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Fernsprecher Nr. 29.

87. Jahrgang.

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Echwäb. Landwirt.

1913

Württemberg i« me» statistische« Iahrbiche.

rm Das vor kurzem erschienene statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich (1913), das seinem Inhalte nach wie­derum erweitert worden ist, bildet einen beachtenswerten Madslad sür die Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse in den einzelnen Bundesslaalen. Auch über das Königreich Württemberg enthä t das Jahrbuch umfangreiches Material. Was zunächst die Größe angeht, so steht Württemberg mit 19 507 Quadratkilometern Fläche unter den Bundesstaaten hi> t r Preußen und Day rn an dritter Stelle. Seit 1870 ha, sich die Bevölkerung Württembergs (2437574) um 34 Prozent vermehrt, während bei der Bevölkerung im ganzen deutschen Reiche eine Zunahme von 58,1 P ozent zu verzeichnen ist. in P eichen 62,7. Bayern 41,6, Sachsen 88 i nd Baden 46,6 Prozent. Im Durchschnitt wurdrn 1911 täglich rund 60 Ehen in Württemberg geschlossen. Wie in den übrigen Staaten üverwiegt auch in Würt­temberg das weibliche Geschlecht, 1 245182 weib» l chen Personen stehen 1 192 392 männliche gegenüber. Die Geburtenziffer war im Jahre 1911 aus 1000 Einw. ge­rechnet 29,2, der Reichsdurchschmtt berrug 29,5, in Preußen stellte sich die Geburtenziffer aus 30.3, Bayern 31,1, Baden 28,7 und Sachsen 27. Der Geburtenüberschuß stand 1911 mit 10,7 auf 1000 Einwohner sowohl hinter dem Reichsdmchschntti (11,3) als hinter dem Durchschnitte für Preußen (12,2), für Bayern ergab sich ein Ueberschuß von 10,6. sürBadrn ein solcher von 11,06. Auf 100 Ge­burten lm Jahre 1911 entfielen 8.4 uneheliche gegen 8.0 in Preußen, 15,2 in Sachsen, 12,3 in Bayern, 8,1 in Baden, sowle 9 2 im Deutschen Reiche. Die S1 erblichkeit ge­staltete sich 1911 in folgender Weise: aus 1000 Einwohner kamen im Reiche 18,2 Todesfälle, Sachsen 17,4. Baden 17 6, Pr-uh«n 16 , 1 , V--Y rn L0.4 und Württemberg 18,6. In der Sel bstmordstatistik stand Württemberg mtt 18,0 Selbstmorden auf 100 000 Einwohner im Jahre 1911 unter der Selbstmordziffer für das Reich (21,7) und unter dsrj n'gen für Preußen (20,8), in Sachsen wurden ermittelt auf 100 000 Einw hner 34,2 Selbstmorde, in Baden 21,2 und in Bayern 16 2. Bei einem Vergleiche mit dcn übrigen Staaten bezüglich der Säuglingssterblichkeit zeigt sich, daß im Königreich Württemberg im Jahre 1911 auf 100 Lebendgeborene 19,1 im eisten Lebenkjshre Gestorbene gezähit wurden. Der Anteil der Säuglingssterblichkeit be­zifferte sich in Baden auf 17.5, in P eußen aus 18,8, in Boy-rn auf 22,3 und in Sachsen auf 22.8/, im Deutschen Reiche aus 19.2.

Was nun die Landwirtschaft in Württemberg angeht, so umfaßte im Jahre 1912 die Ernteflöche von Roggen 39380 Hektar. Weizen 44996. Winterspelz 156436, Scmmergerste 96384. Kartoffeln 102163, Hafer 151299 und Wiesenheo 305789 Hektar. Dos Eisenbahnnetz erstreckte sich Ende 1911 auf 1972 Kilometer Gleislänge der Haupt- und Nebenbahnen, als Länge der Straßenbahn­gleise ergab sich daoegen nur die Strecke von 90 Kilometer, (Rheinland 1220 Kilometer). Last, und Personen-

autos wurden am 1. Januar 1913 insgesamt 3463 in Württemberg gezählt, darunter 3011 Kraftfahrzeuge, die vorzugsweise zur Personenbeförderung Verwendung finden. Daß das Königreich Württemberg auch ein sparsames Land ist, beweist die Höhe der in den öffentlichen Sparkassen angelegten Spargelder. Am Schluffe des Jahres 1911 erreichte die Spareinlage die Höhe von 555 Millionen Mk.

Alles in allem bietet das Königreich Württemberg ein erfreuliches Bild des Gedeihens und eines stetigen wirt­schaftlichen Fortschritts.

Eine weitere Preßstimme zum Weil gegen Leutnant o. Sorstner.

DieStraßburger Post" schreibt zu dem Urteil des Straßburger Kriegsgerichts u. a.:Der sunge Offizier hat vor Gericht einen, man möchte nach allem Dorausge- gangenen sagen überraschend sympathischen Eindruck gemacht und aus mehr als einem Mu >de haben wir Aeutzerungen des Mitleids gehört. Nicht, daß sein Verholten an sich zu beschönigen wäre, aber man ist geneigt, noch über die vom Gericht ihm zuerkomten mildernden Umstände hinaus, die größere Hälfte seiner Schuld den unglückseligen Gestirnen zuzuschreiben. Sein Führungszeugnis sagt ihm so etwas wie Mangel an Wrtterfahrung nach. Dieser Mangel ver­steht sich bei einem Zwanzigjährigen einigermaßen von selbst, nur daß in keinem andern Beruf eine Autoritätsstellung, wie sie der Offizier und Rekrutenerzieh r einnimmt, den Mangel so bedenklich erscheinen läßt. War der junge Mann aber einmal entgleist, wie das dem Zabcrner Leutnant in seinem Ber halten gegenüber den Rekruten in der bekannten Weise geschah, dann konnte er es nicht einfach wie ein anderer durch die ihm zudiktierte Strafe sühnen; denn die militärische Autorität will, daß solche Bestrafung nicht de- kannt gegeben wird und die bürgerliche Oeffcntlichkeit, die mtt den Rekruten sich durch den Leutnant oerktzt fühlte, läßt es ihn entgelten. Daß in der Dessen tlichkcit dabei nicht mit den vornehmsten Mitteln gearbrilrt wird, das be­weist aufs deutlichste der Umstand, daß der sunge Osfiz'er nicht so sehr um seiner eigentlichen Verfehlungen willen, sondern wegen eines Mißgeschicks, das ihm einst im Ma­növer zugestoßen, auf der Straße verspottet und beschimpft wird. Er muß sich, schon bestraft, dem Spott der Gassen­buben aussetzen; die militärische Autorität will es. Sein Oberst schärft ihm diesen, augenscheinlich noch subjektiv überspannten Autorirätsbegriff in geradezu bedrohlicher Weise ein durch den Hinweis aus das Ehrengericht, vor dem der Offizier noch mehr Respekt hat als vor einem andem. Einer solchen chronischen Reizung seines Seelenzustandes ausgesetzt, schließlich auch erbittert, daß keiner seiner Bc- schimpser bisher hatte gefaßt werden können, stürzt er sich auf den ersten, der ihm in Reichweite kommt, glaubt sich wohl selber bedroht und der M ßbrauch der Waffen- gemalt und die Körperverletzung sind begangen." Das Straßburger Blatt weist dann darauf hin. daß ihm seiner- zeit ein (auch an dieser Stelle abgedruckter) Brief aus Offizierskreisen zugegangen ist. in dem die Versetzung des

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Die Weihnachtsgaben.

Allgemein verbreitet ist die Sitte, zu We hnachten sich gegenseitig zu beschenken. Das war sch^n römischer und nordischer Brauch, und wurde gleich dem Lichterbsum aus dem Heidentum ins Christentum herübergenomn en. Und wie wwohl bei den Satmnalien als bei dem Iulsrste Aepsel und Nüsse nicht fehlen dursten, so sind sie auch eine Gabe am und unterm Christbaum geworden und geblieben.

Die elfteren erinnern an Venus und sind Lynbole der L ebe, die letzteren waren Freia als der Göttin der Frucht- darkeit heilig. Wohl eine Erinnrrr ng an den Apfel im Paradies ist der uralte Aberglaube, daßin der Chnstnochi etliche Arten von Bäumen blühen, Aepsel tracen und wieder abwerfen".

Auch die Honig- und Pfefferkuchen stammen aus Heid- irischer Zrlt. Die Gestatten von allerlei Tieren, die ehemals den Göttern heilig waren und geopfert wurden, werden jetzt noch aus Kuchenteig nachgrsormt (Eprinqcrle"). Die rad- förmige Welhnachlsbrctzel e innert an das Fristest, d. i. da-^ Radfest. Etn beliebtes Gebäck in Norddeutsbland stellt Adam und Soa im Paradiese dar. wie sie vom Baum der Erkenntnis essen. Sündevsall und Glösung sind h er ein- ander nahe gerückt: was -er erste Adam verbrach, hat der zweite gesühnt.

In einer Schrift au« dem Jahre 1400 wird bereit« der Vorabend vor Weihnachtender freigebige Abend ge­nannt, an demdie gläubigen Christen freigebiger werden,

als zu andern Zeiten",zu Ehren und Gedächtnis jener Freigebigkeit vom Himmel her".

Die Sitte des Gebens, die so zur Unsitte wurde, daß man da und dort durch PolizeioeiOrdnungen ihr steuern mußte, bestand zunächst für die Herrschaften gegenüber den Dienstboten und sür die Reichen gegenüber den Armen, während die Kinder in der Rdvcnlszeit durch denKnecht Ruprecht" oder durch denPelzmärie" (!) mit Gaben be­dacht wurden. Eine eigemliche Weihnacht-be cherurig für die Kinder kommt erst später auf. Die Gaben wurden zu einem Bündkein zusammengeschnürt, genanntChristbürde". Dieselbe enthielt in der Regel laut einer Nachricht aus dem Ende des 16. Jahrhundert» fünferlei:

Erstens Geld viel oder wenig, nachdem der tzauvchrist vermag; es lasten sich die armen Kinder auch an einem Pfennig oder Heller, in einen Aepsel gesteckt genügen und find guter Dinge darüber;

Danach genießliche Dinge, als Cyriststollen, Pfeffer­kuchen und urouchirlei Konfekt. auch Aepsel. Birnen. Nüsse.

zum brüten finden sie ergötzliche, zur Freude gehörige Dinge, als Puppen und mancherlei Kinderwerk:

zum vielten finden sie nötige, zur Bekleidung dien­liche Di"ge von gutem G'zeug;

z rm letzten finden sie auch, was zur L'hre, Gehor­sam, Zucht und Disziplin gehört, als Abctäselein, Bibeln und schöne Bücherlein, Schreib« und Federzeuge, Papier die angebundene Christrute".

Mit der Verbreitung des Weihnachtvbrume« bürgert« sich die Sitte ein, die Gaben auf dem Tisch auszubreiten.

Leutnants o. Forstner empfohlen wurde, und gibt der An­sicht Ausdruck, Laß man diese Maßnahme rechtzeitig hätte treffen sollen.

Tages-Nerrigkeiten.

Aus Stadt und Amt

Nagold, 22. Dezember 1SI3.

^ Ausstellungen. Zwei Schwestern, die hier jahr­aus jahrein in stiller, aber treuer und eisprießlicher Arbeit an einem überaus wichtigen, Haus und Leben oielbestimmen- den Werke beschäftigt sind, hoben gestern wieder der Stadt Gelegenheit gegeben, sich von der Nützlichkeit aber auch von dem Erfolg derselben durch den Augenschein zu über­zeugen. Es sind die beiden hiesigen Arbeitsschulen, von denen die eine unter Leitung von Frl. Sophie Santter unter Mithilfe ihrer Nichte die schulpflichtigen Mädchen der Volks» und Mittelschule, die andere, die Frauenarbeits- schule unter Führung van Frl. Mayor und der Mitarbeit von Frl. Drautz die dr Pflichtschule entwachsenen Mädchen, die Fräulein und mi:unter auch Frauen in die mancherlei Künste weiblicher Handarbeit einsührt, übt und zu einem gewissen Abschluß bringt. Der stattliche Besuch, dessen sich beide Ausstellungen zu erfreuen hatten, gaben beredtes Zeugnis von dem lebhaften Interesse, das diesen Schulen und Institutionen allenthalben mit Recht entg> gengebracht wird. Und überall konnte man viel Schönes sehen: Im Mädchenschulhause waren neben den Schularbeiten, die den stufenmäßigcn Sang des Lehrplans im Stricken, Häkeln, Stramin- und Weißrrähen exemplifizierten und die Heuer schon einmal einer mehr amtlichen Prüfung und Durchsicht unterworfen waren, eine Menge von Weihnochis arbeiten der verschiedensten Art zu sehen, in welche die Schülerinnen so recht ihre Freude an dieser manuellen Betätigung und ein bewundernswertes Maß von erworbener Kunstfertigkeit hinrinieoten: Bürstentoschen, Zeitungshaltcr, Uhren äschchen, buntgestickte Kiffen, Waschtisckganrituren, Tischteppiche und noch vieles andere. Noch mehr Weihnochtsdust atmete das Gewerbeschulhaue; hatten sich doch viele der dort ausge- breiteten Arbcistn unter und zwischrn die Zweige von 20 Tannenbäumen versteckt. Das war das Toiletten- und Kleiderzimmer, in dem die Kleidernähterinnen th e Arbeiten auf paffenden Kostümbüstrn präsentierten. Was der Zeichen­unterricht der Frauenarbeitsschule leistet und wie er im innersten Zusammenhang mit den kunstvollen Handarbeiten strht. zeigte ein zweites Immer. Das Nachbargelaß er­zählte von dem, was kunstverständige FrauenhLnde mit und ohne Maschine nähen und namentlich auch flicken können: von der einfachsten Schürze bis zur feinsten Dmchbruchorbeit. Den Abschluß bildeten die schönen Handarbeiten der Flach-, Loch« und Buntstickerei, der Knüpskurist rc.. wie sie der 4. der Ausstellungsräume, deren Größe nnd Helligkeit das Unternehmen aufs vortc lhafteste begünstigte, in bunter Reihen­folge vorführte. So verbinden wir mit dem Donk für die farbenprächtigen und künstlerisch ausgeführten Bilder, die uns hier wie dort erfreuten und entzückten und mtt der

Ueber die Weihnachtseinkäufe des Kaisers

plaudert Dr. A. von Wilke in der WochenschriftElegante Welt" (Verlag Dr. Eysler L Co., Berl n):

Es ist nicht übertrieben, wenn man behauptet, daß der Kaiser aus dem Straßenbilde Berlins fast ganz ver­schwunden ist Nur im Sommer begegnen wir ihm, wenn er seinen Morgenritt unternimmt und bei besonderen An­lässen. bei Einzügen, nach der Parade, können wir ihn aus nächster Nähe aus der Straße beobachren. Sonst aber stehen auch die Moj stäten bei uns wie anderswo im Zeichen des Zeitalters des Automobils. Aber wenn Weihnachten naht, dann folgt Kaiser Wilhelm II. dem Beispiele seine« erhabenen Großvaters. Dann besucht auch er eine Anzahl Beniner Läden, um in ihnen seine Auswahl an Geschenken zu treffen und es ist den Geschäftsinhabern dann Gelegenheit geboten, sich von f irrem sicheren Ge­schmack und auch von seinem ökonomischen Sinn zu über­zeugen, der ihn mancher! Gegenstand mit den Wo ten: Für mich zu teuer!" zuückweisen läßt. Sämtliche Weih­nachtsgeschenke selbst eivzukauf. n, wäre sür den Kaiser natürlich eine Unmöglichkeit. Man bedenke nur, wie groß schon der Kreis seiner nächsten Angehörigen, seiner Kinder, Enkel, Geschwister, Nefstn, Nichten usw. ist. Fast olle werden von ihm durch Gesch icke erfreut. Und außerdem bilden ja die europäischen Herrschergeschlechter eine einzige, durch Verschwägerung zusammengehattene Familie. Mit den meisten Sovve änen unseres Weltteil», immer mit dem greisen und ehrwürdigen Kotier Franz Joses I von Oester­reich, dem russischen Zaren und dcm König von E gland