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87. Jahrgang.

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Samstag, dm 14. Juni

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SchwSb. Landwirt.

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Zm LSjS-riM» RegimmWiMäW Ns Kaisers.

Ein Merisljcchrhunderl ist fett dem Jahre verflossen, in dem das deutsche Volk zweimal binnen hundert Tagen an Ser Bahre seines Kaisers stand und seinem dritten Kaiser zum ersten Mals huldigte. In dem Jahre doppelter Ksissr- ttauer und herbster Schicksalsschläge übernahm Wilhelm II das Erbe seiner Väter. Der bitterste Ernst des Lebens, das unsagbar schmerzliche Geschick seines Vaters, an dem er mit Innigster Liebe gehangen halte, führte ihn auf den Thron. Aber auch der Segen seiner beiden Vorgänger, seines Groß­vaters und seines Vaters, die so schnell hinter einander ihm entrissen worden Waren, gaben ihm das Geleit:, und dieser Segen hat sichtbar über den 25 Jahren gewaltet, ans die er und mit ihm sein dankerfülltes Volk nunmehr zurückblicken.

Als Kaiser Wilhelm sm 15. Juni i838 die Zügel der Regierung ergriff, war sein Name fast ein unbeschriebenes Blatt. Was das abgelausene Bierleljahrhundert seiner kai­serlichen Wirksamkeit daraus geschrieben hat, bedeutet die Erfüllung des Vermächtnisses, das sein Großvater bei lieber- nähme der Kaiserkrone in die Worts gefaßt hat:Uns aber und unseren Nachfolgern an der Kaisir'rrone wolle Gott verleihen, alle Zeit M eh rer des Deutschen Reichs zu sein, nich! an kriegerischen Eroberungen, sondern an den Gü­tern und Gaden des Friedens, auf dem Gebiete nationaler Wohlfahrt Freiheit und Gesittung."

25 Jahre ist unser Kaiser ein Mehrer geblieben an den Gütern und Gaben des Friedens. Unter seiner Führung ist das Deutsche Reich aus einem europäischen Großftaat ein Weltreich geworden. Bus dem Weltmärkte steht unser Han­del und uchsre Aussuhmrdustris in der vordersten Reihe. Aus vielen Gebieten des internationalen Wettbewerbs neh­men w r die erste Stelle ein. In ungewohntem Maße hat unser Wohlstand zugenommen.

Im einzelnen hat hierzu unser Kaiser mit seinem leb­haften und vielseitigen Interesse besonders auch für die wirt­schaftliche Arbeit fördernd und anregend beigetrazen. Aber m der Hauptsache ist der fast unvergleichliche Äufschwung unseres nationalen Erwerbslebens der Errungenschaft des Friedens, den Kaiser Wilhelm gesichert hat. Gesichert hat er den Frieden durch maßhaltende, vorsichligbesonnene aus­wärtige Polttik. durch Pflege des Dreibundes und gleichzeitig Lurch Aufrechterhalnmg freundschaftlicher Beziehungen zu den übrigen Großmächten, vornehmlich aber durch seine stete Sorge für die Rüstung zu Lande und zu Wasser. Niemand wird ihm das Zeugnis, versagen, daß er bei aller Wachsam­keit für des Vaterlandes Ehre und Machtstellung der auf­richtige Hort und Hüter des Friedens geblieben ist. Stark ist Deutschlands Wehr durch ihn geworden, so stark, daß keine Macht gewagt hat, mit uns aazubinden und den Frie­den zu stören. Unverbrüchlich gehalten hat Kaiser Wilhelm, was er am Tags seiner Thronbesteigung dem Heere gelobt hat:Stets dessen eingedenk zu sein, daß die Augen seiner Vorfahren aus jener Weit aus ihn hermedersehen. und daß er ihnen dermaleinst Rechenschaft über den Ruhm und die Ehre der Armee abzulegen haben werde." Und nicht minder wahrgemacht hat er kein Wo.tt:Bitter not Lut uns eine starke Flotte!" Daß Reichsgewalt auch Seegewalt geworden, das ist ein weltgeschichtlich großes Verdienst unseres Kaisers, das ihm ebensowenig bestritten werden kann wie die Wah­rung des Friedens.

In seiner ersten Thronrede an den Reichstag hat Kaiser Wilhelm feierlich versprochen, im Sinne der Botschaft stines Großvaters vom 17. November 1881fortzufahren, dahin zu wirken, daß die Neichsgesttzgebung die arbeitende Bevölkerung auch ferner den Schutz erstrebe, den sie, im Anschluß an die Grundsätze der christlichen Sittenlehre, den Schwache« und Bedrängten im Kampfe ums Dasein ge­währen kann." Dieses Versprechen zu halten, ist Kaiser Wilhelm unausgesetzt bemüht gewesen, mit einem Erfolg, dessen Bedeutung weit über die deutschen G enzrn hinaus- rsich!. mit dem Erfolg, daß das Deutsche Reich heute aus dem Gebiet der Sozialpolitik vorbildlich und unerreicht allen anderen Staaten vorangeht.

Ein Mehrer des Reiches ist Kaiser Wilhelm auch in anderem Sinne geworden. Ihm danken wir den für unsere Kriegsflotte wertvollen Besitz von Helgoland, unter ihm sind unsere kolonialen Schutzgebiete erweitert worden. Wir baden im fernen Osten Kiautschou, Samoa und die Karo­linen erworben, und durch den Marokko-Kongo-Bertrag afrikanisches Kolonialland in der Größe der Hälfte des Mutterlandes erhalten.

Unter einem zwiefachen Zeichen steht die Jubelfeier der ^5 jährigen Herrschaft des dritten Hohenzollernkaisers. unter

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dem Zeichen der Erinnerung an die große Kriegszeit vor hundert Jahren und unter dem der neuen Verstärkung unserer Kriegswehr. Siimmungs- und weihevoller kann das Kaiserfest nicht begangen werden, als durch den Rück­blick aus 1813 und den Ausblick iu die Zukunft im Vertrauen aui des Reiches gefestigte Wehrkraft. Wenn wir dem Willen von 1813 treu bletbeu, wenn wir im nationalen Geiste der einmütigen Opferfreudigkeit, womit wir die ver­mehrte Rüstung schaffen, unter unseres Kaisers Leitung weiterwirken: Dann dürfen wir zuversichtlich auf die Er­füllung des Wunsches, womit das deutsche Volk die sünf- undzwanzigste Wiederkehr des 15. Juni begrüßt, hoffen, daß auch in weiteren 25 Jahren unserem Kaiser beschicken sein möge, ein Mehrer des Reiches zu sein an den Gütern und Gaben des Friedens. Glück. Heil und Segen dem Kaiser und dem Deutschen Reich!

Vor« Landtag.

p Stuttgart, 13. Juni. Die Zweite Kammer setzte heule die Beratung des Etats der Zentralstelle für die Landwirtschaft fort. Mg. Sommer (Z.) besprach die Lage der Kleinbauern, die vielfach ungünstiger sei als die der Arbeiter und rvandte sich gegen die Angriffe ans die gegen­wärtige Wirtschaftspolitik. Abg. Maier-Blaubeuren (N.) tritt für den genossenschaftlichen Zusammenschluß der Bieh- verwertungsoereine ein, der allein eine Stabilität in die Preis Verhältnisse bringen könne. Er empfiehlt den Land­wirten, den landwirtschaftlichen Vereinen beizutreten. Mi­nister des Innern Dr. v. Fleischhauer erklärt, die Lage der Landwirtschaft hätte sich in den letzten Jahrzehnten nicht unwesentlich gehoben. Me Schwierigkeiten lägen in dem wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß, der in dem Uebergang vom Agrarftaat zum Industriestaat gipfle. Diese Entwick­lung auszuhalten, liege nicht in der Macht der Regierung. Die wichtigste Frage sei die Milderung der Leutenot. Sine Vermehrung der Produktion der Landwirtschaft müsse im wesentlichen durch Erhöhung der Intensität des Betriebs erreicht werden. Der Förderung der Tierzucht und beson­ders der Schweinezucht sei besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Der Kultivierung der Moore habe die Regierung ihre Aufmerksamkeit zugewendet. Was die Frage der Güterzelirümmemngen onlange, so befinde sich die Regie­rung in Erwägungen, ob der bayerische Vorgang einer gesetzlichen Reaelulta nicht auch bei uns eingefühlt werden könne. Die Regierung werde jeder ausführbaren Maßregel zur Förde ung der Landwirtschaft im Einvernehmen mit den Landständen gerne näher treten. Gegen die Stimmen der Sozialdemokratie wurde schließlich der Antrag des Finanz­ausschusses angenommen, in dem die Bereitwilligkeit aus­gesprochen wird, Ueberschreitungen bei dem TitelFörde­rung des landwirischastlichen Buchsührungswesens" nicht zu beanstanden. Der Minister trat entschieden der Auffassung entgegen, daß die landwirtschaftliche Buchführung für Zwecke der Steuerverwaltung irgendwie verwertet werden könne. Eine kleine Debatte entspann sich dann über das Reblaus­gesetz, für dessen unbedingte Ausrechterhaltung die Abg. Haag (B.K^ und Hanser (Z.) elntraten. Der Abg. Hornung (S.) erklärte die Zustimmung seiner Fraktion zu der Aushebung dieses Gesetzes, wenn sich die Wünsche der Weingärtner nach Aufhebung vermehren würden. Abg. Betz (B.) trat für eine größere Einführung der veredelten Amerikanerreben ein, worin ihm der Minister widersprach. Eine Anregung des Abg. S ch m i d-Besighrim (N.) auf Errichtung einer 2. Revenoeredelungsanstalt lehnte der Mi­nister ab, da die bestehende Anstalt genüge. Schließlich wurde noch ein Antrag des Abg. Sommer (Z) aus Erhöhung des Beitrags an den Würlt. Obstbauverein zu den Kasten der Zentraloermittlungsfielle für Odstoerwertung von 3060 ^ auf 5000 ^ angenommen. Der volkspar- teiliche Abg. Hau; hielt dann seine Jungfernrede, in der er insbesondere für eine Iungoiehrveide eintrat. Dann wurde abgebrochen. Der Präsident teilte mit, daß Gesetz­entwürfe betr. den Staatshaushalt und betr. den Rechnungs­hof cingegangen sind.

p Stuttgart, 13. Juni. In ihrer heutigen Abend­sitzung setzte die Zweite Kammer die Beratung des Etats der Zentralstelle für die Landwirtschaft fort. Köhler (Z.) ersuchte die Regierung um Einstellung weiterer Mittel für Rindoiehzucht. Karges (BK.) trat für Erhöhung der Beiträge für die Blehversicherungsvereine ein. Locher (Z.) brachte die Fischereisrage zur Sprache und wünschte, daß die Regierung den Bodenseefischern mehr Entgegenkommen zeigen solle. Durch eine behördliche Verordnung sei den Fischern in Langenargen und Friedrichshafen im letzten Herbst ein Schaden von 50000 -6 erwachsen. Der Redner trat für eine Verkürzung der Schonzeit für Blaufelchen, für eine

gleichmäßige Ansetzung der Taxe für die Motorboote ^ün8 für die Errichtung einer neuen Brutanstalt in Langenargen ein. Schock (B.) sprach sich für die Errichtung von Ge­meindeweiden mis. Schmtdberger (Z.) brachte die Verheerungen durch die Leberegelseuche im Oberamt Ell- wangen zur Sprache. Minister des Innern Dr. o. Fleisch­hauer erklärte, die Durchführung der von der Zentralstelle an die Btehversicherungsoereine gestellten Mindestforderung erfolge mit möglichster Milde und werde erst im nächsten Jahre in die Wege geleitet; die württ. Regierung habe den Fischereiinteressen in den letzten Jahrzehnten ihre volle Auf­merksamkeit zugewendet in einem Maße, daß von Setten der Gegeninteressenten fortgesetzt Beschwerden erhoben wor­den seien. Wegen einer Aenderung des Termins für die Schonzeit für Blaufelchen schweben Erwägungen zwischen den Bodenseeuferstaalen. Die Errichtung einer neuen Brut­anstalt werde, wenn sich ein Bedürfnis zeige, erfolgen.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 12. Juni. In der Fortsetzung derzwei 1 e « Lesung der Heeresvorlage weist der Kriegsminister von Heeringen den Angriff des Abg. Noske aus die Militärverwaltung zurück und stellt auch wettere Behaupt­ungen des Abg. Noske richtig. Der Kriegsminister be­dauert. daß bei dem Vorfall auf dem Truppenübungsplatz in Aris fünf Soldaten den Tod gefunden haben, doch treffe die Führer ein Verschulden hierbei nicht. Aus den Fall Redl eingehend, betont der Minister, daß Redl nicht in der Lage gewesen ist, irgend welches Material der deutschen Militärverwaltung zu verraten. Die Kommandogewalt des obersten Kriegsherrn, so erklärte Redner weiter, ist genau umgrenzt. Nach dem geltenden Recht hat der Kaiser allein das Recht, über die Einstellung und Entlassung von Offi­zieren zu entscheiden und er allein hat auch die Bestimm­ungen über die Zulassung zum Ofstzierkorps festzustellen. Der Minister geht dann auf die Vorlage selbst ein, legt dabei klar, daß unsere Nachbarn wesentlich stärkere Kavallerie haben und wir demgemäß unseren Grenzschutz verstärken müßten. Abg. Ledebour (Soz.) wendet sich in längeren Ausführungen gegen die Rede des Reichskanzlers, dabet retonend, daß eine Reichstagsauflösung seiner Partei recht ei, nur müsse sie jetzt kommen. Redner, der sehr scharf pricht, wird wiederholt vom Präsidenten zur Ordnung ge­rufen. Nach weiteren Ausführungen über die Vorlage selbst geht Redner auf das preußische Wahlrecht ein, bespricht unser Verhältnis zu Frankreich, dessen völlige Aussöhnung seine Parlei erstrebe. Er bezeichnet die Vorlage als Drachen­saat und wirst dem Reichskanzler vor, er treibe eine Politik, die den Agrariern die Taschen fülle. Redner wird wieder­holt zur Ordnung gerufen. Kriegsminister o. Heeringen gehl auf die Ausführungen des Abg. Ledebour näher ein, der davon spreche, welcher Gewinn der Waffenindustrie zu­fließe. Bon den 384 Millionen, die für den Ergänzungs- etat für 1913 ausgeworfen sind, sind 58,25 Millionen für die Waffenindustrie; darunter befinden sich 24 Millionen Arbeitslöhne. Sie können auch versichert sein, daß die Heeresverwaltung Vorsorge trifft, daß kein deutsches Heeres­geheimnis an das Ausland kommt. Ueber die Miliz können wir uns später unterhalten. Kein sozialdemokratischer Ar­beiter, der in der Heimat sein Brot findet, wird seine Sicher­heit dem lockeren Gebilde der Miliz anvertrauen. (Lärm bei den Sozialdemokraten). Redner erwähnt noch, daß das Heer, wenn es einmal im Ausnahmezustand aushelfen müßte, seine Schuldigkeit tun würde. Er kommt dabei auf die Vorgänge im Ruhrreoier zu sprechen, von den Sozialdemo­kraten durch zahlreiche Zurufe unterbrochen. Deutschlands Friedensliebe sei durch di; 42jährige Friedensperiode bewiesen, aber auch diese Vorlage beweise sie. Ist Deutschland in Zukunft wieder seinen Willen gezwungen, das Schwert zu ziehen, so können wir nicht ruhig warten, bis der Feind über die Grenze kommt. Dann ist der Hieb die beste Deckung. Dazu bedürfen wir der Kavallerie. Der Minister betonte noch, daß ein großer Teil der Resolutionen ohne weiteres annehmbar ist. Ueber einen anderen Teil müßis in Erwägungen eingetreten werden. Die verbündeten Re­gierungen würden wohlwollend prüfen, inwieweit den Wün­schen des Reichstags entgegen gekommen werden kann. Abg. Fisch deck (f. Bp.) hebt hervor, daß seine Partei die Vorlage nur bewillige, um der Sicherheit des deutschen Volkes R chnung zu tragen. Redner, der die Ausführung! n des Kanzlers abfällig kritisiert, verlangt wiederholt Erspar­nisse in der Armee, fordert Reformen und spricht über die Kommandogewalt des Kaisers, die eine Grenze habe durch die Verfassung. Bezüglich der Kavallerie könne seine Partei über die Kommisstonsoorschläge nicht hinausgehen. Morgen Fortsetzung der heutigen Beratung.