, jedoch ohne klingende Münze erbeutet zu haben, unter Mitnahme von Speisen, einer Flasche Schnaps, Cigarren, ein halbes Dutzend teils silberne Löffel u. s. w. Die Polizei schöpfte sogleich nach bestimmter Richtung hin Verdacht und war so rück­sichtslos, den Herrn, der angeblich schon nach Göpp­ingen abgereist sein sollte, in seinem Morgenschlummer zu stören, bevor überhaupt das gegen ihn erlassene Stadtverbot in Kraft getreten war. In einem von ihm bereits zur Bahn gebrachten Tisch, der an einen Verwandten adressiert war, fand sich in der vernagel­ten Schublade fast der. ganze Raub vor. Es ist der