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Fernsprecher Nr. 29. «7. Jahrgang.
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Fernsprecher Nr. 29.
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Schwäb. Landwirt.
Samstag, dm 32. Aovemöer
1913
rühr heroopgerusen hatte, gegenüber den Soldaten, deren Erzieher er sein soll, eine sehr „gewühlte" Sprache führt. Warum die Militärbehörde hier nicht den richtigen Weg beschrettet, ist uns wirklich unerfindlich. Wartet sie vielleicht darauf, daß ihr ihn der Reichstag erst weist, in dem der Fall sicher zur Sprache kommen wird.
Den Fragen der hohen Politik hat in dieser Woche der Besuch des russischen Ministerpräsidenten Kokowzew in Berlin den Einschlag gegeben. Schon der ijüngste Besuch des russischen Ministers des Aeußern, der nach dessen Aussprache einen recht günstigen Verlauf genommen hat, war ein deutliches Anzeichen dafür, daß man an den maßgebenden Stellen in Petersburg zu einer Politik der Verständigung hinneigt. Von der französischen Presse war schon der damalige Besuch ziemlich übel vermerkt worden, mit der Nebenerscheinung, daß von der französischen Presse einer agressiven Politik gegen den Dreibund besonders nachdrücklich das Wort geredet wurde. Man konnte infolgedessen vielleicht annehmen, daß die Reise des russischen Ministerpräsidenten, der zuerst in Paris war, dieser Stimmung etwas Rechnung tragen würde, aber gerade das Gegenteil war der Fall, denn Kokowzew hat in einer Aussprache eine den französischen Auffassungen und Tendenzen ziemlich stark entgegengesetzte Meinung über die Weltlage vertreten und einer allgemeinen Verständigung unter den europäischen Mächten warm das Wort geredet. Und daß diesem Zwecke auch seine Berliner Reise gedient hat, das hat das Organ unserer Regierung schon in seiner Begrüßung mit Genugtuung heroorgehoben. Es ist aber ganz zweifellos, daß, je näher sich Deutschland und Rußland in den Fragen der Weltpolitik kommen, dem Weltfrieden und damit den allgemeinen wirtschaftlichen Interessen in hohem Maße gedient ist.
Aus diese Erscheinung darf man mit umso größter Befriedigung blicken, als England und Frankreich gegenwärtig im Mittelmeer eine ziemlich ostentative Gegnerschaft gegen die ausstrebende dritte Mtttelmeermacht, Italien, zur Schau tragen. England, das vor Jahresfrist den großzügigen Plan gefaßt und auch ausgefühlt hat. seine Miltel- meerslotte aus «in Minimum zu reduzieren, um alle seine Seestrettkräfte in der Nordsee gegen Deutschland konzentrieren zu können, hat damals die Repräsentation der Ententemächte im Mittelmeer fast ganz Frankreich überlassen, das auf die Mission nicht wenig stolz war. Inzwischen aber hat sich das Bild im Mittelmeer etwas stark geändert. Italien hat seit seinem Feldzug gegen Tripolis kein Hehl daraus gemacht, daß es von jetzt ab seine Interessen im Mittelmeer ganz anders zur Geltung zu bringen gesonnen ist. Dazu ist nun neuerdings als neuer Faktor Griechenland gekommen, das zwar von Frankreich stark umschmeichelt wird und dazu gebraucht werden sollte, die französische Mittelmeerpolitik zu stützen, aber England war in diesem Fall wieder der hellersehende Teil, ihm ist Griechenland im Mittelmeer eben der Konkurrent wie jeder
andere. Und so hat es mit einemal seine Taktik geändert und im Mittelmeer eine Flotte zusammengezogen, wie es sie von dieser Stärke überhaupt noch nicht dort hatte. Jetzt genügt ihm die Repräsentatiou durch Frankreich auf einmal nicht mehr, sondern jetzt will es zeigen, daß es selber die Mittelmeermacht repräsentiert, nach der sich die andem zu richten haben. Wir werden es erleben können, daß in den englischen Marineforderungen, bei denen bisher immer nur Deutschland mitspielte, von jetzt ab auch das Mittelmeer seine Rolle spielen wird.
England will sich hier von seiner ausschlaggebenden Stellung unter keinen Umständen verdrängen lassen, und die englischen Marinepolitiker werden uns vorrechnen, daß England jetzt auch im Mittelmeer den Ueberlegenheitsstand zur Geltung bringen müsse, der bisher gegen Deutschland ins Feld geführt worden ist. Bei all dem spielt aber noch eine dritte Frage herein, die uns vielleicht darauf hinweist, warum der russische Ministerpräsident ausgesprochen in Frankreich einen Standpunkt vertreten hat, der dem seines Verbündeten gar nicht konform war. Frankreich setzt alles daran, Griechenland groß und an seine Seite zu ziehen und läßt ihm daher jegliche Unterstützung in seinen Bestrebungen aus Albanien zuteil werden, selbst entgegen den Londoner Abmachungen, Rußland aber hat gerade ein Interesse am Gegenteil und so findet sich eine ganz netle Erklärung für das Widerspiek, das sich in den Anschauungen Frankreichs und Rußlands durch die Aeußerungen des russischen Ministerpräsidenten kundgegeben hat. Nun kommt es darauf an. wie die politischen Fäden in Berlin weitergesponnen worden sind. Wenn sie zu einer weiteren Annäherung zwischen Rußland und Deutschland geführt haben, so könnte man mit dieser Entwicklung der Dinge, der der Balkankrteg mit seinen so mannigfaltigen Variationen den Weg gewiesen hat, am Ende schon zufrieden sein.
Auf dem Balkan selber harrt nach dem formellen Friedensschluß zwischen der Türkei und Griechenland nur noch derjenige zwischen der Türkei einerseits und Serbien und Montenegro andererseits der Erledigung. Aber bei letzterem handelt es sich nur noch um eine reine Formsache, bet der ernstliche Schwierigkeiten nicht mehr in Frage kommen. Anders war es bei dem Verhältnis zwischen Griechenland und der Türkei, das sehr wohl nochmals zu einem Kriege hätte führen können und wahrscheinlich nochmals weitere Verwicklungen im Gefolge gehabt hätte. Deshalb darf man den Abschluß dieses Friedens, so gleichgiltig man zuletzt gegen die Vorgänge da unten geworden war, mit aufrichtiger Genugtuung begrüßen, denn jetzt erst kann das wirtschaftliche Leben Europas in ruhige Bahnen einlenken. Ob nun die Türkei in Zukunft ihre Kanonen bei Creusot in Frankreich bestellt, wie die französische Presse jubelnd verkündet, oder sonstwo, bleibt sich gleich, denn das Geld pumpt sie ja doch bei dem, der ihre Aufträge entgegennimmt. Die Pumpwirtschast war von jeher die blühendste im Os- manenreich und wird es auch in Zukunft bleiben.
Amtliches.
Beratungsstelle für das Baugewerbe.
Me Beratungsstelle für das Baugewerbe hat die Aushabe, die Angehörigen sämtlicher Zweige des Baugewerbes und der mit ähm in Beziehung stehenden Gewerbe auf allen einschlägigen Gebieten mit technischem und künstlerischem Rat mündliche (auch telephonisch) oder schriftlich zu unterstützen. Rach Bedarf kann auch Beratung an Ort und Stelle erfolgen und können von der Beratungsstelle Skizzen und Entwürfe überarbeitet oder für einfachere Gegenstände neu ausgearbeitet werden. Im Zeichensaal der Beratungsstelle können mit ihrer Unterstützung Entwürfe ausgearbeitet werden. Me Tätigkeit der Beratrmzsstclle kann außer von Baugewerbetreibenden nur von Staats- und Gemeindebehörden in Anspruch genommen werden, nicht auch von privaten Baulusttgen.
Die mündliche oder telephonische Auskunfterteilung erfolgt während der Dlenststunden gebührenfrei. Für schriftliche Auskünfte, Skizzen usw. und für Beratung an Ort und Stelle werdm mäßige Gebühren erhoben, und zwar sind die letzteren gleich hoch, einerlei an welchem Ort in Württemberg die Beratung stattfindet.
Der Sitz der Beratungsstelle befindet sich in dem Ge- rdäude Kanzleistr. Mr. 26, gegenüber dem Landesgewerbe- -museum. Sprechstunden finden Dienstags und Donnerstags nachmittags von */z3 bis */g7 Uhr und Freitags vormittags von 9 bis ^1 Uhr statt. Schriftliche Anfragen rkönnen jederzeit eiugesandt werden.
Wir laden die beteiligten Gewerbetreibenden ein, von der Anstalt ausgiebigen Gebrauch zu machen.
Die gewerblichen Bereinigungen ersuchen wir, ihre Mitglieder auf die Beratungsstelle arssbrksam zu machen.
Stuttgart, den 3. .November 1913. Mosthaf.
Der WeLterwarL.
Tskitische Umschau.
p Der Fall von Zabern, der zum mindesten mit einer Müge des Leutnants, der sich zweifellos eine schwere Ent- -gleisung batte zuschulden kommen lassen^ wenn nicht mit einer sofortigen Versetzung seine Erledigung hätte finden fallen, ist aufs neue in die öffentliche Erörterung geworfen worden durch das Bekanntwsrden einer weiteren Aeußerung des berr. Leutnants, die nach der amtlichen Bekanntmachung des Generalkommandos von Straßburg gelautet haben soll:
„Auf den Dienst in der Fremdenlegion könnt ihr."
Die Punktierung ist in der amtlichen Darstellung selber enthalten. Die Aeußerung war also etwas stark selbst über den sprichwörtlichen Kasernenton hinausgegangen und beweist jedenfalls, daß der Herr Leutnant, der mit seiner schnodderigen Bemerkung über das Niederstechen des „Wackcs" unter der einheimischen Bevölkerung einen förmlichen Aus-
Liebe im Urwald.
Don Alfred Mayer-Eckhardt.
(Nachdruck verboten.)
„Na, Fritz, heute könntest du aber wirklich mal Wort halten und uns endlich erzählen, wie du zu deiner famosen kleinen Frau gekommen bist!" — „Jawohl — wir wollen doch wissen, wie du dir da unten in der Wildnis dein Glück erobert hast."
Der glückliche Besitzer der „famosen kleinen Frau" mit der nagelneuen Zehlendorfer Villa, deren Einweihung man feierte, lächelte still vor sich hin. „Eigentlich habt ihr ja recht, ich bin euch die Geschichte noch immer schuldig — aber sie könnte den Damen ein wenig auf die Nerven fallen. Ich ziehe also vor, wir ziehen uns ins Rauchzimmer zurück, beim Glimmstengel erzählts sich's sowieso bester!"
„Einverstanden, aber kneifen gibts nicht, das merk dir."
Als 5 Minuten später die Zigarren qualmten und die Bowlengläser neu gefüllt waren, lehnte Fritz LÜHrsen sich behaglich im Klubsessel zurück und begann:
„Als ich damals — 's sind nun gerade zehn Jahre her - an meiner Faktorei, die ich die nächsten 3 Jahre verwalten sollte, an Land stieg, war mir alles anders als wohl zumute, das kann ich euch versichern! Dieses niederträchtige Empfinden des von Gott und aller Welt Verlassenseins — so hatte ich unternehmungslustiger 25jähriger Bursche mir denn die Sache doch nicht oorgestellt, als ich drei Monate vorher von Hamburg aussegelte! Die Ozean- reise auf der Marie Wörmann war ja prachtvoll gewesen; flußaufwärts gtngs auch noch an, solange ich auf dem
kleinen Kongodampfer war. Aber dann — die sechs Wochen im Ruderkanoe den Ubangi hinauf — ganz allein mit meinen 6 Schwarzen — na, ich danke!
Tags über lag ich wie betäubt im Halbdusel unter dem Sonnensegel, und nachts — die Moskitos I Und immer der Gedanke: „Wenn dir nun so'n Vieh die Schlafkrankheit oder sonst was „Afrikanisches" einimpft!" Und keine Menschenseele, mit der ich ein Wort reden konnte! Kinder, Kinder, das Gefühl!
Endlich, eines Spätnachmittags rüttelte mein „Boy" mich aus dem Halbschlummer auf: „Massah — da — Haus —! Dort stehen Massah Müller!"
Richtig! Am Ufer stand ein ziemlich ausgemergelt aussehender, bleicher, in sehr schmutziges Tropen-Khaki gekleideter Europäer, der mich in Empfang nahm mit den Worten: „Gott sei Dank, daß Sie da find, Herr Lührsen! Lange hätt' ich's nimmer ausgehalten hier! Kommen Sie, ich will Sie installieren — gleich morgen um 5 breche ich auf! Keine Stunde länger als nötig bleibe ich in diesem verfluchten Loch!"
Das war mein Willkomm.
Etwas erleichtert seufzte ich indessen auf, als mein Vorgänger mir sagte, mit dem Fieber sei es nicht so schlimm hier. Nur in der Regenzeit — und da seien drei Zoll hoch Whisky im Magen der beste Schutz. Ich beschloß indessen im Stillen, mich lieber an Chinin zu halten. Schlafkrankheit gebe es hier nicht. Die Eingeborenen seien friedlich — höchstens untereinander fräßen sie sich gegenseitig ab und zu mal auf; ich solle mich bloß mit dem Dorfhäuptling gut stellen, für Schnupftabak sei er besonders
empfänglich, und abends nie, tags nur nach vorheriger Anmeldung ins Dorf gehen.
Sechs Meilen weiter stromauf lebe ein Engländer, Mr. Wilkins mit seiner Tochter auf einer Faktorei; nette Leute; wenn ich mal ernstlich krank würde, solle ich den Boy dorthin schicken. Dann sei, noch 4 Meilen weiter, noch ein Europäer im Distrikt, Senhor Mendoza, ein Portugiese. Aber das sei ein Ekel; habe vermutlich Niggerblut in den Adern, wie fast alle afrikanischen Portugiesen. Allzuviele Arbeit gebe es nicht. Die Jagd sei gut. Wild- schweine und Wasservögel in Menge, 'n bischen viel Schlangen, nie ohne hohe Stiefel auf die Jagd gehen. Und im übrigen: die Zähne aufeinander beißen und die drei Jahre eben aushallen! Es ginge schon. Hervorragend klang das alles ja nicht, aber ich hatte A gesagt und mußte nun auch B sagen. Ich übernahm ölso die Faktorei: d. h. Wohnhaus, bestehend aus einer Flucht von einem — sagen wir „Zimmer", Lagerraum und Gemüsegarten. Herr Müller fuhr am nächsten Morgen in aller Frühe voller Freude den Ubangi abwärts, und ich war allein. Denn die beiden Schwarzen, die zur Faktorei gehörten, waren wirklich keine Gesellschaft.
Diel zu tun war allerdings nicht, außer den Markt- tagen, wenn die Schwarzen kamen, um ihren Tauschhandel zu treiben, öder wenn sie eine gute Jagd gehabt halten und frisches Fleisch oder Perlhühner anboten. Mit Herrn Mbnjowamba, dem Dorfgewaltigen, lebte ich im besten Einvernehmen. Er hätte mich gern zum Schwiegersohn gehabt und bot mir nacheinander seine vier Töchter an; aber ich konnte mich doch nicht recht entschließen.
(Fortsetzung folgt.)