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^ 3. Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Lalw. 63. Jahrgang.

Erscheint Dl-nStag, Donn-rSt-g nnd EamStag. Dic EinrückungSg-bühr betrSgt im Bezirk und nSchster Um- ,,bung S Pfg. dt- Aeile, sonst 12 Pfg.

Dienstag» den 14. Zanuar 1890.

Abonnementspreis vierteljährlich in der Stadt SO Pfg. u»d 20 Pfg. Trägerlohn, durch die Post bezogen Ml. l. IS, sonst 1» ganz Württemberg Mk. 1. 35.

Amtliche Bekanntmachungen.

An die Ortsvorsteher.

Reichstagswahl betreffend.

Zu Folge Erlasses des K. Ministeriums des Innern vom 9. Januar 1890, Staatsanzeiger Nr. 8, sind die Vorbereitungen für die bevorstehenden Reichs­tagswahlen ohne jeden Verzug zu treffen; es ergehen deßhalb an die Gemeindebehörden folgende Weisungen:

1. Die Ortsvorsteher haben unverzüglich dafür zu sorgen, daß die Wählerlisten nach Vorschrift des ZI des Wahlreglements (Reg.Blatt von 1871 Nro. 1 Seite 5) in doppelter Ausfertigung auf­gestellt werden.

Die hiezu erforderlichen Formularien gehen den Ortsvorstehern von hier aus zu.

2. Für jede Gemeinde und bei zusammen­gesetzten Gemeinden für jede Parzelle ist eine ab­gesonderte Wahlliste zu fertigen.

3. Die Listen sind unter Leitung und Aufsicht des Gemeinderaths (Theilgemeinderaths) durch den Ortsvorsteher (Anwalt) unter Zuziehung des Gemeinde­pflegers zu entwerfen und am Tage vor dem Be­ginn der öffentlichen Auslegung (siehe Ziffer 6) vorläufig abzuschliefien und hiebei vom Gemeinde­rath (Theilgemeinderath) zu beurkunden.

4. In die Wählerliste sind alle Angehörigen des deutschen Reichs aufzunehmen, welche im Wahl­bezirk ihren Wohnsitz, das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben und nicht nach den Bestimmungen des Reichs­

wahlgesetzes (Z 3) von der Berechtigung zum Wählen ausgeschloffen sind.

Für die zum aktiven Heer gehörigen Militär­personen, mit Ausnahme der Militärbeamten, ruht das Wahlrecht. Die Namen der Wähler sind genau in alphabetischer Ordnung aufzuführen und fort­laufend zu nummerieren.

5. Die beiden Listenexemplare müssen genau mit einander übereinstimmen; das eine ist alsHaupt­exemplar", das andere alszweites Exemplar" zu bezeichnen.

6. Die öffentliche Auflegung der Wählerliste darf erst dann stattfinden, wenn der Tag des Beginns derselben vom K. Ministerium des Innern bekannt gemacht worden ist, worüber in Bälde weitere Ver­fügung ergehen wird.

7. Der Vollzug der Anlegung der Wählerlisten ist vonsämtlichenOrtsvorstehern unfehlbar bis

Ireitag, den 17. d. M., Vormittags,

hieher anzuzeigen.

Den Ortsvorstehern wird noch besonders zur Pflicht gemacht, bei den auf die Reichstagswahl be­züglichen Geschäften mit aller Sorgfalt und Pünkt­lichkeit zu Werk zu gehen.

Bei Terminversäumnissen wäre das Oberamt genötigt, alsbald Wartboten zu schicken.

Calw, den 11. Januar 1890.

K. Oberamt.

Supper.

Die Ortsvorsteher

werden beauftragt, bis 15. b. Mts. hieher an­zuzeigen, ob und welche Veränderungen in de« persönlichen Verhältnissen der im Oktober 1889 für die Reichstagswahl bestellten Wahlvorsteher und ihrer Stellvertreter (Calwer Wochenblatt von 1889 Nr. 117) eingetreten sind, ob die damals bestellten Personen auch bei der bevorstehenden Reichs­tagswahl diese Funktionen übernehmen können, ver- neinendenfalls, welche Personen (unter genauer Be­zeichnung ihres Namens, Stands und des etwa von ihnen bekleideten öffentlichen Amts) an ihrer Stelle berufen werden können.

Der Bericht ist abgesondert, von dem heute einverlangten Bericht über die Anlegung der Wähler­listen zu erstatten.

Calw, den 11. Januar 1890.

K. Oberamt.

Suppe r.

Deutsches Keich.

Berlin, 10. Jan. Die Leichenfeier für die verewigte Kaiserin Augusta begann gestern abend mit der Ueberführung der Leiche aus dem Palais nach der Schloßkapelle. Schon seit den frühen Abend­stunden sammelten sich auf dem Wege, den der Zug durchschreiten sollte, viele Tausende; Soldaten und Schutzmannschaft sorgten für Fernhaltung von Ge­dränge. Ueber die Einsegnung wird noch berichtet: Die Damen des Hofstaats haben sich die Gnade er­beten, die Bettung der teuren Toten selbst überneh­men zu dürfen. Der Paradesarg, in den der Metall­einsatz gehoben ist, besteht aus schweren eichenen Boh-

Jeuilleton. '"b.-.n,

Mcrch dem Sturme.

Novelle von C. Voll brecht.

(Fortsetzung.)

So verlasse ich Dich jetzt und reite voraus."

Nochmals küßte er ihre Hand. Dann löste er das Pferd los, schwang sich hinauf und sprengte davon.

Sie sah ihm mit weit geöffneten Augen nach.

Daß Zseck sich treulos von ihr wendend, dem Kameraden Dairling folgte, verstärkte noch ihren Schmerz.

Dann, als Reiter und Hund hinter den Waldbäumen verschwunden waren, erhob sie sich plötzlich. Ihre Glieder bebten wie im Krampfe. Sie warf die Arme «mpor und ein wilder Schrei entwand sich ihrer Brust. Erschreckt blickte sie um sich. Hatte Jemand sie gehört? Nein die lautlose Stille des Mittags hielt um sie den Atem an.

So konnte sie dem Onkel nicht begegnen. Erst mußte sie sich vertraut machen mit der Niederlage ihres Innern mit dem Jammer, der fortan an Stelle ihrer kindischen, verachteten Liebe treten sollte.

Ohne einen betretenen Pfad zu suchen, bahnte sie sich Eingang in den Wald. Daß das Brombeergeäst, das niedere Nadelholz ihr Kleid. Wangen und Hände At°n - sie beachtete es nicht. In dem Waldesdunkel, welches keinen Strahl de« Tages hmdurchließ, gewann ihr Schmerz endlich Ausdruck. Hatte sie jemals zu­vor ,m Leben schon geweint? Waren die kindischen Zähren, die sie bisher um eitle Nichtigkeiten vergossen, dasselbe Naß, welches jetzt unaufhaltsam über ihre Wangen rann?

Sie ließ sich nieder auf einen bemoosten Stein und legte das Antlitz in die Hände. Sie weinte weinte ohne Unterlaß.

Verloren auf immer verloren!

Ein allmählich sich verstärkendes Geräusch vom Flusse her störte sie endlich auf aus ihrer Seelenpein und lenkte ihre Gedanken in die Gegenwart zurück.

Sie sprang auf.

DaS Dampsboot durchstrich unten die Wellen. Da war es 4 Uhr, und um diese Zeit begab man sich im Schloße zum Speisen.

Unverweilt suchte sie den! Pfad auf und blickte zurück. War der Onkel schon vorüber? Sicher. Er hielt stets pünktlich die Zeit ein. An zwei Stunden hatte sie im Waldesdunkel ihrem Schmerze nachgehangen und Derer nicht gedacht, die sie liebten. Ja sie war geliebt, sie entbehrte durchaus nicht inniger Zärtlichkett, mit einem Gemisch von Grimm und Rührung dachte sie dies, während sie eilends den Pfad Hinabstieg. Sie war der Abgott ihres Pflegevaters, der Liebling der Groß­mama, auch Eugen war ihr zugethan nur der Eine, dessen Liebe ihr die Zärt­lichkett der Anderen aufwog, versagte ihr dieselbe.

Die Sonne stand schon schräg. Ihre Strahlen trafen Edtt'S Antlitz. Sie fühlte ein brennendes Spannen ihrer Haut, auch die Augen schmerzten sie. Sie mäßigte ein wenig ihre Schritte, strich die Haare unter den Hut zurück und pflückte Krautblätter, die sie an die heißen Wangen hielt. Bald erreichte sie das Dorf. ES däuchte ihr seltsam öde. Unschön und nüchtern starrten die ihr sonst freundlich er­schienenen Häuschen sie an.

Ja, sonst ging ihr heimliches Lieben mit ihr, sprang mit ihr über den Steg und nickte den weißblonden Knaben zu, welche mit hochgeschürzten Knieen in dem glitzernden Naß herum wateten. Mit Ekel und ohne der Kinder Gruß zu erwiedern, wendete sie sich ab und war froh, als sie das Parkgüter hinter sich hatte. Der An­blick von Menschen that ihr weh, und doch mußte sie bereit sein unverzüglich ihren Angehörigen zu begegnen.