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Beilage«: Plauderst lbchen, Illustr. SouutagrblaU und
Echwilb. Landwirt.
ISS
Dienstag, dm 8. Juki
1913
Amtliches.
Kgl. Hbevcrmt
Die Stadt- bezw. Schultheißenamter werden veranlaßt, die Anträge auf Verleihung des Feuerwehrdienstehrenzeichens spätestens bis SS. Juli ds. Is. unser Beachtung des Ministerialerlasses vom 1. Noo. 1906 (A.Bl. S. 321) beim Oberamt einzmeichen.
Den 7. Juli 1913. Mayer, Amtm.
Die Schnltheistenänrter
werden an die Erledigung des oberamtlichen Erlasses vom 30. Juni ds. Is. (Gesellschafter 152) betr. Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit erinnert
Den 7. Juli 1913. Amtm. Mayer.
Unser Leppelin.
In Traf Ferdiuaud m« Zrppeims Grdurlslag — 8. Juli.
An diesem 8. Juli sind es 75 Jahre her, daß Graf Ferdinand von Zeppelin das Licht der Welt erblickte, als Sprosse eines alten Adelsgeschlcchles, so daß ihm ein gewisser Borzug immerhin schon in die Wiege gelegt ward; — das aber vermochten die Sterne über dieser Wiege doch nicht zu verkünden, daß der nun 75jährige deremst der Träger eines Namens von Weltruf, ein nationaler Held, verehrt, wie wenige, von einem ganz großen Volke, einer ganzen Welt, werden sollte. Warum? Die Erklärung ist einfach: Nicht Name und Geburt vollbrachten es, sondern seiner eigenen Tüchtigkeit und Energie und einer viel späteren Zeit war es Vorbehalten, Graf Zeppelin den Weg hinauf, den Weg zur Höhe — m des Wortes wirklicher und bildlicher Bedeutung — suchen und finden zu lassen.
Wenden wir,, das Geschlecht von heute, unfern Geist 75 Jahre zurück — was war damals und was Alles damals nicht! Das heutige Deutschland war ein Gemengsel von Kleinstaaten, bei dem an die Möglichkeit, auf irgend einem Gebiete mit anderen Nationen in Wettbewerb treten zu können, nicht zu denken war. Auf technischem Gebiet insbesondere vermochte man sich meist nur das zu Nutze zu machen, was andere bereits ausgeprobt oder vielleicht gar schon wieder beiseite gelegt hatten. War doch die erste und alleinige, ganze <6 Kilometer lange Eisenbahn, die Deutschland harte, gerade zwei Jahre alt. als Graf Zeppelin ins Leben trat; Telephon und drahtlose Telegraphi-, Auto und Schnellzugslokomotive und alle die anderen Wunder, die heute Technik und Wissenschaft heroorbringen, diese aber kamen nicht einmal im Märchen vor; denn es vermochte ja auch die kühnste Phantasie nicht auszudenken, daß etwas »on all dem auch nur im Märchen Vorkommen könnte, was heute Wahrheit und schon fast Selbstverständliches ist.
Dann aber kommen nach dem Stillstand die großen Tage des Aufschwungs; nach allerhand Gärungsprozessen im Innern begann der deutsche Geist die Schwingen zu
heben; und besonders, als vor etwas mehr als 4 Jahrzehnten über Eisen und Blut das einige große deutsche Vaterland erstand, da wurden wir uns unserer Kraft, unseres Wertes und unseres Wesens bewußt: wir wandten die Blicke hinaus aufs Meer, oeroollkrommneten unsere Armee und ihre Rüstung, produzierten rmch höheren und höchsten Gesichtspunkten und traten auf allen Gebieten in Wettbewerb mit Anderen, Aelteren. Und nicht erfolglos, im Gegenteil: das Deutschland, das aus den Gebietsteilen wurde, über deren Bedeutungslosigkeit einst der Franzose und Engländer und Amerikaner gelächelt, dieses Deutschland steht heute kulturell, wirtschaftlich und politisch stark und stolz, geworden und gewachsen aus eigener Kraft, im Kreise der Völker, die ein Rech« haben, sich als mitbestimmungsberechtigt anzusehen bei Regelung der Geschicke der Nationen des Erdballs.
Nennen wir aber diese unseres Volkes Beste, zählen wir jene auf, denen es gelang, die Blicke aller Welt auf unsere Fortschritte, unsere Tüchtigkeit und unser Schaffen zu lenken, so können, dürfen und wollen wir dessen nicht vergessen, den schwäbische Lande ihren Sohn nennen dürfen, eben des Grasen Zeppelin, jenes Grafen Zeppelin, der in einem Alter, in dem andere freiwillig oder unfreiwillig die Hände in den Schoß legen, eine neue Zeit herausführen half, eine Zeit, in der der Mensch vermochte, auch das bisher nicht beherrschte Reich der Luft sich untertan zu machen, und in der ein besonderes Deutschland auf diesem Gebiete Erfolge beschicken sein sollten, wie sie hier kaum eine andere Nation zu verzeichnen hat.
Graf Zeppelins Lebensgang hier zu skizzieren, dürste kaum notwendig sein. Denn wem, namentlich weichem Schwaben wäre es nicht geläufig, daß schon der Knabe Ferdinand großes Interesse für Maschinen an den Tag legte, daß dieses Interesse dann aber zurücktrat, als heißes Blut und Wagemut den jungen Kaoallerieosfizier nach dem Schauplatz des amerikanischen Sezessionskrieges lockten, auf dem er, der kühnsten einer, b'urch eine gegen Stuarts Reiter gerittene Attacke soviel von sich reden machte, wie dann später durch das in aller Munde lebende Reiterstücklein vom Schirlenhos im deutsch-französischen Kriege. Wer wüßte es weiter nicht, daß gerade in diesem Kriege in dem jungen Offizier, der sich vor dem zernierten Paris von der Notwendigkeit des Luftverkehrs überzeugen konnte, der Wunsch und die Absicht wach wurden, diesen Luftverkehr nicht unter die Launen und den planlosen Willen eines Elements, sondern in den Dienst des überlegenden menschlichen Wollens und Willens zu stellen.
Man wird sagen müssen, das war eine große, geniale Idee. Aber wie wurde sie ausgenommen? Als Graf Zeppelin nach langem, treu seinem König geleisteten Dienst daran ging, seine Idee in die Tat umzusetzen, begegnete er, von einigen Wenigen abgesehen, zugeknöpften Taschen, Hohn und Spott und Zweifeln oder auch jenem besonders kränkenden, mitleidigen Lächeln, das in dem wenigen, was man über die Zeppelinschen Versuche hörte, wertlose Ausgeburten der fixen Idee eines alternden Geistes erblickte. Und man wird denen, die so wenig von Zeppelins Plänen und Ar
beiten hielten, nicht einmal ernstlich zürnen können; denn aller Großzügigkeit des Gedankens, allen Fleißes in der Ausarbeitung und Vervollkommnung des Details, aller Opfer und Versuche, kamen nur Mißerfolge oder geringe Erfolge: ein Dädalus mehr auf dem Felde, in dessen erdgefesselter Scholle alle die Wünsche und Trümmer derer modern, die gepackt von der Menschheit uralter Sehnsucht, wähnien, zur Höhe, zum Himmel steigen zu können.
Dann aber; dann aber kam jener wie ein Wirklichkeit gewordenes Märchen anmutende Flug in die Schweiz; und kam auch der Tag, wo unter Kanonendonner, Glockengeläute und brausenden Hurra, bewundert und begrüßt als Meisterwerk deutschen Geistes und deutschen Wagemuts Zeppelins Luftschiff sieghaft vom Bodensee den Rhein entlang zog, ein fliegender Wunderbau. über dessen weißem Gewände eine neue Zukunft sonnte, während eine, mit einem Schlage von allen. Zweifeln geheilte, beglückte Gegenwart ehrfurchtsvoll dem Fiügelschlag einer neuen Zeit, dem von rauschenden Propellern gesungenen hohen Lied von einem neuen Triumph des Menschengeistes lauschte. Und nach diesem Tage ungezählte andere, wo sich in kühnem Flug über Dorf und Stadt, Tal und Berge Zeppeline schwangen; immer gleich freudig begrüßt und nie, ohne das ins Auge gefaßte Ziel zu erreichen. Freilich auf der anderen Seite der Bilanz stehen auch die Tage von Echterdingen, vom Teutoburger Wald, Baden-Oos und Düsseldorf. Darf mit ihnen aber der Erfinder, das System belastet werden? Solches vermögen heule nur mehr Neidlinge und Gewohnheitsnörgler zu tun; der ehrlich und gerecht Wägende muß zugeben: Zeppelin ist und bleibt der Bahnbrecher, der König im Reiche der Luft; mögen deren Bereich heute auch die Flugmaschinen mit ihm teilen, er ist auch diesen auf dem großen Wege vorangegangen.
So steht denn des Grafen Zeppelin Lebenswerk o»r uns als ein Beispiel dafür, daß Intelligenz, nationales Empfinden und eiserne Energie sich allen Widerständen zum Trotz doch durchzusetzen vermögen, wenn sie sich einer guten Sache betätigen; und in diesem Sinn darf er uns allen, insbesondere unserer Jugend ein Muster, ein Vorbild sein. Das mag er uns aber auch sein als Mensch: Pflichttreue, Lust am Schaffen, Bescheidenheit trotz aller Verdienste und Erfolge, Liebenswürdigkeit und über Kleinlichketten erhabene Weltanschauung sind Eigenschaften, die das Bild des nun 75jährigen uns so lieb, so schön und so groß gestalten, daß wir — in diesem Jahr der großen Erinnerungen — ihm wohl am besten gerecht werden, wenn wir neben Zeppelins sympathisches Bild ein anderes stellen: das des Mannes, der, wie Zeppelin die trügerischen Mächte des Luftmeeres niederrang, vor 100 Jahren die bösen Geister des Zagens und Zauderns besiegte; er hieß Blücher und sein alles niederringender Wahlsprvch war: „Vorwärts!" Fügen wir diesem sieghaften, maffenelektrisierenden „Vorwärts" noch das alt- schwäbische „Furchtlos und treu!" an, so steht Zeppelin, sein Wesen und sein Werk gekennzeichnet und in einer Gloriole vor unseren Augen, die wohl jeden Deutschen den Wunsch aussprechen läßt: seien dem nun ins patriarchalische
Das neue Bier.
Humoreske von Victor Blüthgen.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten).
Was den Ratskeller betrifft, so gehörte es jetzt auch nHt etwa zu den besonderen Lustbarkeiten für den Rats- drauherrn, dort zu verweilen.
Der Wirt hatte die Verpflichtung, nur Drickessches Lagerbier zu schenken.
Leider— allmählich, aber sicher fortschreitend —minderte sich der Bestand der Stammgäste, und gelegentliche Anfragen ergaben unzweideutig, daß die Deserteure ins bayrische Lager übergegangen waren. Zuweilen hieß es gegen Kellner und Witt: „Haben Sie kein Klitzhagener?" Und die Antwort: „Nein!" erzeugte mißvergnügte Gesichter und baldiges Verschwinden.
Der Wirt trat denn auch eines Tages an Herrn Drickes heran und sprach: „Hören Sie, Herr Drickes, oie Leute sind wie verrückt auf das Klitzhagener und gehen lieber in den .Adler' oder .Löwen'. Ich könnte ja wohl am Ende so 'n bißchen Klitzhqgener nebenbei führen."
„Nicht einen Tropfen," sagte der Ratsbrauherr ingrimmig.
„Ja, dann weiß ich nicht, wie's werden soll. Ich schlage i napp noch die Pacht heraus. Wenn das so fortgeht, müssen Sie mir Nachlassen, ich kann's nicht zwingen."
„Vorläufig haben Sie Kredit, das andere will ich mir om Ende Ihrer Pachtzeit überlegen."
Am längsten hielt sich der Honoratiorenstammtisch,
wenigstens die abendliche Runde. Was den Frühschoppen betraf, so hatte sich bald in der Stille eine kleine Gemeinde abgezweigt, die im „Löwen" Klitzhagener trank. Aber auch die Abendgäste besprachen sich hin und wieder, in Abwesenheit des Ratsbrauherm, und die überwiegende Meinung ging dahin, daß Herr Drickes seinen Eigensinn fahren lassen und auch sich auf das Bayrische verlegen müsse, andernfalls er nicht verlangen könn?, daß man dem alten Stammlokal treu bleibe.
„Man redete ihm zu."
Er verschwur sich heilig und teuer: „Niemals, eher stecke er das ganze Geschäft auf."
„Man stachelte ihn mit Spitzen, rühmte schnalzend den letzten Frühschoppen im „Löwen", stellte abendlange Erörterungen über Herkunft und Beschaffenheit der verschiedenen bayrischen Biere und den beginnenden Eroberungszug dieses Bieres durch die Welt an.
Herr Drickes stellte sich entweder taub oder schlug sich aus die Seite des böhmischen Bieres, oder verschwand aus dem Lokal. Eines Tages saß er mit einem Blatt in der Hand schon vor der üblichen Klubstunde und blickte erwartungsvoll und öfters hüstelnd auf die Tür. Als die ersten Gäste kamen, faltete er das Blatt zusammen und steckte es in die Tasche, wobei er seinen innerlichen Triumph unter der Maske überlegener Sicherheit barg. Erst nachdem eine genügende Anzahl trinkender Männer beisammen saß, griff er wieder in die Brusttasche und sagte ruhig und sanft: „Darf ich den Herren etwas oorlesen?"
Er las eine kleine Abhandlung vor. Irgendein gelehrter Herr hatte sie geschrieben und drucken kaffen. Eine
Untersuchung über die Wirkungen des bayrischen vollmundigen Bieres auf den menschlichen Organismus. Es kann kein Zweifel bestehen: diese Art Bier wirkt höchst schädlich auf die Schleimhäute, sie schützen sich durch heftige Aussonderung, der Geschmack und Geruch läßt nach, der Appetit gleichfalls. Die richtigen Bayrisch-Biertrinker essen immer weniger, und es wird ihnen fast gleichgültig, was sie essen, sie schmecken kaum noch einen Unterschied; nur scharf reizende Sachen, wie Rettich, wirken noch auf den Geschmack. Deshalb ist die bayrische Küche die ärmlichste und schlechteste in Europa.
„Nun?" sagte Herr Drickes, da er dos Blatt sinken ließ „Ich habe gesprochen."
Zu seinem Befremden war von der niederschmetternden Wirkung, die er sich von der Vorlesung versprochen, wenig zu spüren. „Ach, das hat so 'n alter trockner Onkel aus- getüfteli" — „Bielleicht wenn einer übermäßig saust, wie so 'n richtiger Bayer" — „Schadet nichts, aber schön schmeckt es doch . .
„Meine Herren, Sie wollen eben nicht hören, Sie müssen die verrückte Mode mitmachcn —" sagte Herr Drickes jetzt ernstlich erbittert, nahm sein Zeitungsblatt zusammen, stand auf und ging.
Unter den Zurückbleibenden erhob sich eine aufregende Debatte. Ein Teil „brauchte sich das nicht gefallen zu lasten" und war entschlossen, definitiv zum „Löwen" über- zugehen: ein Rest schwankte oder redete gütlich zu und wollte dem allen Stammtisch treu bleiben.
(Fortsetzung folgt.)