weiblich, nicht kn ihrem Wohnort arbeiten, sondern zwischen Wohnort und Arbeitsort hin- und herwandern. 1324 Arbeitsorte und 1588 Wohnorte wurden gezählt. Es ist eine Zunahme gegenüber 1900, also in einem Jahrzehnt, zu verzeichnen von 33 833 Personen, oder um 62 "/g. von 242 Arbeitsorts- und 196 Wohnortsgemeinden. Im ganzen gibt es 57 Wohnortsgemeinden, in welchen die auswärts Arbeitenden 2V und mehr Prozent der Gemeindebevölkerung einschließlich auch der Kinder ausgemacht haben. 14 mit je 25 und mehr Prozent, so daß in einer ganzen Anzahl von Gemeinden die Hälfte und mehr der im Erwerbsalter stehenden Einwohnerschaft außerhalb arbeitet. Arbeitsgemeinden mit je 10°/„ und mehr der Einwohnerschaft bildenden Ziffern von Hereinkommenden sind 43, mit 20°/o und mehr 12 gezählt. Die Pendelwanderung, die Zerlegung von Wohnort und Arbeitsort, wie Prof. Dr. Losch diesen volkswirtschaftlichen Vorgang nennt, hat somit in dem Jahrzehnt 1900—1910 gewaltige Fortschritte gemacht. Die Zunahme der Arbeitspendler ist etwa 9 — 10 mal schneller vor sich gegangen als die Zunahme der Bevölkerung. Bon den 88 155 nicht in ihrem Wohnort arbeitenden Personen zählen 1435 zur Land- und Forstwirtschaft, 82 484 zur Industrie, 3704 sind im Handel und Verkehr beschäftigt und 532 treiben freie Berufe. 81 601 Personen haben Wohnort und Arbeitsort in Württemberg, aber je in verschiedenen Gemeinden, 6554 haben zwar den Wohnort tm Land, den Arbeitsort aber außerhalb Landes. Unter den 88155 Arbeitspecsonen sind 38 863 Haushaltungsoorstände, davon in übervölkerten Haushaltungen 10680.
Das Oberamt Nagold zählt 23 Arbeitsgemeinden mit 427 hereinpendelnden Arbeitern, worunter 316 männlich und 111 weiblich, und 32 Wohnortsgemeinden mit 433 hinauspendelnden Arbeitern, worunter 365 männlich und 68 weiblich. Als Pendelgemeinden sind zu nennen: Nagold, Altensteig, Iselshausen. Zu Iselshausen beträgt die Zahl der von auswärts Hereinkommenden 10,3 Prozent der Bevölkerung.
Gerichtssa-ü.
p Stuttgart, 27. März. (Zur Erschießung des Zigeuners Pfister.) Der Landjäger Stier in Rotiweil ha te am 5. o. Mts. einen ihm zum Transport übergebenen Gefangenen, den wegen Diebstahls im Rückfall in Untersuchungshaft genommenen Zigeuner Karl Pfister von Hallwangen bei einem Fluchtversuch auf dem Wege vom Landgericht zum Untersuchungsgefängnis mit seiner Dienstwaffe erschossen. Die in der Folge eingeleitete gerichtliche Untersuchung endete zu Gunsten des Landjägers, indem durch rechtskräftig gewordenen Beschluß der Strafkammer des Landgerichts Rottweil vom 26. v. Mts. das Strafverfahren eingestellt wurde. In den Gründen des Gerichtsbeschlusses ist, laut Staatsanzeigtt, u. a, ausgeführt: daß dem Pfister, der sich dem Untersuchungsrichter offensichtlich nur deshalb habe vorführen lassen, um Gelegenheit zur Flucht zu finden, vor der Vorführung von dem Landjäger. vorschriftsmäßig eröffnet worden war, es werde, wenn er die Flucht ergreife und auf den Zuruf „halt oder ich schieße" nicht stehen bleibe, auf ihn geschossen werden. Als Pfister dessen ungeachtet unweit dcs Gefängnisses in der menschenleeren Hinteren Höllgasse plötzlich die Flucht ergriff und 15—20 Schritte Borsprung hatte, gab der Landjäger nach dem lauten Ruf „halt oder tch schieße" zunächst einen Warnungsschuß in den Boden ab. Da Pfister trotzdem weiter sprang, feuerte der Landjäger nach einem abermaligen Ruf „halt oder ich schieße" einen zweiten Warnungsschuß ab, der wiederum unbeachtet blieb. Weil nun die höchste Gefahr bestand, Pfister werde durch eine der kleinen Seitengassen oder den nahen Stadtgraben ins Freie verschwinden, und als auch ein dritter Haltruf vergeblich war, schoß der Landjäger nach den Füßen des Pfister, traf ihn ober von hinten in Herz und Lunge, so daß Pfister binnen kurzem starb. Das Gericht stellte fest, daß unter den gegebenen Umständen der Landjäger gemäß den bestehenden Vorschriften berechtigt war. scharf zu schießen, daß demzufolge sein Vorgehen nicht strafbar sei und ihn insbesondere auch nicht aus dem Grunde eine fahrlässige Verschuldung treffe, weil er bei dem hastigen Springen nicht, wie beabsichtigt, die Füße getroffen habe.
Deutsches Reich.
r Berlin, 29. März. Die seit längerer Zeit gesuchten Eisenbahnräuber, die besonders die Strecken nach Hanau, Karlsruhe und Frankfurt am Main unsicher machten, sind gestern von der Leipziger Kriminalpolizei verhaftet worden. Es handelt sich um den Chauffeur Zenner und die stellenlose Kellnerin Stefan. Die beiden stehen auch im Verdacht, die in letzter Zeit verübten großen Hoteldiebstähle in Berlin und München verübt zu haben.
r Frankfurt a. O., 27. März. Bei der Gegenüber- stellung des Raubmörders Sternickel mit 23 Zeugen aus Schlesien erkannten mehrere davon in ihm mit Gewißheit den Heuhändler Winkler wieder, der im März 1909 die Witwe Krause in Petersgunde und im Dezember 1910 den Kossäten Knötig in Pobsen ermordet hat.
Gera (Reuß), 29. März. Fürst Heinrich XIV ist heute früh 4.16 Uhr im Fürstlichen Schloß in Schleiz gestorben.
Swinemünde, 29. März. Im benachbarten Ostseebad Ahlbeck lebt ein ehrsamer Schneidermeister namens Eglinski, den in zweiter Ehe unlängst ein „gütiges" Schicksal mit dem — 33. Sprößling bedachte. Die seltsame Mär drang auch an das Ohr des Kaisers, der diesen „Mehrer des Reichs" zu sich befahl und ihn mit einem Geldgeschenk u rd dem Versprechen sich seiner weiter erinnern zu wollen, entließ. Soweit ging das ganz gut und nett. Ader der
„hinkendeBote" in Gestalt verschiedener Manichäer (Gläubiger D.R.).die von dem Geschenk des Kaisers vernommen Hallen, kam bald pach. Und nun bittet, das „tapfere Schneiderlein" (übrigens ein fleißiger und tüchtiger Handwerker) seine ungestümen Dränger öffentlich um ein Weilchen Geduld: denn die 14 „Kleinen", die noch zu Hause sind, hatten die drei Goldfüchse aus Kaisers Schatulle bald „klein" gekriegt.
Was schulde» wir «ufere» farbigen Schutzgenofsen.
sp Staatssekretär Dr. Sols hat bei der kürzlich erfolgten Beratung des Kolonialetats im Reichstag erklärt, er betrachte das Verhältnis der deutschen Regierung zu den Eingeborenen unserer Schutzgebiete als das eines Bormunds zu seinem Mündel. Damit hat er ohne Zweifel ein Zeugnis von dem sittlichen Ernst gegeben, mit welchem das deutsche Volk seine kolonialen Unternehmungen zu behandeln hat. Zugleich aber ist dieser Standpunkt auch der einzige, welcher uns einen dauernden Gewinn von unfern überseeischen Besitzungen verheißt. Die Kolonialgeschichte aller Zeiten beweist, daß die brutale Herrenmoral, welche auf rücksichtslose Unterdrückung und Ausbeutung der Eingeborenen ausgeht, die Kolonien finanziell heruntergebracht und die Herrenmenschen verroht und entnervt hat. Ein Musterbeispiel hie- für ist der Rückgang Spaniens. In der Tat: Was sangen wir mit unfern nmst unter tropischen H'mmekstiichen gelegenen Schutzgebieten an, wenn sich die Eingeborenen durch Stammessehden aufreiben, den Bolksscuchen oder unvernünftigen Lebensgewohnhciten zum Opfer fallen oder alt- ererbter Barbarei, wie der Mcnschensresserei und mörderischen Geheimbünden, überlassen bleiben? Schon durch die Bekämpfung solcher Uebelstände erweist sich die deutsche Verwaltung als ein Segen für die Naturvölker Afrikas und der Südsee. Aber wir haben zugleich auch die Pflicht, den Schädigungen entgegenzutretcn, welche der moderne Weltverkehr den Eingeborenen zu bringen droht. Nicht jeder Deutsche eignet sich zum Kulturträger, der das Ansehen der weißen Rasse bei den Farbigen erhöht; daher ist die Kontrolle der Einwanderung in die Kolonien eine Wohltat für beide Teile. Leider sind wir noch nicht dazu gelangt, den Branntweinhandel in unseren Kolonien unbedingt zu verbieten; und doch liegt es auf der Hand, daß die Einnahmen aus demselben nur vorübergehende sein Können, da sie mit dem Ruin der farbigen Bevölkerung erkauft sind. Schließlich werden aber auch unsere Kolonien wertlos, wenn die eingeborene Bevölkerung des eigenen Grundes und Bodens beraubt zu einem heimatlosen Proletariat herabsänke: ein Ideal, das noch immer in manchen Köpfen spukt. Ein solcher Zustand wäre nicht nur für die persönliche Sicherheit der Weißen eine stete Gefahr, sondern auch wirtschaftlich höchst unrentabel. Die „Musterkolonie" Togo verdankt ihren Wohlstand mit in erster Linie den Kulturen der fleißigen schwarzen Bauern, die wie der eingeborene Handwerkerstand tüchtige Abnehmer für den Handel bilden, während demselben andererseits auch durch die Missionsschulen gebildete brauchbare Hilfskräfte zur Verfügung stehen. Mit der geistigen Hebung der Eingeborenen muß freilich die sittliche Hand in Hand gehen, damit die neue Kultur dieser Stämme auf guter Grundlage ruht und nicht zur Karikatur wird. Zu diesem Zweck muß die freiwillige Liebesarbeit der christlichen Missionen eingreifen, die den farbigen Rassen unser Bestes zu geben bestrebt sind. Schließlich beweist sich überhaupt die sittliche Tüchtigkeit unserer Nation nicht zum wenigsten auch an unserer „Ehrfurcht vor dem, was unter uns ist". Je mehr wir nach dem Wort Dr. Eolss „die berechtigten Interessen unserer farbigen Schutzgenoffen zu den unsrigen machen" desto besser für unsere eigene nationale Entwicklung.
Ausland.
Paris, 29. März. Der „Temps" meldet in einer aus Letinje datierten Depesche: Es heißt, daß Rußland, welches Zwangsmaßnahmen gegen Montenegro stets abgeneigt war, sich weigern würde, einer Flottendemonstration seine Zustimmung zu geben. Man glaubt, daß unter solchen Umständen weder Frankreich noch England sich einer derartigen Maßnahme anschlteßen werden und Oesterreich-Ungarn die Verantwortung für das von ihm angeregte Unternehmen überlaffen werden, falls es dasselbe durchführen zu müssen glaubt.
r Petersburg, 30. März. In der Erlöserkirche fand heute ein Dankgottesdienst für den den Balkanvölkern geschenkten Sieg statt. Anwesend waren u. a. die Gesandten Bulgariens und Serbiens, der General Rotko Dimitrtew und Dr. Danew. Dem General Dimitriew wurden beim Verlassen der Kirche Ovationen bereitet. Auch vor der bulgarischen und serbischen Gesandtschaft kam es zu begeisterten Kundgebungen. Der Minister des Aeußern Sassanow gab heute ein Frühstück, an dem der bulgarische Gesandte und General Dimitriew teilnahmen.
Zum Unwetter in Nordamerika.
r New-Nork, 28. März. Nach den letzten gestern abend eingetroffenen Nachrichten hofft man, daß die Zahl der insgesamt bei der Ueberschwemmung Umgekommenen nicht größer als 2000 sein wird. In Dayton fand man Hunderte von Personen unversehrt, die man verloren glaubte. 60 Sträflinge des Gefängnisses, die seit Dienstag ohne Nahrung und Wasser sind, meuterten und bedrohten den Direktor des Gefängnisses und seine Familie mit dem Tode. Der Direktor erbat zur Hilfe Miliztruppen. Obschon es an Lebensmitteln fehit, ist niemand vor Hunger gestorben. Man schätzt die in Dayton Obdachlosen allein auf 75000 Personen. 15000 Häuser sind unterspült worden. Der Schaden in Dayton wird aus 25 Millionen Dollar geschätzt. Die Lage in Westvirginia ist ernst. Auch im Osten von
Pennsyloanien hat die Bevölkerung schwer zu leiden. Diele Gruben sind geschlossen. Die Ueberschwemmung erstreckt sich auf die sieben Staaten Ohio, Indiana. Westvirginia, Pensylvanien, New-Pork, Kentucky und Illinois. Der Schaden der Bahnen wird auf 25 Millionen Dollar geschätzt. Der Gouverneur von Ohio erklärte, die Berluste des Staates wären größer, als beim Erdbeben in San Franziska.
New Uork, 29. März. Das Fallen der Flüsse im Innern von Indiana und Ohio hat die Ströme Ohio und Mississippi, in die jene Flüsse münden, über die Ufer treten lassen. Die Stadt Cincinnati ist von den schlimmsten Ueberfchwemmungen bedroht, die sie bisher erfahren Hot. Kriegssekretär Garrison ist in Dayton angekommen. Die Lage hat sich dort wesentlich gebessert. Beim Plündern ist ein Mann von Milizen erschossen worden. Irr Kolumbia sind zahlreiche Plünderer verhaftet worden. Die in vielen Städten veranstalteten Sammlungen für das Rettungswerk belaufen sich jetzt auf fast 500000 Dollars.
Der Balkankrieg.
r Sofia» 30. März. Nach deu ersten vom Hauptquartier eingegangenen Informationen betragen die bulgarischen Verluste bei der Bestürmung von Adrianopel vom 24. bis 26. März ungefähr 11000 Tote und Verwundete. Die Serben haben 1200 Tote und Verwundete. Die Zahl der Gefangenen beträgt ungefähr 60000 Monn und 833 Offiziere, darunter 13 Generale. Die Kriegsbeute beträgt 650 Kanonen verschiedenen Kalibers, 58 Maschinengewehre, 10 Fahnen und ein Fesselballon, eine große Menge von Waffen und Infanterie- und Ar- tilleriemunition und eine Anzahl von Fahrzeugen, wie sie im Festungsdienst gebraucht werden.
r Cettinje, 30. März. Wie amtlich mitgeteilt wird, unternahmen die Vertreter der Großmächte heute nachmittag eine gemeinsame Demarche, um der montenegrinischen Re- aierung milzuteilen, daß die Pforte auf die Intervention Oesterreich-Ungarns den Kommandanten von Skutari beauftragt habe, de^ Zivilbevölkerung der Stadt die Erlaubnis zum Abzüge zu geben. Die Vertreter der Großmächte verlangten, daß den in Montenegro weilenden Militärattaches gestattet werde, Effad Pascha diese Mitteilung zu übermitteln. Der Minister des Aeußern erwiderte, er werde das Verlangen der Mächte dem Ministerrate unterbreiten und dann eine Antwort erteilen.
Cettinje, 29. März. Gegenüber im Ausland verbreiteten beunruhigenden Gerüchte über den Tod des Königs stellt das amtliche montenegr. Preßbureau fest, daß das Befinden des Königs Nikolaus ausgezeichnet ist.
Landwirtschaft, Handel und Verkehr.
Nagold. 29. März. Dinkel 7.— 6 75 6.50, Weizen 13.— 12.50 10.50, Gerste 9.— 8.60 8.40, Haber 7.80 7.50 7.20, Bohnen 9.—, Erbsen 14.—.
Viktualienpreise.
1 Pfund Butter 1.20-1.30 ^l. 2 Eier 13-14 ^z.
r Stuttgart, 29. März. Schlachtviehmarkt.
Zugetrieden:
Großvieh Kälber
Schweine
100 (40 Ausland) Erlös aus o, Lx.
76
433
Schlachtgewicht.
Pfennig
Pfennig
Ochsen
von 98 bis 102
Kühe
von —
bis -
Bullen
^ 91 I 92
Kälber
I 112
" 117
„ 88 , 90
„ 104
.. m
Jungvieh u. Iungrinoer
„ 99 „ 101
„ 95
.. 104
.. 96 „ 98
Schweine
« 80
.. 81
„ 7?
.. 79
Verlauf des Marktes mäßig belebt.
Literarisches.
„Deutschland i« Waffe»" ist der Titel eines interessanten Werkes, das demnächst im Berlage der Deutschen Berlags-Anstalt, Stuttgart und Berlin, erscheinen wird und durch die <A. HV. Luruvi-'sch« Buchhdlg. Nagold zu beziehen ist. Das Werk, das seine Anregung dem Deutschen Kronprinzen verdankt, bringt 20 Bilder unserer angesehensten Militärmaler, die in anschaulicher Weise Deutschlands Wehrmacht zu Lande und zur See schildern. Die Texte zu den Bildern sind sämtlich von aktiven Militärs geschrieben. Der Deutsche Kronprinz hat sein hohes Interesse an dem Werke bekundet dadurch, datz er die Einleitung zu dem Buche sowie einen kleinen Aussatz über die Gardedutorps für das Werk selbst versaßt hat._
Uber 14,000 ähnlich laulend- schriftliche Anerkennungen!
Mutmafil. Wetter am Dienstag und Mittwoch.
Die neue atlantische Depression zieht in der Hauptsache nach Norden ab. Teilwtrbel, die bis zu uns Vordringen, werden wohl durch den gleichfalls verstärkten Hochdruck über Osteuropa in Schach gehalten. Weitere Störungen sind jedoch zunächst nicht ausgeschlossen. Für Dienstag und Mittwoch steht deshalb mäßig mildes, nur strichweise zu Niederschlägen 'genügtes, sonst trockenes Weiter bevor.
sie Rrdaknou verantwortlich: Karl Pour. — Drnckv. Bertas j der L. W. 3 at r r'schen Buchdrucker«! (E:r,:i Zaiscis Nagold.