Beilage zum „Calwer Wochenblatt"
Nro. IS.
xeuttlet-n.
' Mach dem Sturme.
Novelle von C. Lollbrecht.
(Fortsetzung.)
Wie war sie verändert! Die rosige Teintfarbe war einem fahlen Aschgrau gewichen. Sie sah um zehn Jahre gealtert aus . . . Ohne ein weüeres Wort hinzuzusetzen, schlug sie den Heimweg ein.
Edith sah Isolde zweifelnd nach. Sollte sie sie verlassen, in ihres Herzens Not von ihr weichen? Doch — war sie nicht selbst des Trostes bedürftiger, als Isolde, di« festen Ganges dahin schritt?
Der im schnellsten Galopp sich nähernde Hufschlag eines Pferdes schreckte sie aus ihren Gedanken. Harald war es, der mit gerötetem Antlitz, starren Auges an ihr vorüber der Dorfstraße zuritt. Er hatte sie nicht gesehen. Wie eine Erscheinung war er blitzartig aufgetaucht und ebenso verschwunden.
Dort kam auch Eugen.
Edith verließ die Parkpforte und ging ihm entgegen. Als sie zusammentrafen, erschrak Eines über das verstörte Aussehen des Anderen.
„Kann noch Alles gut werden, Eugen?" — fragte Edith, ihr Trosteswort an Isolde als bangen Zweifel wiederholend.
„Wir wollen es hoffen" — entgegnete er verdüstert.
Sie schlug an seiner Seite den Rückweg ein.
„Hätte ich doch früher schon zu Dir gesprochen. Hätte ich Dir doch das Geheimnis anvertraut, dessen Mitwisserin ich war" — rief sie, von inneren Vorwürfen gequält.
Er ergriff ihre Hand und führte sie wie ein Kind an derselben weiter. — „Du handeltest so, wie es nach Deiner Ueberzeugung das Rechte war. Mehr können wir Menschen mit den besten Absichten niemals thun" — sagte er beruhigend — „auch glaube ich, ich hätte das Unglück ebenfalls nicht abwenden können."
Sie sah lebhaft zu ihm empor. — „Auch Du hättest an Isoldens Worte geglaubt?!"
Er nickte. — Sie geht einer strengen Vergeltung entgegen. Haralds Aufregung flößt mir Sorge ein. Seit seiner Knabenzeit sah ich ihn nicht in solch zügellosem Zorn."
„Wohin ist er geritten?"
„Nochmals in die Festung, wo er zum Glück bis Nachmittag durch den Dienst zurückgehalten wird. Er war nur zu kurzem Aufenthalt hierhergekommen, um Isolde zu sehen und mit mir, wie ich Dir schon andeutcte, einige Festesvorbereitungen zu besprechen."
Edüh atmete auf.
Sie waren in den Park zetteten. Die Dorfuhr schlug eben Mittag.
„UnS Allen liegt ob, unsere Stimmung möglichst zu beherrschen, um Großmama« Ehrentag nicht zu trüben" — setzte Eugen hinzu.
„Und der Adjunkt?!" — fragte Edüh zögernd, als sie vor der Rampe des Schlosses standen und der junge Graf seiner Kousine die Hand zum Abschied bot.
„Ueber ihn zu bestimmen hatte ich mich, angesichts des Oberhauptes unserer Familie, nicht berechtigt. — Morgen muß der Onkel Alles erfahren. Ihm kommt eS zu, diesen Menschen, der in seinen Diensten stand, in der ihm gutdünkenden Weise zu entfernen und für immer unschädlich zu machen."
Bekümmerten Herzens erreichte Edith ihr Zimmer. Nicht minder bewegt schritt Eugen dm Weg zum Herrenhaus hinab.
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Die ersten Gäste waren früher eingettoffen, als man vermutet hatte. Graf Hartwig, als intimster Freund des Hauses, störte den Schloßherrn in der Apotheke auf, wohin sich dieser nach beschleunigter Toilette zurückgezogen hatte, um im Fluge noch ein« eben angelangte Sendung Arzneimittel auSpacken zu lassen und zu besichtigen.
Dann folgte Equipage auf Equipage. Eugen führte seine Schwägerin ein, Harald erschien als letzter der Gäste. Er trat erst rin, als man sich zur Tafel setzte, und eS erschien gerechtfertigt, daß er nach Begrüßung seiner Großmutter sofort seinen Platz in Müte der Herren einnahm.
Jetzt hatte man sich erhoben. Leise neigte der Abend sich herab. Mü ihm sollte die Tagesfeier ihren Höhepunkt erreichen. Ein fröhlich plaudernder, glücklicher Menschenschwarm durchflutete die Gesellschaftsräume des Schlosses. Aus den sich allmählich in dunkle Umriffe hüllenden Baumgruppen und BosquetS des Parkes begann es aufzuleuchten. In mannigfacher Färbung und Gestatt schimmerten unzählige Lampions daraus hervor. Gegenüber der Terrasse und an beiden Ecken derselben brannten Pechpfannen, um die Ballusttade zog sich eine ununterbrochene Reihe flimmernder Flämmchen.
Es war zum ersten Male, daß Isolde in dem Kreise des Adels erschien. Auch ihre härtesten Widersacher hätten zugestehen müssen, daß dies in tadelloser Weise geschah. Sie erregte allgemeine Bewunderung, ohne sich dessen in ihrer heutigen Stimmung bewußt zu werden.
Die alte Gräfin, welche in ihrem naiv-anmutigen Selbstbewußtsein sich als Mittelpunkt dieser heiteren Gesellschaft fühlte und Jedem eine herzliche, wohlwollende Meinung entgegenbrachte, beobachtete die junge Frau mit Ueberraschung.
Wie war die etwas gezierte Haltung, die erzwungene Sicherheit, .die ihr an Isolden sonst im kleineren Kreis mißfallen hatte, heute plötzlich natürlichem Anstand und vornehmer Würde gewichen. Ruhig, unabsichtlich war jede ihrer Bewegungen. Sie verhielt sich unnahbar, gleichgiltig gegenüber den Huldigungen der Kavaliere und behauptete ihren Platz in Müte der Damen. Ihre Schweigsamkeit nannte man Bescheidenheit, und, daß sie die Einzige war, die heute kein Lächeln auf den Lippen trug, leüete die alte Dame auf die Befangenheit des Bürgerkindes angesichts der vornehmen Gesellschaft zurück.
Man konnte zufrieden sein mü diesem ersten Auftreten, und Ediths Großmutter bemerkte es mit Wohlgefallen, daß die junge Frau sich, wie Schutz begehrend, auffallend in ihrer Nähe aufhielt — waren doch Eugen, Edüh und Harald durch ihre gesellschaftlichen Pflichten ihr heute so fern gehalten. Mü Befremden aber gewahrte sie, als Isolde ihr beim Glückwünsche die Hand küßte und sie ihr dann die Wange bot, daß diese Rot aufgelegt hatte. Sie — deren Teint sonst jeder Vergleiches spottete .... Es blieb ihr nicht Zeit, darüber nachzusinnen, sie war anderseits zu sehr in Anspruch genommen und es entging ihr deshalb auch Haralds Verhütten, der an seine Gemahlin noch kein Wort gerichtet hatte und im Kreise der Herren durch beißenden Witz und sarkastische Bemerkungen Erleichterung für seine ihn überwältigenve Auflegung suchte.
Edith aber, die in einer reizenden rosa Robe heute zum ersten Mal die Kunst übte, mit gequältem Herzen zu lachen, leere Komplimente anzuhören und Konversation zu pflegen, beobachtete Alles. — Trotz ihrer inneren Entrüstung bewunderte sie Isoldens Selbstbeherrschung und kräftigte sich an ihrem Beispiel. Mü Entsetzen sah sie den Ausdruck des Hasses, mü welchem Harald seiner Gemahlin zuweilen einen Blick zuschleuderte.
War es möglich?! Sollte ein Gefühl, so innig und wahr, wie sie Haralds Liebe gewähnt, sich unversehens ins Extrem umwandeln? War Isoldens Schuld untilgbar und keine friedliche Lösung möglich? .... Es diente ihr zur Beruhigung, daß sich Eugen hartnäckig in seines Bruders Nähe aushielt.
Die in Haralds Seele tobenden Gewalten spitzten sich zu einem gefährlichen Ausbruch zu. Alle niederen Züge seines Inneren hatten heute die Oberhand. Eine sorgfältige Erziehung, ein ungetrübtes, abwechslungsreiches Leben Hallen sein elementares, zügelloses Wesen bisher vor Ausschreitungen bewahrt. Zeichen von Rohheü, die er zuweilen gegeben, pflegte man als Uebereilungen mü seinem lebhaften Temperament zu entschuldigen. Man hatte ihn geliebt, verwöhnt, seine Fehler belächelt, dieselben sogar liebenswürdig gesunden. Er war eS gewohnt, daß seine Wünsche sich erfüllten, und als seiner Liebe zu Isolden sich Hindernisse entgegentürmten, war er stark genug, dieselben zu überwinden,
(Fortsetzung folgt.)
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